| Titel: | Die Regulierung von Tangentialrädern. | 
| Autor: | R. Loewy | 
| Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 370 | 
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                        Die Regulierung von Tangentialrädern.
                        Von Ing. R. Loewy.
                        Die Regulierung von Tangentialrädern.
                        
                     
                        
                           Im gleichförmigen Betriebszustande wird das Tangentialrad, mit einer gewissen
                              									Winkelgeschwindigkeit rotierend, ein bestimmtes Kraftmoment äußern und der ganze
                              									Motor eine gewisse Sekundenleistung nach außen abgeben können. Wenn nun die
                              									benötigte Energie aber größer oder kleiner ist als die augenblicklich von der
                              									Flüssigkeit abgegebene, so wird sich sofort eine Störung bemerkbar machen, indem die
                              									im Getriebe vorhandenen Massen entweder auf Beschleunigung oder Verzögerung
                              									hinarbeiten werden. Damit dies nicht eintrete oder zumindest nur kurze Zeit andaure
                              									und entsprechend der frühere stationäre Zustand erhalten bleibe oder ein neuer
                              									stationärer Zustand zustande komme, muß man für die Arbeitsveränderung irgend ein
                              									Aequivalent finden, und alle Vorgänge, die diesen Zweck verfolgen, kann man füglich
                              									unter die Regulierung einreihen.
                           Es ist bei einer Störung des stationären Zustandes durchaus nicht nötig, daß sich die
                              									äußere Belastung ändere, vielmehr können auch die inneren Arbeitsgrößen der Turbine:
                              									das Gefälle und die Wassermenge, einer Veränderung unterliegen, doch läßt sich auch jede
                              									derartige innere Arbeitsänderung in gewissem Sinne mit einer Be- oder Entlastung
                              									vergleichen.
                           Immerhin ist zwischen äußerer und innerer Arbeitsänderung genau zu unterscheiden und
                              									daher kann auch die Regulierung in mehrfacher Hinsicht unterschieden werden, je
                              									nachdem sie den Zweck verfolgt, nur äußere Belastungsänderungen zu kompensieren,
                              									oder ob sie nur bei einer Veränderung der inneren Arbeitsgrößen der Turbine allein
                              									in Tätigkeit tritt oder schließlich, ob die Regulierung auf beide Veränderungen
                              									gleichmäßig reagiert.
                           Im allgemeinen wird man natürlich trachten die Arbeitsgrößen für den Betriebszustand
                              									konstant zu halten; aber selbst wenn alle Bedingungen erfüllt erscheinen, die zur
                              									Erhaltung der inneren Arbeitsgrößen beitragen, so können dieselben tatsächlich nicht
                              									dauernd konstant verbleiben, nachdem die Regulierung selbst einen Zusammenhang
                              									zwischen den inneren und äußeren Arbeitsgrößen herstellt und jede äußere
                              									Belastungsänderung im allgemeinen eine Veränderung der inneren Arbeitsgrößen
                              									erfordert.
                           Es ist ja das allgemeine Prinzip der Regulierung die inneren Arbeitsgrößen den
                              									veränderlichen äußeren Belastungen anzupassen und da hat es sich gezeigt, daß es für
                              									alle Turbinen, gleichgültig ob sie Ueberdruck- oder Freistrahlturbinen sind, einzig
                              									wirtschaftlich ist, zur Aenderung der Leistung nur die Wassermenge heranzuziehen,
                              									d.h. durch Veränderung der zufließenden oder der auf das Laufrad gelangenden
                              									Wassermenge das Kraftmoment der Turbinen zu verändern.
                           Erfolgt die Auslösung der Regulierung durch einen Fliehkraftregler, wie dies
                              									meist der Fall ist, so wird die Regulierung sowohl bei Aenderungen im äußeren als
                              									auch bei Aenderungen im inneren Arbeitsvorgange in Kraft treten. Denn erst nachdem
                              									eine irgendwie geartete Störung des stationären Zustandes eingetreten ist, wenn also
                              									das Motoraggregat bereits eine beschleunigte oder verzögerte Bewegung angenommen
                              									hat, dann erst wird der Fliehkraftregler in Tätigkeit treten. Nachdem aber alle
                              									Veränderungen im Arbeitsvorgange schließlich einer Belastung oder Entlastung
                              									gleichen, so wird ein derartiger Regulator auch bei allen Veränderungen gleichmäßig
                              									wirksam sein.
                           Bei den Tangentialrädern ist aber noch ein anderer Umstand in Rücksicht zu ziehen,
                              									der ganz außerhalb des Bereiches der eigentlichen Forderung der
                              									Geschwindigkeitsregulierung liegt, und dies ist der Einfluß der Druckänderungen
                              									(Gefälles) auf die Rohrleitungen mit Rücksicht auf die Festigkeit derselben.
                              									Derartige Druckerhöhungen, die natürlich eine Rohrleitung sehr gefährden, können
                              									sowohl durch außerhalb der Regulierung liegende Faktoren hervorgerufen werden, als
                              									auch durch die Regulierung selbst.
                           Solange das Gefälle, unter dem die Turbine arbeitet, verhältnismäßig klein ist, sind
                              									diese Druckänderungen nicht sehr gefährlich und kommt man mit den gewöhnlichen
                              									Sicherheitsvorrichtungen aus. Bei den Tangentialrädern liegt aber meist ein derart
                              									großes Gefälle vor, daß größte Vorsicht am Platze ist, und deshalb entstanden einige
                              									Spezialkonstruktionen, die den Zweck verfolgen, diese Druckänderungen auf ein
                              									geringes Maß herabzudrücken und so die Rohrleitung vor dem Bruche zu schützen. Die
                              									früher häufiger verwendeten Mittel, wie Windkessel, Sicherheitsventile, Standrohre,
                              									Ausgleichsrohre wurden teils als unrichtig, teils als nur in besonderen Fällen
                              									berechtigt erkannt.
                           Was überhaupt den Leitradaustrittsquerschnitt bei Tangentialrädern anbelangt, so
                              									unterscheidet man im allgemeinen zwei Formen: eine kreis- oder kreisringförmige
                              									Austrittsöffnung (Düse) und eine rechteckige Düse.
                           Für jedes Reguliersystem einer Düsenform läßt sich ein entsprechendes für die andere
                              									Düse finden, doch werden im allgemeinen die konstruktiven Elemente zur Veränderung
                              									der Kraftleistung des Rades bei den zwei Formen verschieden ausfallen müssen. Bei
                              									einer rechteckigen Düse wird man vorteilhaft eine Veränderung des
                              									Austrittsquerschnittes durch eine bewegliche Zunge oder durch einen Schieber, der
                              									sowohl um eine Achse schwingend als auch in geradliniger Bahn angeordnet sein kann,
                              									vornehmen. Handelt es sich aber um Veränderung eines Düsenquerschnittes von
                              									kreisringförmiger Form, so bietet sich als einfachstes Element eine Nadel mit
                              									birnenförmigem Ende, die in einer entsprechend geformten Düse hinaus- und hereingeschoben werden
                              									kann.
                           Es gibt aber noch andere Konstruktionen, die den Zweck verfolgen, eine Veränderung
                              									des Austrittsquerschnittes herbeizuführen und die teils bei rechteckiger, teils bei
                              									kreisförmiger Düse in Anwendung stehen, doch haben dieselben nie eine solche
                              									Verbreitung, wie die oben erwähnten einfachen Vorrichtungen erlangen können.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 370
                              Fig. 1.Tangentialrad der Abner Doble Comp. mit Regulator der Lombard
                                 										Governor Comp.
                              
                           In Fig. 1 ist nun der Zusammenbau eines Regulators
                              									der Lombard Governor Comp. mit einem Tangentialrade der
                              										Abner Doble Comp., das bekanntlich eine Nadeldüse
                              									besitzt, dargestellt. Aus der Figur ist zu ersehen, in welcher Weise der
                              									Fliehkraftregler das unter ihm befindliche Vorsteuerventil betätigt. Dieses
                              									Vorsteuerventil steuert dann einen wagerecht liegenden Servomotor. Das eine Ende der
                              									Kolbenstange desselben ist als Düsennadel ausgebildet; das andere Ende der
                              									Kolbenstange dient zur Rückführung und ist das entsprechende Hebelgestänge aus der
                              									Abbildung sehr deutlich zu entnehmen. Dieses Gestänge führt schließlich auf eine
                              									Zahnstange, welche die Ventilzugstange verlängert und verkürzt, wodurch eben die
                              									Rückführung herbeigeführt wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 370
                              Fig. 2.Indirekt gesteuertes Ventil der Lombard Governor Comp.
                              
                           Der Reguliervorgang ist nun einfach folgender: Bei Entlastungen z.B. hebt der
                              									Fliehkraftregler die Ventilzugstange und öffnet Kanäle im Vorsteuerventile, wodurch
                              									die linke Seite des Servomotorkolbens unter Druck gesetzt wird. Bei der
                              									darauffolgenden Bewegung desselben nach rechts verschließt die Düsennadel die
                              									Düsenöffnung und die Leistung des Rades wird dadurch verringert. Gleichzeitig
                              									wird aber durch das Rückführungsgestänge eine Verlängerung der Ventilzugstange
                              									herbeigeführt und der Vorsteuerkolben in die Schlußlage zurückgeführt. Ist dies
                              									schließlich, meist nach mehreren Rückschwankungen eingetreten, so ist wieder
                              									Gleichgewicht zwischen Kraft und Widerstand da.
                           Bei diesem Regulator ist außerdem in das Rückführungsgestänge ein Oelkatarakt und
                              									eine Feder eingebaut, welche Organe den Zweck haben, aus diesem Regulator einen
                              									Regulator auf konstante Tourenzahl zu machen.Näheres über diesen Regulator siehe: A.
                                       												Budau. Ueber amerikanische Turbinenregulatoren, Zeitschrift f.
                                    											Elektrotechnik und Maschinenbau 1908, S. 8. R.
                                       												Löwy. Der Reguliervorgang bei modernen Turbinenregulatoren,
                                    											Zeitschrift f. Elektrotechnik und Maschinenbau 1908, S. 195.
                           Würde man einen derartigen Regulator bei einem hohen Gefälle arbeiten lassen, und
                              									wäre zur Druckregulierung der Rohrleitung weiter keine Vorrichtung vorhanden, so
                              									müßten sehr große Schlußzeiten angewendet werden, wodurch aber auch lang andauernde
                              									Regulierschwingungen eintreten müßten. Wird nämlich beispielsweise bei einer
                              									Entlastung die Nadel vom Servomotor aus rasch in die Düsenöffnung hineingeschoben,
                              									so wird an demselben Ende der Rohrleitung, da nun das Wasser einen plötzlichen
                              									Widerstand findet, eine sehr starke Druckerhöhung eintreten und zwar um so mehr je
                              									kleiner die Schlußzeit ist.
                           Will man aber mit kleinen Schlußzeiten arbeiten, um kürzere Reguliervorgänge zu
                              									erzielen, so ist man genötigt, Vorkehrungen zu treffen, mit denen die bei der
                              									Regulierung auftretenden Druckerhöhungen kompensiert werden. In dieser Beziehung
                              									erweisen sich die indirekt gesteuerten Ventile am günstigsten, da die einfachen
                              									Sicherheitsventile aus hydrodynamischen Gründen unbrauchbar sind.
                           Ein derartig indirekt gesteuertes Ventil, gleichfalls von der Lombard Governor Comp. herrührend, ist in Fig.
                                 										2 und 3 dargestellt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 370
                              Fig. 3.Indirekt gesteuertes Ventil der Lombard Governor Comp.
                              
                           Das eigentliche Abschlußventil V der Rohrleitung R, (die man sich von oben kommend zu denken hat), wird
                              									von dem Kolben K betätigt, der sich in dem Zylinder N befindet. Der oberhalb des Kolbens K befindliche Zylinderraum steht mit der äußeren
                              									Atmosphäre in Verbindung, während der unterhalb des Kolbens befindliche Zylinderräum
                              										einerseits
                              									durch die Rohrleitung R2 mit der Hauptrohrleitung der Turbine in dauernder Verbindung steht,
                              									andererseits aber mit Hilfe eines Doppelsitzventils V1 auch mit dem Leerlaufe L in Verbindung gebracht werden kann. Das Ventil V1 wird von dem Kolben
                              										K1, dessen untere
                              									Seite durch die Rohrleitung R1 ebenfalls mit der Hauptrohrleitung in Verbindung steht, gesteuert. Der
                              									Kolben K1 wird
                              									gleichzeitig durch die entsprechend einstellbare Feder f stets nach abwärts gedrückt, so zwar, daß bei normalen
                              									Druckverhältnissen der Hauptrohrleitung das Doppelsitzventil V1 geschlossen ist. Die Rohrleitung R1 soll an jener Stelle
                              									mit der Hauptdruckleitung kommunizieren, wo stets die größten Druckschwankungen zu
                              									gewärtigen sind.
                           Der Reguliervorgang dieser Druckreguliervorrichtung ist nun folgender: Bei einer
                              									Drucksteigerung in der Hauptrohrleitung wird der Kolben K1 und hiermit das Ventil V1 gehoben; der untere
                              									Zylinderraum von N wird hierdurch mit dem Leerlauf in
                              									Verbindung gebracht, der Kolben K sinkt und das große
                              									Ventil V gibt eine entsprechend große Oeffnung frei,
                              									wodurch die Drucksteigerung eine Abschwächung erfährt. Die präzise Einstellung
                              									des Kolben K1 kann mit
                              									Hilfe der Feder f erfolgen und außerdem stehen zur
                              									manuellen Bedienung für gewisse Fälle Hähne und der Handhebel H zur Verfügung.
                           Eine derartige Druckreguliervorrichtung wird auf jede Druckerhöhung, gleichgültig
                              									durch welchen Umstand dieselbe hervorgerufen ist, reagieren, und daher für die
                              									Rohrleitung eine sehr große Sicherheit bieten. Bei einer Druckerniedrigung wird
                              									diese Vorrichtung natürlich nicht in Tätigkeit treten können.
                           Da die meisten großen Druckerhöhungen durch die Regulierung selbst hervorgerufen
                              									werden, so war schon frühzeitig das Bestreben der Konstrukteure darauf gerichtet,
                              									die Druckreguliervorrichtung mit dem Reguliervorgang zu verbinden, insbesondere in
                              									jenen Fällen, in denen Druckerhöhungen von anderen Ursachen herrührend, so gut wie
                              									ausgeschlossen waren. In dieser Beziehung wurden zwei Wege aufgefunden, die es
                              									ermöglichen, die gestellte Aufgabe zu erfüllen.
                           
                              
                                 (Schluß folgt.)