| Titel: | Die Regulierung von Tangentialrädern. | 
| Autor: | R. Loewy | 
| Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 385 | 
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                        Die Regulierung von Tangentialrädern.
                        Von Ing. R. Loewy.
                        (Schluß von S. 371 d. Bd.)
                        Die Regulierung von Tangentialrädern.
                        
                     
                        
                           Mit jedem Geschwindigkeitsregulator läßt sich eine Druckreguliervorrichtung,
                              									d.h. ein Nebenauslaß, derart organisch verbinden, daß bei jedem Hub des Servomotors,
                              									bei welchem ein Schluß der Düse erfolgt, im Nebenauslasse eine entsprechende
                              									Eröffnung stattfindet, wodurch eine unzulässig hohe Drucksteigerung vermieden werden
                              									kann. Die Ausflußöffnung muß natürlich nach einer gewissen Zeit wieder geschlossen
                              									werden, was entweder durch Druckwasser, Drucköl, mit Hilfe von Federn usw. erfolgen
                              									kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 385
                              Fig. 4.Druckreguliervorrichtung der Elsässischen Maschinenbau A-G.
                              
                           Ein derartiges Beispiel, das einer Ausführung der Elsässischen Maschinenbau A.-G. entspricht, zeigt in schematischer
                              									Darstellung Fig. 4.
                           Die Zunge Z der rechteckigen Düse D kann durch den Arbeitskolben K mittels der Verbindungs- (Kolben-) stange E
                              									bewegt werden. Der Kolben K selbst wird im Zylinder M von einem Fliehkraftregler mit Hilfe einer
                              									entsprechenden Vorsteuerung gesteuert. Das andere Ende der Kolbenstange dient als
                              									Rückführung. Die Verbindungsstange E ist nun als
                              									Differentialkolben K1
                              									ausgebildet, der von dem Gehäuse B umschlossen wird.
                              									Dieses beweglich angeordnete Gehäuse ist stets durch eine biegsame Rohrleitung R mit dem Druckwasser in Verbindung und betätigt
                              									mit Hilfe des Hebels F und des Winkelhebels F1 den Schieber S des Nebenauslasses A,
                              									der ganz knapp an der Düsenöffnung angeordnet ist. Infolge der im Differentialkolben
                              										K1 angebrachten
                              									Kanäle, die bei einer Ausführung natürlich durch entsprechende Ventile ersetzt sind,
                              									wird das Gehäuse schließlich eine möglichst hohe Lage einzunehmen bestrebt sein und
                              									dabei wird stets der Nebenauslaß geschlossen sein. Bei einem Abwärtsgang des
                              									Arbeitskolbens K somit bei einer Verkleinerung der
                              									freien Düsenöffnung, wird anfänglich das Gehäuse B der
                              									Bewegung des Kolbens K1
                              									folgen müssen, da das Druckwasser nicht so rasch die kleinen Kanäle in K1 passieren kann, und
                              									es wird Oeffnen des Auslassers A eintreten, der sich
                              									aber nach einer gewissen Zeit durch Ansteigen des Gehäuses B selbsttätig langsam wieder verschließt. Die Zeitdauer des Schließens ist
                              									von der Größe der Kanäle in dem Differentialkolben Ki
                              									abhängig. Bei Schluß des Schiebers S mit Hilfe von
                              									Federn ist natürlich die Federspannung maßgebend.
                           Derartige Druckregulierungen lassen sich natürlich präzise einstellen, verbrauchen
                              									auch wenig Druckwasser, doch können sie nur vom Regulator aus betätigt werden und
                              									jedwede andere Druckerhöhung wird erst auf dem Wege über den Motor ausgeglichen
                              									werden können. Dies gilt jedoch nur bezüglich der Leistung des Rades, aber keineswegs für die Sicherheit der Rohrleitung, so
                              									zwar, daß eine derartige Vorrichtung keine absolute Gewähr für eine Rohrleitung
                              									bieten kann. Das Prinzip der Kupplung eines Geschwindigkeitsregulators mit einer
                              									Druckreguliervorrichtung läßt sich natürlich auch bei kreisförmigen Düsen und auch
                              									bei Ueberdruckturbinen anwenden, doch gelangt man hierbei bald zu sehr großen
                              									Nebenauslässen, wodurch das allgemeine Verwendungsbereich dieser Konstruktionen
                              									eingeschränkt erscheint.
                           Ein anderer Weg die Druckregulierung bei der Geschwindigkeitsregulierung der
                              									Tangentialräder zu berücksichtigen, besteht darin, die Regulierung so zu gestalten,
                              									daß in der Rohrleitung selbst durch die Geschwindigkeitsregulierung keine
                              									Druckschwankungen auftreten können. Die Druckerhöhung in der Rohrleitung infolge der
                              									Regulierung entsteht bekanntlich dadurch, daß der Düsenendquerschnitt, sei es durch
                              									einen Schieber, Zunge oder Nadel verkleinert wird. Will man nun eine
                              									Geschwindigkeitsregulierung des Tangentialrades ohne Veränderung des freien
                              									Düsenquerschnitts vornehmen, so muß auf irgend eine Weise verhindert werden, daß der
                              									aus der Düse austretende Wasserstrahl auf die Schaufel gelange und hier seine
                              									Energie abgeben kann; von Bremsregulatoren wird hier vollständig abgesehen.
                           
                           In Fig. 5 ist die bekannte Schwingdüse der Abner-Doble Co. dargestellt, welche ein entsprechendes
                              									Ausführungsbeispiel des obigen Gedankens darstellt. Hier wird die ganze Düse und
                              									damit der Wasserstrahl in der Radebene um zwei Zapfen geschwenkt. In jeder Stellung
                              									der Düse wird mehr oder weniger Wasser auf die Schaufeln des Tangentialrades
                              									gelangen können und dadurch das Rad alle Leistungen vom Leerlauf bis zur maximalen
                              									Leistung abgeben können. Die Schwenkung der Düse erfolgt automatisch von einem
                              									Regulator aus.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 386
                              Fig. 5.Schwingdüse der Abner Doble Co.
                              
                           Bei einer derartigen Anordnung wird man wesentlich günstigere Reguliervorgänge
                              									erzielen können als bei den vorherbeschriebenen und zwar aus folgenden Gründen:
                              									Betrachtet man z.B. die in Fig. 1 dargestellte
                              									Reguliervorrichtung, so wird bei einer Entlastung, erst nachdem bereits das
                              									Tangentialrad rascher läuft der Regulator die Nadeldüse schließen. Dies ruft aber
                              									unbedingt, selbst bei Anordnung eines wie immer gesteuerten Nebenauslasses, eine
                              									Druckerhöhung hervor. Diese Druckerhöhung ist aber mit einer Vergrößerung des
                              									Gefälles, unter dem das Rad arbeitet, gleichbedeutend, und daher wird das
                              									Tangentialrad noch rascher laufen. Erst ein stärkeres Schließen der Düse wird diesem
                              									Vorgange ein Ende bereiten und dann wird bei der nachfolgenden Rückschwankung gerade
                              									der umgekehrte Vorgang eintreten, da das Oeffnen der Düse eine Druckerniedrigung zur
                              									Folge hat. Diese sekundären Erscheinungen sind bei einem Regulatorsystem nach Fig. 5 gänzlich vermieden. Hier kann ohne weiteres
                              									nach einer Be- oder Entlastung die Düse diejenige Stellung einnehmen, die dem
                              									Gleichgewicht zwischen Kraft und Widerstand entspricht. Insbesondere wird auch bei
                              									einer Belastung die benötigte Energie viel rascher von dem Rade abgegeben werden
                              									können, als in dem vorerwähnten Falle, wo erst die ganze Wassermasse in der
                              									Rohrleitung beschleunigt werden muß. Bei einer Regulierung nach Fig. 5 kann natürlich die Schlußzeit des Regulators
                              									sehr klein ohne Rücksicht auf Druckschwankungen gewählt werden, und daher wird auch
                              									aus diesem Grunde der Reguliervorgang mit geringeren Geschwindigkeitsabweichungen
                              									sehr rasch vor sich gehen können.
                           Der einzige aber dafür sehr wesentliche Nachteil dieses
                              									Regulatorsystems besteht darin, daß mit demselben ein sehr großer Wasser- (Energie-)
                              									Verlust verbunden ist. Wohl wird bei jeder derartigen Anordnung eine gewisse
                              									Vorrichtung angebracht, um bei länger andauernden Belastungsänderungen von Hand aus
                              									eine nachträgliche Verstellung der Düsenöffnung vorzunehmen, wodurch dann die Düse
                              									vom Regulator in ihre normale Stellung zurückgeführt werden kann, doch ist es im
                              									allgemeinen nicht ratsam dabei bis an die äußerste Grenze zu gehen, da sonst die
                              									automatische Regulierung insbesondere bei einer Belastung unwirksam werden kann.
                           Eine in ihrer Wirksamkeit gleichwertige Anordnung, wie Fig.
                                 										5 veranschaulicht, ist in Fig. 6, nach
                              									einer Ausführung der Firma Briegleb, Hansen &
                              										Co., schematisch dargestellt. Anstatt die Düse mit
                              									dem Wasserstrahl zu schwenken, werden hier Teile eines aus einer rechteckigen Düse
                              										D strömenden Wasserstrahles durch Ablenkflächen A zur Seite des Rades abgelenkt. So wird auch hier eine
                              									gewisse Wassermenge nicht auf das Rad gelangen und muß deren Energie preisgegeben
                              									werden.
                           Die Ablenkflächen werden mit Hilfe einer rechts- und linksgängigen Schraube vom
                              									Regulator aus selbsttätig betätigt. Zur nachträglichen Verstellung der Düsenöffnung
                              									dient ein Doppelschieber S, der gleichfalls durch eine
                              									rechts- und linksgängige Schraube aber von Hand aus betätigt werden kann. Dies
                              									entspricht der in Fig. 5 verzeichneten Vorrichtung
                              									zur Verstellung der Düsennadel.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 386
                              Fig. 6.Düsenregulierung von Briegleb, Hansen & Co.
                              
                           Auch für diese Anordnung (Fig. 6) gelten die gleichen
                              									wie bei Fig. 5 gemachten Bemerkungen, und so wird
                              									sich auch hier der große Wasser- (Energie-) Verlust besonders nachteilig bemerkbar
                              									machen.
                           Da aber dieses Regulatorsystem mit Ablenkung des Wasserstrahles, sei es nach Fig. 5 oder 6,
                              									ausgezeichnete Dienste leistet und eine rasche und exakte Regulierung ermöglicht, so
                              									war man bestrebt durch gewisse Anordnungen und andere Behelfe dieses System so
                              									umzugestalten, daß der Wasserverlust möglichst herabgesetzt werde. In neuester Zeit
                              									scheint dies tatsächlich gelungen zu sein, indem man einfach dazu überging, die
                              									nachträgliche Veränderung des Düsenquerschnittes von Hand, die nach Fig. 5 mit Hilfe der Düsennadel und nach Fig. 6 mit Hilfe des Doppelschiebers 5 vorgenommen
                              									wird, selbsttätig zu bewerkstelligen.
                           In Fig. 7 ist z.B. eine derartige Anordnung (der Fig. 5 entsprechend) schematisch dargestellt.H. E. Warren:
                                    											Technology Quarterly June 1907. Aus der Abbildung ist genau zu
                              									ersehen, in welcher Weise die Schwingdüse mit dem eigentlichen Regulator verbunden
                              									ist. Dieser besteht aus dem Fliehkraftregler T, der von
                              									dem Tangentialrade angetrieben wird, aus dem Vorsteuerventile K, das mit der
                              									Druckrohrleitung verbunden ist, und dem Arbeitszylinder M. Die Kolbenstange E dient einerseits zur
                              									Rückführung, andererseits ist sie, wie schon erwähnt, mit der Düse verbunden und
                              									überträgt direkt die Bewegung des Arbeitskolbens auf dieselbe.
                           Diese Elemente zusammen bilden einen einfachen indirekt wirkenden Regulator, dessen
                              									Wirkungsweise aus den anfänglichen Darlegungen bekannt ist. Bis hierher ist die
                              									Anordnung ganz die gleiche wie sie für die Schwingdüse (Fig. 5) überhaupt üblich ist und erst die weiteren Elemente bringen die
                              									früher erörterte Veränderung im Reguliervorgange mit sich.
                           Die schwingende Bewegung der Düse wird nämlich gleichzeitig benutzt, um auf
                              									elektrischem Wege eine langsame selbsttätige Verstellung der Düsennadel
                              									herbeizuführen. Entfernt sich die Düse aus ihrer mittleren Stellung, so wird in dem
                              									Kommutator U ein Kontakt herbeigeführt und ein
                              									elektrischer Stromkreis geschlossen. Dadurch gerät ein Elektromotor in Rotation und
                              									betätigt mittels der entsprechend gewählten Zahnradübersetzung Z die Düsennadel. Die Anordnung der Kommutatorkontakte
                              									und der Schaltung
                              									ist so getroffen, daß bei Senkung der Düse die Düsennadel hinaus (nach rechts) und
                              									bei Hebung der Düse hinein- (nach links) geschoben wird. Die Düsennadel kann somit
                              									nur bei Mittelstellung der Düse in Ruhe verharren.
                           Zunächst fällt auf, daß in diesem zweiten Steuerungsmechanismus die Rückführung
                              									fehlt. Genau genommen müßte ja eine Rückführung und zwar eine nachgiebige
                              									Rückführung, beim Kontakte angeordnet sein, da die Düse und der Kontakthebel stets
                              									wieder in die Mittellage zurückzukehren hätten. Diese Rückführung kann aber
                              									tatsächlich unterbleiben, sofern die Geschwindigkeit,
                              									mit welcher die Düsennadel bewegt wird, sehr klein und
                              									zwar vielmals geringer als die Geschwindigkeit der Düsenschwingung ist. Denn wenn
                              									sich die Düsennadel sehr langsam bewegt, so wird, abgesehen von der sehr schwachen
                              									Druckerhöhung, der eigentliche Regulator mit seiner kleinen Schlußzeit die Düse
                              									selbst in die Mittellage zurückführen. Dann kann tatsächlich die Rückführung für den
                              									zweiten Steuerungsmechanismus entfallen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 387
                              Fig. 7.Schema einer selbsttätigen Düsenregulierung.
                              
                           Im Ganzen wird ein derartiger Regulator, insbesondere bei Belastungen, einen sehr
                              									guten Reguliervorgang liefern. Nicht so bei einer Entlastung. Bei der Anordnung nach
                              										Fig. 7 ist jedenfalls bei einer Entlastung
                              									ein länger an! dauernder Reguliervorgang zu erwarten, denn erst nach einer nutzlosen
                              									und zeitraubenden Schwenkung der Düse aus der Mittellage nach aufwärts wird der
                              									Elektromotor in Umdrehung kommen, und erst dann wird eine Eröffnung der Düse
                              									eintreten können. Diesem Nachteile könnte man aber leicht abhelfen, indem man die
                              									Anordnung derart ausgestaltet, daß bei einer Entlastung der Fliehkraftregeler sofort
                              									auf eine Eröffnung der Düsenöffnung hinarbeitet. Eine ganz ähnliche Anordnung wie
                              									sie in Fig. 7 dargestellt ist, könnte auch mit Hilfe
                              									eines Reguliermechanismusses nach Fig. 6
                              									hervorgebracht werden.
                           Ein anderer günstiger Umstand, der einer derartigen doppelten Regulierung zum großen
                              									Vorteile gereicht, möge nicht unerwähnt bleiben. Es ist dies die vielfache
                              									Möglichkeit die Regulierung des Tangentialrades durchzuführen, und zwar stehen
                              									folgende Wege zur Verfügung:
                           Oeffnen und Schließen der Düse von Hand aus durch alleinige Betätigung der
                              									Düsennadel. Dazu dient das Handrad H in Fig. 7.
                           Manuelle Bedienung eines Steuerorganes des Regulators mit hydraulischer Schwenkung
                              									der Düse bei ausgeschaltetem Fliehkraftregler. Natürlich muß bei dem Regulator ein
                              									derartiges Steuerorgan vorgesehen sein.
                           Die vollständige selbsttätige Regulierung mit und ohne selbsttätiger Betätigung der
                              									Düsennadel und schließlich die Regulierung durch motorische Betätigung der
                              									Düsennadel allein, um eventl. eine Tourenverstellung vorzunehmen. Bei der
                              									verzeichneten elektrischen Anordnung kann dies ohne weiteres vom Schaltbrette aus
                              									vorgenommen werden.
                           Diese Momente, sowie das Unterbleiben jeglicher nahmhafter Drucksteigerungen und die
                              									früher erwähnten günstigen Reguliervorgänge machen es wahrscheinlich, daß diese Art
                              									der doppelten Regulierung eine ausgedehnte Anwendung finden wird.