| Titel: | Der heutige Stand der Motorfahrräder. | 
| Autor: | Oscar Koch | 
| Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 460 | 
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                        Der heutige Stand der Motorfahrräder.
                        Von Oscar Koch,
                           								Groß-Lichterfelde West.
                        (Fortsetzung von S. 443 d. Bd.)
                        Der heutige Stand der Motorfahrräder.
                        
                     
                        
                           IX. Antrieb.
                           Wie schon auf S. 332 u. 333 erwähnt, ist beim Motor der Fabrique Nationale, sowie bei demjenigen der Wanderer Fahrradwerke, die Riemenscheibe nicht auf die Motorwelle
                              									aufgekeilt, sondern läuft auf der mit Scheibe 452
                              									Fig. 89
                              									bis 91) fest verbundenen
                              									Achse 453 um, und greift mit ihrem Innenzahnkranz 465 in das kleine, auf der Motorwelle a befestigte Zahnrad 462
                              									ein.
                           Die Zahnradübersetzung für die Riemenscheibe ist 1 : 3, sie wird durch passende Wahl
                              									des Durchmessers der Hinterradriemenfelge auf 1 : 8 gebracht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 461
                              Fig. 89.Antrieb der Fabrique Nationale. 
                              
                           Um den Treibriemen während der Fahrt spannen oder lockern zu können, läuft die die
                              									Riemenscheibe tragende Scheibe 452 exzentrisch um die
                              									Motorwelle a und kann dieser gegenüber mittels Schnecke
                              										458 und Zahnbogen 452
                                 										a so bewegt werden, daß die Riemenscheibe 464
                              									in Pfeilrichtung einen Kreisbogen um die Motorwelle a
                              									beschreibt. Natürlich bleiben die Räder 462 und 465 dabei stets in Eingriff.
                           Die Schnecke 458 ist in der Hülse 454 am Schwungradgehäuse k
                              									so gelagert, daß sie sich in ihrer Längsrichtung nicht verschieben kann, und wird
                              									mittels des am Fahrradrahmen drehbaren Hebels 457, der
                              									durch Cardangelenk mit ihr verbunden ist, gedreht.
                              									Hierbei schraubt sie den Zahnbogen 452 a auf- oder
                              									abwärts, wobei sich die mit ihm verbundene Scheibe 452
                              									in ihrer Führung 450, durch die sie am
                              									Motorgehäuse gehalten wird, dreht und die Riemenscheibe vor- oder rückwärts
                              									bewegt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 461
                              Fig. 90 und 91. Antrieb der Wanderer Fahrradwerke.
                              
                           Fig. 90
                              									zeigt das Getriebe mit abgenommener, Fig. 91 mit
                              									aufgesetzter Riemenscheibe an einem Wanderer-Motor.
                           Um die Klagen, die über den Riemenantrieb immer wieder laut werden, zu beheben,
                              									wurden seit längerer Zeit Versuche gemacht, den Riemen durch die beim Tretrad
                              									gebräuchliche Kette zu ersetzen. Alle diese Versuche führten aber zu keinem
                              									befriedigendem Ergebnis, da die unelastische Kette störend auf den Gang des Motors
                              									einwirkte.
                           Diesen Mangel behebt nun Roeder & Co. in Hannover durch die von ihm gebaute
                              									Antriebsscheibe (System Jatho) dadurch, daß das
                              									Kettenrad nicht fest auf der Motorachse sondern auf einer Kapsel sitzt, in der eine
                              									kräftige Spiralfeder angeordnet ist. Diese nimmt die Stöße des Motors auf, so daß
                              									das Kettenrad die Umdrehungen des Motors gleichmäßig auf das Hinterrad übertragen
                              									kann.
                           Wie aus Fig. 92 ersichtlich, sitzt die Kapsel e, die das Kettenrad f
                              									trägt, beweglich auf der Scheibe d, mit der das innere
                              									Ende der Feder h verbunden ist, während ihr äußeres an
                              									der Kapsel e selbst befestigt ist. Scheibe d ist wiederum beweglich auf Scheibe b, die fest auf der Motorwelle a sitzt, gelagert und wird unter Vermittelung der Stahlscheibe z, die
                              									durch b mitgenommen wird, durch Scheibenfeder t und Kugeldrucklager k
                              									gegen Scheibe b gepreßt. Zwischen b und d ist die
                              									Fiberplatte c eingelegt.
                           Mutter m hält das Ganze auf der Motorwelle a fest und regelt zugleich durch Scheibchen n den Druck zwischen den beiden Reibflächen von b und d, die bei zu
                              									starken Explosionen bezw. Motorbeschädigungen aufeinander gleiten, so daß Reißen der
                              									Spiralfeder oder der Kette usw. vermieden werden.
                           Durch Entkuppeln der Scheiben b und d wird Leerlauf des Motors bewirkt.
                           Eigenartig ist der von A. Bauer & E. Eggert vorgeschlagene Kettenantrieb (Fig. 93). Das
                              									Kettenrad f sitzt auch hier nicht fest auf der
                              									Motorwelle e, sondern an der Nabe n des Stahlsternes g, an
                              									dessen Umfang der Keilriemen h so befestigt ist, daß er
                              									mit dem Stahlstern zusammen das Antriebsrad bildet. Dieses ist auf die
                              									Motorriemenscheibe aufgelegt und mit seiner Achse m auf
                              									Kugeln gelagert.
                           Um die Fahrgeschwindigkeit verändern zu können, ist die Motorriemenscheibe ähnlich
                              									derjenigen von Vierordt & Cie. (D. p. J. 1906, 321, S. 492 Fig. 153)
                              									zweiteilig ausgebildet. Der eine Flansch a ist mit der
                              									Motorwelle e verschraubt und trägt auf seiner Nabe d verschiebbar den zweiten Flansch b. Dieser wird durch Feder i und das zwischengelegte Stück k stets in
                              									Richtung auf den festen Flansch hin gepreßt, wodurch dieser den Riemenkranz h mitnimmt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 462
                              Fig. 92.Antrieb (System Jatho) von Roeder & Co.
                              
                           Das Verstellen der Riemenscheibe a b erfolgt durch einen
                              									zum oberen Fahrradrahmenrohr geführten Hebel, der einerseits am Lagergehäuse o angreift, andererseits am Rahmenrohr den
                              									verschiedenen Geschwindigkeiten gemäß in Lücken eines Zahnbogens einfallen kann.
                              									Durch Umlegen dieses Hebels wird nun entweder Druck oder Zug auf das Lagergehäuse
                              										o ausgeübt, und da dieses an Stange r sitzt, die durch Bolzen p beweglich mit dem Fahrradrahmen verbunden ist, so schwingt im ersteren
                              									Falle das Lagergehäuse o samt dem Lederrad h um Bolzen p abwärts.
                              									Scheibe b wird dabei entgegen dem Federdruck nach
                              									rechts gedrängt, wodurch das Lederrad h mehr oder
                              									weniger nach dem Mittelpunkt der Riemenscheibe a b zu
                              									liegen kommt.
                           Beim Einschalten der großen Uebersetzung wird Lagergehäuse o und mit ihm der Keilriemenkranz h nach oben
                              									bewegt, wobei durch Druck der Feder i Scheibe b sofort sich wieder gegen den Riemen h preßt.
                           Um geringe Seitenbewegungen von g h auszugleichen, ist
                              									das Gelenk q vorgesehen.
                           Bemerkenswert ist noch die Einrichtung, welche ermöglicht, bei jeder Stellung der
                              									Keilnutscheibe a b auf Leerlauf überzugehen, ohne
                              									genötigt zu sein, das eingestellte Uebersetzungsverhältnis zu lösen und umgekehrt
                              									den leerlaufenden Motor wieder zu kuppeln.
                           Ermöglicht wird dieses durch das Gelenkviereck (Fig. 94), dessen
                              									Schenkel p p1 bei t festgelegt sind, während die Schenkel l l1 durch Bowdendraht
                              									mit einem an der Lenkstange drehbaren Hebel bei u
                              									verbunden sind. Wird von hier aus auf l l1 Zug ausgeübt, so schieben sich die Klauen s über die Ausrückscheiben k und l (s. auch Fig. 93) und heben die
                              									Wirkung der Feder i auf. Die Folge davon ist, daß
                              									Scheibe b nur noch lose am Riemenkranz h anliegt und ihn daher nicht mehr mitnehmen kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 462
                              Fig. 93 und 94. Antrieb von Bauer & Eggert.
                              
                           Dieses Getriebe sowie das Vierordtsche haben den
                              									Nachteil, daß nur ein Flansch der Riemenscheibe verschoben werden kann, wodurch die
                              									Mittellinie der Riemenscheibe gegenüber derjenigen der Hinterradriemenfelge verlegt
                              									wird, so daß der Riemen nicht mehr spurt und daher sich unverhältnismäßig schnell
                              									abnutzt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 462
                              Fig. 95 und 96. Wechselgetriebe mit Handankurbelung.
                              
                           Besser dürfte sich das in Fig. 95 dargestellte
                              									englische Getriebe eignen, da bei ihm beide Flansche a
                              									und b gleichmäßig verschoben werden. Hierzu dienen die
                              									beiden Hebel c, die an den mit Klauen e versehenen Kugeldrucklagern f angreifen und durch Bolzen d miteinander
                              									verbunden sind.
                           
                           In der gezeichneten Stellung befinden sich die Hebel c in ihrer tiefsten Lage, wobei die beiden Flansche a und b am weitesten
                              									voneinander entfernt sind. Durch Zug an Stange i, die
                              									vom Sitz aus beliebig eingestellt werden kann, steigen die Klauen e des Kugeldrucklagers f
                              									auf die feststehenden Klauen g auf und drängen dadurch
                              									die beiden Flansche gegeneinander. Die Keilnut ist am kleinsten, wenn die Hebel
                              										c in der punktierten Stellung (Fig. 96) sind.
                           Bei Anwendung dieses Getriebes kommen die Tretkurbeln in Fortfall, da zum Anlassen
                              									des Motors die Andrehkurbel h vorgesehen ist.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)