| Titel: | Zur Dynamik der Luftbewegung in den Ventilen und Leitungen von Kolbenkompressoren. | 
| Autor: | Herbert Buer | 
| Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 565 | 
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                        Zur Dynamik der Luftbewegung in den Ventilen und
                           								Leitungen von Kolbenkompressoren.
                        Von Herbert Buer, Dipl.-Ing.,
                           									Charlottenburg.
                        Zur Dynamik der Luftbewegung in den Ventilen und Leitungen von
                           								Kolbenkompressoren.
                        
                     
                        
                           Der allgemeine Umschwung der letzten Jahre im Maschinenbau hat auch dem
                              									Kolbenkompressor sein heutiges Gepräge aufgedrückt. Während früher der langsam
                              									laufende Kompressor das Feld beherrschte, ist heute an seine Stelle der
                              									schnellaufende Kompressor getreten. Daneben hat sich schon der Turbokompressor eine
                              									beachtenswerte Stellung verschafft.
                           Diese Umwandlung vollzog sich beim Kolbenkompressor hauptsächlich in der Konstruktion
                              									der Ventile.
                           Die Grundlage für eine Ventilkonstruktion, welche bei den heute allgemein angewandten
                              									hohen Tourenzahlen genügend betriebssicher ist, war das genaue Studium der
                              									dynamischen Vorgänge bei der Ventilbewegung, zumal das Ventil der empfindlichste
                              									Teil eines Kompressors ist.
                           Das Saugorgan läßt sich in genügend einwandfreier Weise vollkommen zwangläufig
                              									steuern. Von dieser zwangläufigen Steuerung wird auch bei neueren Konstruktionen
                              									vielfach Gebrauch gemacht.
                           Die Möglichkeit einer zwangläufigen Steuerung des Saugorgans mit einfachen
                              									konstruktiven Mitteln ist dadurch gegeben, daß Oeffnen und Schließen immer
                              									angenähert in den Totpunkten des Kolbenhubes zu erfolgen haben.
                           Wesentlich ist hierbei, daß man für möglichst schnelle Eröffnung und möglichst
                              									schnellen und sicheren Schluß Sorge trägt. Bei der einfachen Steuerung durch einen
                              									Schieber, der von einem Exzenter betätigt wird, liegen die Verhältnisse in dieser
                              									Hinsicht auch außerordentlich günstig, wie aus dem Diagramm der Saugsteuerung
                              									eines Kompressors (Fig. 1) hervorgeht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 565
                              Fig. 1.
                              
                           Der Punkt S des Schließens des Saugventils fällt genau
                              									mit dem einen Kolbentotpunkte zusammen, der Punkt O des Oeffnens
                              									rückt dagegen um eine kleine Strecke, deren Größe durch den schädlichen Raum bedingt
                              									ist in den Kolbenweg hinein. Nun gibt die Parallele durch den Mittelpunkt M zu 0 S die Mittellage
                              									des Schiebers m1m2 an, in den Punkten
                              										m1 und m2 ist die
                              									Geschwindigkeit des Schiebers am größten, nun liegen aber O und S in nächster Nähe der Punkte m1 und m2, so daß Oeffnung und
                              									Schluß des Saugkanals fast mit der bei einer bestimmten Exzentrizität größt
                              									möglichen Schiebergeschwindigkeit erfolgen. Die Verhältnisse beim Oeffnen und
                              									Schließen liegen demnach hier bedeutend günstiger als bei der einfachen
                              									Schiebersteuerung einer Dampfmaschine.
                           Ist die Saugsteuerung eines Kompressors richtig eingestellt, so sind erhebliche
                              									Unterdrücke im Diagramm, welche durch zu langsames Oeffnen und Schließen auftreten,
                              									nicht zu befürchten.
                           Wie aus dem Diagramm (Fig. 1) hervorgeht, ist der
                              									Voreilwinkel δ der Steuerung negativ.
                           Arbeitet der Kompressor mit stark veränderlichen Kompressionsenddruck, so gewinnt die
                              									Größe des schädlichen Raumes hinsichtlich der Flächenvermehrung des Diagramms durch
                              									Unterdrücke eine gewisse Bedeutung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 566
                              Fig. 2.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 566
                              Fig. 3.
                              
                           Ist der normale Kompressionsenddruck pc (s. Fig. 2), so
                              									verläuft die Expansionslinie der im schädlichen Raum eingeschlossenen Luft
                              									beispielsweise nach B O. Es kann nun leicht der Fall
                              									eintreten, daß der Druck auf p'c steigt, dann erreicht die Expansionslinie des
                              									Inhaltes des schädlichen Raumes die Saugspannung erst in einem späteren Punkte O' des Kolbenhubes. Ist die Einstellung der
                              									Saugsteuerung die gleiche geblieben, so fällt schon im Punkte O2 die Spannung auf die
                              									Ansaugespannung herunter, so daß damit eine unnütze Vergrößerung des Diagramms um
                              									die Fläche O O' O2
                              									erfolgt.
                           Im Momente des Oeffnens O2 pufft dann ein Teil der im schädlichen Raum befindlichen Luft in die
                              									Saugleitung aus und stört durch ihr Entgegenströmen die Ausbildung einer
                              									kontinuierlich in einem Sinne gerichteten Strömung in der Saugleitung.
                           Wird mit Rücksicht hierauf das Oeffnen der Saugsteuerung etwas später als O eingestellt, so expandiert bei normaler Spannung die
                              									Luft im schädlichen Raum unter die Ansaugespannung und steigt im Eröffnungspunkte
                              										O' auf die Saugspannung an. Diese Einstellung gibt
                              									also auch eine Diagrammvergrößerung, welche sich in der bekannten Zacke von
                              									Indikatordiagrammen bei Beginn der Saugperiode äußert; eine Störung der
                              									Strömungsverhältnisse durch Entgegenströmen gibt jedoch diese Einstellung nicht.
                           Von diesen Mängeln der unrichtigen Einstellung ist die Saugsteuerung durch
                              									selbsttätige Ventile frei. Diese öffnen immer dann, wenn die Expansionslinie aus dem
                              									schädlichen Raum so weit unter die Ansauglinie gekommen ist, daß der von außen
                              									wirkende Ueberdruck genügt, das Ventil unter Ueberwindung seiner Massenkräfte und
                              									der auf ihm liegenden Federkraft anzuheben und die genügende Geschwindigkeit der
                              									Luft im Ventil zu erzeugen.
                           Der dynamische Vorgang der Ventilerhebung läßt sich unter Berücksichtigung aller
                              									Umstände rechnerisch nur schwer verfolgen.
                           Es sei im Folgenden:
                           p1
                              									der von unten auf das Ventil wirkende Druck in kg/qm,
                           v1
                              									das spez. Volumen beim Druck p1 in m3/kg,
                           p2
                              									der von oben der Ventilbewegung entgegenwirkende Druck in kg/qm,
                           x der Ventilhub in m,
                           P = P0 + cx die
                              									Federbelastung des Ventils beim Hube x in kg. (P0 = Federbelastung bei
                              									geschlossenem Ventil, c = Federkonstante),
                           m die Ventilmasse.
                           Da die Differenz p1
                              									– p2 zwischen dem unten
                              									und oben auf das Ventil wirkenden Drucke nur klein ist, bestimmt sich die
                              									Luftgeschwindigkeit im Ventil genügend genau zu
                           
                              w=\sqrt{2\,g\,v_1\,(p_1-p_2)}.
                              
                           Dann ist allgemein
                           
                              m\,\frac{d^2\,x}{d\,t^2}=f\,(p_1-p_2)-(P_0+c\,x),
                              
                           wobei f (in qm) die dem Drucke
                              										p1 ausgesetzte
                              									Fläche des Ventils ist.
                           Ist Fk (qm) der
                              									Kolbenquerschnitt, ck
                              										(m/Sek.) die
                              									momentane Kolbengeschwindigkeit, Fv (qm) der der Luft zum Durchströmen zur Verfügung
                              									stehende Ventilquerschnitt = π . D . x . α (α Kontraktionskoeffizient), so ist wegen der
                              									Kontinuität:
                           
                              w=\frac{F_k\,c_k}{F_v}=\frac{F_k\,c_k}{D\,\pi\,\cdot\,\alpha\,\cdot\,x}=\frac{F_k\,c_k}{\beta\,\cdot\,x}.
                              
                           (β = Dπ . α, D = Ventildurchmesser bei einem einfachen Tellerventil.)
                           Damit wird
                           
                              \begin{array}{rcl}m\,\frac{d^2\,x}{d\,t^2}&=&f\,\cdot\,\frac{w^2}{2\,g\,v_1}-P_0-c\,x\\
                                 										&=&f\,\cdot\,\frac{{F_k}^2\,\cdot\,{c_k}^2}{\beta^2\,x^2}\,\cdot\,\frac{1}{2\,g\,v_1}-P_0-c\,x.\end{array}
                              
                           Oeffnet sich nun das Ventil zur Zeit t = 0, nachdem die
                              									Kurbel von ihrem Totpunkte am Winkel α0 (vergl. Fig. 3)
                              									zurückgelegt hat, so ist
                           ck =
                              										μ . sin (ωt + α0).
                           μ ist hierbei die
                              									Umfangsgeschwindigkeit der Kurbel.
                           Hiermit ergibt sich
                           
                              m\,\frac{d^2\,x}{d\,t^2}=\frac{f\,\cdot\,{F_k}^2\,\mu^2}{2\,g\,v_1\,\beta^2}\,\cdot\,\frac{\sin^2\,(\omega\,t+\alpha_0)}{x^2}-P_0-c\,x,
                              
                           oder
                           
                              \begin{array}{rcl}\frac{d^2\,x}{d\,t^2}&=&\frac{f\,\cdot\,{F_k}^2\,\mu^2}{2\,g\,v_1\,\beta^2\,\cdot\,m}\,\frac{\sin^2\,(\omega\,t+\alpha_0)}{x^2}-\frac{P_0}{m}-\frac{c}{m}\,x\\
                                 										&=&A\,\cdot\,\frac{\sin^2\,(\omega\,t+\alpha_0)}{x^2}-B-C\,x,\end{array}
                              
                           wobei A, B, C die aus dem
                              									Vergleich der beiden letzten Gleichungen sich ergebenden Konstanten sind. Diese
                              									Gleichung ist dann die den Ventilhub x darstellende
                              									Differentialgleichung. Die allgemeine Lösung dieser Gleichung führt auf komplizierte
                              									und langwierige Rechnungen, so daß sich in Anbetracht des geringen praktischen Wertes des
                              									Resultates die weitere strenge Behandlung nicht lohnen dürfte.
                           Vernachlässigen wir bei der Untersuchung die Maße des Ventils, so ergibt sich für den
                              									Ueberdruck
                           
                              p_1-p_2=\frac{w^2}{2\,g\,v_1}=\frac{{F_k}^2\,\mu^2\,\sin^2\,(\omega\,t+\alpha_0)}{(D\,\pi\,\alpha)^2\,x^2\,\cdot\,2\,g\,v_1}
                              
                           und da dann für die Gleichgewichtslage
                           (p1
                              									– p2) . f = P0
                              									+ cx
                           sein muß, so ist
                           
                              \frac{f\,{F_k}^2\,\mu^2}{(D\,\pi\,\alpha)^2\,\cdot\,2\,g\,v_1}\,\sin^2\,(\omega\,t+\alpha_0)=P_0\,x^2+c\,x^3.
                              
                           Ist P0 = 0, liegt also das Ventil bei gerade entlasteter Feder auf seinem Sitz
                              									auf, so ist
                           
                              x=\sqrt[3]{\frac{f\,{F_k}^2\,\mu^2}{(D\,\pi\,\alpha)^2\,\cdot\,2\,g\,v_1\,\cdot\,c}}\,\cdot\,\sin^{2/3}\,(\omega\,t+\alpha_0).
                              
                           Der größte Wert dieses statischen Ventilhubes tritt in der Mitte des Kolbenhubes auf,
                              									hier ist mit
                           
                              \omega\,t+\alpha_0=\frac{\pi}{2}
                              
                           
                              x_{\mbox{max}}=\sqrt[3]{\frac{f\,\cdot\,{F_k}^2\,\cdot\,\mu^2}{(D\,\pi\,\alpha)^2\,\cdot\,2\,g\,v_1\,\cdot\,c}}
                              
                           Ist c = 0, wird also das Ventil nur durch sein Gewicht
                              									belastet, so ist
                           
                              x=\frac{F_k\,\cdot\,\mu}{D\,\pi\,\cdot\,\alpha}\,\cdot\,\sqrt{\frac{f}{2\,g\,v_1\,\cdot\,P_0}}\,\cdot\,\sin\,(\omega\,t+\alpha_0).
                              
                           Unter P0 ist dann das
                              									Ventilgewicht zu verstehen. Weiteres ist in diesem Falle:
                           
                              x_{\mbox{max}}=\sqrt{\frac{f}{2\,g\,v_1\,\cdot\,P_0}}\,\cdot\,\frac{F_k\,\cdot\,\mu}{D\,\pi\,\alpha}.
                              
                           Diese Formeln für die Größe des Ventilhubes gelten jedoch nur in der Nähe der Mitte
                              									des Kolbenhubes, in der Nähe des Oeffnungspunktes geben sie unrichtige Werte, da
                              									hier der Einfluß der Trägheitskräfte des Ventils überwiegt.
                           Die strenge Giltigkeit dieser Formeln erfährt jedoch dadurch eine Beschränkung, daß
                              									sie nur richtig sind für den Fall, daß Gleichgewicht besteht zwischen Luftdruck
                              									einerseits und Beschleunigungs- und Federdruck andererseits. In Wirklichkeit gerät
                              									das Ventil durch das plötzliche Oeffnen leicht ins „Flattern“, d.h. es
                              									vollführt Schwingungen um eine gewisse Gleichgewichtslage, die unter Umständen den
                              									Betrieb sehr stören können, abgesehen davon, daß dieses Flattern einen schnellen
                              									Verschleiß des Ventils und seiner Führungen bewirkt. Um dieses Flattern zu
                              									vermeiden, wird daher eine Hubbegrenzung eingebaut, an welche sich das Ventil
                              									anlegt. Aus obigen Gleichungen läßt sich dann leicht der Zeitpunkt bestimmen, in dem
                              									das Ventil den Fänger berührt.
                           Was die Vor- und Nachteile der einzelnen Saugsteuerungen anlangt, so überwiegen die
                              									Vorteile der zwangläufigen Saugsteuerung durch Schieber gegenüber der durch
                              									selbsttätige Ventile. Der Hauptvorteil der zwangläufigen Schiebersteuerung beruht
                              									eben in dem Umstand, daß sie viel weniger zu Störungen Anlaß gibt, als selbsttätige
                              									Ventile, die leicht durch den Bruch des Ventiltellers oder Ventilfeder
                              									betriebsunfähig werden. Als weiterer Vorteil kommt hinzu, daß bei richtiger
                              									Einstellung Verluste an gelieferter Luftmenge durch zu späten Schluß ausgeschlossen
                              									sind, da Oeffnen und Schließen immer präzise in demselben Punkte des Kolbenhubes
                              									erfolgen, während ein selbsttätiges Ventil durch irgend welche Umstände wie
                              									Verziehen der Führung und Klemmen sich leicht zu spät öffnen und schließen
                              									kann. Endlich ermöglicht die Einführung der zwangläufigen Steuerung die Anwendung
                              									viel höherer Tourenzahlen, als bei selbsttätigen Ventilen zu erreichen sind. Ein
                              									Nachteil der zwangläufigen Saugsteuerung liegt jedoch darin, daß der Schieber mehr
                              									Schmieröl verbraucht als das Ventil und daß besonders seine Dichtungsflächen durch
                              									den von der angesaugten Luft mitgerissenem Staub leicht angegriffen und zerstört
                              									werden können.
                           Die Wirkungsweise des Druckventils ist analog der des Saugventils. Es öffnet sich
                              									gleichfalls in dem Moment, wo der Ueberdruck im Zylinderinnern über den
                              									Leitungsdruck genügt, das Ventil unter Ueberwindung seiner Massenkraft und
                              									Federbelastung oder Gewicht anzuheben.
                           Das selbsttätige Druckventil arbeitet jedoch unter etwas ungünstigeren Umständen als
                              									das selbsttätige Saugventil. Der Schluß des Druckventils muß genau im Kolbentotpunkt
                              									erfolgen, da bei einem zu späten Schluß große Verluste an geförderter Luftmenge
                              									durch Zurückströmen eintreten können. Das Oeffnen des Druckventils erfolgt je nach
                              									dem Kompressionsdruck mehr oder minder in der Nähe der Kolbenwegmitte, also in einem
                              									Moment, wo die Kolbengeschwindigkeit einen noch relativ hohen Wert besitzt. Gleich
                              									nach Oeffnung ist demnach hier ein sekundlich bedeutend größeres Luftvolumen
                              									durchzulassen als beim Saugventil. Die Folge davon ist, daß das Druckventil im
                              									Moment des Oeffnens heftig aufgerissen und schnell in seine höchste Lage gebracht
                              									wird. Der zur Beschleunigung der Ventilmasse notwendige Ueberdruck wird demnach hier
                              									größer sein als beim Saugventil.
                           Hierzu kommt noch der Umstand, daß bei gleicher Luftgeschwindigkeit in den Ventilen
                              									und gleichem Hub, der zur Erzeugung der Geschwindigkeit notwendige Ueberdruck um so
                              									größer sein muß, je größer der Kompressionsdruck selbst ist.
                           Dies läßt sich durch folgende Rechnung nachweisen.
                           Die Luftgeschwindigkeit in den Ventilen ist gegeben durch
                           
                              w=\sqrt{2\,g\,v_1\,(p_1-p_2)}
                              
                           In gleichen Kolbenstellungen und bei gleicher Tourenzahl muß bei demselben Ventil w gleich sein, nun ist
                           
                              p_1-p_2=\frac{w^2}{2\,g\,v_1}=\frac{p_1}{R\,T_1}\,\cdot\,\frac{w^2}{2\,g}.
                              
                           Hierbei ist R die Gaskonstante
                              									und T1 die absolute
                              									Temperatur am Ende der Kompression.
                           Da nun fast ausnahmslos adiabatische Kompression in Frage kommt, so ist
                           
                              T_1=T_a\,\left(\frac{p_1}{p_a}\right)^{\frac{k-1}{k}}
                              
                           Ta und pa sind
                              									die absol. Temperatur und Spannung am Ende der Ansaugeperiode.
                           Für den Ueberdruck pa
                              									= p1
                              									– p2 folgt dann
                           
                              p_{ü}=p_1-p^2=\frac{p_1\,{p_a}^{\frac{k-1}{k}}}{R\,T_a\,{p_1}^{\frac{k-1}{k}}}\,\cdot\,\frac{w^2}{2\,g}
                              
                           
                              ={p_1}^{1/k}\,\cdot\,\frac{{p_a}^{\frac{k-1}{k}}}{R\,T_a}\,\cdot\,\frac{w^2}{2\,g}
                              
                           
                              ={p_1}^{1/k}\,\cdot\,\frac{w^2}{2\,g\,v_a\,\cdot\,{p_a}^{1/k}}
                              
                           Nun können pa und das spez. Volumen va am Ende der Saugperiode als konstant
                              									angesehen werden, dann ist der Faktor
                           
                           
                              
                              \frac{w^2}{2\,g\,v_a\,{p_a}^{1/k}}=c
                              
                           ebenfalls eine konstante Größe, und weiter
                           pa =
                              										c . p11/k.
                           Diese Gleichung sagt unmittelbar aus, daß mit steigendem
                              									Kompressionsenddruck auch pa zunimmt.
                           Die letzte Gleichung für pa kann noch etwas weiter umgeformt werden. Da
                           p1 =
                              										p2 + pa
                           ist, so folgt:
                           
                              p_{ü}=c\,(p_2+p_{ü})^{1/k}=c\,\cdot\,{p_2}^{1/k}\,\left(1+\frac{p_{ü}}{p_2}\right)^{1/k}.
                              
                           Nun ist pa gegenüber p2 klein, so daß die
                              									höheren Potenzen von \frac{p_{ü}}{p_2} im Verhältnis zu 1
                              									vernachlässigt werden können.
                           Nach dem binomischen Lehrsatz folgt dann
                           
                              p_{ü}=c\,\cdot\,{p_2}^{1/k}\,\left(1+\frac{1}{k}\,\cdot\,\frac{p_{ü}}{p_2}\right)
                              
                           und hieraus
                           
                              p_{ü}=c\,\cdot\,{p_2}^{1/k}\,\left(1+\frac{c}{k\,{p_2}^{\frac{k-1}{k}}}\right)
                              
                           p2 ist hierin der Leitungsdruck.
                           Aus dieser Gleichung ergibt sich ein Anwachsen von pa mit steigendem Druck in der Leitung. Diese
                              									Vermehrung des Ueberdrucks ist um so größer, je größer die Konstante c oder je kleiner va und pa ist. Je größer also das spez. Gewicht beim
                              									Ansaugen ist, um so größer ist auch die Zunahme des Ueberdruckes pa mit steigender
                              									Kompression. Der Verlauf von pa als Funktion des Leitungsdruckes ist in Fig. 4 dargestellt unter der Annahme, daß bei einem
                              									Ansaugedruck von pa =
                              									0,94 at absol. und einem Leitungsdruck p2 = 1,5 at absol. der Ueberdruck 0,1 at beträgt. Es
                              									sind dies Verhältnisse, wie sie ungefähr bei Hochofen und Stahlwerksgebläsen
                              									auftreten.
                           Diese Zunahme des Ueberdruckes pa erklärt auch die Erscheinung, daß bei
                              									Verbundkompressoren der Hochdruckzylinder meistens mit größerem Unterdruck gegenüber
                              									dem Aufnehmerdruck ansaugt als der Niederdruckzylinder gegenüber der Atmosphäre.
                           Ist p2 konstant, aber
                              									die Kolbengeschwindigkeit (Tourenzahl) veränderlich, so folgt aus:
                           
                              
                              w=\frac{F_k}{F_v}\,\cdot\,c_k
                              
                           für die Konstante c
                           
                              c=\left(\frac{F_k}{F_v}\right)^2\,\frac{{c_k}^2}{{p_a}^{1/k}\,\cdot\,2\,g\,v_a}=\alpha\,\cdot\,{c_k}^2\,\left(\alpha=\frac{F_k}{F_v}\,\cdot\,\frac{1}{{p_a}^{1/k}\,\cdot\,2\,g\,v_a}\right)
                              
                           Hieraus folgt für den Ueberdruck
                           
                              p_{ü}=\alpha\,{c_k}^2\,\cdot\,{p_2}^{1/k}\,\left(1+\frac{\alpha\,{c_k}^2}{k\,{p_2}^{\frac{k-1}{k}}}\right)
                              
                           
                              =\beta\,{c_k}^2+\gamma\,{c_k}^4
                              
                           
                              \left(\beta=\alpha\,{p_2}^{1/k};\
                                 										\gamma=\frac{\alpha^2}{k}\,\cdot\,{p_2}^{\frac{2-k}{k}}\right).
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 568
                              Fig. 4.Kompressionsdruck.
                              
                           Der Ventilüberdruck setzt sich somit aus zwei Teilen zusammen, von denen der erstere
                              									und größere mit dem Quadrate, der andere kleinere mit der vierten Potenz der
                              									Kolbengeschwindigkeit zunimmt. Die letzte Gleichung für pa läßt somit den bedeutenden Einfluß
                              									einer Tourensteigerung auf die Größe des Ueberdruckes erkennen. Zugleich gibt sie
                              									einen Ueberblick über den Verlauf des Ueberdruckes während der Ausschub- oder
                              									Ansaugeperiode. Da innerhalb eines Hubes ck = μ sin ωt ist, (von der endlichen Länge der Schubstange soll
                              									abgesehen werden), so folgt, daß der Ueberdruck in einem Punkte des Kolbenhubes umso
                              									größer ist, je näher der betreffende Punkt der Hubmitte liegt, und daß er gegen Ende
                              									des Kolbenhubes abnimmt. Indikatordiagramme zeigen in der Tat fast ausnahmslos
                              									diesen charakteristischen Verlauf des Ueberdruckes.
                           
                              
                                 (Schluß folgt.)