| Titel: | Die Hebezeuge auf der deutschen Schiffbau-Ausstellung Berlin 1908. | 
| Autor: | K. Drews | 
| Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 596 | 
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                        Die Hebezeuge auf der deutschen
                           								Schiffbau-Ausstellung Berlin 1908.
                        Von Ingenieur K. Drews.
                        (Schluß von S. 584 d. Bd.)
                        Die Hebezeuge auf der deutschen Schiffbau-Ausstellung Berlin
                           								1908.
                        
                     
                        
                           Wenn bei den Munitionswinden infolge des unveränderlichen Hubes und der stets
                              									gleichen Last die selbsttätige Steuerung der Winde gewählt werden und somit ihre
                              									Bedienung außerordentlich vereinfacht werden konnte, so ist dies bei einer
                              									zweiten Art von Schiffswinden, den Kohlenwinden, nicht mehr gut möglich; denn die
                              									Fördergeschwindigkeit dieser Winden muß innerhalb gewisser Grenzen von dem Führer
                              									beliebig geregelt werden können. Die Bedienung ist hier also die gleiche wie bei
                              									anderen Hebezeugen, z.B. wie bei Kranen; d.h. es gehören dazu geübte Leute.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 597
                              Fig. 16.Elektrische Kohlenwinde für 240 kg Nutzlast der
                                 										Siemens-Schuckert-Werke.
                              
                           Die Siemens-Schuckert-Werke haben zwei solcher
                              									Kohlenwinden von 240 bezw. 400 kg Nutzlast an der Trommel ausgestellt. Fig. 16 stellt die 240 kg, Fig. 17 die 400 kg Winde dar. Beide sind als Spillwinden angeordnet. Fig. 18 zeigt ferner, wie man erstere, um sie unter
                              									Deck verstauen zu können, leicht in ihre Einzelteile zerlegen kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 597
                              Fig. 17.Elektrische Kohlenwinde für 400 kg Nutzlast der
                                 										Siemens-Schuckert-Werke.
                              
                           Man sieht in der Figur (von links nach rechts) das Untergestell, das den
                              									Steuerschalter enthält, dann die eine Spilltrommel, darauf folgend den Motor und
                              									endlich die andere Spilltrommel. Die Bewegungsübertragung von der Motor- auf die
                              									Trommelwelle geschieht bei dem kleineren Modell durch ein Stirnräderpaar. Auf der
                              									Motorwelle sitzen an den Enden Triebe, (in Fig. 18
                              									am Motor erkennbar) die in Innenzahnkränze an den Spilltrommeln eingreifen. Die
                              									Trommeln laufen lose auf Achsen, die am Motorgehäuse befestigt sind.
                           Der Anlasser wird durch eine Handkurbel (Fig. 16)
                              									betätigt.
                           Bei dem größeren Modell (Fig. 17) ist ein
                              									Schneckengetriebe als Uebersetzungsmittel verwandt. Auf der Schneckenradwelle, die
                              									in dem Untergestell der Winde gelagert ist, sitzen fliegend die beiden
                              									Spilltrommeln. Um die denkbar günstigste Grundrißprojektion zu erhalten, ist die
                              									Motor- und Schneckenwelle geneigt gegen die Senkrechte angeordnet. Der
                              									Steuerschalter befindet sich auf der Rückseite des Motors. Der Rücklauf der
                              									Spilltrommeln wird durch ein Kugelklemmgesperre verhindert.
                           Die ausgestellte Kohlenwinde der A. E. G. für 400 kg
                              									Nutzlast bei 1 m sekundlicher Fördergeschwindigkeit zeigt denselben Aufbau wie Fig. 18.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 597
                              Fig. 18.Kohlenwinde für 240 kg Nutzlast in ihre Einzelteile
                                 										zerlegt.
                              
                           Auch bei diesen Winden kann man die Lösung der Aufgabe als gelungen bezeichnen. Sie
                              									zeigen in der Ausnutzung des Raumes, in der Formgebung, in dem Schutze gegen
                              									Witterungseinflüsse, Seewasser und dergl., in der Bedienung bedeutende Fortschritte;
                              									vieles kann schon als mustergültig angesehen werden. Dies gilt nicht in vollem Maße
                              									von den auf dem Stande 67 der Bergmann-Elektrizitätswerke ausgestellten Kohlenwinden, wenigstens nicht
                              									bezüglich des einheitlichen Aufbaus und der Formgebung. Wohl ist auch hier der
                              									Seetüchtigkeit und der leichten Handhabung volle Aufmerksamkeit zugewandt worden,
                              									aber die glücklich gewählten Verhältnisse der oben dargestellten Winden lassen sie
                              									doch vermissen. Der Grund hierfür ist unschwer in der getrennten Konstruktionsarbeit
                              									zu finden. Die Bergmann-Elektrizitätswerke haben nur
                              									den elektrischen Teil geliefert, während der konstruktive Aufbau von der Maschinenfabrik Roger & Schmarje in Hamburg herrührt.
                           Fig. 19 zeigt eine Kohlenwinde dieser beiden Firmen.
                              									Die Zugkraft an der Trommel beträgt 240 kg, die Fördergeschwindigkeit 1 m/Sek. Außer der
                              									elektrischen Nachlaufbremsung ist noch eine Senksperrbremse vorhanden, um die Last
                              									zu halten. Eine Notausschaltung gestattet dem Führer, durch einen Handgriff die
                              									Winde sofort zum Stillstand zu bringen.
                           Fig. 20 zeigt dieselbe Winde in ihre einzelnen Teile
                              									zerlegt. Jeder Teil ist nur so schwer, daß ihn zwei Mann bequem tragen können.
                           Ferner ist eine für Handelsschiffe bestimmte Kohlenwinde (Fig. 21) ausgestellt. Sie leistet 300 kg an der Trommel bei 1,8 m
                              									sekundlicher Fördergeschwindigkeit, Der Steuerapparat ist auf dem Motor
                              									montiert.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 598
                              Fig. 19.Elektrische Kohlenwinde für 240 kg Nutzlast der
                                 										Bergmann-Elektrizitätswerke und der Maschinenfabrik Roger & Schmarje.
                              
                           Größere Ladewinden, wie sie für Stückgüter an Bord benutzt werden, sind nicht
                              									ausgestellt. In Anbetracht der größeren Leistungen solcher Winden und der großen
                              									Ansprüche, die oft an sie gestellt worden, dürfte hier noch manche Schwierigkeit zu
                              									überwinden sein, ehe man zu einer glücklichen Lösung der Aufgabe gelangt. Das gilt
                              									in noch höherem Maße von den schweren Ankerwinden und Gangspills.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 598
                              Fig. 20.Kohlenwinde für 240 kg Nutzlast in ihre Einzelteile
                                 										zerlegt.
                              
                           Bezüglich der leichten Steuerbarkeit und Geschwindigkeitsregulierung dürfte sich hier
                              									die sogen. Leonard-Schaltung, die ja auch bei den
                              									Geschützschwenkwerken vielfach verwandt wird, als vorteilhaft erweisen.
                           Diese Schaltung besteht darin, daß der Antriebsmotor, dessen Feld für sich erregt
                              									wird, seinen Ankerstrom nicht aus dem Netz, sondern von einer besonderen Dynamo
                              									erhält. Das Feld der letzteren, also auch ihre Spannung, kann von Null bis zu einem
                              									bestimmten Höchstwert reguliert und auch umgekehrt werden. Der Antriebsmotor nimmt
                              									dann eine Umlaufzahl an, die der ihm zugeführten Spannung entspricht. Durch
                              									Umkehrung des Dynamofeldes wird auch die Drehrichtung des Windenmotors geändert.
                           Die Regulierdynamo wird meist durch einen vom Netz gespeisten Motor angetrieben. Der
                              									Vorteil dieser Schaltung besteht darin, daß die Umlaufzahl des Windenmotors
                              									unabhängig von seiner Belastung in weiten Grenzen geändert werden kann. Außerdem
                              									fällt der Steuerschalter selbst bei großen Leistungen klein aus, da er nur den
                              									Erregerstrom der Dynamo, etwa 5 v. H. des Betriebsstromes, zu führen hat.
                           Diese Schaltung ist auch bei dem ausgestellten elektrischen Spill der A. E. G., das im Betrieb vorgeführt wird,
                              									angewandt.
                           Auf dem Stande der Felten & Guilleaume Lahmeyerwerke finden wir auch eine Bekohlungsvorrichtung,
                              									System Adam, für Kriegsschiffe, die, obgleich nicht
                              									eigentlich zu den Hebezeugen gehörend, hier kurz beschrieben werden möge.
                           Zum Bekohlen von Schiffen auf offener See wird meist ein Seil zwischen dem zu
                              									bekohlenden Schiff und dem Kohlenschiff gespannt; dieses Seil dient dann zur
                              									Beförderung der in Säcke gefüllten Kohle.s. D.
                                    											p. J. 1907, 322, S. 1.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 598
                              Fig. 21.Elektrische Kohlenwinde für 300 kg Nutzlast der
                                 										Bergmann-Elektrizitätswerke und der Maschinenfabrik Roger & Schmarje.
                              
                           Große Schwierigkeit bietet nun namentlich bei bewegter See das Innehalten einer
                              									bestimmten Spannung des Förderseiles.
                           Das Anziehen und Nachlassen des Seiles von Hand dürfte sich hier als völlig
                              									unzulänglich erweisen; eine selbsttätige Spannvorrichtung ist unbedingt
                              									erforderlich. An dem ausgestellten Modell interessiert denn auch vor allem diese
                              									Spannvorrichtung.
                           Fig. 22 zeigt das Schema der ausgestellten
                              									Bekohlungsvorrichtung.
                           Das Kohlenschiff wird von dem zu bekohlenden Schiff geschleppt. Zwischen beiden ist
                              									ein endloses Seil gespannt; r ist die Treibscheibe. Das
                              									Spannseil b läuft auf die Trommel c auf. Die Antriebsmaschine ist ein Elektromotor, der
                              									die Besonderheit hat, daß Anker sowohl wie Magnetgestell um die Motorachse drehbar
                              									sind. Der Anker ist mit der Spanntrommel c, das
                              									Magnetgestell mit der Treibscheibe r gekuppelt.
                           Die Vorrichtung wirkt nun in folgender Weise: beim Anlassen setzt sich das
                              									Magnetgestell und mit ihm das endlose Seil in Bewegung und erteilt diesem eine
                              									bestimmte Geschwindigkeit.
                           
                           Der Anker bewegt sich zunächst in entgegengesetzter Richtung und wickelt dabei
                              									das Spannseil b auf die Trommel r auf. Nachdem eine gewisse Seilspannung erreicht ist, wird Gleichgewicht
                              									zwischen dem Drehmoment an der Trommel und demjenigen des Motorankers bestehen, so
                              									daß letzterer zum Stillstand kommt. Der Motor läuft dann wie jeder gewöhnliche. Wird
                              									dieses Gleichgewicht durch Aenderung der Seilspannung gestört, so sucht die
                              									Vorrichtung es von selbst immer wieder herzustellen. Vergrößert sich z.B. der
                              									Abstand der beiden Schiffe, so wird das Seil stärker gespannt; das Moment an der
                              									Trommel wird größer als das Ankermoment. Der Anker wird daher von der Trommel
                              									zurückgedreht, wobei sich soviel Seil abwickelt als zur Herstellung der alten
                              									Spannung nötig ist. Verkürzt sich dagegen der Schiffsabstand, so läßt die
                              									Seilspannung nach. Das Ankermoment überwiegt; der Anker dreht die Trommel im Sinne
                              									des Seilaufwickelns solange, bis die alte Spannung und das Gleichgewicht wieder
                              									vorhanden ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 599
                              Fig. 22.Schema der Bekohlungsvorrichtung System Adam.
                              
                           An dem Ausstellungsmodell werden diese Schiffsbewegungen, sowie das Stampfen,
                              									Schlingern und Rollen der Schiffe nachgeahmt, so daß man die Wirkungsweise der
                              									Antriebsmaschine gut beobachten kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 599
                              Fig. 23.Aufbringen eines Kohlensackes auf das Förderseil.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 599
                              Fig. 24.Durchschneiden der Tauschlinge an der Endstation.
                              
                           Sehr sinnreich ist auch die Art, wie die Kohlensäcke auf das Förderseil gebracht, von
                              									diesem mitgenommen und wieder an Ort und Stelle abgesetzt werden.
                           Jeder Kohlensack hängt mittels eines etwa 5 cm langen Hakens an einer Tauschlinge,
                              									die sich durch das Gewicht des Kohlensackes festzieht und derart von dem Seil
                              									mitgenommen wird. Fig. 23 zeigt die Aufgabestation.
                              									Dort läuft das Seil durch eine feste Blechhülse l, den
                              									Taukegel. Ueber diesen wird die Schlinge gelegt und dann in der Bewegungsrichtung
                              									des Seiles verschoben, bis sie von letzterem erfaßt und mitgenommen wird. Das
                              									Anhängen erfordert hier also keinerlei Geschicklichkeit.
                           Fig. 24 zeigt die Endstation. Dort befindet sich
                              									unter dem Seil ein Messer p, gegen das die Tauschlinge
                              									läuft und von ihm durchgeschnitten wird. Die leeren Säcke werden dann auf dieselbe
                              									Weise wieder zurückbefördert.