| Titel: | Neuerungen in der Ziegelindustrie. | 
| Autor: | G. Benfey | 
| Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 602 | 
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                        Neuerungen in der Ziegelindustrie.
                        Von G. Benfey.
                           								Lauban.
                        (Schluß von S. 587 d. Bd.)
                        Neuerungen in der Ziegelindustrie.
                        
                     
                        
                           Die bisher in der Ziegelindustrie viel angewendeten Transporteure, welche die
                              									frischen Formlinge von der Presse in die Gerüste, die trockenen nach den Oefen in
                              									Art einer aufgehängten Seilbahn befördern sollen, litten meist unter dem
                              									Uebelstande, daß sie entweder nur in einer Etage laufen können, also nur in der
                              									wagerechten Ebene zu verwerten sind oder daß die, welche durch verschiedene
                              									Stockwerke laufen können, zu kompliziert gebaut sind und infolgedessen zu teuer
                              									werden. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, baut die Firma L.
                                 										Schmelzer in Magdeburg und Zittau jetzt einen Ziegeltransporteur, der die
                              									frischen Formlinge von der Presse in alle Teile eines mehrstöckigen Trockengebäudes
                              									und von dort wieder die trockenen zum Ofen schafft in sehr einfacher Weise.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 602
                              Fig. 18 u. 19. Transporteur von Schmelzer.
                              
                           Der Antrieb des Transporteurs (Fig. 18) geschieht,
                              									wie üblich, durch ein Kettenrad h, in dessen Zähne eine
                              									besonders hierzu konstruierte Kette e greift, die in
                              									senkrechter wie wagerechter Richtung gelenkig ist (Fig. 19). In
                              									bestimmten Abständen sind einzelne Glieder mit senkrechten Trageisen versehen, die
                              									an ihrem oberen Ende Laufrollen d und an dem nach unten
                              									zeigenden Ende Transportschalen f haben. Die Laufrollen
                              									bewegen sich auf einem Schienengleise c, welches bei
                              									Steigung noch mit einer Oberschiene zur Rollenführung versehen wird. Infolge dieser
                              									Ausführung überwindet der Transporteur die Steigungen in sehr leichter Weise bei
                              									äußerst geringer Kraftbeanspruchung und sehr ruhigem Gange. Teile, die zum
                              									Straffhalten der Kette dienen, sind nicht erforderlich, die Spannung in der Kette
                              									ist der Belastung entsprechend.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 602
                              Fig. 20.Ausräumer von Schmelzer.
                              
                           Für diejenigen Naßkollergänge mit rotierender Mahlbahn, die ein schmierendes und
                              									klebendes Material verarbeiten sollen, empfiehlt sich ein Ausräumer (Fig. 20), den ebenfalls die Firma L. Schmelzer in Magdeburg, in die Ziegelindustrie
                              									eingeführt hat. Anstelle der bisher verwendeten Bleche ordnet Schmelzer ein Schnekkensystem an, welches in der Mitte
                              									des Walzwerkes radial nach der Königswelle des Kollerganges auf dem Sammelteller
                              									liegt und durch Riemen und Scheibe vom Vorgelege des Kollerganges angetrieben
                              									wird. Durch diese Schnecke wird das Material, selbst wenn es noch so schmiert und
                              									klebt sicher und gleichmäßig vom Sammelteller dem Walzwerk zugeführt, so daß ein
                              									Verstopfen unmöglich ist, und der ganze Betrieb durch die gleichmäßige Beschickung
                              									des Walzwerkes bezw. der Presse ein regelmäßiger wird.
                           Die Herstellung von Fußboden- und Wandbekleidungsplatten aus gebranntem Ton hat in
                              									den letzten Jahrzehnten einen sehr starken Aufschwung genommen, in erster Reihe wohl
                              									deshalb, weil sie für das Schmücken des Heims durch dem Auge gefällige Formen und
                              									Farbenzusammenstellungen wesentlich beitragen, dann aber auch weil die Tonplatten
                              									durch ihren absolut dichten, im Feuer gesinterten Scherben schwer Schmutz annehmen,
                              									sich leicht reinigen lassen und keinen Nährboden für Fäulnis oder Krankheit
                              									erregende Bakterien bilden. Außerdem sind die Platten meist so hart gebrannt, daß
                              									sie chemischen wie starken physischen Einflüssen erfolgreich widerstehen. Wir
                              									bezeichnen die besten ihrer Art, d.h. diejenigen, welche der oben erwähnten Richtung
                              									am besten entsprechen, wohl auch mit Mosaik- oder Mettlacher Platten. Diese letztere
                              									Bezeichnung verdanken sie dem Orte, an welchem sie von der Firma Villeroy & Boch in
                              									Mettlach zuerst hergestellt wurden. Diese Firma hat die Erzeugung größerer
                              									gemusterter Platten mittels hydraulischer Pressen aus trockener Tonmasse schon seit
                              									der Mitte des vorigen Jahrhunderts aufgenommen. Bei dem großen Beifall und der sich
                              									jährlich steigernden Anwendung, die jene Platten fanden, haben seither viele
                              									Fabriken versucht eine gleichwertige Ware herzustellen, es ist dies jedoch nur
                              									wenigen Werken gelungen, besonders weil es die genannte Firma in vorzüglicher Weise
                              									verstanden hat, ihre Ware ständig zu verbessern und sie dem herrschenden Geschmacke
                              									wohlgefällig anzupassen. Die Herstellung dieser Platten ist gewissermaßen Monopol
                              									einzelner Werke geblieben, weil die Herstellung, anscheinend so leicht, eine
                              									außerordentlich schwierige ist und jahrelange kostspielige Vorversuche verlangt, ehe
                              									ein neues Werk nur annähernd imstande ist, eine marktfähige Platte zu liefern. Der
                              									Grund liegt darin, daß es keine allgemein gültige Rezepte zur Herstellung jener
                              									Platten gibt. Vielmehr verlangt die geringste Verschiebung in der natürlichen
                              									Zusammensetzung des bekanntlich ständig wechselnden Tones neue kostspielige Versuche
                              									und Berechnungen der Masse, wie ihrer Zusätze, um den an diese Art Platten
                              									gestellten höchsten Ansprüche in Beziehung auf dichte Masse, Hartbrand, genau
                              									gleiche Maße, Farbeneinheit und Farbenschönheit zu genügen. Besonders die
                              									Feststellung der richtigen Schwindung der Grundmasse und ihrer Zusätze bereitet hier
                              									die größte Schwierigkeit.
                           Die Tonwarenindustrie ordnet diese Platten unter die Steinzeugfabrikation. Wir
                              									verstehen unter Steinzeug im Gegensatz zu Steingut eine gebrannte Masse mit
                              									vorherrschend glasigen, gesinterten nicht erdigen Bruch, die beim Berühren mit der
                              									feuchten Zunge nicht mehr saugend wirkt. Zur Herstellung eignen sich am besten Tone,
                              									die möglichst gleichmäßig sind, frühzeitig sintern, deren Schmelzpunkt aber nicht zu
                              									nahe dem Sinterungspunkte liegen darf. Ferner müssen die Tone frei von groben und
                              									solchen Verunreinigungen sein, die im Feuer verfärbend wirken könnten. Am besten
                              									eignen sich die Braunkohlentone zu dieser Herstellung, von denen man gern solche von
                              									verschiedener Schwindung zusammenbringt, um durch Verschiebung der Verhältniszahlen etwa
                              									erforderliche Aenderungen zur gleichmäßigen Schwindung leicht vornehmen zu
                              									können.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 603
                              Fig. 21.Grundform der Plattenpressen.
                              
                           Man unterscheidet die einfachen und mehrfarbigen (Mosaik) Platten, je nach ihrer
                              									Oberfläche. Die ersteren wird man in den meisten Fällen, wenn es sich nicht um
                              									besonders wertvolle Farbtone handelt, aus einer Tonmasse herstellen, während wir bei
                              									den Mosaikplatten die Farbmasse, d.h. die farbig gemusterte Deckschicht und die
                              									Hinterfüllmasse unterscheiden. Diese sucht man schon aus geschäftlichen Gründen so
                              									billig als möglich zu beschaffen, da es auf deren Färbung nicht weiter ankommt, wohl
                              									aber auf Härte und Dichte. Die Hinterfüllmasse ebenso wie ihr Feuergrad der
                              									Sinterung und der Schwindung muß sich aber auf das Aeußerste genau den verschiedenen
                              									Stoffen der Deckschicht anpassen, wie auch letztere unter sich, und gerade hierin
                              									liegt die Hauptschwierigkeit dieser Herstellung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 603
                              Fig. 22.Neuere Form der Pressung.
                              
                           Die Aufbereitung der Hinterfüllmasse geschieht mit den bereits früher besprochenen
                              									Maschinen, besonders mit dem Kollergange. Selbstverständlich muß diese Aufbereitung
                              									eine möglichst sorgfältige sein, da das kleinste Tonknötchen eine Aenderung in der
                              									Schwindung verursachen könnte, die den Wert der Platte wesentlich beeinflußt. Die
                              									Farbmasse wird in ähnlicher Weise, wie bei Herstellung der Glasuren besprochen,
                              									aufbereitet. Die Zusammensetzung dieser Massen, die Herstellung der farbigen Muster
                              									usw. geschieht an der Presse selbst, deren Kraft durch hydraulischen Druck erzielt
                              									wird. Das Material, welches verpreßt werden soll, muß neben der sonstigen bereits
                              									kurz geschilderten Vorbereitung eine bestimmte Feuchtigkeit haben. Diese richtet
                              									sich nach der Art des Materiales, sie schwankt zwischen 6–10 v. H. Eine gleichmäßige
                              									Feuchtigkeit wird am besten dadurch erzielt, daß man Wasser durch einen feinen
                              									Sprühregen dem Materiale in allen seinen Teilen zuführt, und es dann 8–10 Tage in
                              									Räumen, welche durch keine Temperatur- und Witterungswechsel beeinflußt werden,
                              									lagert (maukt). Hat man hierzu feuchte, aber nicht nasse Kellerräume zur Verfügung,
                              									so ist das erwähnte Annässen des Tongutes nicht erforderlich.
                           Die hydraulischen Pressen arbeiten im allgemeinen, wie aus Fig. 21 ohne weiteres ersichtlich ist. Auf dieser Grundlage sind nun die
                              									Formen zur Herstellung der hier besprochenen Platten in verschiedenartiger
                              									Gestaltung ausgeführt, doch zeigen sie meist die Form, wie in Fig. 22 dargestellt. Auf dem Unterteile a, auch Schlitten, Sockel, Schublade genannt, ruht der
                              									Formrahmen b, in den die Masse lose eingefüllt wird,
                              									sodann wird der Stempel c eingesetzt und diese
                              									dreiteilige Form in die Presse eingeschoben. Nach dem Pressen und Ablassen des
                              									Druckes wird der lose Formrahmen durch eine besondere Einrichtung etwas angehoben
                              									und der Sockel aus der Presse herausgezogen, während Formrahmen und Stempel auf dem
                              									alten Platz verbleiben. Jetzt wird ein mit Filz oder Tuch beschlagenes Brett
                              									untergehalten, nochmals Druck in die Presse gegeben und auf diese Weise mit dem
                              									Stempel c die Platte aus der Form auf das Brett
                              									herausgedrückt Formrahmen und Stempel werden sodann aus der Presse genommen, geputzt
                              									und neu gefüllt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 603
                              Fig. 23.Blechform von Laeis & Cie.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 603
                              Fig. 24.Verbesserte Preßform.
                              
                           Die farbigen Platten werden so hergestellt, daß man eine Schablone (Fig. 23) in die Form einsetzt, welche diese in eine
                              									beliebige Anzahl kleinere Gefächer nach dem gewünschten Muster teilt. In diese
                              									einzelnen Fächer werden dann die verschiedenen Farben, je nach Vorlage, etwa 3–5 mm
                              									hoch, eingefüllt, darauf kommt dann die Hinterfüllmasse in gewünschter Höhe, worauf
                              									die Schablone vorsichtig herausgezogen, der Stempel eingesetzt und das ganze unter
                              									die Presse geschoben wird. Die übrige Arbeit geschieht dann, wie bereits
                              									beschrieben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 603
                              Fig. 25.Hydraulische Plattenpresse mit in Stahl geschmiedetem
                                 										Innenzylinder von Laeis & Cie.
                              
                           In neuerer Zeit verwendet man auch Formen wie in Fig. 24 dargestellt. Hier liegt der Druckstempel a unten, der Formrahmen b ist auf Federn
                              									abgestützt, die obere Abdeckung geschieht durch eine Platte, oder es fehlt solche
                              									überhaupt. Bei dieser Form wird beim Heben des Kolbens d sich der Formrahmen gegen den Helm e der
                              									Presse anlegen, von unten her den Stempel in die Form gedrückt und der Formung auf
                              									diese Weise ausgepreßt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 604
                              Fig. 26.Form mit vier Oeffnungen für Platten von Laeis & Cie.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 604
                              Fig. 27.Hydraulische Vierplattenpresse von Laeis & Cie.
                              
                           Sehr wichtig ist auch bei dieser Art Arbeit mit hydraulischen Pressen die
                              									rechtzeitige Entfernung der in dem Pulver befindlichen Luft. Würde man das
                              									unterlassen, so würde sie mit eingepreßt und würde der Platte ein schiefriges Gefüge
                              									geben, sie unverwendbar machen. Um diesem abzuhelfen, d.h. der Luft Gelegenheit zum
                              									Entweichen zu geben, wird zuerst mit einem geringen Druck, dem sogen.
                              									Niederdruck, von 25 bis 50 at gepreßt. Nach diesem tritt der Kolben wieder etwas
                              									zurück, worauf die eingeschlossene Luft, wie an einem Staubwirbel ersichtlich,
                              									entweicht. Dann erst erfolgt der eigentliche Hauptdruck mit 150 bis 200 at.
                           Eine heute viel verwendete Presse zeigt Fig. 25. Sie
                              									ist mit einem in Stahl geschmiedeten Zylinder versehen, um auch den stärksten Druck
                              									auf die Dauer ohne Gefahr des Platzens widerstehen zu können. Für Massenbetrieb ist
                              									sie allerdings nicht geeignet, und würde deshalb die Herstellung einfarbiger Platten
                              									in ganzer oder plattierter Masse zu kostspielig darauf werden. Für Massenfabrikation
                              									wird heute viel die sogen. Vierplattenpresse verwendet. Die Formen (Fig. 26) sind ähnlich, wie vorher beschrieben, mit
                              									auf Federn ruhenden, beweglichen Formrahmen ausgebildet und mit einer
                              									Feststellvorrichtung versehen, um sie in jeder Lage festhalten zu können. Die Presse
                              										(Fig. 27) ist mit zwei solchen Formen
                              									ausgerüstet, die abwechselnd gefüllt und gepreßt werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 604
                              Fig. 28.Hydraulische Presse mit Akkumulatorenbetrieb von Laeis &
                                 										Cie.
                              
                           Der Antrieb der hydraulischen Pressen erfolgt entweder direkt durch Pumpen, wobei
                              									denn jede Presse ihr besonderes Pumpwerk haben muß, oder man arbeitet mit
                              									Akkumulatoren, eine Anordnung, die Fig. 28 zeigt.
                              									Jede Presse ist mit zwei Akkumulatoren ausgerüstet, einer für den erwähnten
                              									Niederdruck mit einer Spannung von etwa 80 at, der andere für den Hochdruck mit
                              									einer Spannung bis zu 300 at. Um den letzteren zu sparen und trotzdem für die
                              									Vierplattenpresse den erforderlichen sehr hohen Druck zu erzielen, ohne ihn in Pumpe
                              									und die Steuerventile zu haben, hat man den auch in anderen Industrien schon
                              									angewendeten Multiplikator (Fig. 29)
                              									herangezogen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 604
                              Fig. 29.Multiplikator.
                              
                           Sind die Platten auf die geschilderte Art gepreßt und den hydraulischen Pressen
                              									entnommen, so werden sie zunächst mit dem Messer an den Seiten vorsichtig abgeputzt,
                              									dann in die Trockengerüste gebracht, wo sie, meist unter Zuführung von Dampf, gründlich
                              									austrocknen müssen. Hat man sich hiervon überzeugt, so werden sie aufrechtstehend in
                              									Chamottekapseln gefüllt und in Rundöfen mit überschlagender Flamme gesetzt und
                              									gebrannt. Das Brennen muß mit äußerster Vorsicht, besonders in Steigerung der
                              									Hitze, geschehen, es darf auch nur im oxydierenden Feuer gebrannt werden, da durch
                              									reduzierende Ofenluft die Farbe der Platten leidet.