| Titel: | Das Zentrifugalverfahren zur elektrolytischen Erzeugung von Röhren, Blechen und Draht unmittelbar aus Kupfererzen. | 
| Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 613 | 
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                        Das Zentrifugalverfahren zur elektrolytischen
                           								Erzeugung von Röhren, Blechen und Draht unmittelbar aus Kupfererzen.Nach einem Vortrage von Sherard vor der Institution of Mechanical Engineers zu Bristol 29.
                                 										Juli 1908. Engineering 1908, Bd. II, S. 158.
                        Das Zentrifugalverfahren zur elektrolytischen Erzeugung von Röhren,
                           								Blechen und Draht usw.
                        
                     
                        
                           Die elektrolytischen Verfahren zur direkten Verarbeitung der Kupfererze stützen
                              									sich auf das Gesetz von Faraday, nach welchem beim
                              									Hindurchlassen eines elektrischen Stromes durch eine Metallsalzlösung, in der sich
                              									zwei oder mehr Elektroden befinden, von denen die eine (die Anode), in der Lösung
                              									löslich ist, Metall von der Anode zu den anderen Elektroden (den Kathoden),
                              									übergeführt wird. Besteht die Anode aus reinem Metall, so entspricht einer
                              									bestimmten Strommenge ein Niederschlag von bestimmter Größe, der gleich der Menge
                              									des an der Anode gelösten Metalls ist. Besondere Schwierigkeiten entstehen bei der
                              									Anwendung des Verfahrens in der Praxis durch Verunreinigungen in der Anode und durch
                              									die Erzielung einer wirtschaftlich lohnenden Niederschlagsmenge.
                           Versuche ergaben, daß die Niederschlagsmenge gesteigert wird, wenn die Lösung
                              									zirkuliert, und die Elektroden gleichzeitig bewegt werden. Den besten Erfolg
                              									lieferte das Drehen der Kathode in der Lösung um eine senkrechte Achse. Die älteren
                              									hiernach arbeitenden Verfahren sind diejenigen von Wilde,
                                 										Elmore und Dumoulin.
                           Nach Wilde (1875) werden eiserne Farbwalzen für die
                              									Textilindustrie mit Kupfer überzogen, indem die Walze als Kathode in einem
                              									Kupferrohr (Anode) angeordnet und um ihre Achse gedreht wird. Die Lösung wird noch
                              									durch eine Flügelschraube bewegt. Da die Dichte der Lösung hierdurch überall gleich
                              									erhalten wird, so ergibt sich in der ganzen Länge der Walze ein gleichmäßiger
                              									Kupferüberzug.
                           ElmoreD. p. J.
                                    											1888, 269, 388; 1890, 277, 484; 1893, 289, 41 und 52; 1897,
                                    												304, 214; 1898, 309, 231; 1902, 317, 670.
                              									schlägt das Kupfer zur Erzeugung von Platten oder Rohren auf einen wagerecht
                              									liegenden Dorn nieder; während der Dorn sich beständig um seine Achse dreht, wird
                              									das Kupfer durch eine kleine hin- und hergehende Achatplatte angewalzt, wobei es
                              									verdichtet und zugleich verhindert wird, daß Verästelungen oder Knollenbildungen im
                              									Kupfer entstehen. Trotz des Glätters darf die Stromdichte aber nicht über 0,032 Amp./qcm
                              									Kathodenoberfläche gesteigert werden.
                           Dumoulin verwendet statt Achat Schafleder zum Glätten.
                              									Er beabsichtigt hiermit eine Isolierung des niedergeschlagenen Metalls an hervorstehenden
                              									Stellen zu erzielen, indem es mit einer dünnen Fettschicht überzogen wird, so daß
                              									kein weiterer Niederschlag entstehen kann, bevor die Oberfläche wieder eben geworden
                              									ist.
                           Die Stromdichte konnte bis 0,043 Amp./qcm Kathodenoberfläche gesteigert werden bei über
                              									1,6 Volt. Das Verfahren ist in England viel angewendet aber wieder aufgegeben.
                           Versuche, die Niederschlagsmenge zu vergrößern, führten dazu, daß man den Elektrolyt
                              									im Strahl auf die Oberfläche der Kathode aufschlagen ließ. Hierbei ergaben sich
                              									gesetzmäßige Verschiedenheiten in der Dichte des Materials, indem das Kupfer sich
                              									bei stillstehender Kathode in unebenen, ringförmigen Flächen und in verschiedener
                              									Dichte niederschlug. Fig. 1 zeigt die vergrößerte
                              									Abbildung einer Bleiplatte, die bei einer Stromdichte von 0,17 Amp./qcm und 50° C
                              									mit Kupfer überzogen ist, indem die elektrolytische Lösung mit schwachem Druck durch
                              									eine durchlöcherte Bleibüchse gepreßt wurde, wobei die Lochdurchmesser 0,32 cm und
                              									die Lochabstände von Mitte zu Mitte 2,5 cm betrugen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 614
                              Fig. 1.
                              
                           Sherard machte Versuche, bei denen der Dorn (Kathode)
                              									mit verschiedener Geschwindigkeit gedreht wurde, und beobachtete hierbei, daß der
                              									Kupferniederschlag bei großer Umfangsgeschwindigkeit auch bei Stromdichten von 0,215
                              										Amp./qcm und
                              									mehr noch eben wurde und daß seine Festigkeit mit wachsender
                              									Umdrehungsgeschwindigkeit des Domes zunahm. Sie kam der des besten gewalzten oder
                              									gezogenen Kupfers gleich und war in einzelnen Fällen um 50 v. H. größer als bei
                              									Herstellung nach dem gewöhnlichen Verfahren durch Gießen und Walzen. Sherard führt dieses Ergebnis darauf zurück, daß die
                              									einzelnen Kupferteilchen, sowie sie sich niederschlagen, langgestreckt werden und
                              									dadurch ein zähes, faseriges Material entsteht.
                           Die Ausnutzung dieser Beobachtung führte zur Durchbildung des sogen.
                              										„Zentrifugalverfahrens“.
                           Um die zweckmäßigste Geschwindigkeit festzustellen, wurde eine konische Kathode
                              									benutzt und an ihr die Ringschicht festgestellt, in der das Kupfer eben blieb. Die
                              									geeignete Geschwindigkeit berechnete sich dann aus der Umlaufzahl und dem
                              									Durchmesser der Kathode an dieser Stelle. Die zweckmäßigste Stromdichte ergab sich
                              									zu 0,215 Amp./qcm.
                              									Bei größerer Dichte wurden die Entstehungskosten unverhältnismäßig hoch und das
                              									Verfahren unwirtschaftlich.
                           Die gewählte Anordnung der Einrichtung zur Erzeugung von Rohren und Platten zeigen
                              										Fig. 2 und 3.
                              									Sie besteht im wesentlichen aus konzentrischen Teilen und ist so getroffen, daß
                              									nur die Kathode, eine um eine senkrecht stehende Achse drehbare Tauchglocke, mit dem
                              									Elektrolyten in Berührung kommt, während alle arbeitenden Teile außerhalb des
                              									ringförmigen Bottigs liegen, so daß sie in gewöhnlicher Weise mit Oel geschmiert
                              									werden können. Die Stromzuleitung zur Kathode bildet der Schleifkontakt a; bei b befindet sich die
                              									Zuleitung zur Anode. Der Durchmesser der Tauchglocke beträgt 1,5 bis 1,8 m, so daß
                              									Platten von 6 m Länge bei 1,2–1,5 m Breite erzeugt werden können. Das Rohkupfer wird
                              									als Anode mit geringen Zwischenräumen rings um die Glocke gelegt und entsprechend
                              									der fortschreitenden Lösung mechanisch ersetzt, so daß die Spannung konstant
                              									bleibt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 614
                              Fig. 2.
                              
                           Als großer Vorzug des Zentrifugalverfahrens wird der Umstand genannt, daß sogar bei
                              									sehr großer Stromdichte nur eine sehr geringe Spannung erforderlich ist, sie beträgt
                              									bei 0,215 Amp. nur höchstens 0,8 Volt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 614
                              Fig. 3.
                              
                           Die günstige Wirkungsweise der umlaufenden Kathode soll darin bestehen, daß
                           1. der Elektrolyt in Bewegung gehalten wird, so daß immer neue Jonen des Kupfers zur
                              									Kathode gelangen,
                           2. jedes niedergeschlagene Teilchen durch die Reibung zwischen der umlaufenden
                              									Kathode und dem Elektrolyten gleichsam angewalzt und geglättet wird, 3. fremde Bestandteile, die
                              									etwa in dem Elektrolyten enthalten sind, sich nicht auf dem Niederschlag festsetzen
                              									können und dann durch neue Niederschläge überdeckt werden,
                           4. Luftblasen, die zur Bildung von Warzen führen, von der Kathode abgestreift werden
                              									und
                           5. der Kupferniederschlag selbst bei langen Glocken überall gleich dick wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 615
                              Fig. 4.
                              
                           Die Glocke, deren Durchmesser etwas geringer zu wählen ist als der gewünschte
                              									Rohrdurchmesser, wird zuvor mit einem festhaftenden Kupferüberzug versehen, indem
                              									zunächst aus einer alkalischen Lösung eine Kupferschicht niedergeschlagen und diese
                              									dann in einer saueren Lösung auf die gewünschte Dicke gebracht wird. Dieser Ueberzug
                              									wird dann, um ein späteres leichtes Loslösen des Rohres sicherzustellen, hochglanz
                              									poliert und chemisch behandelt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 615
                              Fig. 5.
                              
                           Sobald der Niederschlag die für das Rohr gewünschte Dicke erreicht hat, wird die
                              									Glocke aus dem Apparat herausgenommen und außen mit einer Rolle bearbeitet. Der
                              									Niederschlag streckt sich hierbei etwas, so daß er sich als Rohr leicht abziehen
                              									läßt.
                           Tab. 1 enthält einige Ergebnisse aus Zerreißversuchen mit allerdings dünnen
                              									Blechen, die ohne nachheriges Walzen erzeugt waren.
                           Tabelle 1.
                           
                              
                                 Abmessungen
                                 Streck-grenzekg/qmm
                                 Bruch-festigkeitkg/qmm
                                 Dehnungv. H.
                                 Quer-schnitts-vermin-derungv. H.
                                 
                              
                                 Breitemm
                                 Dickemm
                                 Quer-schnittqmm
                                 
                              
                                 28,2
                                 0,15
                                 4,25
                                 32,1
                                 40,2
                                 21,1
                                 31,8
                                 
                              
                                 28,8
                                 0,18
                                 5,02
                                 44,7
                                 44,7
                                 20,4
                                 17,7
                                 
                              
                                 28,4
                                 0,13
                                 3,55
                                 35,3
                                 54,5
                                 6,3Außerhalb der Meßlänge gerissen.
                                 –
                                 
                              
                                 28,6
                                 0,20
                                 5,75
                                 35,6
                                 43,6
                                 14,4
                                 –
                                 
                              
                                 28,4
                                 0,25
                                 7,10
                                 –
                                 43,0
                                 12,0
                                 18,9
                                 
                              
                                 28,5
                                 0,28
                                 7,95
                                 28,7
                                 43,0
                                 20,0
                                 24,4
                                 
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 615
                              Fig. 6.
                              
                           Die Schwierigkeit, die bei der elektrolytischen Kupfergewinnung im allgemeinen durch
                              									Festsetzung von Verunreinigungen des Elektrolyten sowie durch Ansammeln von
                              									Luftblasen und hieraus entstehenden Warzen an der Oberfläche des Niederschlages
                              									veranlaßt werden, sollen bei dem Zentrifugal verfahren, wie oben bereits gesagt ist,
                              									schon infolge Abstreifens nicht auftreten. Außerdem werden aber Verunreinigungen
                              									noch durch einen Zentrifugalfilter (Fig. 4)
                              									abgehalten und ferner wird der Elektrolyt noch durch einen besonderen Apparat (Fig. 5), „Atomiser“ genannt, in feine Strahlen
                              									zerteilt. Der Zentrifugalfilter ist mit Bogenlicht ausgestattet, wodurch das
                              									Abscheiden der Verunreinigungen erfahrungsgemäß wesentlich erleichtert werden
                              									soll.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 615
                              Fig. 7.
                              
                           Der Vortragende hebt bezüglich der Warzenbildung noch hervor, daß die Form der Warzen
                              									wesentlich abhängig ist von dem Gehalt des Elektrolyten an freier SäureDie gewöhnliche Zusammensetzung ist angegeben
                                    											zu 12,5 v. H. Kupfersulphat und 13 v. H. Schwefelsäure bei 40°
                                    									C.. Bei hohem Säuregehalt (12–13 v. H. beim Zentrifugalverfahren) ist die
                              									Form rundlich, bei geringerem bilden sich dagegen Verästelungen (Fig. 6). Die schädliche Wirkung solcher Warzen ergibt
                              									sich aus Fig. 7, die einen vergrößerten Schnitt
                              									durch zwei Warzen darstellt. Sie läßt erkennen, wie die Krystalle, die im gesunden
                              									Material einander parallel und senkrecht zur Oberfläche stehen, an warzigen Stellen
                              									geneigt zueinander gerichtet sind, so daß leicht trennbare Fugen zwischen ihnen
                              									entstehen, die etwaiges späteres Auswalzen unmöglich machen, da sie hierbei zum
                              									Zerfall führen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 616
                              Fig. 8.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 616
                              Fig. 9.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 616
                              Fig. 10.
                              
                           Zur Erzeugung von Drähten wird die Tauchglocke außen mit schwachen, spiralig
                              									verlaufenden Riefen versehen, deren Abstand dem Querschnitt der gewünschten Drähte
                              									anzupassen ist (s. Fig. 8). Die Riefen bezwecken den
                              									Niederschlag zu spalten (s. Fig. 9). Die Spaltung
                              									erfolgt, wie Fig. 10 zeigt, genau im Grunde der
                              									Riefen, wobei über den Seitenflächen der Riefen schmale Zwickel entstehen.
                              									Notwendig ist hierzu, daß die Riefen scharf eingeschnitten werden, nur so entsteht
                              									eine Trennungsfuge zwischen den Krystallen (s. Fig.
                                 										11a), während die Krystalle sich bei gerundetem Riefengrunde radial
                              									stellen (Fig. 11b).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 616
                              Fig. 11a.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 616
                              Fig. 11b.
                              
                           Nachdem der Niederschlag die nötige Dicke erreicht hat, wird die Glocke aus dem Bade
                              									herausgenommen und in eine besondere Vorrichtung (Fig.
                                 										12) gebracht und der Kupferstreifen hier von der Glocke unter dem Winkel
                              									von 45° abgezogen (s. Fig. 8). Hierbei werden
                              									zugleich die schmalen Zwickel an den Ecken (s. Fig.
                                 										10) durch geeignete Schneidwerkzeuge entfernt und wird der Streifen dann
                              									in drei oder mehr Zügen zum Draht von dem gewünschten Durchmesser ausgezogen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 616
                              Fig. 12.
                              
                           Die theoretische Leistungsfähigkeit des Verfahrens, die unter günstigen Umständen
                              									erreicht werden soll, zeigt Tab. 2 für verschiedene Stromdichten.
                           Tabelle 2.
                           
                              Gewicht und Dicke des bei verschiedenen Stromdichten in
                                 										einer Stande erzeugten Kupferniederschlages.
                              
                           
                              
                                 StromdichteAmp. f. d.qcm × 10– 3
                                 Gewicht desNiederschlagesg/qcm ×
                                    												10– 3
                                 Dicke derKupferschichtmm 10– 3
                                 
                              
                                 161
                                 190
                                 221
                                 
                              
                                 172
                                 203
                                 236
                                 
                              
                                 183
                                 215
                                 251
                                 
                              
                                 194
                                 228
                                 266
                                 
                              
                                 204
                                 241
                                 281
                                 
                              
                                 215
                                 253
                                 295
                                 
                              
                                 226
                                 266
                                 310
                                 
                              
                                 237
                                 279
                                 325
                                 
                              
                                 248
                                 291
                                 340
                                 
                              
                                 258
                                 304
                                 354
                                 
                              
                                 269
                                 317
                                 369