| Titel: | Glasschmelz-Wannenöfen und das neue Siemens-Wannensystem und ihr Betrieb. | 
| Autor: | Hans Schnurpfeil | 
| Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 632 | 
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                        Glasschmelz-Wannenöfen und das neue
                           								Siemens-Wannensystem und ihr Betrieb.
                        Von Ingenieur Hans Schnurpfeil.
                        (Fortsetzung von S. 589 d. Bd.)
                        Glasschmelz-Wannenöfen und das neue Siemens-Wannensystem und ihr
                           								Betrieb.
                        
                     
                        
                           
                              
                              Regenerativ- und Rekuperativ-System.
                              
                           Der Frage, welchem System, dem Regenerativ- oder Rekuperativ-Wannensystem, der Vorzug
                              									zu geben wäre, ist mit Reserve zu begegnen, da alle beide Wannenarten ihren Zweck
                              									erfüllen können. Während Siemens die Verbrennungsluft
                              									durch im Unterbau des Ofens liegende „Kammern“, „Wärmespeicher“
                              									(Regeneratoren) erhitzt, wird die Speiseluft bei Nehse
                              									und anderen Systemen durch Rekuperatoren vorgewärmt, indem die atmosphärische Luft
                              									durch Bestreichen von Kästen, die aus Falzschamotteplatten zusammengesetzt sind, den
                              									verlangten Temperaturgrad annimmt, oder durch Schamotteröhren zieht, die außen von
                              									dem abziehenden Flammenprodukt, der „Abhitze“ bespült werden. Letzteres
                              									System mit konstantem Flammeneintritt und Abzug ist überall dort von Vorteil, wo man
                              									ungeschultes Personal um sich hat. Ein weiterer Vorzug ist die Vereinfachung der
                              									ganzen Konstruktion, mithin auch Verbilligung der Anlage, sowie daß die stets
                              									gleichmäßige Flammenrichtung eine gleiche Temperatur im Ofen hervorruft und auf die
                              									Lebensdauer einer solchen Wanne günstig einwirkt. – Das Regenerativsystem mit seinem
                              									Wechselarrangement gilt in bezug auf Temperaturentwicklung als heißgehendster Ofen,
                              									wie auch bei keinem anderen System die Ausnutzung der Abhitze in solch hochgradigem
                              									Maße stattfindet. Die alternierenden Flammenrichtungen der Regenerativwannenöfen
                              									dagegen rufen nicht selten ungleiche Temperaturen im Ofen hervor, so daß das Glas
                              									beim Abzug oft rauh und rampig wird, weil es zuerst überhitzt wird, nachher beim
                              									Umwechseln der Register aber eine Abkühlung erleidet. Beim Flammeneintritt im Ofen
                              									entfaltet sich immer eine höhere Temperatur als beim Abzug und ist es daher
                              									erklärlich, daß durch das Wechselarrangement ungleiche Hitzegrade im Wannenraum
                              									resultieren; ferner erfordert das Regenerativsystem infolge der wechselnden Flammen
                              									zuverlässigeres Bedienungspersonal, weil mit dem Falschwechseln des Gases und der
                              									Luft diese und jene Uebel leichteren und schwereren Charakters verknüpft sind.
                           Alte Siemenswanne. Die „alte Siemens-Wanne“, das in der Glasindustrie verbreitetste System, hat
                              									eine wenig komplizierte Konstruktion. Die „Kammern“, „Regeneratoren“
                              									liegen in Längsrichtung unter den Brennern und kann das Wannensouterrain in der
                              									Weise hergerichtet werden, daß jene von allen Seiten bequem zugänglich sind und die
                              									Operationen beim „Reinigen“, „Ausspritzen“ und auch „Aussetzen“
                              									der Kammern erleichtern. Die Länge der Regeneratoren wählt man nicht unter 4,15 m,
                              									doch richtet sie sich mehr oder weniger nach der Brennerausdehnung. Die Breite ist
                              									bei Gaskammern gewöhnlich 1,15 m, bei Luftgeneratoren 1,40 m. Aus diesen
                              									Wärmespeichern treten bei Luft je drei oder fünf, bei Gas je zwei oder vier
                              									schräge Züge hervor, die in ebensoviel Vertikalschächte münden. Ein Knie brechend,
                              									verzweigen sich letztere in gleich viele Horizontalkanäle. Die Luft strömt aus drei
                              									Mündungen, das Gas aus zwei Brennern heraus und gelangen Luft und Gas bei ihrer
                              									Verbindung erst im Wannenraum zur Verbrennung, die intensiv befördert wird, da die
                              									Luft die Gasströme von den Seiten und von der Mitte innig fassen kann. Den etwa 7 m
                              									breiten Wannenraum bespülend, zieht das Flammenprodukt auf der anderen Brennerseite
                              									ab und gelangt unter weitester Abgabe seiner Eigenwärme an das
                              									Regeneratorengitterstein werk zum Kamin. Durch Umwechselung der Apparate, die in
                              									Zeitabständen von je ½ Stunde geschieht, findet das Flammenspiel in umgekehrter
                              									Richtung statt.
                           Der Form nach bildet das Wannenbassin eine rechteckige Fläche, die auf den
                              									Breitseiten von den „Brennern“, bezw. „Füchsen“, hinten geschweift von
                              									der Rückwand, in der die beiden „Einleglöcher“ liegen, und vorn stark
                              									ausgebraucht, von der Arbeitsseite begrenzt wird. Die Länge des Wannenraumes beträgt
                              									etwa 6,50 m und sein Fassungsvermögen je nach Größe des Beckens und Höhe des
                              									Glasstandes 42–50 cbm Glas und darüber. Die „Kappe“, auch „Kuppe“
                              									benannt, liegt ungünstigerweise auf den Brennendeckplatten, die gleichzeitig als
                              									Widerlager dienen. Da bei diesen Wannenarten Hängekappen über dem Schmelzraum nicht
                              									anzubringen sind, sind die „Füchse“, zumal man sie niemals gänzlich oder nur
                              									ungenügend reparieren kann, einer verhältnismäßig kürzeren Lebensdauer unterworfen.
                              									Zu beachten ist, daß die Kammergittersteine nur allerbesten Materials sein sollen,
                              									da gerade bei den „Alten Siemens-Wannen“ zu
                              									finden ist, daß nach einjähriger Kampagne ein gutes Drittel, und zwar die obersten
                              									Steinschichten, in den Regeneratoren vollständig zusammensintern und
                              									zusammenschmelzen. Die Lebenszeit dieser Wannenart ist auf drei und vier Jahre
                              									anzugeben, sofern die Reparaturen sachgemäß ausgeführt werden.
                           Ist eine solche Wanne ohne Unterschied 1 oder 1½ Jahre gegangen, so sind dringend
                              									einige Ausbesserungen auszuführen. Die Hinterwand bei den „Einleglöchern“ muß
                              									erneuert und die Peripheriesteine müssen ausgewechselt werden. Zu diesem Zwecke
                              									arbeitet man die Wanne so weit, wie erforderlich, leer. Die Kammern werden alle
                              									11–12 Monate erneuert und zwar werden die alten Kammerschlichter entfernt und einer
                              									Prüfung unterzogen. Noch gut erhaltene Steine werden wieder verwandt. Zum
                              										„Aussetzen“ der „Regeneratoren“ sind etwa 6000–7000 Stück
                              									Schamottesteine nötig. Das „Ausbrennen“ sämtlicher Kanäle geschieht alle 12
                              									Wochen, sonst alle 3 Wochen, bei regnerischem Wetter alle 2 Wochen und zwar Sonntags, wo nicht
                              									gearbeitet wird. Das Reinigen der Kammern bewerkstelligt man während des Betriebes
                              									und muß dasselbe alle 6 Wochen vorgenommen werden, um dem Verstopfen durch
                              									Gemengestaub und Flugasche, sowie dem gänzlichen Versetzen zu steuern. Wohl zu
                              									bemerken ist, daß beim Beschicken des Wannenschmelzbassins mittels des Glasgemenges
                              									die Schornsteinschieber stets zu schließen sind, um nicht den Gemengestaub vom
                              									Kaminzuge in den Unterbau, wo er sich festsetzt, fortreißen zu lassen.
                           Herstellungskosten der „Alten Siemens-Wanne“. Die
                              									Baukosten jeden Systems wechseln beträchtlich. Sie richten sich mehr oder weniger
                              									nach den örtlichen Verhältnissen öden auch nach unsinnigen Ausgaben, die man getrost
                              									ohne Beeinträchtigung des Betriebsganges ersparen kann. Nachstehende Ziffern gelten
                              									als Norm für die Anlage einer Flaschenglaswanne nach dem alten System Siemens zur Produktion von 5 Millionen Flaschen unter
                              									Berücksichtigung von fünf Generatoren:
                           
                              
                                 1.
                                 Erdaushub, etwa 700 cbm, je M. 0,50
                                 M.
                                 350,–
                                 
                              
                                 2.
                                 Dinassteine f. d. Kappe, etwa 9000 Stück= 31500 kg., v.
                                    											H. kg M. 4,30
                                 „
                                 1354,50
                                 
                              
                                 3.
                                 Wannenblöcke, etwa 40 cbm = 74000 kg,v. H. kg, M.
                                    											7,25
                                 „
                                 5365,–
                                 
                              
                                 4.
                                 Schamottesteine, etwa 22000 Stück I.Qualität = 79000 kg,
                                    											v. H. kg M. 3,60
                                 „
                                 2851,20
                                 
                              
                                 5.
                                 Schamottesteine, etwa 10000 Stück II.Qualität = 36000
                                    											kg, v. H. kg M. 2,40
                                 „
                                 864,–
                                 
                              
                                 6.
                                 Kammerschlichter, etwa 6500 Stück =24050 kg, v. H. kg M.
                                    											5,10
                                 „
                                 1226,55
                                 
                              
                                 7.
                                 Rote Mauerziegel, etwa 60000 Stück,v. H. M. 25,–
                                 „
                                 1500,–
                                 
                              
                                 8.
                                 Dinasmörtel, etwa 4000 kg, v. H. kgM. 8,50, M.
                                    											34,–
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                    Thonmörtel, etwa 22000 kg, v. H. kgM. 7,50, M.
                                    											165,–
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                    Kalkmörtel, etwa 30000 kg, v. H. kgM. 4,50, M,
                                    											135,–
                                 „
                                 334,–
                                 
                              
                                 9.
                                 Wannenverankerung, 56 alte Eisenbahn-schienen, 4½ m lg.
                                    											= 252 lfd. m, à 35 kg= 8820 kg und 1180 kg. Zuganker-eisen, v. H.
                                    											kg M. 15,–
                                 „
                                 1500,–
                                 
                              
                                 10.
                                 Eisenteile für die Wechselanlage, wieWechseltrommel,
                                    											Gastrommel, Luft-klappe, Schornsteinschieber usw., etwa1800 kg, v.
                                    											H. kg M. 36,–
                                 „
                                 648,–
                                 
                              
                                 11.
                                 Schamottesteine f. d. Wechsel-, Kanal-und
                                    											Generatorenanlage, etwa 40000Stück = 144000 kg, v. H. kg M. 2,40
                                 „
                                 3456,–
                                 
                              
                                 12.
                                 Eisenteile f. fünf Generatoren, wie Füll-trichter,
                                    											Stoßlöcher, Rosten, Rostbalkenusw., etwa 15000 kg, v. H. M.
                                    											16,50
                                 „
                                 2475,–
                                 
                              
                                 13.
                                 Rüstholz, Bögen, Verschalung, Bretterusw.
                                 „
                                 600,–
                                 
                              
                                 14.
                                 Arbeitslöhne für 12 Maurer, 50 Tageà M. 5,–, M.
                                    											3000,–
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                   Arbeitslöhne für 24 Handlanger, 50Tage à M. 2,–, M.
                                    											2400
                                 „
                                 5400,–
                                 
                              
                                 15.
                                 Normalbahnfrachten für etwa 471550 kgfür 10000 kg M.
                                    											60,–
                                 „
                                 2829,30
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 M.
                                 30753,55
                                 
                              
                                 unter günstigen Verhältnissen rund
                                 M.
                                 31000,–
                                 
                              
                           Die „Alte Siemens-Wanne“ mag für Flaschen und
                              									ordinäres Hohlglas unbedingt als die vorteilhafteste angesehen werden, doch wird sie
                              									sich niemals zur Erzeugung feinerer Glasartikel eignen. Von dem technischen
                              									Grundsatze ausgehend, daß dasjenige Glas schöner, reiner, mithin auch heller
                              									ausfällt, welches einen weiteren Weg von dem Schmelzraume bis zum Arbeitsbassin
                              									zurückzulegen hat, ehe es zur Verarbeitung gelangt, hat unbedingt die „Neue Siemens-Wanne“ den Vorzug, ein besseres,
                              									vollkommener geläutertes Glas zu erzielen, was bei der Weißglasfabrikation zu den
                              									Hauptfaktoren zählt.
                           Neue Siemenswanne im allgemeinen. Die Neue Siemens-Wanne, Wannenofen mit freier Flammenentfaltung,
                              									eignet sich recht vorteilhaft für die Erzeugung von Weißhohlglas und besitzt eine
                              									etwas einfachere Konstruktion, welche infolge der hinten angebrachten Brenner
                              									gestattet, die das Schmelzwannenbassin überspannende Kappe hängend anzuordnen, indem
                              									sie auf als Widerlager dienenden Gußeisenkonstruktionen ruhen, die sich wieder mit
                              									ihren beiden Schenkeln an die entsprechend starken Traversen schmiegen und mittels
                              									Eisenklammern umgürtet werden. Die „Kammern“ dieser Wanne liegen in derselben
                              									Richtung unter dem Wannenbecken, wie die der „Alten Siemens-Wanne“, nur haben die Brenner eine andere Lage erhalten.
                              									Die Länge der Regeneratoren soll nicht übertrieben werden; als praktisches Maß
                              									dienen 4,75 m in der Länge, 2 m als Höhenpunkt und 1,50 m bei Luft, 1,25 m bei Gas
                              									in der Breite, „ausgesetzt“ am besten in einer Höhe von 1,32 m oder 1,36 m je
                              									nach den Kammerschlichterdimensionen. Die Brennerlinien liegen in der Längsrichtung
                              									der Kammern, so daß die Gas- und Luftströme, direkt aus den Regeneratorenstirnseiten
                              									tretend, gleich in die Brennervertikalschächte gelangen und, durch den ziemlich
                              									direkten Weg verursacht, mit ungestüm aus der Brennermündung in den langen und
                              									schmalen Wannenraum vorschießen, um dann an der Arbeitskappen-Haubenrundung, durch
                              									den Essenzug beeinflußt, umzukehren und durch das andere Brennerpaar in die
                              										„Wärmespeicher“ abzuziehen oder umgekehrt, je nachdem die Wechselapparate
                              									gerade gestellt sind.
                           Je länger eine Wanne ist, desto schöner ist auch das Glas im Arbeitsraume, doch muß
                              									die Länge genau berechnet werden, so daß im Arbeitsraume genügend Arbeitshitze
                              									vorhanden ist, d.h. das Glas muß sich anstandslos gut verarbeiten lassen. Bei der
                              										„Neuen Siemens-Wanne“ empfiehlt es sich, ihr
                              									eine längere Konstruktion zu geben, da die Flamme von selbst genügend nach den
                              									Werkstellen hinjagt. Zur Erzeugung grünen und braunen Glases sollte man diese Wanne
                              									nicht unter 9 m und für halbweißes Glas nicht unter 10 m wählen, während für
                              									Weißglas die Länge dieses Wannenbassins nicht unter 11 m fallen sollte. Als
                              									Breitenmaß wäre das mit 4½ und 5 m zweckentsprechend. Eine Wanne mit
                              									Schiffchenbetrieb kann recht vorteilhaft um etwa ¾ bis 1 m kürzer gehalten sein. Bei
                              									Flaschenwannen mit kontinuierlichem Betriebe ist ein Glasstand von 1 m Höhe
                              									unbedingt das Minimum, ratsamer ist 1,05 m. Ein Glasstand von 80–90 cm wird bis auf
                              									den Boden dünnflüssig und kann die Masse bei der geringsten Unachtsamkeit der
                              									Schürer oder Schmelzer durch den Boden gehen. Für halbweißes Glas ist eine
                              									Glasstandhöhe von 1,10 m bis 1,15 m vorteilhaft, während die Weißglaswannen eine
                              									Glastiefe von mindestens 1,25 bis 1,30 m haben müssen. Eine Tafelglaswanne erfordert
                              									einen noch tieferen Glasstand, von 1,40–1,50 m, um ein helles und reines Glas zu
                              									erzielen. Gibt man einen niedrigeren Glasstand, so muß man, damit die Befürchtung
                              									eines Auslaufens der Wanne nicht besteht, die Bodenkühlung schärfer gehen lassen,
                              									wodurch das am Boden befindliche Glas eine ungenügende Schmelzung und Läuterung
                              									erfährt und „windig“ zur Oberfläche gelangt. Jede Tafelglaswalze, sofern sie
                              									nicht als Ausschußware behandelt werden soll, muß fehlerfrei und blasenlos sein. Nur
                              									wenn man einen hohen Glasstand anführt, kann man zweckentsprechendes Glas
                              									erhalten, und ist strikte darnach zu trachten, soviel als möglich aus dem Bassin zu
                              									arbeiten; man spart nicht nur an Brennstoff, sondern auch die Produktion wird höher
                              									und endlich die Hauptsache, das Glas bleibt rein, weil es stets frischen Zuzug hat,
                              									wodurch keine zu Entglasungen führende Stagnation eintreten kann, da das Glas seine
                              									ursprünglich weiße Farbe beibehält, ohne durch langes Stehen und alte lagernde
                              									Glasmassen dunkelgraugrün zu werden, gegen welche Mißfärbung keine Entfärbung nützt
                              									und kein anderes Mittel existiert, als das Bassin zu entleeren und von neuem reines
                              									Weißglasgemenge einzulegen.
                           Bei allen Weißglaswannen ist darauf zu achten, daß die Ausarbeitung des Glases recht
                              									gleichmäßig erfolgt, dann bleibt auch das Glas gleichmäßig in der Farbe. Beim
                              										„Schiffchenbetrieb“ muß allgemein der Glasstand ein höherer sein, währen
                              									der „Ringbetrieb“ ein niedrigeres Stehen von etwa 15 bis 20 cm gestattet.
                           Infolge des Vorteils, daß man in der Lage ist, die Kuppe der „neuen Siemens-Wanne“ auf Eisenkonstruktion zu
                              									stellen, kann man unbedingt eine Lebesdauer derselben von durchaus acht, ja zehn
                              									Jahren erzielen, vorausgesetzt, daß man bei der Aufführung der Kappe, beim
                              									Auftempern, beim Anziehen und Lockern der Anker usw. die größte Umsicht walten läßt.
                              									Denn letztere Faktoren können, wenn man ihnen nicht sachgemäß begegnet, die Kappe
                              									vollständig ruinieren, wie auch das nasse Vermauern derselben, das zu rasche
                              									Auftempern, wodurch die Wasserdämpfe die so wie so schon sehr zum Treiben
                              									veranlagten Dinassteine stark quellen lassen. Lockert man nicht zeitig genug die
                              									Anker, so kann, falls die Traversen, was sie auch sollen, feststehen, eine
                              									Zerquetschung der Dinasköpfe stattfinden, die nach und nach bei der Kontraktion des
                              									Ofens sich abbröckeln und das Glas dadurch „steinig“ und „knotig“
                              									machen. Auch andere schwerwiegende Fehler ziehen üble Folgen nach sich, so z.B.
                              									trägt das zu lose Anziehen der Anker eine Senkung des Kappenfeldes nach sich,
                              									wodurch Fugen entstehen, welche eine liebsame Angriffsfläche der Flamme bilden,
                              									indem die Kappe „tropft“, „thränt“ und die herabfallenden
                              										„Schlieren“ das Glas verunreinigen. Wohl zu raten ist es, die Traversen
                              									nicht zu schwach zu wählen, da durch das sehr starke Treiben einer Wanne ungeheure
                              									Anforderungen an dieselben gestellt werden. Bei einer größeren Wannenkonstruktion
                              									empfiehlt es sich, für die Wannenstirnwand Traversen Normalprofil Nr. 26 zu nehmen,
                              									ebenso für die Wannenseiten, wo sie die Hängekappe zu tragen haben. Hier sind
                              									doppelte Traversen vorsichtshalber anzuwenden, um einem Verziehen derselben, was
                              									keine seltene Erscheinung ist, vorzubeugen, allerdings müssen auch die eisernen
                              									Verbindungstaue entsprechend stark sein, da es schon vorgekommen ist, daß die
                              									Zuganker rissen, oder die Füße der Traversen, sofern sie nicht tief genug
                              									eingelassen oder nur oberflächlich befestigt waren, nachgaben. Die Längszuganker
                              									sollen aus 75 mm, die Querverankerung aus 70 mm, die Verbindungstaue auf der
                              									Arbeitsseite aus 30 mm und der alle Tauenden fassende Vereinigungsring mindestens
                              									aus 50 mm Rundeisen hergestellt sein. Es ist nur dringend zu empfehlen, beim
                              									Anschüren einer neuen Wanne, jeden Schmelzofens überhaupt, dem Ankersystem volle
                              									Aufmerksamkeit zu schenken und sich zu überzeugen, ob die Zuganker zu lose oder zu
                              									straff angezogen sind, indem man mit einem Stück Holz oder desgleichen an die
                              									Eisenzüge schlägt. Einkurzer, dumpf brummender Ton zeigt ein zu straffes Anziehen,
                              									ein schnurrender, federnder Klang sagt deutlich, daß das Ankernetz zu locker
                              									verbunden ist.
                           Die neuesten Wannen mit freier Flammenentfaltung sind so konstruiert, daß die
                              									Brennermündung über dem Glasspiegel um den Abstand von 30 cm liegt. Man ordnet
                              									die Luft- und Gasströme entweder übereinander oder untereinander an und zwar wählt
                              									man Luft oberhalb, Gas unterhalb, und sind die Ströme durch eine Dinassteinzunge von
                              									20 bis 22 cm getrennt, welche vorn auf 12,5 cm Stärke zugespitzt wird. Ein solches
                              									Brennerarrangement bei genauer Berücksichtigung der Längen- und Höhenmaße ruft eine
                              									intensive, wenig oder gar nicht von Rauchstoffen und Gasen geschwängerte Flamme
                              									hervor, die durch das Mischungsverhältnis gesteigert wird, da die Luft, die sich
                              									oben befindet, infolge ihrer Schwere fällt, Gas, dem Naturgesetze folgend, die
                              									Neigung hat, zu steigen. Aber man ordnet die Züge auch so an, daß das Gas sich oben,
                              									die Luft unten befindet, wodurch man das zu starke Berühren des unreinen Gases mit
                              									dem Glase, besonders bei der Fabrikation feinerer Glassorten, wie Weißglas,
                              									vermeidet. Zieht man letztere Anordnung vor, so kann man ruhig die Flammenlöcher
                              									tiefer legen, so daß die Brennermündung um 22 bis 25 cm über dem Glase steht. Als
                              									Richtmaß der Brennermündungshöhe gilt 40 bis 50 cm, als Norm der
                              									Brennermündungsbreite 100 bis 125 cm. Je niedriger und breiter ein solcher Brenner,
                              									allerdings bis zu einer gewissen Grenze, um so intensiver die Mischung von Luft und
                              									Gas und um so reiner die Flamme. Dieselbe aber gewinnt man wiederum auf Kosten der
                              										„Füchse“, die bei einer solchen Anordnung ungemein zu leiden haben.
                              									Vielfach findet man, daß die Brennerscheidewand zwischen Luft und Gas mit der
                              									Fuchsmündungssohle schon abschließt, wodurch Gas und Luft früher zusammentreffen.
                              									Einen Vorteil bietet diese Flammenstellung keineswegs; zu dem Nachteil, daß die
                              									Brenner ihre Lebensfähigkeit beizeiten verlieren, tritt noch das Uebel erhöhten
                              									Brennstoffaufwandes; denn bekanntlich erzeugt dort die Flamme die höchste
                              									Temperatur, wo die einzelnen Flammenkörper zusammentreffen. Daher ist es
                              									praktischerweise geboten, eine auf beiden Seiten schräg zulaufende „Zunge“ in
                              									die Brennermündung hineinzuwölben, die etwa 75 bis 90 cm vor der
                              									Flammenausströmkante ihr Ende hat. Die Zunge ganz vorzuschieben – 50 cm ginge noch
                              									allenfalls –, wäre wieder unvorteilhaft, da die wagerechte Brennerrichtung eine
                              									größere Schornsteinwirkung ausübt und die Gas- und Luftströme erst eine Spanne
                              									fortgerissen werden, ehe sie in eine intensive Verbrennung eingehen. Die
                              										„Zunge“ soll, weil feuerfester, aus Dinas sein, doch sind Dinassteine
                              									insofern empfindlicher, als zu viel Gemengestaub in die Brennergegend gejagt wird
                              									und während des Betriebes haften bleibt, wodurch Dinas stark leidet. Daher ist ein
                              									Schamotteblockbogen bester Qualität vorzuziehen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 634
                              Maßstab 1 : 40.
                              
                           Nicht nur die verschiedenartigen Flammenführungen wirken auf den Gang der Wannenöfen
                              									ein, sondern auch die verschiedenartig „ausgesetzten“ Gitterwerke der
                              										„Kammern“. Nicht sachgemäßes „Aussetzen“ der
                              										„Regeneratoren“ hat viele Kalamitäten im Ofen oder in der Wanne zur
                              									Folge, Das „Heulen“ in den Oefen, das bekannte „Bullern“ ist in erster
                              									Linie auf eine zu weite Steinsetzung in den Kammern zurückzuführen, wodurch die Luft
                              									ungenügend vorerhitzt in den Schmelzraum tritt. Eine sachgemäße, nicht zu weite
                              									Stein- auf Stein-, also röhrenartige Aussetzung wird niemals die gleich hohe
                              									Temperatur hervorrufen, als wenn man die entstehende Fuge, wie es Siemens macht, durch einen Stein versetzt, so daß die
                              									Ströme einen schlangenförmigen Weg nehmen müssen (vergleiche Pfeilstriche Fig. 2 mit
                              										3).
                              									Diese Anordnung gestattet sowohl eine bessere Reinigung der Gase, da sich durch das
                              									Bestreichen der Steinflächen und Anstoßen an dieselben Flugasche und Ruß
                              									absondern, als auch eine genügendere Absorption der abziehenden Flammenprodukte,
                              									also einen heißeren Kammerngang. Jedoch verstopfen sich nach Fig. 2 ausgesetzte
                              									Kammern sehr leicht und geraten rasch in Verfall, so daß das Gitterwerk bald eine
                              									Neuerung erfahren muß. Auch lassen sich derartig ausgesetzte Kammern viel schwerer
                              									reinigen als Regeneratoren, die kastenähnlich, röhrenmäßig vergittert sind (Fig. 3). Bei
                              									einer zu dicht ausgesetzten Kammer ist das auch der Fall, man hat allerdings eine
                              									reine und heiße Flamme, die man aber auf Kosten der Kammern und des Netzwerkes
                              									gewinnt. Auch bei der „Neuen Siemens-Wanne“
                              									müssen die Regeneratoren alle 6 Wochen ausgespritzt werden, auch hilft man sich mit
                              									dem Einführen von Stahlbürsten und „Ausschießen“, welch letzteres
                              									Verfahren indes nicht anzuraten ist, da die Erschütterung sich in der Betriebsfolge
                              									bemerkbar machen kann. Ferner müssen die Kammersteine auch hier alle 12 Monate
                              									erneuert werden, doch sind sie gewöhnlich lange nicht so stark angegriffen als die
                              									der Regeneratoren bei der alten Siemens-Wanne, weshalb
                              									ein Teil derselben nach dem Putzen noch gut verwendbar ist. Zum Füllen und Aussetzen
                              									der Kammern gebraucht man entweder Ziegel (deutsches Normalformat) in den Maßen von
                              									250 × 120 × 65 mm oder Quadratsteine in den Dimensionen von 250 × 80 × 80 mm, welch
                              									letztere, da sie einen sicheren Aufbau ermöglichen, besonders zu empfehlen sind.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)