| Titel: | Glasschmelz-Wannenöfen und das neue Siemens-Wannensystem und ihr Betrieb. | 
| Autor: | Hans Schnurpfeil | 
| Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 698 | 
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                        Glasschmelz-Wannenöfen und das neue
                           								Siemens-Wannensystem und ihr Betrieb.
                        Von Ingenieur Hans Schnurpfeil.
                        (Fortsetzung von S. 680 d. Bd.)
                        Glasschmelz-Wannenöfen und das neue Siemens-Wannensystem und ihr
                           								Betrieb.
                        
                     
                        
                           III. Anlagekosten und
                                 										Betriebsresultate der Neuen Siemens-Wanne.
                           Es ist eine unbestrittene Tatsache, daß bei den Ofenbauten oft ganz unsinnige
                              									Ausgaben gemacht werden. So findet man oft ganz zwecklose Maueraufführungen aus
                              									feuerfester Schamotte, wo rotes Ziegelmauerwerk vollauf genügt hätte. Ebenso läßt
                              									sich manchmal viel an den Eisenkonstruktionen für die Glasöfen sparen.
                              									Verschönerungen an den Eisenkonstruktionen, wodurch diese nur verteuert werden, sind
                              									in der Tat zwecklos; sie sollen nur gediegen und sorgfältig gearbeitet sein und den
                              									Ansprüchen genügen.
                           Baukosten. Die Kosten einer Flaschenglaswanne mit einer
                              									Jahresproduktion von etwa 6 Mill. Flaschen würden sich nach dem neuen Siemens-System, wenn wir normale, günstige
                              									Bauverhältnisse in Betracht ziehen, wie folgt stellen:
                           
                              
                                 1.
                                 Ausschachtungen, 800 cbm je 0,50 M.
                                   400, – M.
                                 
                              
                                 2.
                                 Schamottesteine für die Kammerwände,12000 Stck. = 43200
                                    											kg v. H. 3,60 M.
                                 1555,20 „
                                 
                              
                                 3.
                                 Schamottesteine f. d. Kanalnetz, Unter-kammern,
                                    											Wechselanlage 16000 Stck.= 57600 kg, v. H. kg 2,40 M
                                 1382,40 „
                                 
                              
                                 4.
                                 Schamottesteine f. d. Kammergürtel,1200 Stck. = 4320 kg,
                                    											v. H. kg 2,40 M.
                                   103,68 „
                                 
                              
                                 5.
                                 Schamottesteine f. d. Kammerwölbung,3200 Stck. = 11520
                                    											kg, v. H. kg 3,60 M.
                                   414,72 „
                                 
                              
                                 6.
                                 Schamottesteine f. d. Brenner, 10000 Stck.= 37000 kg, v.
                                    											H. kg 5,10 M
                                 1887, –  „
                                 
                              
                                 7.
                                 Schamottesteine f. d. Bodenstützen,1800 Stck. = 6480 kg,
                                    											v. H. kg 2,40 M.
                                   155,52 „
                                 
                              
                                 8.
                                 Schamottesteine als Kammerpflaster,5500 Stck. = 19800
                                    											kg, v. H. kg 2,40 M.
                                   475,20 „
                                 
                              
                                 9.
                                 Dinaskuppensteine, 10000 Stck. =35000 kg, v. H. kg 4,30
                                    											M
                                 1505, –  „
                                 
                              
                                 10.
                                 Regeneratorenfüllsteine, 7500 Stck. =27750 kg, v. H. kg
                                    											5,10 M
                                 1415,25 „
                                 
                              
                                 11.
                                 Formsteine f. d. Ofenumfassung, 600 ×500 × 250 mm, 330
                                    											Stck. = 46250 kg,v. H. kg 7,25 M
                                 3353,13 „
                                 
                              
                                 12.
                                 Bodensteine, 900 × 900 × 250 mm,70 Stck. = 29230 kg, v.
                                    											H. kg 7,25 M.
                                 2119,18 „
                                 
                              
                                 13.
                                 Formsteine für die exponierten Brenner-steilen, 660 ×
                                    											300 × 200 mm, 60 Stck.= 3996 kg, v. H. kg 7,25 M
                                   289,71 „
                                 
                              
                                 14.
                                 Dinasmörtel, 4200 kg, v. H. kg 2, – M
                                     84, –  „
                                 
                              
                                 15.
                                 Schamottemörtel, 42000 kg, v. H. kg1, – M.
                                   420, –  „
                                 
                              
                                 16.
                                 Mauerziegel (rot), 60000 Stck., v. T.25, – M.
                                 1500, –  „
                                 
                              
                                 17.
                                 Kalkmörtel, 30000 kg, v. T. kg 4,50 M.
                                   135, –  „
                                 
                              
                                 18.
                                 Eisenkonstruktionen, Verankerung derKuppe, etwa 14000
                                    											kg, v. H. kg 20, – M.
                                 2800, –  „
                                 
                              
                           
                           
                              
                                 19.
                                 Eisenteile, wie Gaswechsel, Luftwechsel,Reguliertrommel,
                                    											Essenschieber, etwa2000 kg, v. H. kg 35, – M.
                                     700, –  „
                                 
                              
                                 20.
                                 Eisenteile f. 6 Gaserzeuger, wie Füll-trichter,
                                    											Stoßlöcher, Rostenstäbe, Rost-balken usw., etwa 15000 kg, v. H.
                                    											kg16,50 M.
                                   2475, –  „
                                 
                              
                                 21.
                                 Rüstholz, Bretter zu Verschalungen
                                     500, –  „
                                 
                              
                                 22.
                                 Arbeitslöhne f. 50 Tage, 12 Maurer und    20
                                    											Handlanger
                                   5000, –  „
                                 
                              
                                 23.
                                 Normalfrachtauslagen f. etwa 40 Wagg.f. d. Waggon 55, –
                                    											M.
                                   2200, –  „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 30869,99 M.
                                 
                              
                           Für eine Wanne mit einer Jahresleistung von 6 Mill. Flaschen rechnet man ungefähr 16
                              									Kühlöfen und stellt sich der Kostenaufwand derselben wie folgt:
                           
                              
                                 1.
                                 Schamottesteine, 10000 Stck. = 36000 kg,v. H. kg 2,40
                                    											M.
                                   864, – M.
                                 
                              
                                 2.
                                 Mauerziegel (rot), 60000 Stck., v. T.25, – M.
                                 1500, –  „
                                 
                              
                                 3.
                                 Eisenteile, wie Verankerung, Eintragstürenusw.
                                   800, –  „
                                 
                              
                                 4.
                                 Erdaushub, 80 cbm, à 0,50 M.
                                     40, –  „
                                 
                              
                                 5.
                                 Arbeitslöhne f. 8 Maurer und 12 Hand-langer
                                 1200, –  „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Zusammen
                                 4404, – M.
                                 
                              
                           Außer diesen Nebenöfen benötigt eine solche Wanne noch zwei Schiffchentemperöfen, die
                              									zugleich zum Brennen der Wannenkränze dienen. Die Herstellungskosten dieser
                              									Nebenöfen beziffern sich zusammen auf folgende Summen:
                           
                              
                                 1.
                                 Schamottesteine, 4000 Stck. = 14400 kg,v. H. kg 2,40
                                    											M.
                                   345,60 M.
                                 
                              
                                 2.
                                 Gewöhnliche Mauerziegel, 20000 Stck.,v. T. 25, –
                                    											M.
                                   500, –  „
                                 
                              
                                 3.
                                 Eisenteile, wie Verankerung usw.
                                   300, –  „
                                 
                              
                                 4.
                                 Erdaushub, 30 cbm à 0,50 M.
                                     15, –  „
                                 
                              
                                 5.
                                 Arbeitslöhne f. 6 Maurer und 8 Handlanger
                                   280, –  „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Zusammen
                                 1440,60 M.
                                 
                              
                           Fassen wir vorstehende Endsummen zusammen, so stellt sich der Gesamtkostenaufwand für
                              									eine Flaschenglaswanne mit einer Jahresproduktion von 6 Millionen Flaschen einschl.
                              									6 Generatoren, 16 Kühlöfen und zwei Schiffchenbrennöfen auf
                           
                              
                                 a)
                                 30869,99
                                 M.
                                 
                              
                                 b)
                                   4404,–
                                 „
                                 
                              
                                 c)
                                   1440,60
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––
                                 
                              
                                 Zusammen
                                 36714,59
                                 M.
                                 
                              
                           Brennstoffaufwand. In vielen Glashütten klagt man über
                              									den hohen Brennstoffverbrauch im Vergleich zu dem anderer Betriebe. Zu beachten ist
                              									zur Erklärung Folgendes: Abgesehen davon, daß die Nebenöfen, wie Kühlöfen manchmal
                              									übertrieben viel mit Brennstoff gespeist werden, ist es bekannte Tatsache, daß ein
                              									erst aufgetemperter oder der Endkampagne entgegengehender Ofen allgemein mehr
                              									Brennstoff als ein gut ausgehitzter noch nicht schadhafter Ofen benötigt. Außerdem
                              									verursachen unsachgemäß konstruierte Brenner oder der Brennstoffart nicht angepaßte
                              									Gaserzeuger ebenfalls höheren. Kohlenverbrauch. Häufig liegt die Ursache für
                              									letzteren auch in einer vernachlässigten Aufbewahrung der Brennmaterialien. Für
                              									Kohlen empfehlen sich geeignete verschließbare Schuppen, die in der Nähe der
                              									Generatoren liegen und bequem zugänglich sein sollen. Die Lagerung der Kohlen soll
                              									so getroffen werden, daß niemals die grubenfrische Kohle auf die alte zu liegen
                              									kommt. Es findet hierbei eine Erwärmung der unteren Kohle statt, die Folge ist dann
                              									eine allmähliche Verwitterung, die eine Reduktion des Kohlenstoffes und
                              									Wasserstoffes im Gefolge hat, wodurch die Kohle an Brennwert verliert. Auf dem
                              									Transport feucht gewordene Kohlen sollen besonders trocken gelagert werden;
                              									Schwefelkies enthaltende feuchte Kohlen sind leicht zum Zersetzen geneigt. Das
                              									Generatorenplateau soll, wie schon an anderer Stelle gesagt, sauber abgepflastert
                              									sein, damit nicht die Kohle auf das bloße Erdreich geschüttet wird. Dies sind alles
                              									Momente, die bei der Lagerung der Kohlen zu berücksichtigen sind, will man nicht
                              									ihren Brennwert vermindern.
                           Aehnlich verhält es sich mit den Hölzern; grünes oder frisch geschlagenes Holz soll
                              									grundsätzlich nicht in den Generatoren verfeuert werden. Man wird sonst trotz
                              									erhöhten Brennstoffverbrauchs nur unvollkommene Temperaturen erzielen. Nichts ist
                              									einfacher als einen Trockenprozeß in den Glashütten durchzuführen, um so mehr, als
                              									jeder Raum in einer Glasfabrik über freie, ungebundene Wärme verfügt, die zur
                              									Trocknung des Holzes herangezogen werden kann. Durch vollkommen trockenes Holz kan
                              									man unglaublich große Mengen Brennstoff sparen. Von weiterem Einfluß auf den
                              									Brennstoffaufwand ist die Größe der Holzstücke. Das Holz kommt gewöhnlich in
                              									Meterscheiten zur Verwendung, die auf bestimmte Längen geschnitten werden.
                              									Irrtümlicherweise findet man die Ansicht vertreten, daß größere Holzscheite an
                              									Brennstoff sparen; dies ist aber nicht zutreffend. Obwohl kleinere Scheite den
                              									Generatorraum voller ausfüllen und auch anscheinend einen höheren
                              									Brennstoffverbrauch zur Folge haben, so ist doch die Gasausbeute bei kurz
                              									geschnittenem Holz stets reicher und das Gas intensiver. Lange Holzscheite bilden in
                              									der Generatorlagerung Hohlräume, welche eine genügende Gluthöhe nur schwerlich
                              									ermöglichen und das Gas entwickelt sich zu wild, zu kalt und zu kohlensäurereich, so
                              									daß keine genügende Schmelztemperatur damit zu erzielen ist. Was hier bezüglich des
                              									Holzes gesagt wurde, gilt auch für den Torf, dessen Güte um so höher ist, je dichter
                              									und trockener seine Massebestandteile sind.
                           Für Glasfabriken ist es vorteilhaft, Hölzer von hohem Raumgewicht als Brennstoff zu
                              									verwenden. Bekanntlich sind spezifisch schwerere auf trockenem, bergigem Terrain
                              									entstandene Hölzer sparsamer zu feuern als solche, die auf einem feuchten, warmen
                              									und zarten Boden gewachsen sind. Genau so verhält es sich mit dem Torf für
                              									Glashütten; spezifisch schwerer, also dichter, trockener, fester und wenig Asche
                              									bildender Torf ist das brennstoffsparsamste Material unter den verschiedenen
                              									Torfarten. Von den Kohlenmaterialien eignet sich zum Glasschmelzen diejenige
                              									Kohlengattung am besten, die neben hoher Heizkraft eine lange und reine Flamme,
                              									sowie viel Gas liefert.
                           In nachstehender Tabelle ist der Brennstoffaufwand verschiedener Wannenöfen
                              									wiedergegeben worden und sind die Ziffern unmittelbar der Praxis entlehnt.
                           Soweit die Brennstoffsparsamkeit in Betracht kommt, arbeiten die Neuen Siemens-Wannen und Nehse-Dralle-Wannen am günstigsten. Wiewohl bei keinem anderen System eine
                              									so vollkommene Flammenausnutzung und Brennstoffökonomie als gerade beim
                              										Regenerativ-Siemens-Ofen stattfindet, hat Verfasser
                              									doch bemerkt, daß der Rekuperativ-Nehse-Ofen, der nicht so hohe Temperaturen als das
                              									Regenerativofensystem hervorbringen kann, allgemein etwas brennstoffsparsamer
                              									arbeitet, sofern seine Brenner, Gaserzeuger und Brennstoff sachgemäß der Anlage
                              									angepaßt werden. Da die Nehse-Dralle- und Guennec-Wannen nur eine Erhitzung der Verbrennungsluft,
                              									nicht wie es beim Siemens-System der Fall ist, auch
                              									eine Vorwärmung des Gases zulassen, so ist bei allen Oefen mit 
                           
                              
                                 Bezeichung der Oefen
                                 cbmInhalt
                                 Monatsglas-produktion
                                 Art des Brennstoffes
                                 Brennstoffaufwandin kg.
                                 Kosten
                                 Durch-schnitts-preis f. 1
                                    											kg.Brennstoff
                                 
                              
                                 monatlich
                                 für 1 kg. geschmolzenesGlas
                                 
                              
                                 1. Alte Siemens-Wanne
                                 35
                                 187500 kg
                                 Englische Steinkohle
                                 187000
                                 1,00
                                 1,80
                                 1,8
                                 
                              
                                 2. Alte Siemens-Wanne
                                 35
                                 187500 „
                                 Westfälische    „
                                 195000
                                 1,04
                                 1,87
                                 1,8
                                 
                              
                                 3. Alte Siemens-Wanne
                                 45
                                 300000 „
                                 Böhmische Braunkohle
                                 402000
                                 1,34
                                 1,54
                                   1,15
                                 
                              
                                 4. Neue Siemens-Wanne (m. frei.
                                    											Flammentf.)
                                 45
                                 300000 „
                                        „               „
                                 390000
                                 1,30
                                 1,50
                                   1,15
                                 
                              
                                 5. Neue Siemens-Wanne (m. frei.
                                    											Flammentf.)
                                 40
                                 240000 „
                                 Schlesische Steinkohle
                                 265000
                                 1,10
                                 1,87
                                   1,70
                                 
                              
                                 6. Neße-Dralle-Wanne
                                 35
                                 185000 „
                                 Westfälische    „
                                 191000
                                 1,03
                                 1,85
                                   1,80
                                 
                              
                                 7. Guennec-Wanne
                                 20
                                 115000 „
                                           „            „
                                 121000
                                 1,05
                                 1,89
                                   1,80
                                 
                              
                           Rekuperativfeuerung gebotene Bedingung, die Generatoren in
                              									direkte Nähe des Hauptofens zu legen und eine kalorienreiche, recht heiße Gase
                              									entwickelnde Kohle zu verwenden, um nach Möglichkeit einer Abkühlung des Gases zu
                              									steuern. Im anderen Falle hat man erhöhten Brennstoffverbrauch zu gewärtigen.
                           Die Kosten für 1 kg geschmolzenes Glas schwanken untereinander und sind die
                              									Unterschiede nicht nur allein auf die verschieden teueren Kohlenarten
                              									zurückzuführen, sondern auch auf die verschiedenen Kohlenmengen. Das Glas läßt sich
                              									in Holz- oder Torfgegenden um ⅓ Pfg. f. d. Kilogramm durchschnittlich verbilligen,
                              									wenn man dem Kohlenbezug Holz oder Torf aus der nächsten Umgebung vorzieht. Gar oft
                              									sind die Fabrikanten für fremden Bezug, indem sie das in der Nähe sich vorfindende
                              									Holz oder Torf unbeachtet lassen. Nebenbei ist das mit Holz- oder Torfgas
                              									geschmolzene Glas schöner und reiner im Glänze als das mit Kohlengasfeuerung
                              									erzeugte. Schließlich erfordert der mit Holz oder Torf gespeiste Generator eine
                              									nicht so umständliche Bedienung wie dies bei den Kohlengaserzeugern der Fall ist und
                              									wo die Schürer besonders bei schlackenden Kohlenarten eine angestrengte Tätigkeit
                              									haben.
                           Die Brennstoffmengen, die in der vorhergehenden Tabelle angeführt sind, verstehen
                              									sich lediglich auf die Wannenöfen ohne die Nebenfeuerungsanlagen. Eine Wanne mit
                              									einer Jahresleistung von ungefähr sechs Millionen Flaschen benötigt täglich etwa
                              									11000 kg schlesische Steinkohle, indem knapp 2000 kg Kohle auf die im Betriebe
                              									befindlichen Kühlöfen entfallen. Für die Gesamtfeuerungsanlage einer Wanne mit einer
                              									Jahresproduktion von sechs Millionen Flaschen kann man einen
                              									Jahres-Steinkohlenaufwand von 400 Waggons zu 10000 kg schlesischer Marke rechnen,
                              									wovon für die Schmelzwanne allein 325 Waggons, für die Kühlöfen 70 Waggons und für
                              									die Temperöfen 5 Waggons jährlich in Betracht kommen.
                           Wannenbetrieb. Zur Erzielung eines gut
                              									durchgeschmolzenen und reinen Glaserzeugnisses muß beim Wannenbetrieb ganz besondere
                              									Sorgfalt verwendet werden, da man in einem Wannenofen den Glasschmelzvorgang nicht
                              									so in der Hand hat wie beim Glashafenofen. Während beim letzteren die inhaltskleinen
                              									Schmelzgefäße nach einer verfehlten Schmelze mühelos und ohne größere Verluste
                              									entleert werden können, man nennt diesen Arbeitsprozeß in der Hüttensprache
                              										„ausfermen“, so ist dies bei einer Wanne mit ihrem gewaltigen Becken
                              									unmöglich. Daher sucht man, das in der Wanne geschmolzene Glas nach Möglichkeit
                              									weitest zu raffinieren und dies um so mehr, als ohnehin das Wannenglas weit dem
                              									Hafenofenglas nachsteht. Feinere Gläser kann der Wannenofen nicht erzeugen; er ist
                              									besonders auf gewöhnliche Ware eingerichtet, soweit Massenartikel in Frage kommen.
                              									Allerdings bemüht man sich, auch Weiß- und Weißpreßglas in dem Wannenbassin zu
                              									schmelzen; wenn auch diese Versuche bisher nur wenig befriedigende Resultate
                              									ergaben, indem die Farbe des Glases unbeständig blieb, so kann man doch durch
                              									geeignete Läuterung des Glases ein dauerhaftes Erzeugnis erzielen. Von dem guten
                              									Gelingen der Schmelze und Läuterung hängt die Güte des Glases ab. Ist das Glas
                              									schlecht durchgeschmolzen und ungenügend geläutert, so verliert es an
                              									Dauerhaftigkeit und Ansehen; es gibt in den Kühlungen viel Bruch und die auch
                              									wirklich gut gekühlte Ware wird nur gering bezahlt, wenn sie teilweise ihren Glanz
                              									und Farbaussehen eingebüßt hat.
                           Wenn auch der Schmelzvorgang in einer Wanne als vollkommen angesehen werden darf, so
                              									ist doch ihre Läuterung gewöhnlich nur eine ungenügende. Durch eine gewisse
                              									Wannenlänge wird der Läuterprozeß auf natürlichem Wege befördert; je länger der Weg
                              									ist, den das geschmolzene Glas nach der Arbeitswannenrichtung einschlägt, desto
                              									reiner, vollkommener durchgeschmolzen und geläutert, sowie spezifisch schwerer und
                              									glanzvoller ist es. Ein sachgemäß lang angelegtes Wannenbecken bietet bereits Gewähr
                              									für ein schönes, taugliches und brauchbares Glas. Dem Läutervorgang des Glases in
                              									der Wanne kommt man durch geeignete Läuterapparate und Raffinierschiffchen zu Hilfe.
                              									Solche Läuter- und Glasraffinierkörper sind die „Glaskränze“, auch
                              										„Glasringe“ benannt, und die „Glasschiffchen“.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 700
                              Maßstab 1 : 40. Fig. 15. Vertikalschnitt; Fig. 16. Horizontalschnitt; Fig. 17.
                                 										Vertikalschnitt; Fig. 18. Horizontalschnitt.
                              
                           Auf Fig. 15
                              									und 16 ist
                              									im Vertikalschnitt und Draufsicht ein solcher „Wannenring“ oder
                              										„Glaskranz“ wiedergegeben. Sie haben vollständige Aehnlichkeit mit den
                              									Glaskränzen für Hafenöfen, nur sind sie größer. Ihr Durchmesser und ihre Wandstärke
                              									ist umfangreicher und ganz besonders ist ihre Tiefe reichlich bemessen. Letztere
                              									beträgt 250 mm; um ungefähr 220 mm tauchen diese Kränze in die Glasmasse und wird
                              									das an der Oberfläche sich befindliche Glas gezwungen infolge der tiefen Kränze auch
                              									tiefer zu tauchen und sich inniger zu läutern. Für Wannen mit Flaschenglaserzeugung
                              									genügen die „Glaskränze“, die zugleich als Läuter- und Arbeitsringe dienen,
                              									indem man aus ihrer inneren Kranzfläche auch das Glas zur Verarbeitung schöpft. Beim
                              									Schiffchenbetrieb kann man diese Kränze umgehen, sofern man Flaschenglas schmilzt.
                              									Für feineres Wannenglas jedoch empfehlen sich sowohl Läuterringe, als auch
                              									Arbeitsschiffchen, um die Reinigung des Glases vollkommener zu gestalten.
                           Auf Fig. 17
                              									und 18 ist
                              									im Vertikal-, sowie Horizontalschnitt ein Glasraffinier-Schiffchen in gangbarer
                              									Größe dargestellt; jedoch richtet sich letztere ausschließlich nach dem Umfang des
                              									herzustellenden Glaskörpers. Das Raffinierschiffchen (Fig. 17 und 18) besitzt
                              									zwei Räume, den Läuterraum a und den Arbeitsraum b. Das geschmolzene Glas steigt von der Tiefe durch den
                              									Schlitz c auf, passiert den Brückensteg d, indem unreine Stoffe abgehalten werden. In dem Raum
                              										a findet noch einmal eine Schmelzung des flüssigen
                              									Glases statt, indem es erneut der Hitze ausgesetzt wird; das gut durchgeschmolzene,
                              									spezifisch schwerer werdende Glas sinkt unter, strömt durch die Oeffnung e in den Schiffchenarbeitsraum, von wo es zum Gebrauche
                              									entnommen wird. An der Stirn besitzt das Schiffchen zwei Nasen f, die zu nahes Anlegen desselben an die
                              									Arbeitswannenbrüstung verhindern sollen, um das Arbeiten der Glasbläser nicht zu
                              									erschweren Hier und da findet man die Schiffchenherstellung auch derart, daß der
                              									Glaseintrittschlitz, wie auf den Fig. 17 und 18
                              									punktiert, höher liegt und der Steg d fehlt. Letztere
                              									Anordnung ist insofern unpraktisch, als das flüssige Glas gleich zum Arbeitsraum
                              									gelenkt wird, wodurch die Läuterung unvollkommener ausfällt. Nebenbei befindet sich
                              									in den höheren Schichten stets ein weniger gütefähiges Glas, während das aus den
                              									tieferen mittleren Schichten reiner und spezifisch schwerer ist.
                           Infolge des Ausarbeitens des Glases durch die Glasmacher mit ihren Pfeifen entsteht
                              									ein hydrostatischer Druck nach den Arbeitsstätten hin und hat das geschmolzene Glas
                              									den Drang, sich von der Schmelzwanne zur Arbeitswanne zu bewegen. Durch diese
                              									drückende Glasmasse werden die Glaskränze und Schiffchen ebenfalls dicht zusammen
                              									und an die Glasentnahmestellen gedrängt, indem sie ein inniges Kettennetz bilden.
                              									Dasselbe muß nun das geschmolzene Rohglas mit seinen reichlichen Gemengeknoten
                              									passieren- Der Vorgang spielt sich wie folgt ab: Der Glasfluß, der sich nach vorn
                              									drängt, wird durch die Glaskränze aufgehalten und, da er doch die Neigung besitzt,
                              									zu den Arbeitswerkstellen zu gelangen, muß er unter die tiefen Glaskränze tauchen,
                              									indem die leichteren Gemengeknoten oben bleiben und noch einmal schmelzen. Durch
                              									diesen Tauchprozeß gelangt der Glasfluß, welcher eine gleiche Partie an die
                              									Oberfläche drängt, in die innere Ringfläche, wird erneut der Flammenhitze
                              									ausgesetzt, inniger durchgeschmolzen, mithin spezifisch schwerer, sinkt unter und
                              									drückt leichtere Glaspartien zur vollkommeneren Schmelzung nach oben. In dieser Art
                              									bewegt sich das Glas zu der Arbeitswanne, es erscheint, taucht unter, kommt wieder
                              									zum Vorschein, bis es vollkommen geläutert, alle Unreinigkeiten hinter sich lassend,
                              									in das Arbeitsbecken gebrauchsfertig tritt. Dieses sich stetig wiederholende Spiel
                              									der schlängelnden Glasbewegung wirkt auch der Stagnation mit ihrer Entglasung
                              									entgegen und ist nur dringend geraten, sofern man feineres Wannenglas erzeugen will,
                              									soviel als nur irgend möglich aus arbeiten zu lassen, damit keine alten
                              									Glasreste übrig bleiben, die gern einen graugrünlich dunkelen Stich annehmen. Ein
                              									solcher Mißfarbton kann auch durch die bestwirkenden Entfärbungsmittel, wie
                              									Nickeloxyd, Kobaldoxyd und Selen, nicht beseitigt werden. Allerdings sind zur
                              									Erzeugung eines reinen Glases auch reine Rohstoffe erforderlich und, um bessere
                              									Wannengläser glanzvoller und für die Verarbeitung geschmeidiger zu machen, empfiehlt
                              									sich auf 100 kg Sand ein Zusatz von 3 kg Salpeter und ¼ kg Antimonoxyd.
                           Wannen mit Schiffchenbetrieb können ruhig 1 m kürzer als mit Ringbetrieb sein; jedoch
                              									erfordert Schiffchenbetrieb einen ungefähr 200 mm höheren Glasstand. Für jede
                              									Arbeitswerkstelle ist so ein Glasreinigungsschiffchen bestimmt. Nebenbei rechnet man
                              									noch zwei Reserveschiffchen und Reservekränze für den Fall, daß die Läutergefäße
                              									unbrauchbar werden sollten und reißen. Man belegt gern das Wannenbecken zwei Drittel
                              									seiner Oberfläche mit den Ringen und kann man bei einer größeren Weißglaswanne deren
                              									Füllung mit 50 – 60 Kränzen von 600 mm äußeren Durchmesser und 12 Schiffchen
                              									rechnen. Eine Flaschenwanne mit ausschließlichem Ringbetrieb benötigt ungefähr 70
                              									Glaskränze.
                           Alle 4 – 6 Wochen werden die Ringe und Schiffchen aus der Wanne durch entsprechend
                              									große Oeffnungen entfernt und durch neue ersetzt. Die Ringe und Schiffchen länger in
                              									dem Wannenbecken zu belassen, ist unvorteilhaft, da sie mit der Zeit merklich stark
                              									schwinden und Ihre Schamotteabsonderungen das Glas Verunreinigungen, indem es
                              										„knotig“, „steinig“, „windig“, „fadig“ wird, welche
                              									Erscheinungen auf unaufgelöste Tonpartikelchen zurückzuführen sind. Sofern man zur
                              									Schmelzung Glaubersalz (schwefelsaures Natron) verwendet, sind mit Rücksicht auf die
                              									sich bildende ätzende „Glasgalle“ die Läutergefäße im Betriebe früher zu
                              									entfernen als die, die nur mit Sodaglas (kohlensaurem Natron) in Berührung
                              									kommen.
                           Bemerkt sei hier, daß die Glaskränze und Schiffchen gleich wie die Häfen für die
                              									Glasfabrikation aus den besten Rohstoffen, wie den hochfeuerfestesten Tonen und
                              									Schamotten hergestellt sein müssen und daß ihre Erzeugung mit derselben peinlichen
                              									Sorgfalt und Umsicht zu geschehen hat wie die der Glasschmelzgefäße.
                           Eine praktische und ausführliche Anleitung über Hafen-, Schiffchen-,
                              									Glasring-Fabrikation, Auftempern der Läutergefäße, Einsetzen und Auswechseln
                              									derselben, sowie Kostenberechnung usw. findet der Leser in meinem Werke: „Die
                                 										Tonindustrie im Glashüttenbetriebe“.
                           Zur andauernden, geregelten Glasschmelzung und zum sachgemäßen Ofenbetriebe ist eine
                              									stete Kontrolle, durch den Betriebsbeamten unerläßlich notwendig. Mit dem Brennstoff
                              									sollen öfter Verbrauchsversuche unternommen werden.
                           
                              
                                 (Schluß folgt.)