| Titel: | Gasströmung im zylindrischen Rohre bei Wärmeübertragung durch die Rohrwand. | 
| Autor: | Adolf Langrod | 
| Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 727 | 
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                        Gasströmung im zylindrischen Rohre bei
                           								Wärmeübertragung durch die Rohrwand.
                        Von Dr. Adolf Langrod,
                           									Wien.
                        Gasströmung im zylindrischen Rohre bei Wärmeübertragung durch die
                           								Rohrwand.
                        
                     
                        
                           Die Untersuchung der in dem Titel bezeichneten Strömungsart bietet Beziehungen
                              									von theoretischem Interesse, läßt aber auch Anwendung auf praktische Fälle wie z.B.
                              									auf die Strömung der Rauchgase in Heizröhren zu.
                           Die Strömungswiderstände sollen zunächst unberücksichtigt bleiben.
                           Für eine widerstandslose, stationäre Gasströmung im zylindrischen Rohre gelten ohne
                              									Rücksicht darauf, ob während der Strömung eine Wärmezuleitung oder -Ableitung
                              									stattfindet, nachstehende Gleichungen
                           \frac{w\,d\,w}{g}=-v\,d\,p. . . . . . . . .
                              									1)
                           \frac{W}{v}=\frac{L}{F}=\mbox{konst.} . . . . .
                              									. . . . 2)
                           Hierbei bezeichnen
                           w die Geschwindigkeit,
                           v das spezifische Volumen,
                           p den Druck,
                           g die Erdbeschleunigung,
                           F den Rohrquerschnitt,
                           L die in der Zeiteinheit jeden
                              									Rohrquerschnitt durchströmende Gasmenge.
                           Aus Gleichung 1 und 2 ergibt sich die Differentialgleichung
                           
                              \left(\frac{L}{F}\right)^2\,\frac{d\,v}{g}=-d\,p,
                              
                           welche integriert die Beziehung zwischen p und v
                           \left(\frac{L}{F}\right)^2\,\frac{v}{g}+p=C\,(\mbox{konst.})
                              									. . . . . . . . . 3)
                           liefert. Ersetzen wir in der letzten Gleichung v durch die absolute Temperatur
                           
                              v=\frac{R\,T}{p},
                              
                           
                           so erhalten wir die Beziehung zwischen p und T
                           p^2-p\,C+\left(\frac{L}{F}\right)^2\,\frac{R}{g}\,T=0. . . .
                              									. . . . .4)
                           oder
                           p=\frac{C}{2}\,\pm\,\sqrt{\frac{C^2}{4}-\left(\frac{L}{F}\right)^2\,\frac{R}{g}\,T}
                              									. . . . . . . . 5)
                           Diese Gleichung lehrt uns, daß einer bestimmten Temperatur T zwei verschiedene Drücke entsprechen, und es muß daher untersucht
                              									werden, welcher von diesen beiden Drücken im Verlaufe der Strömung gleichzeitig mit
                              										T erreicht wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 728
                              Fig. 1.
                              
                           4 ist die Gleichung einer Parabel (s. Fig. 1). Ist
                              									der Strömungszustand [T1, p1, v1]an einer Rohrstelle
                              									bekannt, so hängt die Antwort auf die Frage, ob den gegebenen T1
                              									p1 ein Punkt auf dem
                              									oberen oder unteren Zweige der Druckparabel (Gleichung 4) entspricht, von der Größe
                              									der Geschwindigkeit w1
                              									ab. Um diese Abhängigkeit zu beweisen und sie zu bestimmen, suchen wir die Beziehung
                              									zwischen w und T.
                           Diese ergibt sich aus Gleichung 5, 3 und 2 durch aufeinanderfolgenden Austausch der
                              									Veränderlichen
                           \frac{w}{p}\,\frac{L}{F}=\frac{C}{2}\,\pm\,\sqrt{\frac{C^2}{4}-\left(\frac{L}{F}\right)^2\,\frac{R}{g}\,T}.
                              									. . . . . . 6)
                           Wählen wir die Größen \frac{w}{g}\,\frac{L}{F} zu Ordinaten und
                              										T zu Abszissen, so fällt die, die Gleichung 6
                              									darstellende (Geschwindigkeits-) Parabel mit der Druckparabel (Gleichung 4)
                              									zusammen, nur entsprechen den Punkten auf dem oberen bezw. unteren Zweige der
                              									Druckparabel die Punkte auf dem unteren bezw. oberen Zweige der
                              									Geschwindigkeitsparabel. Letzteres folgt aus dem Zusammenhange zwischen den beiden
                              									oberen und beiden unteren Zeichen in Gleichung 5 und 6.
                           Dem Parabelscheitel entspricht
                           \frac{w_s}{g}\,\frac{L}{F}=\frac{C}{2}. . . . .
                              									. . 7)
                           Werden in dieser Gleichung für C und
                              										\frac{L}{F} ihre Werte aus Gleichung 3 und 2 eingesetzt, so
                              									ergibt sich für die dem Parabelscheitel zukommende Geschwindigkeit ws
                           w_s=\sqrt{g\,p\,v}. . . . . . 8)
                           d. i. ein Wert, der für die Geschwindigkeit der Fortpflanzung
                              									des Schalles in Gasen gelten würde, wenn hierbei isothermische Zustandsänderungen
                              									vor sich gingen.
                           In Wirklichkeit finden bei der Schallfortpflanzung adiabatische Expansionen und
                              									Kompressionen statt und daher hat die wirkliche Schallgeschwindigkeit den Wert
                           w_\sigma=\sqrt{k\,g\,p\,v}. . . . . . . .9)
                           Für Luft ist k = 1' 71, somit
                           wσ =
                              									1' 188 ws.
                           Zur Unterscheidung von der, in der betrachteten Strömung eine wichtige Rolle
                              									spielenden, wirklichen Schallgeschwindigkeit wσ wollen wir ws die
                              										Newton sehe Schallgeschwindigkeit nennen, da sie
                              									von Newton als tatsächliche Schallgeschwindigkeit
                              									angegeben wurde.
                           Die bisherigen Betrachtungen führen zu dem Ergebnis, daß dem Gaszustande in irgend
                              									einem Rohrquerschnitte ein Punkt auf dem oberen oder unteren Zweige der Druckparabel
                              									und auf dem unteren oder oberen Zweige der Geschwindigkeitsparabel entspricht, je
                              									nachdem die in jenem Querschnitt herrschende Geschwindigkeit kleiner oder größer als
                              									die Newtonsche Schallgeschwindigkeit ist.
                           Somit haben wir den Zusammenhang der den Gaszustand und die Strömung
                              									charakterisierenden Größen festgestellt und es bleibt nur die Frage offen, in
                              									welchem Sinne sich diese Größen während der Stömung ändern, oder was gleichbedeutend
                              									ist, in welcher Richtung die Geschwindigkeits- und die Druckparabel während der
                              									Strömung durchlaufen werden. Zur Beantwortung dieser Frage genügt die Kenntnis des
                              									Anfangszustandes des Gases und der Anfangsgeschwindigkeit allein nicht, da der
                              									Verlauf der Strömung auch von der Richtung der Wärmeübertragung (Wärmezuführung oder
                              									Abführung) beeinflußt ist. Im vorhinein zu behaupten, daß die Temperatur des
                              									strömenden Gases mit der Zuführung von Wärme wächst und mit der Abführung abnimmt,
                              									ist nicht zuläßig, da unter Umständen auch das Entgegengesetzte stattfinden kann. Es
                              									ist daher notwendig, die Beziehung zwischen der übertragenen Wärmemenge und irgend
                              									einer Zustandsgröße oder Geschwindigkeit festzustellen.
                           Für die dem strömenden Gase zugeführte Wärmemenge gilt nach dem ersten Hauptsatze der
                              									Thermodynamik die Gleichung:
                           d\,Q=\frac{A}{k-1}\,[k\,p\,d\,v+v\,d\,p]. . . .
                              									. . . . 10)
                           bei gebräuchlichen Bezeichnungen. Setzen wir in dieser
                              									Gleichung für v d p und d
                                 										v ihre Werte aus den Gleichungen 1 und 2
                           
                              v\,d\,p=-\frac{w\,d\,w}{g}
                              
                           
                              d\,v=v\,\frac{d\,w}{w},
                              
                           so erhalten wir
                           
                              d\,Q=A\,\frac{g\,k\,p\,v-w^2}{g\,(k-1)\,w}\,d\,w,
                              
                           und da g k p v gleich dem
                              									Quadrate der wirklichen Schnellgeschwindigkeit (wσ) ist, so ergibt sich schließlich
                           d\,Q=A\,\frac{{w^2}_\sigma-w^2}{g\,(k-1)\,w}\,d\,w. . . . .
                              									. . . 11)
                           Aus dieser Gleichung ersieht man sofort, daß d Q und d w gleiche oder entgegengesetzte Zeichen besitzen, je
                              									nachdem w kleiner oder größer als wσ ist. Solange demnach
                              									die Strömungsgeschwindigkeit kleiner als die wirkliche Schallgeschwindigkeit ist,
                              									findet mit der Wärmezuführung ein Wachsen und mit der Wärmeableitung ein Abnehmen
                              									der Geschwindigkeit des Gases statt. Das Entgegengesetzte tritt in dem Falle ein,
                              									als die Strömungsgeschwindigkeit höher als die wirkliche Schallgeschwindigkeit ist.
                              									Entsprechen in unserer Abbildung der wirklichen Schallgeschwindigkeit auf der
                              									Geschwindigkeitsparabel der Punkt a und auf der
                              									Druckparabel der Punkt b, so verläuft die Strömung bei
                              									Wärmezuführung im Sinne der Pfeile I und bei
                              									Wärmeabführung im Sinne der Pfeile II.
                           Wir können daher folgende Sätze, getrennt für die Wärmezuführung und -abführung,
                              									aufstellen.
                           
                           I. Im Falle der Wärmezuführung gilt:
                           1. Ist die Strömungsgeschwindigkeit kleiner als die Newtonsche Schallgeschwindigkeit, so findet einerseits eine Zunahme der
                              									ersteren und der Temperatur, andererseits eine Abnahme des Druckes statt. Dieser
                              									Strömung entspricht eine Bewegung von 3 bis 2 auf der Geschwindigkeitsparabel und
                              									von 1 bis 2 auf der Druckparabel.
                           2. Ist die Strömungsgeschwindigkeit größer als die Newtonsche Schallgeschwindigkeit, so nimmt die Geschwindigkeit allein zu,
                              									die Temperatur und der Druck nehmen hingegen ab. Wird hierbei die wirkliche
                              									Schallgeschwindigkeit erreicht, so hört die Strömung auf stationär zu sein.
                              									(Geschwindigkeitsparabel 2 →
                              									a; Druckparabel 2 →
                              									b.)
                           3. Ist schließlich die Strömungsgeschwindigkeit größer als die wirkliche
                              									Schallgeschwindigkeit, so nimmt sie ab, die Temperatur und der Druck nehmen dagegen
                              									zu. Unter die Größe der wirklichen Schallgeschwindigkeit kann die Geschwindigkeit
                              									der Strömung nicht abnehmen, ohne daß letztere stationär zu sein aufhört.
                              									(Geschwindigkeitsparabel 1 →
                              									a; Druckparabel 3 →
                              									b.)
                           II. Für Wärmeableitung gelten nachstehende Sätze:
                           1. Ist die Strömungsgeschwindigkeit größer als die wirkliche Schallgeschwindigkeit,
                              									so findet eine Zunahme der ersteren und eine Abnahme der Temperatur und des Druckes
                              									statt. (Geschwindigkeitsparabel a
                              									→ 1; Druckparabel b
                              									→ 3.)
                           2. Ist hingegen die Strömungsgeschwindigkeit kleiner als die wirkliche und größer als
                              									die Newtonsche Schallgeschwindigkeit, so nimmt sie ab,
                              									andererseits wachsen der Druck und die Temperatur. (Geschwindigkeitsparabel a
                              									→ 2; Druckparabel b
                              									→ 2).
                           3. Sobald in dem vorstehenden Fall die Newtonsche
                              									Schallgeschwindigkeit erreicht wird, nimmt neben der Geschwindigkeit auch die
                              									Temperatur ab, während der Druck wächst. (Geschwindigkeitsparabel 2 → 3; Druckparabel 2 → 1)
                           * * *
                           Um den Einfluß der Strömungswiderstände festzustellen, bezeichnen wir mit B die in Wärmeeinheiten gemessene
                              									Widerstandsarbeit.
                           An Stelle der Gleichungen 1 und 10 treten jetzt nachstehende Gleichungen:
                           \frac{w\,d\,w}{g}=-v\,d\,p-\frac{d\,B}{A}. . . .
                              									. . . . 1*)
                           d\,Q+d\,B=\frac{A}{k-1}\,[k\,p\,d\,v+v\,d\,p]. .
                              									. . . . . 10*)
                           Aus Gleichung 1* und 2 ergibt sich
                           \left(\frac{L}{F}\right)^2\,\frac{v}{g}+p=C_1-\int\,\frac{d\,B}{A\,v}.
                              									. . . . .3*)
                           welche Gleichung sich von der Gleichung 3 nur darin
                              									unterscheidet daß an Stelle der Konstanten C der
                              									Ausdruck C_1-\int\,\frac{d\,B}{A\,v} steht. Wir müssen daher auch
                              									in jeder Folgerung der Gleichung 3 C durch
                              										C_1-\int\,\frac{d\,B}{A\,v} ersetzen, um richtige, die
                              									Strömungswiderstände berücksichtigende Gleichungen zu bekommen.
                           Für den Scheitel der Geschwindigkeits- und Druckparabel ergibt sich sodann an Stelle
                              									der Gleichung 7
                           \frac{w_s}{g}\,\frac{L}{F}=\frac{C_1-\int\,\frac{d\,B}{A\,v}}{2}.
                              									. . . . . . . . .7*)
                           und mit Berücksichtigung von Gleichung 3* und 2
                           
                              w_s=\sqrt{g\,p\,v}.
                              
                           Das Auftreten der Strömungswiderstände ändert demnach nichts an der Bedeutung der Newtonschen Schallgeschwindigkeit als einer kritischen
                              									Strömungsgeschwindigkeit.
                           Aber auch die Bedeutung der wirklichen Schallgeschwindigkeit in dem betrachteten
                              									Strömungsfalle bleibt bei Berücksichtigung der Widerstände aufrecht. Denn aus
                              									Gleichung 10* ergibt sich nach Einsetzung der Werte von v d
                                 										p und d v aus Gleichung 1* und 2
                           d\,Q+\frac{k}{k-1}\,d\,B=A\,\frac{{w^2}_1-w^2}{(k-1)\,g\,w}\,d\,w.
                              									. . . . . . .11*)
                           In dieser Gleichung äußert sich der Einfluß der
                              									Widerstandsarbeit in derselben Weise, als wenn man dem Gase eine Wärmemenge
                           
                              \frac{k}{k-1}\,d\,B
                              
                           zugeführt hätte, welche die tatsächlich zugeführte Wärme
                              									vermehrt bezw. die abgeführte verringert. Im letzten Falle kann es unter Umständen
                              									vorkommen, daß trotz Ableitung von Wärme die Strömung so verläuft, als wäre eine
                              									Wärmemenge zugeführt worden.
                           Bezüglich der wirklichen Schallgeschwindigkeit wσ können jedoch aus Gleichung 11* dieselben Schlüsse
                              									gezogen werden wie aus der für die widerstandslose Strömung geltenden Gleichung 11,
                              									nur muß als abgeführte Wärmemenge die nach Abzug von
                              										\frac{k}{k-1}\,d\,B übrigbleibende betrachtet werden.
                           
                              
                                 (Schluß folgt.)