| Titel: | Zur Frage des Urheberrechtsschutzes an Konstruktionszeichnungen. | 
| Autor: | Hans Wettich | 
| Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 773 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Zur Frage des Urheberrechtsschutzes an
                           								Konstruktionszeichnungen.
                        Von Dipl.-Ing. Hans Wettich,
                           								Halle a. S.
                        Zur Frage des Urheberrechtsschutzes an
                           								Konstruktionszeichnungen.
                        
                     
                        
                           Die Frage des Urheberrechtsschutzes an Konstruktionszeichnungen, Modellen und
                              									technisch-literarischen Erzeugnissen, wie Beschreibungen, Kostenanschlägen und
                              									dergl., zieht neuerdings die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf sich, nachdem einige
                              									gerichtliche Entscheidungen bekannt geworden sind, denen zufolge der bestehende
                              									Rechtsschutz für diese Gruppe literarischer Erzeugnisse nicht ausreicht. So erschien
                              									unter der Ueberschrift „Zur Frage des Urheberrechtsschutzes an
                                 										Konstruktionszeichnungen“ im letzten Maiheft der Zeitschrift „Technik und
                                 										Wirtschaft“ eine Mitteilung von Herrn Dipl.-Ing. E.
                                 										Eichhoff, die von der Ablehnung der Strafverfolgung einer offensichtlich zu
                              									unlauteren Zwecken vorgenommenen Nachbildung von Konstruktionszeichnungen und
                              									Modellen Kenntnis gab. Herr Eichhoff bittet dann an der
                              									genannten Stelle um weitere Veröffentlichungen von Entscheidungen in ähnlicher
                              									Sache. Auch von anderer Seite ist die Frage neuerdings häufiger angeschnitten
                              									worden, so in der „Denkschrift über mißbräuchliche Benutzung von Zeichnungen und
                                 										anderen Ingenieurarbeiten“ von Herrn Baurat HerzbergVergl. die
                                    											Verbandsmitteilungen des Hannoverschen B. V. d. I. Nr. 34, Jahrg.
                                    										IV., wo gegen die Weiterbenutzung von Zeichnungen und anderen
                              									Ingenieurarbeiten durch die Empfänger auf das Urheberrecht vom 19. Juni 1901 und 9.
                              									Januar 1907 und hinsichtlich der Vergütung für Projekte auf §§ 631 und 632 B. G. B.
                              									hingewiesen wird. Eine weitere Auslassung findet sich in den Mitteilungen des
                              									Fränkisch-Oberpfälzischen B. V. d. I. vom 8. November 1907: Oberingenieur Geiger,
                              									„Der strafrechtliche Schutz gegen den Nachdruck illustrierter Preiskataloge“
                              									unter Benutzung einer von Dr. Landgraf in Glasers Annalen vom 15. August 1907, S. 76,
                              									veröffentlichten Sammlung von Gerichtsentscheidungen in dieser Sache. Schließlich
                              									kommen neuerdings die Herren Patentanwälte F. Riechers
                              									und Jul. Küster, Berlin, in einem Aufsatz: Welchen
                              									Schutz genießen technische Zeichnungen?D. p.
                                    											J. 1908, S. 541. auf die Frage zurück.
                           Das große Interesse, das diesen Fragen entgegengebracht wird, rechtfertigt demnach
                              									eine eingehendere Darstellung der bezüglichen rechtlichen Grundlagen und
                              									richterlichen Auffassungen über den Urheberrechtsschutz an technischen schriftlichen
                              									Mitteilungen und Zeichnungen, die im nachstehenden unter Berücksichtigung eines
                              									besonderen, bis zur äußersten Instanz durchgefochtenen Falles an der Hand des
                              									Aktenmaterials gegeben werden soll. Dabei sollen die Mängel des Gesetzes, soweit sie
                              									sich für den industriellen Verkehr herausgestellt haben, die notwendige Beleuchtung
                              									unter Vorschlägen zur Abhilfe finden. Die juristischen Interpretationen sind unter
                              									Benutzung von O. Lindemann, das Urheberrecht, Guttentagsche Sammlung deutscher Reichsgesetze, Nr. 60,
                              									und Dr. Schlittgen, desgl., Sammlung Göschen, Nr. 361, gegeben. Eine Begrenzung mögen die
                              									Darlegungen insofern erfahren, als sie sich nur auf die Nachbildung von
                              									Schriftsätzen technischen Inhalts und Ingenieurzeichnungen jeder Art, wie
                              									Informations-, Projekt- und Konstruktionszeichnungen beschränken sollen, wie solche
                              									von Firmen, Zivilingenieuren oder Erfindern zur Erlangung eines Auftrages oder zur
                              									Erzielung eines Verkaufs an andere Firmen eingereicht werden. Ausgeschlossen von der
                              									Betrachtung sind demnach Schriftsätze von literarisch-ästhetischer Bedeutung und
                              									Zeichnungen, Bildwerke, Vorlagen, Modelle, Bauten von künstlerischem,
                              									kunstgewerblichem oder rein architektonischem Werte. Für diese letzte Gruppe würde
                              									das Gesetz über das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie
                              									vom 9. Januar 1907 in Frage kommen, während die technisch-literarischen und
                              									technisch-zeichnerischen geistigen Erzeugnisse mit den Schriftwerken aller Art ihre
                              									Berücksichtigung in dem Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst vom
                              									19. Juni 1901 finden. Es möge ferner nur der Fall betrachtet werden, daß das oben
                              									gekennzeichnete Schrift- und Zeichenwerk, das im nachstehenden kurz mit dem Worte:
                              										„Unterlagen“ bezeichnet werden soll, eine Nachschrift, Nachbildung oder
                              									Kopie, wie auch eine Weitergabe an dritte Personen unter Umgehung oder Verletzung
                              									der Rechte des Eigentümers bezw. Verfassers durch den Empfänger oder durch
                              									Angestellte des Empfängers findet. Die Unterlagen im Sinne dieser Untersuchung
                              									bestehen aus handschriftlichem oder maschinenschriftlichem Schriftwerk, wie auch aus
                              									Handzeichnungen, daneben finden sich Erläuterungen und Beschreibungen in Typen- und
                              									Steindruck und Zeichnungen, die auf verschiedenstem mechanischem Wege hergestellt
                              									sind. Kennzeichnend ist der Umstand, daß sie, selbst wenn sie eine Vervielfältigung
                              									erfahren haben, der Oeffentlichkeit nicht mitgeteilt
                              									werden, also im Sinne des Gesetzes nicht „veröffentlicht“ werden und nicht
                              										„erscheinen“. Es trifft demnach der Begriff: „Manuskript“ oder
                              										„als Manuskript gedruckt“ auf sie zu. Nun geht die juristische Auffassung
                              									dahin, daß der Fall der rechtswidrigen Verfügung über ein Manuskript oder ein als
                              									Manuskript gedrucktes Werk selten praktisch wird.Vergl. Schlittgen, Urheberrecht, S. 14. Dagegen ist es in
                              									Ingenieurkreisen eine offenkundige Tatsache, die als Krebsschaden allgemein
                              									empfunden wird, daß derartige Unterlagen wie Berichte, Anschläge, Zeichnungen usw.
                              									nur zu oft vom Empfänger durch Lichtpausen, Photographie, Handschrift,
                              									Kopierverfahren jeder Art und schließlich in der Form von Notizen und Skizzen, die
                              									das Wesentliche festhalten, unter Durchbrechung der Rechte des eigentlichen
                              									Eigentümers zurückbehalten und häufig zu einer wirtschaftlichen Schädigung des
                              									Einsenders benutzt werden. Die große Schwierigkeit, die sich hier der Handhabung der
                              									einschlägigen Gesetzesbestimmungen entgegenstellt, und die die verhältnismäßig
                              									geringe Zahl bekannt gewordener Entscheidungen erklärt, liegt darin, daß das
                              									Vergehen der unerlaubten Nachbildung nur in den seltensten Fällen und dann nur durch
                              									Zufall (vergl. z.B. Technik und Wirtschaft, I. Jahrgang, S. 183) zur Kenntnis des
                              									Geschädigten gelangt. Selbst wenn ein Angestellter einer Firma zu der Ueberzeugung
                              									kommt, daß die von ihm oder einem anderen verlangte Abschrift oder Nachbildung
                              									eingesandter Unterlagen eine Rechtsverletzung darstellt, so wird er doch aus den
                              									verschiedensten, nur zu verständlichen Gründen von einer Mitteilung an den Einsender
                              									absehen. Auf anderem Wege gelangt aber selten eine Mitteilung über die Nachbildung
                              									und die Verwendung der Nachbildung aus dem geschlossenen industriellen Betriebe an
                              									den häufig von diesem räumlich weit getrennten Einsender der Unterlagen. Hier kann
                              									also Abhilfe nur durch das sittliche Empfinden jedes Einzelnen erhofft werden, wenn
                              									das Bewußtsein durchdringt, daß mit der Nachbildung der Unterlagen ohne Einwilligung
                              									des Berechtigten eine strafbare, mit hohen Geldstrafen, zum Teil mit Gefängnis
                              									bedrohte, zu Schadensersatz und Buße verpflichtende Handlung vorgenommen wird.
                           Welche rechtlichen Grundlagen bieten nun unsere Gesetze für den Schutz derartiger,
                              									für kaufmännisch – technische Handelsgeschäfte gelieferter Unterlagen?
                           Zunächst sei bemerkt, daß in bezug auf die schriftlichen Unterlagen der Eigentums-
                              									und Rechtsvorbehalt in der Regel Aufnahme im Begleitschreiben findet, während
                              									Zeichnungen und dergl. durch einen Stempel geschützt werden, der auch heute noch
                              									meist lautet: „Diese Zeichnung ist unser Eigentum und darf ohne unsere
                                 										Genehmigung weder kopiert, noch dritten Personen oder Konkurrenzfirmen
                                 										mitgeteilt werden (§ 43 des Gesetzes vom 11. Juni 1870)“. Wenngleich das
                              									hier zum Schütze angeführte Gesetz durch das Gesetz betr. das Urheberrecht an Werken
                              									der Literatur und der Tonkunst vom 19. Juni 1901 aufgehoben ist, so ist der Hinweis
                              									auf das ältere Gesetz doch als klare Willensäußerung anzusehen und wird ausnahmslos
                              									auch von Gerichten und der Staatsanwaltschaft als deutliches Verbot des Nachdruckes
                              									nach jeder Richtung hin betrachtet. Der Fehler im Schutzstempel ist also
                              									bedeutungslos, indem in die Stelle des älteren Gesetzes ohne weiteres das neue
                              										einrückt.§ 43 des Gesetzes
                                    											vom 11. Juni 1870 lautet: „Die Bestimmungen in den §§ 1 – 42 finden auch
                                       												Anwendung auf – architektonische, technische und ähnliche Zeichnungen
                                       												und Abbildungen, welche nach ihrem Hauptzwecke nicht als Kunstwerke zu
                                       												betrachten sind“. Die Bezugnahme im Schutzstempel müßte heißen:
                                    												„§ 1 Z. 3 des Gesetzes vom 19. Juni 1901,“ die lautet: „Nach
                                       												Maßgabe des Gesetzes werden geschützt – die Urheber von solchen
                                       												Abbildungen wissenschaftlicher oder technischer Art, welche nicht ihrem
                                       												Hauptzwecke nach als Kunstwerke zu betrachten sind. Zu den Abbildungen
                                       												gehören auch plastische Darstellungen“. Es sei das
                              									ausdrücklich bemerkt gegenüber der gegenteiligen Auffassung von Riechers und Küster (D. p.
                              									J., S. 541 d. Bd.).
                           Der Schutz der Unterlagen, die meist im Besitze des Verfassers bleiben, ist
                              									hauptsächlich begründet durch das angeführte Gesetz betr. das Urheberrecht an Werken
                              									der Literatur und der Tonkunst vom 19. Juni 1901,§§, die im Weiteren ohne Nennung des Gesetzes
                                    											angeführt werden, beziehen sich auf dies Gesetz. das nach § 1 Z.
                              									1 die Urheber von Schriftwerken und nach § l Z. 3 die Urheber von solchen
                              									Abbildungen technischer Art schützt, die nicht ihrem Hauptzwecke nach als Kunstwerke
                              									zu betrachten sind. Hierbei gehören zu den Abbildungen auch plastische
                              									Darstellungen, also Modelle. Ausgeschlossen sind Zeichnungen und Modelle, sofern sie
                              									gewerbliche Muster, beispielsweise für Stoffe, Tapeten, Gebrauchsgegenstände und
                              									dergl. darstellen, da diese unter das Gesetz betr. das Urheberrecht an Mustern und
                              									Modellen vom 11. Januar 1876 fallen.
                           Sollen die Unterlagen den Schutz des Gesetzes genießen, so muß auf sie der Begriff
                              									des „Schriftwerkes“
                              									und der „technischen Abbildung“ im Sinne des Gesetzes zutreffen, d.h.
                              									beide müssen das Erzeugnis selbständigen Denkens, also individueller geistiger
                              									Tätigkeit sein. Der literarische Wert, und das ist für unseren Fall wesentlich, ist
                              									bedeutungslos. Daher ist zur Begründung des Rechtsschutzes weder die
                              									Verlagsfähigkeit, noch nach § 54 der Umstand notwendig, daß das Werk, also hier die
                              									Unterlagen, im Drucke erschienen ist, so daß auch handschriftliche Ausarbeitungen (Manuskripte und als Manuskript gedruckte
                              									Unterlagen) den Schutz des Gesetzes genießen. Das Maß der aufgewandten geistigen
                              									Tätigkeit spielt keine Rolle, indem beispielsweise eine Aenderung in der Anordnung
                              									und Einteilung vorhandenen Stoffes (Adreßbuch) unter Umständen schon Schutzfähigkeit
                              									des Schriftwerkes bedingen kann, vorausgesetzt, daß zu den Aenderungen eine gewisse
                              									Summe geistiger Tätigkeit notwendig war. Diese Entscheidung des
                              										Reichsgerichtes,Entsch. d. R.-G. in
                                    											Strafsachen, Bd. 17, S. 195. wenngleich in Sachen eines
                              									Adreßbuches gefallen, ist wertvoll im Hinblick auf den Nachdruck von Preislisten, der demnach nicht gestattet wäre, sofern
                              									der Hersteller eine nicht nur mechanische Umordnung des an sich vielleicht allgemein
                              									bekannten Stoffes vorgenommen hat. Nach der Auffassung juristischer Kreise stehen
                              									Preislisten jedoch außerhalb jeglichen gesetzlichen Schutzes, da sie lediglich
                              									Tatsachen geschäftlicher Natur wiedergeben.Vergl. Schlittgen, Urheberrecht, S.
                                    											16. Es ist aber nicht recht verständlich, warum hier ein
                              									Unterschied zwischen den lediglich geschäftlichen Angaben eines Adreßbuches und
                              									einer Preisliste gemacht wird, da beide zu ihrer Herstellung eine gewisse Summe
                              									geistiger Tätigkeit verlangen. So hat denn auch das Reichsgericht in der in Glasers Annalen 1907, S. 76 mitgeteilten Entscheidung
                              									betreffend den Nachdruck aus einer Preisliste ausdrücklich die Schutzfähigkeit der
                              									Preislisten betont und festgestellt, daß Katalogtexte als Schriftwerke anzusehen
                              									sind, und daß die selbständige geistige Produktion durch die mit einem Preiskatalog
                              									verbundene Reklame nicht ausgeschlossen ist und wird. Abgewiesen wird hierbei die
                              									Ansicht des Untergerichtes, daß Kataloge nur dann unter den Schutz des Gesetzes
                              									fielen, wenn sie Ausführungen belehrenden Inhaltes brächten. – Freilich muß,
                              									insbesondere hinsichtlich der Preislisten zugegeben werden, daß in der Beurteilung
                              									des Maßes der aufgewandten geistigen Tätigkeit der persönlichen Auffassung des
                              									Richters ein großer Spielraum gelassen ist, und daß sich eine klare Feststellung der
                              									Höhe der aufgewandten geistigen Tätigkeit bei der Dehnbarkeit des Begriffes kaum
                              									erzielen läßt.
                           Einfache Briefe, deren körperlichen Besitzes sich der
                              									Verfasser begibt, werden im allgemeinen nicht Gegenstand des Urheberrechtsschutzes
                              									sein können, da sie in der Regel nur geschäftliche Mitteilungen tatsächlicher Natur
                              									enthalten. Selbst wenn die Briefe Erläuterungen und andere Berichte oder
                              									Berechnungen geistig höherer Natur, beispielsweise mit Bezugnahme auf zeichnerische
                              									Unterlagen, enthalten, wird man ihnen in der technischen Praxis die Schutzfähigkeit
                              									absprechen müssen, da der Einsender sie in den dauernden Besitz des Empfängers
                              									übergibt, so daß dieser die Mitteilungen jederzeit benutzen kann, ohne zu einer
                              									Nachbildung veranlaßt zu sein. Allenfalls käme die Weitergabe an dritte Personen in
                              									Frage, die jedoch im Urheberrecht vom 19. Juni 1901 nicht bedroht wird, da sie nicht
                              									als Bekanntgabe an einen größeren Personenkreis, also nicht als Veröffentlichung
                              									betrachtet wird. Unter Umständen kann hier, wie später gezeigt wird, das Gesetz zur
                              									Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes angezogen werden. Eine Veröffentlichung und
                              									Herausgabe derartiger Briefe in Zeitungen oder Buchform ohne Genehmigung des
                              									Verfassers liegt jedoch außerhalb des Rahmens dieser Untersuchung, da sie für
                              									praktische Fälle nicht eintritt.
                           Es ist demnach, wenn für den Inhalt der schriftlichen Unterlagen der Schutz des
                              									Urheberrechtsgesetzes in Anspruch genommen wird, notwendig, alle Mitteilungen,
                              									Berechnungen und dergl. als selbstständige Schriftstücke unter Vermeidung der
                              									Briefform zu halten.
                           Wie das Schriftwerk, so genießen auch technische Abbildungen, Zeichnungen und
                              									plastische Darstellungen nach § 1 Z. 3 des Gesetzes Rechtsschutz, sobald zu ihrer
                              									Herstellung ein gewisses Maß geistiger Tätigkeit notwendig war, während
                              									Darstellungen allgemein bekannter Gegenstände, die als Gemeingut der Industrie zu
                              									bezeichnen sind, nicht unter den Schutz des Gesetzes fallen. Nach der Entscheidung
                              									des V. Strafsenats des Reichsgerichts vom 25. September 1906,Glasers Annalen
                                    											1907, S. 76. die des weiteren den unberechtigten Nachdruck von
                              									Zeichnungen bezw. Abbildungen aus einem Pumpenkatalog behandelt, ist es, gegenüber
                              									der Auffassung des Vorderrichters, nicht notwendig zur Schutzbegründung von
                              									Abbildungen technischer Art, daß diese zum Zwecke der Belehrung zu dienen geeignet
                              									sind, da aus den Gesetzesmaterialien nachgewiesen ist, daß der Schutz des
                              									Urheberrechtes solchen Abbildungen gewährt werden soll, bei denen mehr ein wissenschaftlicher, als ein künstlerischer
                              									Zweck obwaltete, indem sie dazu bestimmt seien zu belehren, sich aber ihrer inneren
                              									Natur nach nicht als Werke der Kunst darstellten. Daß die Abbildungen dabei einen
                              									besonders hohen Grad geistiger Tätigkeit zu ihrer Herstellung erfordern, ist nicht
                              									nötig, da sie den Schutz des Gesetzes auch dann genießen, wenn sie auf einer auch
                              									nur geringeren geistigen Tätigkeit des Urhebers beruhen, von dem nur die
                              									Verwirklichung eines darstellerischen Gedankens gefordert wird. Außerdem kommt es
                              									nicht in Betracht, ob die Zeichnungen selbst richtig sind, oder ob sie dauernd ein fachwissenschaftliches Interesse besitzen,
                              									da diese Einschränkungen weder im Gesetz noch in seiner Auslegung eine Stütze
                              									fänden. Es war demnach auf eine Verurteilung des Beschuldigten zu erkennen, dem
                              									nicht das Recht abgesprochen wird, seine eigenen Maschinen abzubilden, selbst wenn
                              									sie mit den Maschinen des Strafklägers übereinstimmen, wohl aber das Recht, die
                              									Zeichnungen des Klägers zu vervielfältigen, insbesondere um die eigene Abbildung
                              									seiner Maschinen zu sparen.
                           Das Schutzrecht auf die Unterlagen steht nach § 2 des Gesetzes dem Verfasser zu, als welcher derjenige anzusehen ist,
                              									dessen geistiger Tätigkeit das Erzeugnis entsprang. In unserem Falle wird also, wenn
                              									die Unterlagen nicht von Privatleuten (Erfindern) hergestellt und weitergegeben
                              									werden, der Angestellte einer Firma oder eines Zivilingenieurs als
                              										„Verfasser“ anzusprechen sein, also z.B. der Konstrukteur oder der
                              									Erfinder selbst, oder der Ingenieur im Projektenbureau, auch dann, wenn andere
                              									Personen nach seinen Angaben das schriftstellerische oder zeichnerische Werk
                              									durchgeführt haben. Das Gesetz enthält aber keine Bestimmung darüber, daß dem
                              									Betriebsunternehmer das Urheberrecht an den Werken seiner Angestellten zustehe,
                              									selbst wenn diese das Werk in seinem Auftrag und während der Dienststunden
                              									ausgeführt haben. Es ist das eine Lücke im Gesetz, die zu Weiterungen führen kann,
                              									indem zur Wahrnehmung der Urheberrechte nicht die Firma als solche, sondern nur der
                              									Verfasser (Angestellte) berechtigt ist. Die Firma könnte hier nur durch besonderen
                              									Vertrag das Urheberrecht an dem literarischzeichnerischen Werke des Angestellten
                              									erwerben, selbst wenn dieser auf besondere Bestellung oder besonderen Auftrag der
                              									Firma das Werk unternahm. Nach einer Entscheidung des Reichsgerichts in
                              									Strafsachen, Bd. 15, S. 405, entkleidet die Tatsache, daß der Angestellte im
                              									Interesse der Firma tätig war, ihn seines Urheberrechts noch nicht, auch dann nicht,
                              									wenn das Werk zunächst in den Besitz der Firma überging und von dieser auch mit
                              									Einwilligung des Verfassers verwertet wurde. Die Firma als solche ist nur dann im
                              									Besitze des Urheberrechts an den Werken ihrer Angestellten, wenn diese im
                              									Anstellungsvertrag oder in ausdrücklichen Erklärungen hierauf zu Gunsten der Firma
                              									verzichtet haben. Hierbei kann allerdings der Besitz der Zeichnung seitens der Firma
                              									das Anzeichen für eine entsprechende Willensrichtung des Verfassers bilden. In der
                              									Regel wird bei der Wahrnehmung des Urheberrechts ein Streit zwischen Firma und
                              									Angestellten nicht entstehen, so daß diese Lücke im Gesetz nur selten praktischen
                              									Wert erlangt. Jedoch sollten die Firmen eine entsprechende Klausel zur Vermeidung
                              									aller Weiterungen in den Dienstvertrag mit ihren Angestellten aufnehmen, etwa in der
                              									Form:
                           
                              „Technisch – literarische und technisch-zeichnerische Erzeugnisse des Herrn...,
                                 										die im Auftrage, Dienst und Interesse der Firma.... hergestellt werden, sind
                                 										Eigentum der Firma, und es verzichtet Herr.... bezgl. dieser Erzeugnisse
                                 										ausdrücklich auf alle ihm nach dem Gesetz vom 19. Juni 1901 zustehenden Rechte
                                 										zugunsten der Firma....“
                              
                           Außerdem aber mußte die Industrie dahin wirken, daß zu § 2 des Gesetzes ein Zusatz,
                              									etwa in folgender Form Gesetzeskraft erlangt:
                           
                              „Zur Wahrnehmung des Urheberrechtes an technisch-schriftstellerischen und
                                 										technisch – zeichnerischen Erzeugnissen Angestellter sind die die Firma
                                 										verantwortlich zeichnenden Personen berechtigt, sofern sich die Anfertigung
                                 										dieser Erzeugnisse aus dem Dienstvertrag des Angestellten ergibt.“
                              
                           Die nächsten Paragraphen des Gesetzes interessieren weniger, da von einer
                              									Veröffentlichung oder Herausgabe der Unterlagen in buchhändlerischem Sinne bei der
                              									vorliegenden Frage keine Rede sein kann. Allenfalls beansprucht nach § 6 in
                              									Verbindung mit § 2 einige Beachtung, der von der Verfassung eines Werkes durch
                              									mehrere handelt. Das trifft bei technischen Unterlagen in der Regel zu, indem an der
                              									Abfassung des schriftlichen Teiles und an der Fertigstellung der Zeichnungen meist
                              									mehrere beteiligt sind, die als Urheber eine Gemeinschaft nach Bruchteilen im Sinne
                              									des B. G. B. bilden (§§ 741 – 758 B. G. B.). Diese Frage würde mit den eben
                              									dargelegten Klauseln ihre Erledigung finden. Von praktischem Werte dürfte sie im
                              									vorliegenden Falle nicht werden, da im Falle eines Nachdruckes der Beschuldigte kein
                              									Interesse daran hat, ob die gesetzlichen Rechte von einem oder mehreren Verfassern
                              									wahrgenommen werden.
                           Bedeutend wichtiger ist § 11 des Gesetzes, der Wesen und Umfang des Urheberrechtes
                              									festlegt. Nach ihm besitzt der Urheber als hauptsächlichste Rechte, die sich auf den
                              									vorliegenden Fall beziehen, die ausschließliche Befugnis zur Vervielfältigung und gewerbsmäßigen
                                 										Verbreitung des Werkes und die ausschließliche Berechtigung zu einer öffentlichen Mitteilung oder zu einem öffentlichen Vortrag über den Inhalt seines Werkes,
                              									sofern dieser im wesentlichen öffentlich noch nicht mitgeteilt ist.
                           Beachtenswert ist, daß neben dem Verbot der unerlaubten Vervielfältigung und gewerbsmäßigen Verbreitung dem Empfänger der
                              									Unterlagen nur die öffentliche Mitteilung und der öffentliche Vortrag über den Inhalt, also dessen
                              									Bekanntgabe an einen größeren Personenkreis untersagt
                              										sagt ist. Das
                              									Verbot der Schutzstempel, soweit es sich auf die Bekanntgabe von Zeichnungen oder
                              									Schriftstücken an dritte Personen oder Konkurrenzfirmen bezieht, findet demnach im
                              									Urheberrecht keinen gesetzlichen Rückhalt. Hier tritt §
                              									826 B. G. B. ein, sofern durch eine derartige Mitteilung ein dem Urheber
                              									entstandener Schaden nachgewiesen werden kann, der denjenigen zu Schadensersatz
                              									verpflichtet, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen
                              									vorsätzlich Schaden zufügt. Auch § 9, Abs. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung des
                              									unlauteren Wettbewerbes, vom 26. Mai 1896, kann hier unter Umständen zur Geltung
                              									gelangen, nach dem mit Geldstrafe bis zu 3000 M. oder Gefängnis bis zu einem Jahr
                              									derjenige bedroht wird, der Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse eines anderen zu
                              									Zwecken des Wettbewerbes unbefugt an Dritte mitteilt. Die Frage der unberechtigten
                              									Mitteilung aus dem Inhalt der Unterlagen an interessierte dritte Personen oder
                              									Firmen – die in der industriellen Praxis gar nicht selten auftritt – dürfte hiernach
                              									ausreichend geregelt sein.
                           Während in § 11 das Verbot der Vervielfältigung noch an die gewerbsmäßige Verbreitung
                              									des Werkes, also in der Hauptsache auf buchhändlerische Maßnahmen beschränkt ist,
                              									wird in § 15 Abs. 1 ganz allgemein ein Verbot jeglicher Vervielfältigung eines unter
                              									den gesetzlichen Schutz fallenden Werkes ohne Einwilligung des Verfassers
                              									ausgesprochen.
                           Die Stelle lautet: „Eine Vervielfältigung ohne Einwilligung des Berechtigten ist
                                 										unzulässig, gleichviel, durch welches Verfahren sie bewirkt wird; auch begründet
                                 										es keinen Unterschied, ob das Werk in einem oder mehreren Exemplaren
                                 										vervielfältigt wird“. Die materielle Betonung dieses Verbotes findet sich in
                              									den in §§ 36 bis 39 ausgesprochenen Verpflichtungen zu Schadensersatz und
                              									angedrohten Geld- und Gefängnisstrafen und Bußerlegungen im Falle der Uebertretung,
                              									worauf § 41 festlegt, daß die Straffälligkeit bereits mit der Vervielfältigung,
                              									öffentlichen Mitteilung oder öffentlichem Vortrag auch nur eines Teiles des Werkes
                              									eintritt.
                           Bedeutungsvoll ist, daß das Verfahren der
                              									Vervielfältigung und die Zahl der Nachdrucksexemplare
                              									vollkommen gleichgültig ist. Das neue Urheberrecht geht demnach bedeutend weiter als
                              									das alte Gesetz vom 11. Juni 1870, das nach § 4 nur eine mechanische
                              									Vervielfältigung verbot und das Abschreiben nur dann als Nachdruck ansah, wenn dies
                              									dazu bestimmt war, den Druck zu vertreten. Vorbehaltlich des Absatz 2 des genannten
                              									Paragraphen, auf den noch einzugehen sein wird, ist es demnach zur Zeit geltendes
                              									Recht, daß jede, auch von Hand hergestellte Pause einer Zeichnung, wenn auch nur in
                              									einem Exemplare ohne Erlaubnis des Urhebers vorgenommen, als Uebertretung des
                              									Gesetzes anzusehen ist und auf Veranlassung des Berechtigten zu verfolgen ist.
                           Es scheint kaum glaublich, daß selbst Staatsanwälte über diesen klaren Wortlaut des
                              									Gesetzes nicht unterrichtet sind, wie die bereits angeführte, von Dip. -Ing. Eichhoff mitgeteilte EntscheidungVergl. Technik u. Wirtschaft 1908, S.
                                    										183. erkennen läßt, die folgenden Wortlaut hat: Das Verfahren
                              									gegen die Modelltischler B. und C. und den Fabrikanten E. wegen Vergehens gegen das
                              									Urheber- und Musterschutzgesetz habe ich eingestellt Selbst wenn man den von Ihnen
                              									(dem Antragsteller) behaupteten Tatbestand zugrunde legt, daß nämlich der Sohn von
                              										E. in den Fabrikräumen von B. und C. von der dort liegenden Zeichnung
                              									eine Kopie genommen und nach dieser für seinen Vater Modelle einer... Maschine
                              									bestellt und erhalten hat, so ist darin eine strafbare Handlung nicht zu erblicken.
                              									– Das Urhebergesetz verbietet die mechanische Vervielfältigung von Schriftstücken
                              									(§§ 1, 4, 19, 43 des Gesetzes). Eine mechanische Vervielfältigung Ihrer Zeichnung
                              									hat nicht stattgefunden, da E. nur eine Kopie der
                              									Zeichnung genommen haben soll, um danach selbst eine derartige Maschine herstellen
                              									zu lassen. Nachweisbar ist sogar nur, daß er nach Besichtigung Ihrer Zeichnung nach
                              									dem Gedächtnis seine Zeichnung angefertigt habe. – Gezeichnet von der
                              									Staatsanwaltschaft zu H.
                           Wenn hier auch, wie aus der Einführung dieser Entscheidung an der genannten Stelle
                              									hervorgeht, Anzeige auf Grund des § 43 offenbar des älteren Gesetzes vom 11. Juni
                              										1870§ 43 des neuen
                                    											Gesetzes vom 16. Juni 1901 würde keine Strafverfolgung bedingen.
                              									erhoben wurde, so mußte die Staatsanwaltschaft § 64 der Schlußbestimmungen des
                              									Gesetzes vom 19. Juni 1901 zur Anwendung bringen, der §§ 1 bis 56 u.s.f. des alten
                              									Gesetzes mit dem 1. Januar 1902 außer Kraft setzt und an ihre Stelle mit demselben
                              									Tage das neue Gesetz einführt. Daß aber der Rechtsfall bereits vor 1902
                              									stattgefunden habe und erst jetzt veröffentlicht sei, ist nicht anzunehmen, denn in
                              									der Entscheidung der Staatsanwaltschaft ist das Datum „1. Juni 1906“
                              									angeführt. Trotz der unrichtigen Bezugnahme auf das alte Gesetz hätte demnach die
                              									Staatsanwaltschaft zu H. nach dem neuen Gesetze entscheiden müssen. Sie geht demnach
                              									von einem bedenklichen Rechtsirrtum aus, wenn sie sich auf das alte Gesetz
                              										beziehtNur unter
                                    											Zugrundelegung des alten Gesetzes betr. das Urheberrecht an Schriftwerken
                                    											usw. vom 11. Juni 1870 würden die in der mitgeteilten Entscheidung
                                    											angeführten §§ 1,4, 19 und 43 sinnentsprechend sein. und in ihrer
                              									Entscheidung ganz allgemein erklärt, daß das Gesetz nur die mechanische Vervielfältigung von Schriftstücken verbiete, während in der
                              									Entnahme einer Kopie keine strafbare Handlung zu erblicken sei. Abgesehen von der
                              									ganz unverständlichen Anwendung eines erloschenen Gesetzes muß ausdrücklich
                              									festgestellt werden, daß nach § 15 Abs. 1 des Gesetzes vom 19. Juni 1901 einer
                              									derartigen Auffassung jede Rechtsgrundlage entzogen ist, da das Verfahren, nach dem
                              									die Vervielfältigung hergestellt ist, überhaupt keine Rolle spielt. Es findet diese
                              									Ansicht eine Bestätigung auch darin, daß nach dem Gesetze das Vergehen des
                              									Nachdruckes bereits vollendet ist, wenn die Vervielfältigung auch nur in einem Exemplar erfolgte, die, wenigstens bei einem
                              									Schriftwerk nicht gut anders als auf nichtmechanischem Wege hergestellt wird.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)