| Titel: | Zur Frage des Urheberrechtsschutzes an Konstruktionszeichnungen. | 
| Autor: | Hans Wettich | 
| Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 793 | 
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                        Zur Frage des Urheberrechtsschutzes an
                           								Konstruktionszeichnungen.
                        Von Dipl.-Ing. Hans Wettich,
                           								Halle a. S.
                        (Fortsetzung von S. 776 d. Bd.)
                        Zur Frage des Urheberrechtsschutzes an
                           								Konstruktionszeichnungen.
                        
                     
                        
                           Soweit sich das Verbot des Nachdruckes nach § 41 auf einen Teil eines Werkes
                              									bezieht, ist festzuhalten, daß dieser als solcher Gegenstand des Rechtsschutzes sein
                              									muß, d.h. seine Vervielfältigung darf nicht nach den in §§ 16 – 27 gegebenen
                              									Klauseln zulässig sein. Von diesen Klauseln besitzt nur § 19 Z. 1 ein, wenn auch
                              									nicht wesentliches Interesse für den vorliegenden Fall. Hiernach können einzel ne
                              									Stellen oder kleinere Teile eines Schriftwerkes in einer selbständigen literarischen
                              									Arbeit angeführt werden, sofern das Schriftwerk bereits veröffentlicht, also einem
                              									größeren Personenkreise bekannt gegeben war. Notizen oder Skizzen dürfen demnach aus
                              									übermittelten Unterlagen nicht gezogen werden, da mit der Ausgabe der Unterlagen an
                              									einen bestimmten Interessenten eine öffentliche Bekanntgabe nicht verbunden ist, und
                              									da die Notizen vom Empfänger auch nicht zu einer selbstständigen literarischen
                              									Arbeit verwandt werden, sondern nur im Geschäftsbetriebe des Empfängers eine
                              									gelegentliche Verwendung finden.
                           Von größerem Interesse ist die Feststellung, daß es unzulässig ist, von den
                              									Unterlagen z.B. nur den Text in Abschrift oder Abklatsch oder nur die Zeichnungen in
                              									Kopie auf zeichnerischem oder photomechanischem Wege zurückzubehalten, da diese als
                              									selbstständige Bestandteile des Werkes zweifellos Rechtsschutz genießen.
                           Eine einzige, aber sehr bedeutungsvolle Ausnahme, die eingeleitete Strafanträge im
                              									Falle der Vervielfältigung von Unterlagen – in den bekannt gewordenen Fällen stets –
                              									zum Scheitern bringt, besteht jedoch darin, daß nach § 15 Abs. 2 des Gesetzes
                              									bestimmt ist: „Eine Vervielfältigung zum persönlichen
                                    											Gebrauch Ist zulässig, wenn sie nicht den Zweck hat, aus dem Werke eine
                                    											Einnahme zu erzielen“ Die Interpretation geht noch darüber hinaus
                              									und versteht unter einer Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch eine solche, die
                              									zum Gebrauch eines bestimmten Personenkreises vorgenommen wurde.Vergl. Lindemann,
                                    											Urheberrecht S. 48 zu 3 und Schlittgen,
                                    											Urheberrecht S. 32, Anm. 2.
                           Hierauf baut im Falle der Strafverfolgung einer Vervielfältigung von Unterlagen
                              									die Verteidigung des Beschuldigten ganz selbstverständlich auf, indem sie erklärt,
                              									die Vervielfältigung, Abschrift oder Kopie sei nur zum persönlichen Gebrauche
                              									entnommen, nicht aber, um daraus eine Einnahme irgend welcher Art zu erzielen. Dem
                              									geschädigten Urheber liegt dann die Beweispflicht des Gegenteiles ob, die sich bei
                              									der Abgeschlossenheit des Geschäftsbetriebes des Beschuldigten meist nur in
                              									allgemeinen Umrissen bewegen kann, etwa in der Richtung, daß die ohne Erlaubnis,
                              									bezw. gegen ausdrückliches Verbot unternommene Vervielfältigung zu dem Zwecke
                              									vorgenommen wurde, um die in Schrift und Zeichnungen niedergelegten Gedanken und
                              									Erfahrungen des Urhebers im Geschäftsbetrieb des Vervielfältigers irgendwie zu
                              									verwerten. Dieser unbestimmten Anschuldigung gegenüber können natürlich vom
                              									Vervielfältiger Ausreden bezw. Gegengründe in Hülle und Fülle entgegengehalten
                              									werden. So findet sich im Text zu der eben angeführten Entscheidung der
                              									Staatsanwaltschaft zu H. die Angabe, die beanstandete Handzeichnung decke sich aus
                              									reinem Zufall mit dem Original, sie sei nach Besichtigung der Originalzeichnung nach
                              									dem Gedächtnis angefertigt. – Das phänomenale Gedächtnis; das jede Maßzahl behält,
                              									spielt, wie später gezeigt wird, überhaupt eine große Rolle in derartigen Angaben. –
                              									Oder es wird, wie in dem nachstehend behandelten Falle die Angabe gemacht, es sei im
                              									Geschäftsbetriebe des Beschuldigten Sitte, alle Eingänge ohne Ausnahme zu kopieren,
                              									oder gleich hinterher in demselben Falle die Angabe, die Vervielfältigung sei
                              									infolge der Ablehnung des Angebotes aus reinem Verantwortlichkeitsgefühl gegenüber
                              									der Direktion erfolgt. So bildet denn tatsächlich, selbst bei handgreiflich deutlich
                              									nachgewiesenem Nachdruck die Ablehnung des Strafantrages auf Grund des Abs. 2 § 15
                              									des Gesetzes die Regel.
                           
                           Nur eine einzige dürftige, vollkommen von der persönlichen Auffassung des
                              									Richters abhängige Handhabe bietet hier das Gesetz für die Wahrnehmung der Rechte
                              									des geschädigten Urhebers, nämlich dann, wenn ein gegen Gehalt, Lohn oder gegen eine
                              									Entschädigung (Remuneration) beschäftigter Angestellter die Vervielfältigung im
                              									Auftrage eines Vorgesetzten vornimmt. Da der Angestellte damit die Vervielfältigung
                              									gegen Entgelt vornimmt, kann ihm der Schutz des Abs. 2 § 15 des Gesetzes nicht zur
                              									Seite stehen. Es würde demnach der Schreiber oder der Zeichner auf dem Bureau oder
                              									der Lichtpauser im Falle eines nachgewiesenen Nachdruckes strafrechtlich und
                              									vermögensrechtlich belangbar sein.Vergl. Lindemann, Urheberrecht, S. 48, Anm. 4 zu §
                                    											15. Der Angestellte wäre dann nach § 831 B. G. B. seinem
                              									Auftraggeber gegenüber sicher gestellt, da derjenige, der einen anderen zu einer
                              									Verrichtung bestellt, zum Ersatze des Schadens verpflichtet ist, den der andere in
                              									Ausführung der Verrichtung einem Dritten gegenüber zufügt. Wie gesagt, ist es jedoch
                              									sehr fraglich, ob sich Staatsanwalt und Gerichte dieser Auffassung der
                              									Interpretation anschließen. Beispielsweise wurde in dem später zu behandelnden Falle
                              									einer unerlaubten Vervielfältigung Strafantrag gegen den Direktor des Werkes und
                              									alle diejenigen gestellt, die an der Vervielfältigung mitgewirkt haben. Die
                              									Staatsanwaltschaft zu D. berücksichtigte jedoch die niederen Angestellten, die die
                              									Ausführung der Vervielfältigung vorgenommen hatten, gar nicht und stellte das
                              									Verfahren gegen die Direktoren des Werkes ein, da nicht festgestellt werden konnte,
                              									daß sie von den fraglichen Vorgängen Kenntnis gehabt haben. Dagegen wurde gegen den
                              									Oberingenieur, der den Auftrag zur Vervielfältigung gegeben hatte, Anklage wegen
                              									Vergehens gegen §§ 15 und 38 des Gesetzes vom 19. Juni 1901 erhoben, dieser allein
                              									also als Täter betrachtet.
                           Es ist demnach offensichtlich, daß in praktischen Fällen jede
                                 										Vervielfältigung von Unterlagen ohne Gesetzesverletzung möglich ist, sofern
                              									sich der Beschuldigte auf § 15 Abs. 2 des Gesetzes vom 19. Juni 1901 bezieht. Damit
                              									aber wird ein Moment großer Beunruhigung in die Industrie getragen. War man schon
                              									bisher nicht sicher, daß das ausdrückliche Verbot der Vervielfältigung unbeachtet
                              									bliebe, da der Fall einer Vervielfältigung ohne Einwilligung des Berechtigten nur
                              									höchst selten und dann nur zufällig zu seiner Kenntnis gelangte, so muß die
                              									Erkenntnis, daß jede Vervielfältigung bezw. Abschrift von Unterlagstexten und Kopie
                              									von eingereichten Zeichnungen ohne weiteres vorgenommen werden kann, unbedingt zu
                              									einer Verwirrung der Verhältnisse führen. Wozu dient noch der Schutzstempel, wenn
                              									seine Wirkung gleich Null ist! Hier muß notwendigerweise Abhülfe geschaffen werden,
                              									um so mehr als die Industrie, wie auch der einzelne Ingenieur und Erfinder gerade
                              									daran ein Interesse hat, daß die übersandten Unterlagen nicht zum persönlichen Gebrauch der empfangenden Firma benutzt werden, der
                              									immer, wenn auch gerichtlich nicht nachweisbar und zeitlich nicht feststellbar dazu
                              									führt, daß die durch die Nachbildung festgehaltenen Gedanken und Erfahrungen
                              									irgendwie im Geschäftsbetrieb des Empfängers verwertet werden.
                           Es müßten demnach Industrie und Ingenieurkreise darauf hinwirken, daß § 15 des
                              									Gesetzes vom 19. Juni 1901 einen Zusatz erhält etwa in der Form:
                           Die Nachbildung technischer, schriftlicher Auseinandersetzungen und
                              									technischer Zeichnungen fällt nicht unter den Begriff einer Vervielfältigung zum
                              									persönlichen Gebrauch.
                           Ueberlegt man, ob eine derartige Einschränkung mit den Grundlagen und mit der
                              									Entwicklung des Gesetzes im Einklang steht, so wird man zu einem bejahenden Ergebnis
                              									kommen. Während das derzeitige Urheberrecht noch ebenso wie die früheren
                              									ausgehend von der Privilegierung des einzelnen Schriftwerkes in der Hauptsache auf
                              									den Schutz literarischer, im Buchhandel erschienener, veröffentlichter Schriftwerke
                              									gegen den Nachdruck von anderer Seite und die entgeltliche Veräußerung der
                              									Nachdrucksexemplare durch Dritte unter Schädigung der wirtschaftlichen
                              									Erwerbsquellen des Schriftstellers zugeschnitten ist, dehnen die jüngeren Gesetze
                              									den Schutz bereits auf schriftstellerische und zeichnerische Erzeugnisse geistiger
                              									Tätigkeit aus, die weder im Buchhandel erscheinen noch eine sonstige
                              									Veröffentlichung erfahren. Das Interesse der Urheber dieser Erzeugnisse ist aber
                              									nicht wie das eines Schriftstellers in landläufigem Sinne auf die Verhinderung
                              									vielfacher mechanischer Wiedergabe seines Werkes durch unbefugte Dritte beschränkt,
                              									sondern ausgedehnt auf die Verhinderung der widerrechtlichen Benutzung seines Werkes
                              									im engsten Kreise der Personen, denen er seine Unterlagen zum Zwecke
                              									kaufmännisch-technischer Handelsgeschäfte zur „Einsicht“ überläßt, indem er
                              									sich hierbei noch nicht einmal des körperlichen Eigentumsrechtes an seinen
                              									Unterlagen zu begeben braucht. Auch in dieser Auffassung ist das jüngste Gesetz
                              									entgegengekommen, indem es die widerrechtliche Vervielfältigung nicht nur auf
                              									mechanischem Wege, sondern nach Verfahren jeder Art, selbst in einem Exemplar und
                              									auch nur zu einem Teil des Werkes unter Strafe stellt. Es wird also das Bestreben
                              									des Urhebers für die in seinem Schriftwerk und seinen Zeichnungen festgelegten,
                              									unter Aufwand von Zeit und Mühe gefundenen, technisch verwertbaren Geistesprodukte
                              									in jedem einzelnen Falle der Benutzung durch andere die entsprechende
                              									wirtschaftliche Gegenleistung zu erhalten, vollkommen anerkannt. Dies Bestreben wird
                              									aber geschädigt, wenn es jedem, der Einsicht in die nicht veröffentlichten
                              									Unterlagen erlangt, gestattet ist, durch Schriftzüge oder Zeichnungen die fremden
                              									Gedanken für sich festzuhalten und je nachdem es Zeit und Ort mit sich bringt, in
                              									seinem eigenen Interesse zu verwenden. Denn daß hier ein eigenes wirtschaftliches
                              									Interesse des Vervielfältigers vorliegt, kann nicht geleugnet werden, selbst wenn es
                              									sich nur auf die Erweiterung seiner eigenen technischen Kenntnisse und Erfahrungen
                              									erstrecken sollte, vermittels deren er seinen Lebensunterhalt verdient. Zwar wird
                              									der Empfänger der Unterlagen unmittelbar und auch noch einige Zeit nach deren
                              									Durchsicht vollständig über den Gedankengang des Verfassers unterrichtet sein, er
                              									wird jedoch später in den auf dem Papier festgehaltenen Gedanken ein besseres
                              									Werkzeug für deren Verwertung in seinem eigenen Interesse besitzen, als es nur mit
                              									der Festhaltung in seinem Gedächtnis der Fall wäre. Hier liegt der wesentliche
                              									Unterschied mit den Bestrebungen der älteren Urheberrechtsgesetze, indem diese auf
                              									den körperlichen Verkauf von gleichlautenden Exemplaren
                              									des zu schützenden Schriftwerkes zum Zwecke einer Belehrung oder dergl. des Käufers
                              									und zur Erzielung eines Geldverdienstes für den Verfasser zugeschnitten waren. Bei
                              									den Unterlagen im Sinne dieser Untersuchung wird aber ein körperlicher Verkauf des
                              									Schrift- und Zeichenwerkes gar nicht beabsichtigt. Der wirtschaftliche Vorteil des
                              									Verfassers liegt darin, daß sich der Empfänger der Unterlagen von der Güte der
                              									dargestellten Konstruktionen oder dergl. überzeugen und diese technischen Gedanken
                              									in Eisen und Stein von dem Verfasser gegen Entgelt beziehen oder ausführen lassen,
                              									bezw. das in den Unterlagen beschriebene Patent kaufen soll.
                           Es hat demnach der Verfasser der Unterlagen, sofern er sich sein Eigentumsrecht
                              									vorbehält und sie seiner Zeit zurückfordert, ganz gewiß ein Interesse daran, daß der
                              									Empfänger durch sie eine augenblickliche Belehrung erhält, aber eine dauernde, durch
                              									Nachschlagen jederzeit zu erneuernde Vermehrung, Weitergabe und Anwendung seines Wissens
                              									unter Ausschaltung des Verfassers soll vermieden werden. Aber diese Verhinderung der
                              									Verwendung der Belehrung zu wirtschaftlichen Zwecken im Geschäftsinteresse des
                              									Empfängers ist ausgeschlossen, sobald dieser die vom Verfasser zurückgeforderten
                              									Unterlagen in einer unerlaubten Nachbildung besitzt und sich aus ihr vorkommenden
                              									Falles, ohne die Genehmigung des Verfassers einzuholen, von neuem belehren kann.
                           Freilich verlangt das Interesse der Allgemeinheit unter Umständen eine Beschränkung
                              									der Rechte des Verfassers, so daß das Gesetz in einer Reihe von Fällen ausdrücklich
                              									die Vervielfältigung auch ohne bezw. gegen die Einwilligung des Verfassers
                              									gestattet. Alle diese Einschränkungen beziehen sich aber auf Werke, die der
                              									Allgemeinheit, bezw. einem größeren Personenkreise zugänglich sind oder zugänglich
                              									gemacht waren. Das ist aber bei technischen Unterlagen nicht der Fall. Für die
                              									Allgemeinheit kann aus dem unter Benutzung von Unterlagen durchgeführten
                              									Handelsgeschäften zweier technischer Firmen oder zwischen einem Privatmann und einer
                              									Firma beim besten Willen kein Interesse konstruiert werden. Es kann demnach dem
                              									vorgeschlagenen Zusatz zu § 15 die innere Berechtigung nicht abgesprochen werden, um
                              									so mehr, als damit die Frage der widerrechtlichen Benutzung von technischen
                              									Unterlagen folgerichtig und zweifelsfrei erledigt wird. Es wäre also eine
                              									Willensäußerung von Industrie- und Ingenieurkreisen in dieser Richtung nur zu
                              									begrüßen.
                           Sollte ein dergestaltiger Vorschlag Gesetzeskraft erlangen, so würde die Folge
                              									zunächst die Bestrafung einzelner, weniger Vervielfältiger bilden, die auf die
                              									beteiligten Kreise abschreckend wirkt, um so mehr als jeder mit etwaiger Anzeige
                              									durch unzufriedene oder entlassene Angestellte des eigenen Betriebes rechnen muß und
                              									somit für die Dauer nicht sicher ist, da der geschädigte Verfasser nach §45 des
                              									Gesetzes vom 19. Juni 1901 und nach § 61 des Reichs-Strafgesetzbuches berechtigt
                              									ist, den Antrag auf Strafverfolgung binnen drei Monaten von dem Tage ab zu stellen,
                              									an dem er von der Handlung und der Person des Täters Kenntnis erlangte.
                           Inwieweit im vorliegenden Falle die Verjährung mitspricht, ist durchaus fraglich, da
                              									das Gesetz nach § 50 eine Verjährung der Strafverfolgung in drei Jahren nach der Verbreitung der Nachdruckexemplare bestimmt. Unter
                              										„Verbreitung“ wird dabei die Ueberlassung, nicht Verleihung von
                              									Exemplaren an Dritte verstanden, die bei der Vervielfältigung von Unterlagen in der
                              									Regel nicht stattfindet.
                           Bei einer gesetzlichen Regelung der angeschnittenen Fragen müßte auch diese Lücke
                              									eine genügende Ausfüllung finden.
                           Mit der bekannt werdenden Bestrafung einiger Vervielfältiger würde Treu und Glauben
                              									im geschäftlichen Verkehr unter Benutzung von Unterlagen wieder hergestellt werden,
                              									denn zurzeit ist sich der widerrechtliche Vervielfältiger meist gar nicht bewußt,
                              									daß er sich unter Umständen einer strafbaren Handlung, eines mit hohen Geld- und
                              									Gefängnisstrafen bedrohten Vergehens schuldig macht, denn die Schutzgarantien des
                              									Gesetzes gehen verhältnismäßig weit.
                           Neben der eben erwähnten Ahndung einer Uebertretung durch hohe Geld- und
                              									Freiheitsstrafen kann auf Antrag des Verletzten auf Schadensersatz bezw. Buße und
                              									Herausgabe oder Vernichtung der Nachdrucksexemplare erkannt werden. Hierbei schützt
                              									Unkenntnis des Gesetzes nicht vor Strafe, da die Strafbestimmungen des Gesetzes als
                              									Bestandteile des Strafgesetzbuches anzusehen sind.
                           Was die vom Gesetz gewährte Schutzfrist für Schriftwerke usw. anlangt, so bietet ein
                              									Eingehen darauf nur ein geringes Interesse, indem sie sich bis auf 30 Jahre
                              									nach dem Tode des Verfassers erstreckt, während die Unterlagen selbst nur wenige
                              									Monate in den Händen des Empfängers bleiben, so daß die Zeit zur Begehung einer
                              									strafbaren Handlung gegenüber der gesetzlichen Schutzfrist gering bemessen ist. An
                              									Unterlagen, die dauernd in den Besitz des Empfängers übergehen, begibt sich der
                              									Verfasser selbst seiner Urheberrechte, indem dem Empfänger deren Benutzung in seinem
                              									Geschäftsbetriebe hiermit ermöglicht wird, ohne daß er sich zur Entnahme einer
                              									Vervielfältigung veranlaßt zu sehen braucht. Hieran ändert auch ein aufgedruckter
                              									Schutzstempel nichts.
                           Von höherem Interesse für technische Kreise sind die Schadensersatz- und
                              									Bußbestimmungen des Gesetzes, indem nach § 36 bestimmt wird, daß derjenige, der
                              									vorsätzlich oder fahrlässig unter Verletzung der ausschließlichen Befugnisse des
                              									Urhebers ein Werk vervielfältigt oder seinen wesentlichen Inhalt öffentlich
                              									mitteilt, dem Berechtigten zum Ersatze des hieraus entstehenden Schadens
                              									verpflichtet ist. Bemerkt sei, daß nach dem angeführten Paragraphen zur Vollendung
                              									der Straffälligkeit gewerbsmäßige Verbreitung nicht notwendig ist, was auf die
                              									Vervielfältigung von Unterlagen durchgehends zutrifft. Die Schadensersatzpflicht
                              									erstreckt sich nur auf den entstandenen Vermögensschaden, nicht aber auf Vergütungen
                              									für persönliche Nachteile oder KränkungenLindemann, Urheberrecht S. 69 zu 4.,
                              									sie umfaßt jedoch nach § 252 B. G. B. auch den entgangenen Gewinn und es kann nach §
                              									246 B. G. B. zugleich ein Anspruch auf 4 v. H. Zinsen vom Tage der Klageerhebung ab
                              									geltend gemacht werden. Der Anspruch auf Schadensersatz muß im Wege des bürgerlichen
                              									Rechtsstreites (Zivilprozeß) erfolgen. Statt der Geltendmachung eines
                              									Schadensersatzes kann nach § 40 des Gesetzes auf eine an den Geschädigten zu
                              									erlegende Buße bis zum Betrage von 6000 M. erkannt werden, die jedoch einen weiteren
                              									Anspruch auf Schadensersatz ausschließt. Hierbei hat sich der Geschädigte dem
                              									Strafverfahren nach § 443 der Strafprozeßordnung als Nebenkläger anzuschließen. Ist
                              									dabei der Nachweis erbracht, daß eine Schädigung durch die unerlaubte
                              									Vervielfältigung eingetreten ist, ohne daß jedoch genaue Anhaltspunkte für die Höhe
                              									des verursachten Schadens gegeben sind, so steht es trotzdem nicht im Belieben des
                              									Richters, von der Erkennung einer Buße Abstand zu nehmen. Hier liegt eine Schwäche
                              									im Gesetz, denn der Richter wird jedesmal eine Aufstellung über den erwachsenen
                              									Schaden verlangen, um danach die Höhe der Buße feststellen zu können. Der
                              									juristische Begriff der Buße fällt demnach nicht mit der im bürgerlichen Leben
                              									üblichen Auffassung zusammen, nach der die Buße eine Strafzahlung an den
                              									Geschädigten darstellt, während die Strafe eine Strafzahlung an die Staatskasse ist,
                              									sondern deckt sich mehr oder weniger mit dem Begriff des Schadensersatzes, so daß §
                              									36 des Gesetzes (Schadensersatz) gegenüber § 40 (Buße) nur dann eine praktische
                              									Bedeutung erlangt, wenn der nachweisbare Schaden die Summe von 6000 M.
                              									übersteigt.
                           Während sich nun bei dem Nachdruck eines im Buchhandel erschienenen Werkes oder bei
                              									der unberechtigten Aufführung eines Theaterstückes der entstandene Schaden und der
                              									entgangene Gewinn fast immer mit ziemlicher Sicherheit bestimmen läßt, ist dies bei
                              									der widerrechtlichen Vervielfältigung von Unterlagen und deren Benutzung zum Schaden
                              									des Verfassers, wie sich aus der Sachlage ergibt, keineswegs der Fall. Man nehme
                              									beispielsweise den vom Verfasser erlebten Fall an, daß eine Firma, die bisher
                              									Kompressoren noch nicht verfertigte, von einer Reihe Kompressorenfirmen Zeichnungen,
                              									Projekte, Kataloge unter dem Vorgeben der Einrichtung einer Anlage für Preßluftwerkzeuge
                              									einfordert und nun unter wesentlicher Benutzung ihrer eigenen Kenntnisse die in
                              									Kopien zurückbehaltenen Unterlagen und Kostenanschläge dazu benutzt, eine eigene
                              									nach Preislage und Leistung konkurrenzfähige Kompressorenkonstruktion auf den Markt
                              									zu bringen. Hierbei erfolgte keineswegs eine getreue Kopie einer der eingereichten
                              									Zeichnungen, es fanden nur Verbesserungen der aus eigenem Wissen entstandenen
                              									Konstruktion an Hand der Angaben der Unterlagen statt, insbesondere wurde der Bau
                              									der Maschinen derartig eingerichtet, daß die Kalkulation die Kostenanschläge der
                              									Unterlagen etwas unterbieten konnte. Offenbar erfahren durch die hiermit geschaffene
                              									Konkurrenz die Verfasser der benutzten Unterlagen eine dauernde Schädigung, die
                              									jedoch in ihrer Höhe nicht feststellbar ist, insbesondere für den einzelnen der
                              									beteiligten Verfasser nicht erkannt werden kann. (Die hier dargelegte Handlung fällt
                              									zweifellos unter die Strafbestimmung des Gesetzes betr. das Urheberrecht vom 19.
                              									Juni 1901, da § 9 Abs. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes
                              									nicht zur Anwendung gelangen kann, denn die als Unterlagen eingereichten
                              									Beschreibungen, Kostenanschläge, Projektzeichnungen und Kataloge sind hier
                              									keinesfalls Geschäftsoder Betriebsgeheimnisse.)
                           Als ein weiteres Beispiel sei angeführt, daß eine Firma von einem Erfinder Unterlagen
                              									über eine Erfindung erhält, die über den Rahmen der etwa noch gar nicht ausgelegten
                              									Patentschrift weit hinausgehen, um auf Grund dieser Unterlagen eine Prüfung des
                              									Erfindungswertes im Hinblick auf einen Ankauf der Erfindung vorzunehmen. Findet hier
                              									bei einer Ablehnung der Erfindung von Seiten der Firma eine Kopie der Unterlagen mit
                              									der Absicht gelegentlicher ganzer oder teilweiser Verwertung des Inhaltes im
                              									Geschäftsbetriebe der Firma statt, so bietet die Festsetzung der Höhe des dem
                              									Erfinder entstandenen Schadens, mehr aber noch eine Schätzung des entgangenen
                              									Gewinnes die größten Schwierigkeiten. Man überlege nur, wie wenig der Wert einer
                              									Erfindung von vornherein überhaupt geschätzt werden kann. Gelingt es dem Erfinder
                              									nicht, seine Arbeit unterzubringen, so hat die Sache als solche überhaupt keinen
                              									Geldwert, trotzdem kann der Vervielfältiger der Unterlagen aus deren Benutzung
                              									wirtschaftlichen Vorteil für sich gezogen haben. Auch dann, wenn die Erfindung von
                              									Bedeutung und später andererseits verwertet ist, läßt
                              									sich der durch den Vertrauensmißbrauch für den Berechtigten entstandene Schaden auf
                              									Mark und Pfennig nicht bestimmen, selbst wenn das eingeleitete Strafverfahren den
                              									Umfang der Vervielfältigung voll aufdeckt.
                           Es muß daher notwendigerweise darauf gedrungen werden, daß in solchen Fällen, wo
                              									eine klare Berechnung des dem Urheber verursachten Schadens nicht durchgeführt
                              									werden kann, andere, als im Gesetz festgelegte Garantieen für die Feststellung der
                              									Schadloshaltung der Berechtigten gegeben werden. Das kann meines Erachtens aber nur
                              									dadurch erfolgen, daß in § 40 des Gesetzes der Begriff der Buße auf die bürgerliche
                              									Auffassung normiert wird, etwa in der Art, daß je nach der Schwere der Uebertretung
                              									der zu erlegende Bußsatz mit fester Abstufung im Gesetze fixiert und so der
                              									Schätzung des Richters entzogen wird.
                           Unkosten und Verluste anderer Art, die dem geschädigten Urheber in der Wahrnehmung
                              									seiner Rechte (Zeitverlust, Rechtsanwaltskosten usw.) erwachsen, lassen sich dagegen
                              									ohne weiteres rechnerisch feststellen, bilden jedoch in der Regel den geringsten
                              									Teil des entstandenen Schadens und gehören zu den Kosten des Strafverfahrens, über
                              									deren Notwendigkeit und Höhe der Strafrichter im Wege des der Verurteilung folgenden
                              									Kostenfestsetzungsverfahrens zu entscheiden hat.
                           Das Gesetz erkennt übrigens selbst die Schwierigkeit der Festsetzung eines durch
                              									Nachdruck dem Berechtigten verursachten Schadens an, indem es nach § 49 für
                              									sämtliche Bundesstaaten die Einsetzung von Sachverständigen-Kammern verlangt, die
                              									auf das Ansuchen der Gerichte und der Staatsanwaltschaften amtliche Gutachten über
                              									die an sie gerichteten Fragen abzugeben haben, insbesondere auf Anrufen der
                              									Beteiligten über Schadensersatzansprüche entscheiden müssen. Jedoch besteht eine
                              									Verpflichtung der Gerichte zur Anrufung der Sachverständigen-Kammern nicht,
                              									ebensowenig, wie diese die Berechtigung haben, über einen Bußanspruch zu
                              									entscheiden.
                           Ueber die innere Zusammensetzung der Sachverständigen-Kammern ist dem Verfasser
                              									nichts näheres bekannt, jedoch kann aus den Entscheidungen in Nachdruckstrafsachen
                              									darauf geschlossen werden, daß sie sich in der Hauptsache aus buchhändlerischen,
                              									bezw. schriftstellerischen Interessenten zusammensetzen, während in Technik und
                              									Industrie bewanderte Männer ihnen fernstehen. Auch die Berufung besonderer
                              									Sachverständiger, die nach § 49 nicht ausgeschlossen ist, bei der Vervielfältigung
                              									technischer Unterlagen deutet darauf hin, daß dieser Teil des Urheberrechtsschutzes
                              									in den Sachverständigen-Kammern nicht vertreten ist.
                           
                              
                                 (Schluß folgt.)