| Titel: | Die Internationale Luftschiffahrt-Ausstellung in Frankfurt a. Main 1909. | 
| Autor: | August Bauschlicher | 
| Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 7 | 
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                        Die Internationale Luftschiffahrt-Ausstellung in
                           								Frankfurt a. Main 1909.
                        Von August Bauschlicher, Zivilingenieur,
                           									Frankfurt a. Main.
                        Die Internationale Luftschiffahrt-Ausstellung in Frankfurt a. Main
                           								1909.
                        
                     
                        
                           1. Allgemeines.
                           Hat man sämtliche Flugschiffkonstruktionen der „lla“ einer kritischen Prüfung
                              									unterzogen, so kann man sagen, daß die ausgestellten Erzeugnisse kein vollständiges
                              									Bild über die Flugtechnik geben, daß sie aber immerhin dem Konstrukteur manche
                              									Anregung bieten. Es war zu bedauern, daß die dynamischen Flugapparate in so geringer
                              									Anzahl vertreten waren und daß nur die Wright-Maschinen-Gesellschaft in Berlin und August
                                 										Euler in Frankfurt a. M. flugfähige Apparate ausstellten. Nur auf dem
                              									Gebiete der Lenkballons befriedigte die Ausstellung, insbesondere weil man durch das
                              									Erscheinen des unstarren Parseval-Ballons, des
                              									unstarren Clouth-Ballons, des halbstarren Ruthenberg-Ballons und des starren Zeppelin-Ballons III einen Vergleich zwischen der
                              									Leistungsfähigkeit der verschiedenen Systeme anstellen konnte.
                           So hat sich bei den Probefahrten des Parseval- und des
                              										Clouth-Ballons gezeigt, daß die unstarre Hülle
                              									leicht einknickt, und daß ein Defekt am Ballonventil leicht eine Katastrophe
                              									herbeiführen kann, während bei dem starren Zeppelin-Ballon die Erhaltung der Form auch bei Gasverlusten unter allen
                              									Umständen gesichert erscheint, wie dies verschiedene Unfälle bei Göppingen und
                              									während der Manöverfahrt nach Württemberg bewiesen. Es können bei dem Zeppelin-Ballon an der Ballonhülle örtliche
                              									Beschädigungen eintreten, sogar einige Zellen vollkommen fehlen, ohne daß dessen
                              									Betriebsfähigkeit darunter litte. Unstarre Ballons erscheinen mehr als
                              									Uebergangstype vom Freiballon zum Lenkballon. Das wesentlich Neue an den ersten
                              									unstarren Lenkballons war, daß man in der Gondel einen Motor und einen Propeller
                              									anordnete, und statt der kugeligen Hülle, wie sie beim Freiballon üblich ist, zur
                              									Verringerung des Luftwiderstandes eine zigarrenförmige Ballonhülle schuf. Tab. 1
                              									gibt einen interessanten Ueberblick über die Entwicklung des Lenkballons.
                           Ein Blick rückwärts zeigt ferner, daß man einen prinzipiell richtigen Weg beschritt,
                              									wenn man immer stärkere und leichtere Motoren einbaute, indem die Geschwindigkeiten
                              									immer wuchsen. Da man aber gleichzeitig zu immer größeren Ballonkörpern
                              									überging, damit auch der Stirnwiderstand wuchs, veränderte sich das Bild immer mehr.
                              									Eine große Ballonhülle hatte eine Versteifung notwendig und Lebaudy bezw. dessen Konstrukteure Surcouf
                              									und Julliot schufen zur Versteifung der Hülle einen
                              									festen Kiel, an dem unten die Gondel und oben die Hülle befestigt wurde. Zeppelin ging noch einen Schritt weiter und schuf ein
                              									den ganzen Ballonkörper umgebendes Gerippe aus Aluminium. Er hatte in dem Schwarz-Ballon bereits einen Vorläufer in bezug auf
                              									eine starre Hülle, da Schwarz für seinen
                              									Aluminiumballon ebenfalls ein Gerippe angewendet hatte.
                           Ein Blick auf die neueren deutschen Lenkballons zeigt aber, daß sich die Entwicklung
                              									der Ballonschiffe noch sehr in Extremen bewegt. Clouth
                              									und Ruthenberg suchen durch sehr kleine Lenkballons mit
                              									relativ schwachen Motoren eine Maximalleistung zu erzielen, ein Weg, den Santos Dumont ebenfalls einmal einschlug und wieder
                              									verließ. Parseval hält mit seinem neueren Ballon mit
                              									6700 cbm die Mitte zwischen den Zeppelin-Ballons und
                              									den kleinen Lenkballons, während viele Konstrukteure zu noch größeren
                              									Ballonkörperabmessungen raten, wie z.B. Ing. Wetzel aus
                              									Stuttgart, der in der „IIa“ ein verkleinertes Modell eines Riesenballons von
                              									103580 cbm Inhalt ausstellt. Die große Sicherheit, die das starre Gerippe einem
                              									Ballonkörper erteilt, ferner der Umstand, daß das Gerippe eine bequeme Anbringung
                              									von Gondel, Schrauben, Geschütze usw. gestattet, sogar die Oberseite eines starren
                              									Ballons mit Hilfe eines durch den Ballonkörper geführten senkrechten Schachtes
                              									begangen werden kann (s. D. p. J. 1909, 324, S. 725, Fig.
                              									15) und daß dadurch auch im Kriegsfalle von oben drohende gegnerische Ballons
                              									abgewehrt werden können, spricht für das Gerippe. Der Wert der Zerlegbarkeit
                              									unstarrer Ballonschiffe sinkt immer mehr, je mehr man zu Linienluftschiffen für
                              									Fahrgäste oder Transportzwecke übergehen wird. Es fällt ja auch niemanden ein, ein
                              									zerlegbares
                           
                           Tabelle 1.
                           
                              
                                 
                                    
                                    Erbauer
                                    
                                 System
                                 Durchm.mm
                                 Längemm
                                 Volumencbm
                                 MotorPS
                                 Geschwin-digkeiti. d. Sek.
                                 Bemerkungen
                                 
                              
                                 Renard &
                                       												Krebs (La France)1884–1885
                                 unstarr
                                 8,4
                                 50,42
                                   1864
                                 8,5
                                 5–6 m
                                 1 Schraube, Ballonets, Akkumulatoren-      batterie, Seidenhülle,
                                    											Gewicht des      Ballons 2000 kg
                                 
                              
                                 Schwarz
                                    											1896–1897
                                 starr
                                 13,5
                                 47,5
                                   3250
                                 12
                                 –
                                 3 Schrauben, gleichzeitig als Steuer      gebraucht, Ballonhülle aus
                                    											Alu-      minium
                                 
                              
                                 Zeppelin
                                    											1888–1890
                                 starr
                                 11,6
                                 128
                                 12377
                                 16
                                 8 m
                                 17 Zellen, 2 Schrauben mit 1,25 m      Flügellänge
                                 
                              
                                 
                                    Santos Dumont
                                    
                                 unstarr
                                 6
                                 33
                                       622
                                 16
                                 8 m
                                 2 Schrauben, zweiflüglig à 4 m, Stoff-      hülle
                                 
                              
                                 Lebaudy,
                                    											erbaut von Julliot& Surcouf
                                 halbstarr
                                 9,8
                                 56,6
                                   2284
                                 36
                                 11 m
                                 2 Schrauben, 160 kg Zugkraft, Stoff-      hülle
                                 
                              
                                 Parseval
                                    											1908
                                 unstarr
                                 9,5
                                 58
                                   3800
                                 100
                                 15 m
                                 1 Schraube, 3,75 m Durchm., 250 bis      300 Umdrehungen
                                 
                              
                                 Zeppelin
                                    											1908
                                 starr
                                 13
                                 136
                                 15200
                                 2 × 110
                                 15 m
                                 2 Schrauben, 1,2 m, dreiflüglig, 2000 kg      und 16 Mann
                                    											Nutzlast
                                 
                              
                                 Groß
                                    											1908
                                 halbstarr
                                 11
                                 66
                                 –
                                 2 × 75
                                 16 m
                                 2 Schrauben seitlich an der Gondel
                                 
                              
                           Tabelle 1 a.
                           Abmessungen von neueren Motorluftschiffen auf der „IIa“
                              									ausgestellt.
                           
                              
                                 Fabrikat
                                 System
                                 Kubik-inhaltm
                                 Längem
                                 GrößterDurchm.m
                                 Inhalt desBallonetscbm
                                 PS
                                 Schrauben-Anzahl
                                 NötigerGasüber-druck
                                 Geschw.i. d. Sek.
                                 Art derSteuerung
                                 
                              
                                 ParsevalSystem B
                                 unstarr
                                 6700
                                 70
                                 12,34
                                 1400
                                 2 × 100N. A. G-Motor
                                 2 Schraubenà 4 m φ4 Flügel
                                 20 mmH 2 O
                                 15 m
                                 BallonetsHöhensteuer
                                 
                              
                                 ParsevalType D
                                 unstarr
                                 1200
                                 39
                                 7,7
                                 180
                                 25
                                 1 Schraubeà 3 m φ
                                 10 mmH 2 O
                                 10 m
                                 EinflächenHöhensteur
                                 
                              
                                 Zeppelin
                                    											III
                                 starr
                                 15200
                                 136
                                 13
                                 –
                                 2 × 115
                                 4 Schrauben
                                 –
                                 15 m
                                 LaufgewichteHöhensteuer
                                 
                              
                                 
                                    Ruthenberg
                                    
                                 halbstarr
                                 1300
                                 40
                                 6,5
                                 280
                                 24
                                 1 Schraube
                                 10 mm H 2 O
                                 10–13 m
                                 FlächenHöhensteuer
                                 
                              
                                 
                                    Clouth
                                    
                                 unstarr
                                 1700
                                 42
                                 8,2
                                 –
                                 40
                                 2 Schrauben
                                 –
                                 –
                                 FlächenHöhensteuer
                                 
                              
                                 Neueres Projekt eines
                                    											Metallballons von Wetzet, Stuttgart.
                                 
                              
                                 
                                    Wetzel
                                    
                                 starr
                                 86090
                                 300
                                 20
                                 –
                                 8 × 200= 1600
                                 –
                                 300 Passagiereund 5000 kg Nutzlast
                                 
                                 
                                 
                              
                           Wasserschiff zu bauen, um dasselbe im Falle) eines Unfalles in
                              									Teilen fortzuschaffen. Es steht gar nichts im Wege, starre Luftschiffe in noch viel
                              									größeren Abmessungen zu bauen und jedenfalls wäre eine unstarre Stoffhülle bei
                              									Luftschiffen über 15000 cbm Inhalt technisch überhaupt nicht mehr möglich. Die
                              									baulichen Verhältnisse eines starren Ballonkörpers werden günstiger, je größer er
                              									ausgeführt wird, da die Gewichte des Gerüstes im Verhältnis zu dem größer werdenden
                              									Kubikinhalt nicht proportional wachsen, sondern viel langsamer. Wie Wetzel in einer Broschüre richtig ausführt, wächst der
                              									nutzbare Auftrieb eines Ballons von 20 m  und 300 m Länge viel rascher als
                              									das Gewicht des dazu notwendigen Gerippes. (Ein Ballon wie vorstehend angegeben
                              									vermag etwa 21000 kg Nutzlzst zu befördern.) Die zum Antrieb eines Riesenschiffes
                              									notwendigen starken Motoren weisen auch günstigere Gewichtsverhältnisse, bezogen auf
                              									das Gewicht f. d. PS, auf. Durch neue Leichtmetalle von 1,8 spez. Gewicht läßt sich
                              									gegenüber den bisher angewendeten Gerüsten aus Kupferaluminium von 2,8 spez.
                              									Gewicht eine ganz beträchtliche Gewichtsverminderung erzielen, die auch bei den
                              									jetzt bestehenden starren Lenkballons von etwa 15000 cbm Inhalt eine Vergrößerung
                              									des nutzbaren Auftriebes um etwa 3000 kg herbeiführen könnte. Es hat sich ferner
                              									herausgestellt, daß die Lenkbarkeit starrer Luftschiffe bei weitem größer ist als
                              									die der unstarren, da bei starren Ballonkörpern die Gondel nahe an die
                              									Ballonlängsachsen herangerückt werden kann, und der Schwerpunkt nicht allzu weit von
                              									der Ballonachse entfernt ist. Der Ballonkörper kann daher sehr rasch seine Lage
                              									verändern und sich sowohl beim Auftrieb als auch beim Niedergehen sehr schräg
                              									stellen. Ein unstarrer Ballon, bei dem die Gondel gewöhnlich sehr weit von der
                              									Ballonachse entfernt ist, läßt sich nicht so rasch in irgend eine Schräglage
                              									bringen, insbesondere wenn die Höhensteuerung durch Luftsäcke, die wechselseitig
                              									entleert und aufgepumpt werden, zur Anwendung gelangt, welcher Vorgang sehr langsam
                              									vor sich geht. Unstarre Ballons steuern noch zuviel mit Hilfe des Gases und des
                              									Ballastes und zu wenig durch Motorenkraft. Das starre Luftschiff von Zeppelin nutzt die Motorenkraft viel mehr zum Steuern
                              									aus. Es stellt sich z.B. beim Niedergehen schräg gegen die Windströmung, man läßt
                              									die Schraube gegen den Wind arbeiten, so daß das Fahrzeug steht, und der Wind treibt
                              									dasselbe durch sein Auftreffen auf die schräg geneigte Oberseite des Ballonkörpers
                              									nach unten, bis etwa die Spitze sich dem Boden nähert, in welchem Falle dann sofort
                              									ihre Verankerung vorgenommen wird. Alsdann zieht man auch den hinteren Ballonteil
                              									langsam zu Boden, bis die Gondeln auf der Erde auftreffen. Wenn also die während der
                              										„IIa“ beobachteten Fahrergebnisse der unstarren und starren Lenkballons
                              									dem aufmerksamen Zuschauer einen deutlichen Beweis von der Ueberlegenheit des
                              									starren Systems gegeben haben, so ist man über die Vorteile des halbstarren Systems
                              									etwas weniger klar. Wir haben in Deutschland das halbstarre Militärluftschiff von
                              										Groß-Basenach und den halbstarren Lenkballon von
                              										Ruthenberg. Wie bekannt, durchzieht ein starrer
                              									Kiel die Unterseite einer Stoffhülle, wodurch dieselbe bei Gasverlusten am
                              									Einknicken verhindert wird. Durch den Kiel wird außerdem ein Rahmenwerk gebildet,
                              									das zum Anbringen der Steuerorgane, der Gondeln usw. dient. Die Anordnung eines
                              									Kielgerüstes bedeutet entschieden eine Verbesserung gegenüber unstarrer Hüllen,
                              									indem nun bei einer Hüllenbeschädigung keine direkte Katastrophe mehr eintreten
                              									kann, sofern der Ballon in einzelne Zellen eingeteilt ist; immerhin hat aber das
                              									starre System aus Festigkeitsgründen noch den Vorteil, daß der ganze Durchmesser des
                              									Flugkörpers als Trägerhöhe ausgenutzt wird.
                           Die Zerlegbarkeit des halbstarren Ballons ist ebenfalls nicht in weiten Grenzen
                              									durchführbar. Man kann wohl die Hülle zusammenpacken, nicht aber das lange
                              									Kielgerüst und die daran befestigte Gondel. Man sollte auch bei halbstarren
                              									Luftschiffen nicht lediglich auf deren militärische Brauchbarkeit hinarbeiten, und
                              									es muß daran erinnert werden, daß man auch die für militärische Zwecke sehr
                              									geeignete zerlegbare Brücke doch kaum auf sonstige Flußüberbrückungen überträgt,
                              									sondern starre unveränderliche Eisenkonstruktionen schafft. Diese einseitige
                              									Auffassung im Bau von Flugschiffen, insbesondere das Hervorheben guter Zerlegbarkeit
                              									ist zum größten Teil auch darin begründet, daß sich bisher meist Offiziere mit der
                              									Konstruktion von Lenkballons befaßt haben und diese zunächst von dem Standpunkt der
                              									militärischen Brauchbarkeit beurteilt haben.
                           Es wird in der ferneren Entwicklung der Ballonschiffahrt wohl
                              									jedes System für bestimmte Zwecke von Vorteil sein, unter Umständen werden unstarre
                              									Ballons mehr und mehr durch die technisch reiferen halbstarren Zellenballons
                              									verdrängt, insbesondere für kleine Lenkballons unter 3000 cbm Inhalt. Das halbstarre
                              									Luftschiff von Ruthenberg hat jedenfalls sehr viel für
                              									sich und erscheint konstruktiv gut durchgearbeitet. Wie Fig. 1 zeigt, wird die Ballonhülle durch einen unter derselben
                              									angebrachten Gitterträger aus Rohr versteift. Die Gondel ist mit diesem Kielgerüst
                              									fest verbunden, der Schwerpunkt rückt ziemlich nahe an die Ballonachse heran. In der
                              									Gondel befindet sich der Motor und dahinter die mittels Kette angetriebene Schraube.
                              									Letztere ist ganz nahe an den Ballon herangerückt und übt dadurch kein großes
                              									Drehmoment auf den Ballon aus. Die Schraube besitzt 3 m , der Gasinhalt des
                              									Ballons beträgt 1300 cbm, der Auftrieb des Luftschiffes 1250 kg, sein Gesamtgewicht
                              									600 kg. Davon entfallen auf die Gashülle 350 kg, auf die Gondel 370 kg, auf das
                              									Kielgerüst mit den daran befestigten Stabilitätsflächen und dem Steuer 75 kg. Es
                              									bleibt demnach für Nutzlast ein Auftrieb von 450 kg, wovon für Benzin 85 kg und für
                              									Kühlwasser 18 kg entfallen. Wenn zwei Personen in dem Luftschiff aufsteigen, so
                              									verbleibt noch ein Auftrieb von etwa 240 kg, der für Brennstoffe und Ballast
                              									ausgenutzt werden kann. Es wird ein relativ schwacher Motor von 24 PS angewendet.
                              									Die größte Geschwindigkeit des Luftschiffes ist 40 km i. d. Std. Soweit uns die
                              									praktische Luftschiffahrt auf der „IIa“ im allgemeinen interessiert, müssen
                              									wir auch die vielen Freiballons erwähnen und die Fahrten des Riedingerschen Drachenballons. Der letztere wurde mittels einer Motorwinde
                              									in die Luft gelassen und diente zu Passagierfahrten. Der Kugelballon und der
                              									Drachenballon bieten aber im Vergleich zu den Lenkballons kein technisches Interesse
                              									mehr, wenngleich sie auch zur Erlernung der Ballonführung einen bleibenden Wert
                              									haben und sicher die konstruktiven Grundlagen im Bau von Lenkballons schufen. In der
                              									Ausstellung sind auch verschiedene Modelle gezeigt, die die Lösung mancher
                              									ballontechnischen Probleme anstreben.
                           Dr. Wagner und Rudolf von
                                 										Radinger haben Projekte für zerlegbare Luftschiffe ausgestellt, die sich in
                              									der Hauptsache dadurch kennzeichnen, daß der Ballon aus mehreren Zellen
                              									zusammengesetzt wird, die wiederum für sich zusammengeklappt werden können. Die
                              									einzelnen Zellen erhalten dabei ein Gerüst aus Rohren, aus Papyrolin, das nach einem
                              									eigenen Verfahren hergestellt werden soll. Die Röhren werden durch Radialstreben zu
                              									einem Polygonsystem zusammengehalten. Gleichzeitig sollen diese Röhren als
                              									Gasbehälter dienen. Das Papyrolin soll ein spezifisches Gewicht von 0,75 und dabei
                              									eine Zugfestigkeit von etwa 7 kg/qmm besitzen. Man erwartet, daß es ein besserer
                              									Baustoff als Aluminiumlegierungen sei, was aber durch die Praxis erst nachgewiesen
                              									werden muß.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 9
                              Fig. 1.
                              
                           Auf der „IIa“ sind noch verschiedene Motorballonmodelle ausgestellt, denen man
                              									einen prinzipiell richtigen Gedanken nicht absprechen kann, so beispielsweise der
                              									Ballon der „Rheinisch- Westfälischen
                                    											Luftschiffbau-Gesellschaft Elberfeld“. Es besteht aus einer
                              									unstarren Hülle, an die eine als Gittergerüst ausgebildete, sehr lang gestreckte
                              									Gondel aufgehängt ist. Die nach den Enden hin verjüngte Gitterkonstruktion nimmt
                              									fast die ganze Länge des Ballons ein und wird mittels Seilen längs der Hülle
                              									aufgehängt. Dadurch wird die Einknickgefahr wohl zum Teil vermieden. Ferner ist das
                              									bereits erwähnte Projekt von Wetzel, Stuttgart,
                              									bemerkenswert, der einen starren Riesenballon aus Metall bauen möchte. Das
                              									ausgestellte Modell ist recht hübsch gebaut. Ob 0,3 mm Aluminiumblech als Hülle
                              									geeignet sein wird, ist ohne ausgedehnte Versuche nicht zu beurteilen. Jedenfalls
                              									hätte eine gasdichte Metallhülle viel für sich, wenn auch deren größere
                              									Verletzlichkeit und die Schwierigkeiten in der Ausbesserung von Metallhüllen und
                              									deren hohes Gewicht nicht unbedenklich erschienen. Die Möglichkeit, einen reinen
                              									Aluminiumballon herzustellen, ist jedenfalls durch Ing. Schwarz nachgewiesen.
                           
                           Ing. Weisenburger stellt ebenfalls ein Modell eines
                              									zerlegbaren Ballons aus, bei dem die einzelnen Zellen ein starres Gerüst erhalten,
                              									aber einzeln aneinandergereiht gedacht sind. Jede Zelle enthält einen besonderen
                              									Luftsack und die Steuerung soll ähnlich wie bei dem Parsevalballon durch wechselseitiges Zupumpen und Entleeren dieser
                              									Luftsäcke erfolgen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 10
                              Fig. 2.
                              
                           Ing. C. Krüger aus Elberfeld stellt einen Freiballon
                              									aus, bei dem die Hülle aus zwei kegeligen Hälften besteht, die an ein in der Mitte
                              									des Ballonkörpers befindliches Gerüst anstoßen. Durch die spitze Form des
                              									Ballonkörpers hofft man einen geringeren Luftwiderstand zu erzielen. Es sei aber
                              									bemerkt, daß der Stirnwiderstand relativ größer erscheint, als bei der
                              									zigarrenförmigen Ballonhülle, da durch die Versuche von Frank bereits nachgewiesen wurde, daß durch die parabolische Spitze und im
                              									übrigen durch die zylindrische Form des Ballonkörpers die relativ günstigste Wirkung
                              									erzielt wird. Es ist auffallend, wieviel Konstrukteure sich mit der Zerlegbarkeit
                              									der Ballonkörper beschäftigen, obwohl doch diese Frage eigentlich in dem Augenblick
                              									an Bedeutung verliert, als viele Luftschiffhafen und Hallen bestehen, so daß ein
                              									beschädigter Ballon bis zum nächsten Hafen geschafft werden kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 10
                              Fig. 3.
                              
                           Joseph Wartscher aus Linz (Tirol) stellt ein Modell
                              									eines Kegelballons aus, der vorn eine runde Spitze besitzt und nach hinten
                              									kegelförmig verläuft. Vorne und hinten sind zwei zentrale Schrauben angebracht.
                              									Mag man auch eine zentrale Schraube vielleicht zur Verringerung des Luftwiderstandes
                              									als besser wie seitlich angebrachte Schrauben ansehen, so ist die Unterbringung des
                              									zentralen Antriebes im Ballonkörper doch recht unbequem.
                           Zorn & Hense stellen
                              									ein Modell aus, dessen Ballonhülle aus einem beweglichen Vorderteil und Hinterteil
                              									in Form wurmartiger Fortsätze besteht, und die zwecks Steuerung besondere Flächen
                              									ersetzen wollen. Nachdem nun der vordere wurmartige Fortsatz schräg nach oben, der
                              									hintere schräg nach unten gestellt wird, soll ein Auftrieb nach oben oder wenn man
                              									eine umgekehrte Steuerlage wählt, ein Auftrieb nach unten erfolgen. Der Mittelkörper
                              									soll dabei in seiner Horizontallage erhalten bleiben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 10
                              Fig. 4.
                              
                           Hoffen wir, daß verschiedene aussichtsreiche Modelle ausgeführt werden, damit alle
                              									noch wichtigen Konstruktionsfragen auf dem Gebiete der Lenkballons durchforscht
                              									werden können, zumal solche Forschungsarbeiten, wenn auch nur einen Teilerfolg
                              									bedeutend, bei einer noch in voller Entwicklung stehenden Industrie stets neue
                              									Anregungen zu Verbesserungen geben. Unter den Erzeugnissen von Ballonfabriken und
                              									Ballonausrüstungsgegenstände ist außer zweckmäßigen Ballonventilen, besseren
                              									Ballonstoffen und zweckmäßig ausgebildeten Ballonkörben nur noch das Holzgerippe des
                              									Baurat Rettich für einen starren Ballon zu erwähnen.
                              									Das Gerippe eines kleinen Ballons wird dadurch gebildet, daß Längsspanten
                              									spiralförmig mit Leisten umwunden werden. Hervorgehoben mögen sein die von der Ballonfabrik Riedinger, Augsburg, ausgestellten
                              									interessanten Tabellen über die Auftriebswirkung verschiedener Gase und den Einfluß
                              									der Temperaturen auf die Auftriebswirkung derselben; ferner die von Gradenwitz, Berlin, vorgeführten Modelle von Füllstationen, aus denen
                              									man sieht, wie aus einer großen Anzahl von Wasserstofflaschen ein Ballon rasch
                              									gefüllt wird, 80–100 Flaschen werden an eine gemeinsame Leitung angeschlossen und
                              									durch Oeffnen des Ventils gleichzeitig entleert.
                           Es sei hier zwischengeschaltet, daß Luftschiffunternehmungen mit eigener Gasanstalt
                              									das erzeugte Gas in Gasometern auffangen und es dann unter geringem Druck direkt zur
                              									Füllung von Ballons überleiten. Das Gas, das in Flaschen verwendet wird, muß
                              									komprimiert werden, und die Maschinenfabrik Sürth sowie
                              									die Maschinenfabrik Weiller zeigen eine
                              									Kompressoranlage für Wasserstoff. Der Dichtungsdruck beträgt 125–190 at. Die
                              									Apparate für Gasversorgung scheinen befriedigend gelöst zu sein. Insbesondere ist
                              									auch ein von der Neuen Automobilgesellschaft
                              									ausgestellter automobiler Gaswagen zu erwähnen, auf dem 80 Gasflaschen untergebracht
                              									sind, deren Inhalt durch Anordnung einer gemeinsamen Leitung sehr rasch in die
                              									Ballons übergefüllt werden kann:
                           Auch der Wasserstoffbereitung hat man an verschiedenen Stellen gedacht, und es sind
                              									sowohl Elektrolyseure von Schachert & Co., Nürnberg, als auch von der Maschinenfabrik Oerlikon, Zürich, zu sehen, wie auch die neugegründete Internationale Wasserstoffgesellschaft in Frankfurt a.
                              									M., die Wasserstoff nach dem Regenerativverfahren herstellen. Das Regenerativ
                              									verfahren nach Lane besteht darin, daß man Wasserdampf
                              									über glühenden Koks leitet, wodurch eine Zersetzung des Wassers im Wasserstoff und
                              									ein Anreicherung mit Kohlenstoff stattfindet. Das elektrolytische Verfahren von Schuckert hat aber wohl für die Ballonschiffahrt eine
                              									größere Bedeutung, da deren Erzeugung an keine teuren Rohstoffe gebunden ist,
                              									sondern nur Wasser durch Elektrolyse zersetzt wird. Unter Ausnutzung von billigen
                              									Wasserkräften ist wohl das elektrolytische Verfahren sowohl dem Regenerativverfahren
                              									als auch dem chemischen Verfahren überlegen.
                           Typisch für den Kampf innerhalb der Technik ist auch die Tatsache, daß, nachdem
                              									brauchbare Lenkballons für Kriegszwecke bestehen, sofort auch neue Mittel zu deren
                              									Vernichtung ersonnen werden, genau wie im Schiffbau der Wert besserer neuen
                              									Panzerungen sofort auch durch schwere Geschütze wieder vernichtet wird. So bringt
                              									die Fahrzeugfabrik Eisenach einen gepanzerten
                              									Ballonverfolgungswagen mit einem senkrecht einstellbaren Schnellfeuergeschütz zur
                              									Ausstellung, desgl. die Firma Friedrich Krupp, A.-G.,
                              									Essen a. d. Ruhr, verschiedene Geschütze und einen gepanzerten
                              									Ballonverfolgungswagen.
                           Die 6,5 cm-Ballonabwehrkanone mit Feldlafette, nach der Fig. 2, ist ein Rohrrücklaufgeschütz mit Flüssigkeitsbremsen. Das Rohr
                              									lagert in Drehzapfen. Die Achsschenkel sind gelenkartig mit der Mittelachse
                              									verbunden und lassen sich samt den Rädern nach der Rohrmündung zu umschwenken, bis
                              									sich ihre verlängerten Mittellinien über dem Drehzapfen des Sporns kreuzen. Es
                              									werden 4 kg schwere Geschosse verfeuert und Schußweiten bis zu 8650 m, Steighöhen
                              									bis zu 5700 m erreicht. Die 7,5 cm-Ballonabwehrkanone mit Kraftwagenlafette, nach
                              										Fig. 3, ist ebenfalls ein Rohrrücklaufgeschütz.
                              									Das Geschoßgewicht beträgt 5,5 kg, die größte Steighöhe etwa 6300 m, das Gewicht des
                              									Kraftwagens ohne Geschütz 3250 kg. Der Wagen hat Vierräderantrieb und wird durch
                              									einen 50 PS-Motor angetrieben. Das Gewicht des feuerbereiten Geschützes beträgt 1065
                              									kg. Endlich ist eine 10,5 cm-Ballonabwehrkanone in Schiffslafette nach Fig. 4 ausgestellt, die ähnlich wie die vorstehenden
                              									Geschütze, nur im allgemeinen etwas schwerer gebaut ist. Mittels dieses Geschützes
                              									werden Schußweiten von etwa 13500 m und Steighöhen von etwa 11400 m erreicht.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)