| Titel: | Polytechnische Rundschau. | 
| Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 76 | 
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                        Polytechnische Rundschau.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Wechselstrombahnen.
                           Seit Jahresfrist ist die elektrische Hauptbahn Rotterdam–Haag–Scheveningen im
                              									Betriebe, die mit Rücksicht auf die in der Fahrleitung verwendete hohe Spannung und
                              									die große Fahrgeschwindigkeit einen wichtigen Schritt auf dem Gebiete der
                              									Elektrisierung der Hauptbahnen darstellt. Die Streckenlänge der durchweg
                              									zweigleisigen Bahn beträgt rd. 33 km, die Gleislänge einschließlich der
                              									Bahnhöfe 75 km. Die längste Fahrstrecke Rotterdam–Scheveningen ist 29 km lang; die
                              									Entfernung Rotterdam-Haag beträgt 23 km und Haag–Scheveningen 11 km. Bereits im
                              									Jahre 1900 war für den Bau der Bahn ein Vertrag mit der Siemens & Halske A.-G., Berlin, abgeschlossen worden, gemäß dem die
                              									Energie als Drehstrom von 10000 Volt Spannung an Unterwerke geliefert und von dort die
                              									Fahrleitungen mit Gleichstrom von 850 Volt gespeist werden sollten. Geschäftliche
                              									und technische Umstände führten kurz nach dem Baubeginn zur Einstellung der
                              									Arbeiten. Als sie dann wieder aufgenommen wurden, waren die Vorteile der
                              									Zugförderung mit hochgespanntem Einphasenwechselstrom bekannt geworden und der
                              									weitere Ausbau erfolgte nunmehr für diese Stromart.
                           Zur Stromerzeugung ist in Leidschendam bei Kilometer 18 in unmittelbarer Nähe der
                              									Bahn das Kraftwerk an einem schiffbaren Wasserlauf erbaut. Die Dampfkesselanlage
                              									besteht aus fünf Zweiflammrohrkesseln von je 250 qm Heiz- und 4,6 qm Rostfläche mit
                              									fünf abschaltbaren Ueberhitzern von 60 qm Heizfläche. Jeder Kessel liefert stündlich
                              									normal 3000 kg und im Höchstfalle 4200 kg Dampf von 10 at Ueberdruck und 300°
                              									Ueberhitzung. Im Maschinenhaus sind zur Zeit zwei liegende Verbunddampfmaschinen der
                              										Görlitzer Maschinenbau A.-G. von je 770–1040 PS
                              									Leistung aufgestellt, die je einen Schwungrad-Drehstromerzeuger der Siemens-Schuckertwerke von 850 KVA Höchstleistung mit
                              									100 Umdrehungen minutlich antreiben. Um die Parallelschaltung zu erleichtern, kann
                              									ihre Drehzahl mittels eines auf den Dampfmaschinenregler einwirkenden Motors vom
                              									Schaltbrett aus beeinflußt werden. Ferner treibt eine Dampfturbine System Zoelly von Gebrüder Stork &
                                 										Co., Hengelo von 2600 PS Höchstdauerleistung einen Drehstromerzeuger von
                              									2000 KVA Leistung an. Eine gleiche Turbogruppe soll späterhin als vierter
                              									Maschinensatz aufgestellt werden. Der erzeugte Drehstrom besitzt 25 Perioden und
                              									5000 Volt Spannung und wird mittels Scottscher
                              									Schaltung in Zweiphasenstrom von 10000 Volt umgeformt. Zwei Manteltransformatoren
                              									von je 1200 KVA und vier gleicher Bauart von je 600 KVA sind hierzu im Keller des
                              									Maschinenhauses aufgestellt. Diese für europäische Verhältnisse eigenartige
                              									Anordnung ist dadurch begründet, daß vor der erwähnten Unterbrechung der Bauarbeiten
                              									die Kolbenmaschinen sowie die zugehörigen Stromerzeuger größtenteils fertiggestellt
                              									waren. Neben den Betriebsmaschinen sind im Maschinenhause noch zwei Umformer und
                              									eine Zusatzlademaschine vorhanden, die Gleichstrom für die Erregung der
                              									Drehstromerzeuger, sowie für die Beleuchtung und den Betrieb verschiedener kleiner
                              									Motoren im Kraftwerk und in den Werkstätten im Verein mit einer
                              									Akkumulatorenbatterie von insgesamt 1050 Amperestunden liefern. Die
                              									Hochspannungsschaltanlage ist völlig getrennt vom Niederspannungsteil in einem
                              									abgesonderten Raum des Kraftwerkes untergebracht, wo in durch Betonwände voneinander
                              									getrennten Zellen die Hochspannungsölschalter, sowie die Blitz- und
                              									Ueberspannungs-Schutzvorrichtungen untergebracht sind. Die Bedienung der
                              									Hochspannungsschalter erfolgt mit Hilfe von Gleichstromhilfsmotoren, die von der
                              									Hauptschalttafel aus gesteuert werden. Die jeweilige Stellung der Oelschalter wird
                              									durch Aufleuchten grüner oder roter Signallampen an der Hauptschalttafel
                              									angezeigt.
                           Die vom Kraftwerk gelieferten beiden Ströme verschiedener Phase werden je einer
                              									Hälfte des Leitungsnetzes zugeführt. Zur Trennung des letzteren sind an einer Stelle
                              									die Fahrleitungen unterbrochen und der Zwischenraum durch ein stromloses Stück
                              									überbrückt, welches mit den Fahrleitungsenden noch je 12 m parallel geführt ist. Zur
                              									Stromrückleitung dienen die auf Holzschwellen verlegten 38,8 kg/m schweren und
                              									12,25 m langen Fahrschienen, die mit dem Kraftwerk durch in die Erde gelegte blanke
                              									Kupferleitungen von 2 × 100 qmm Querschnitt verbunden sind. Die Schienenstöße sind
                              									auf den Bahnhöfen mittels zweier Kupferbänder von zusammen 50 qmm Querschnitt
                              									überbrückt. Auf der freien Strecke dienen hierzu Kupferlamellen von zusammen 75 qmm
                              									Querschnitt, deren durch Messingstücke gefaßte Enden seitlich an den
                              									Schienenkopf in unmittelbarer Nähe des Stoßes weich angelötet sind.
                           Die Fahrdrähte sind 5,5 m über Schienenoberkante in der üblichen Weise der Siemens-Schuckertwerke mittels Tragseils und
                              									Hilfstragdrahtes aufgehängt. Der Fahrdrahtquerschnitt beträgt 100 qmm, der Abstand
                              									der Stützpunkte voneinander in der Regel 48 m. An den Masten ist zur Erzielung einer
                              									doppelten Isolation auf gerader Stütze ein Mittelisolator befestigt mit einer
                              									Gußeisenkappe, an der unter Zwischenschaltung gebogener Stützen wiederum Isolatoren
                              									mit den daran befestigten Tragseilenden angelenkt sind. Das Setzen der Masten
                              									gestaltete sich bei den ungünstigsten Bodenverhältnissen sehr schwierig. Häufig
                              									mußten die Mastlöcher unter Zuhilfenahme eiserner Senkkästen ausgehoben werden, die
                              									nach Einbringung des Betons wieder entfernt wurden. Stark beanspruchte Mäste in
                              									aufgeschütteten Böschungen wurden mit seitlichen teilweise bis unter die Gleise
                              									ragenden Mastfüßen versehen. Schließlich mußten auf einem etwa 2 km langen Viadukt
                              									in Rotterdam der ganz aus Eisenbeton hergestellt ist, die Bahnmaste an den
                              									Viaduktpfeilern angeklemmt werden. In Abständen von etwa 1000 m sind in die
                              									Fahrleitung selbsttätig wirkende Nachspannvorrichtungen eingebaut, die gleichzeitig
                              									als isolierte Streckentrennungen dienen.
                           Der Wagenpark besteht aus 19 Triebwagen und neun Anhängewagen, die von der
                              									Wagenfabrik J. J. Beynes, Harlem, gebaut und von den
                              										Siemens-Schuckertwerken mit elektrischer Ausrüstung
                              									versehen sind. Die Wagenkasten haben eine Länge von 17,27 m, eine Breite von 3,12 m
                              									sowie eine Höhe von 3,0 m und ruhen auf je zwei zweiachsigen Drehgestellen, deren
                              									Radstand 2,5 m bei einem Raddurchmesser von 1,1 m beträgt. Die Höhe des ganzen
                              									Wagens bis zur Oberkante des Daches ist 4,245 m, die Länge zwischen den Buffern
                              									18,56 m. Der Fassungsraum der Triebwagen beträgt 24 Sitzplätze II. Klasse und 49
                              									Sitze III. Klasse oder 56 Sitzplätze II. Klasse. Hierzu kommen noch etwa 14
                              									Stehplätze an den Eingängen. Ferner sind in den eingezogenen Enden der Triebwagen
                              									die vollkommen abgeschlossenen Führerstände untergebracht. Ein Anhängewagen hat 88
                              									Sitzplätze und 20 Stehplätze an den Eingängen. Der Antrieb der Wagen erfolgt durch
                              									zwei Motoren, die beide in demselben Drehgestell eingebaut sind. Ihre Steuerung wird
                              									von den Führerständen aus mittels niedrig gespannter Hilfströme und unter dem Wagen
                              									angeordneter Schaltapparate bewirkt, die hörnerartige gebogene Kupferkontakte, sowie
                              									besondere Funkenziehkontakte besitzen. Die Hauptspannung führenden Teile der
                              									Ausrüstung sind sämtlich in einer besonderen geschlossenen Hochspannungskammer
                              									untergebracht. Sämtliche zugängigen Teile sind gut geerdet, die Leitungen in
                              									eisernen Stahlrohren auf feuersicheren Unterlagen verlegt. Zum Schütze bei etwaigen
                              									Leitungsbrüchen ist das Wagendach unter dem Stromabnehmer mit geerdeten Blechen
                              									belegt und an anderen Stellen mit Erdungsbügeln versehen. Das Gewicht eines Wagens
                              									mit elektrischer Ausrüstung beträgt rd. 51000 kg, das eines Anhängewagens 31000
                              									kg.
                           Die zum Antrieb benutzten Einphasen-Wechselstrommotoren Type WBM 280 der Siemens-Schuckertwerke besitzen Reihenschlußbauart und
                              									leisten stündlich je 180 PS bei 750 Umdr. i. d. Min. Sie sind mit Wendepolen
                              									versehen, die von einer bestimmten Drehzahl an die Transformator- und die
                              									Wendespannung in den jeweilig kurz geschlossenen Spulen vernichten und dadurch das
                              									Bürstenfeuer vollkommen unterdrücken. Der Anker besitzt eine in offene Nuten
                              									eingelegte Schablonenwicklung, die zwecks Verringerung der beim Anfahren
                              									auftretenden Kurzschlußströme über Widerstände mit dem Kommutator verbunden ist. Die
                              									Ständerwicklung ist aus Flachkupferstäben hergestellt, über den ganzen Umfang
                              									gleichmäßig verteilt und besteht aus der Erregerwicklung und der Kompensationswicklung. Die
                              									Erregerwicklung zerfällt wiederum in zwei Teile, von denen je nach der Fahrtrichtung
                              									immer nur der eine oder der andere eingeschaltet ist; von der Kompensationswicklung
                              									wird anderseits ein Teil zur Erregung der Wendepole mitbenutzt. Der Betriebstrom der
                              									Motoren wird einem Haupttransformator, der Beleuchtungs- und Steuerstrom einem
                              									kleineren Transformator entnommen, die beide am Untergestell des Wagens aufgehängt
                              									sind. Sie ruhen in mit Oel gefüllten Kästen, die zwecks besserer Kühlung
                              									Wellblechwände besitzen. Mit Hilfe von Ausführungsleitungen aus dem Transformator
                              									und der bereits erwähnten Schaltapparate werden die Motoren in sieben Stufen mit
                              									steigender Spannung gespeist. Die auf jeden Motor kommende Spannung beträgt anfangs
                              									133,5 Volt und schließlich höchstens 337,5 Volt. Das gefährliche Kurzschließen
                              									einzelner Transformatorspulen, welches beim Hängenbleiben eines Schalters in der
                              									Einschaltstellung auftreten könnte, ist durch eine einfache zwischen, den Schaltern
                              									angeordnete Hebelvorrichtung verhindert.
                           Die Betriebswerkstatt und die für 48 Wagen mit zwölf Aufstellgleisen versehene
                              									Wagenhalle liegen unmittelbar neben dem Kraftwerk. Von den Aufstellgleisen sind
                              									sechs ihrer ganzen Länge nach mit Gruben versehen, um die Wagenuntergestelle und den
                              									unter dem Wagen angeordneten Teil der elektrischen Ausrüstung leicht nachsehen zu
                              									können. Eine Luftdruckanlage zum Reinigen sämtlicher Apparate am Wagen und der Wagen
                              									selber soll noch hergestellt werden. Die Hochspannungsfahrleitungen sind nicht in
                              									die Wagenhalle hineingeführt; nur ein durch eine Einzäunung abgetrenntes Prüfgleis
                              									für Triebwagen ist mit Oberleitung versehen. Den Verschiebedienst versehen zwei
                              									Akkumulatorenlokomotiven, von denen jede imstande ist, einen aus zwei Trieb- und
                              									zwei Anhängewagen bestehenden Zug mit 5,5 km/Std. oder einen Montagewagen bei Nachtarbeiten auf
                              									der Strecke mit 17,5 km/Std. zu schleppen. (Heyden.)
                              									[Elektrotechnische Zeitschrift 1909, S. 414–418 u. S. 440–446.]
                           
                              Pr.
                              
                           
                        
                           Niederdruckwasserkraftanlage im Staate Indiana.
                           Das Wasserkraftwerk, welches vor kurzem am Tippecanoe River von der Tippecanoe Electric and Power Company in Betrieb
                              									genommen worden ist und dazu dienen soll, die aufstrebende, vorläufig allerdings
                              									erst 3000 Einwohner zählende Stadt Monticello mit Strom zu versorgen, ist nicht nur
                              									wegen des außerordentlich geringen Gefälles, sondern auch deshalb bemerkenswert,
                              									weil es den Vorläufer einer ganzen Reihe unter ähnlichen Verhältnissen zu
                              									errichtender Werke in diesem Gebiete bilden dürfte. Die Stelle, an welcher der
                              									Staudamm angelegt ist, ist etwa 96 m breit. Von dem bereits früher hier vorhandenen
                              									Mühlendamm sind die Steinschüttungen wieder benutzt worden, während die ganzen
                              									Ueberbauten, die wie früher aus Holzbalken hergestellt wurden, neu anzulegen waren.
                              									Das Kraftwerk selbst ist an den Damm so angebaut, daß der Turbinenraum in das Wasser
                              									vorgeschoben erscheint, während das übrige Gebäude auf dem Ufer steht. Die
                              									Wasserzuflüsse sind im allgemeinen recht gleichförmig; immerhin mußten zur
                              									Bewältigung von Hochwässern drei Tainter-Kronenwehre
                              									angelegt werden, deren Flächen mit 5 m Halbmesser gekrümmt sind und die folgende
                              									bemerkenswerte Kennzeichen aufweisen: Die Wehre liegen etwa in der Mitte der
                              									Dammlänge und sind, damit zu ihrer Bedienung nicht ein Mann besonders angestellt
                              									werden muß, mit elektrischem Antrieb versehen. Für jedes Wehr ist ein besonderer
                              									Elektromotor mit besonderem, vom Schaltbrette des Werkes aus schließbarem
                              									Stromkreis vorhanden, der mit Hilfe eines Schraubenräder- und
                              									Zahnrädergetriebes im Verhältnis von 1140: 4 Umdrehungen i. d. Min. auf die Welle
                              									übersetzt ist, welche mittels Ketten das Wehr hebt oder senkt. Die Drehzapfen dieser
                              									Wehre sind ferner nicht metallisch. Die Achsen werden aus zwei ⌶-Trägern gebildet,
                              									deren Enden von kurzen Blechzylindern umschlossen und darin mit Betonmasse
                              									eingekittet sind. Diese Zylinder bewegen sich in den an dem Betonmauerwerk
                              									befestigten Lagerhülsen, ohne daß Schmierung erforderlich wäre.
                           Was die Maschinenausrüstung des Werkes anbelangt, so besteht diese aus vier Leffel-Turbinen von 1270 mm Laufraddurchmesser, die in
                              									getrennten, für sich absperrbaren Kammern angeordnet sind und durch Kupplungen an
                              									eine gemeinsame durchlaufende Welle angeschlossen werden können. An dem Ende dieser
                              									Wellen sitzen, durch eine Hauptkupplung ebenfalls lösbar eine 250 KW-und eine 150
                              									KW-Drehstromdynamo von 2200 Volt bei 60 Perioden i. d. Sek., während auf der anderen
                              									Seite aushilfsweise auch ein Dampfantrieb mit Hilfe einer weiteren Kupplung
                              									angeschlossen werden kann. Alle Turbinen werden von einem gemeinsamen Regulator
                              									beeinflußt. Steigt das Unterwasser infolge des Rückstaues so, daß die Turbinen die
                              									volle geforderte Leistung nicht liefern können, so wird ihr Regulator ausgeschaltet
                              									und auch die Dampfmaschine angeschlossen, die dann nicht nur den Rest der Leistung,
                              									sondern mit Hilfe ihres eigenen Regulators auch alle Schwankungen der Belastung
                              									bewältigt. Das Werk wird von nur einem Mann bedient, dem, wenn die Dampfanlage
                              									gebraucht wird, ein Heizer beigegeben wird. [Electrical World 1909, II., S.
                              									975–978.]
                           
                              H.
                              
                           
                        
                           Die Fahrt des Büssing-Lastzuges St, Petersburg–Riga im August
                              									1909.
                           Dem Bericht des amtlichen Kontrolleurs über diese Fahrt entnehmen wir folgendes:
                           Der Lastzug, bestehend aus einem Motorwagen und einem Anhänger, war mit plombierten
                              									Sandsäcken im Gesamtgewicht von 10646 kg sowie mit einem Satz Autoreifen,
                              									Reservefedern, sowie zwei Faß Benzin und Oel beladen. Um 5 Uhr morgens fuhr der
                              									Lastzug zum Start nach Pulkowo, dessen Berg trotz des durchweichten und schmutzigen
                              									Weges mit größter Leichtigkeit genommen wurde. Um 6 Uhr 33 Min. begann die Fahrt. Um
                              									7 Uhr 36 Min. wurde Gatschino erreicht und nach einem Aufenthalt von 16 Minuten die
                              									Fahrt nach Luga fortgesetzt, welcher Weg mit seinen scharfen Krümmungen und seinen
                              									Unebenheiten große Anforderungen an die Stärke der Achsen, Federn und des Rahmens
                              									stellt. Luga wurde um 12 Uhr 28 Min. erreicht, so daß die Strecke Pulkowo-Luga, nach
                              									Abzug des zulässigen Aufenthaltes unterwegs, in 5 Stunden 45 Min. zurückgelegt
                              									wurde. In der Stadt Luga war über eine größere Strecke das Pflaster aufgerissen, die
                              									offene Stelle aber mit nassem Sande aufgefüllt, um den durchfahrenden Automobilen
                              									kein Hindernis zu bieten. Für die leichten Luxuswagen war diese Anordnung auch
                              									ausreichend, das Lastauto dagegen arbeitete sich sofort bis über die Vorderräder in
                              									den weichen Boden ein, und mit vieler Mühe und Kraftaufwand mußte der Wagen gehoben
                              									werden, wobei sich erwies, daß weder der Motorwagen noch der Anhänger ein Defekt
                              									aufzuweisen hatte, außer, daß die Anhängevorrichtung verbogen war, da sie den ganzen
                              									Stoß des Anhängers auf den bereits im Sande festsitzenden Motorwagen aushalten
                              									mußte. Luga wurde um 2 Uhr 11 Min. verlassen und nach einer Strecke von etwa 75 km
                              									wurde Halt gemacht. Der Aufenthalt währte 28 Min., von denen 3 Min. als Strafzeit
                              									notiert wurden, da die rechte Vorderachse heißgelaufen war. Der Grund hierfür lag darin, daß
                              									infolge des Zwischenfalls in Luga vergessen war, Oel aufzufüllen. Von 10 Uhr 7 Min.
                              									abends bis gegen 4 Uhr morgens wurde in Pskow gerastet und dann die Fahrt wieder
                              									aufgenommen. Bei der Fahrt über die Brücke des Flusses Welikaja durchbrach der
                              									Motorwagen mit den Hinterrädern zwei Planken, kam selbst über die Bruchstelle
                              									hinweg, während der Anhänger stecken blieb und seinerseits mit den Hinterrädern
                              									ebenfalls zwei Planken eindrückte. Ein Glück war es, daß die Anhängevorrichtung sich
                              									von solcher Stärke erwies, daß sie die ganze Last tragen konnte, sonst wäre der
                              									Anhänger unfehlbar in den Fluß gefallen. Da ein Weiterfahren nicht möglich war,
                              									wurden die Wagen entladen und die Fracht über die Brücke getragen. Bis das geschehen
                              									war, die nötige Mannschaft und ein Schmied zur Ausrichtung der arg verbogenen
                              									Anhängevorrichtung ausfindig gemacht werden konnten, vergingen fünf Stunden. Der
                              									Motorwagen wie auch der Anhänger hatten weiter keinerlei Beschädigung davongetragen.
                              									Um 6 Uhr 47 Min. wurde die Fahrt nach Riga wieder aufgenommen. Die Wege wurden immer
                              									besser und könnten im Verhältnis zu bisher ideal genannt werden, wenn die
                              									Chausseebrücken nicht an derselben Krankheit schwächlichster Beschaffenheit gelitten
                              									hätten. Nach einer Fahrt von etwa 46875 km wurde plötzlich ein starker Stoß
                              									verspürt. Die Untersuchung ergab, daß wieder ein Brückenbelag eingebrochen war.
                              									Der Anhänger war aber durch die lebendige Kraft aus der Bruchstelle herausgesprungen
                              									und hatte dabei den Stoß auf den Motorwagen ausgeübt. Da sowohl Maschine und Wagen
                              									bestens im Stande waren, wurde die Fahrt nach einem Aufenthalt von etwa 6 Min.
                              									wieder aufgenommen. Um 1 Uhr 15 Min. nachts wurde 30 Min. Halt gemacht, um Oel und
                              									Benzin nachzufüllen. Nach kurzer Fahrt brach wieder eine kleine Brücke ein, und die
                              									an sich sehr geschwächte Anhängevorrichtung nötigte die größte Vorsicht beim Fahren
                              									zu beobachten, um nicht einen Bruch der inzwischen mit Hilfe eines dicken Strickes
                              									verstärkten Vorrichtung herbeizuführen. Etwa 42 km vor Riga gab es beim Ueberfahren
                              									einer Brücke wieder einen starken Stoß. Es zeigte sich, daß nicht nur die Brücke
                              									gebrochen, sondern auch die feste Chaussee in einer Entfernung von etwa 7 Fuß vom
                              									Ansatz der Brücke gerechnet, ausgebrochen war. Der Anhänger war aus der Vertiefung
                              									herausgesprungen, ohne daß ein Achsen- oder Federbruch eingetreten war, vielmehr
                              									waren sowohl Motorwagen als auch Anhänger völlig unversehrt und nur die
                              									Anhängevorrichtung war endgültig gebrochen. Der Anhänger wurde nun unter
                              									Einschaltung einer Lenkstange an den Motorwagen mit starken Stricken angekuppelt und
                              									Riga ohne weitere Zwischenfälle um 9 Uhr 46 Min. erreicht. [Zeitschrift
                              										„Automobil“, St. Petersburg.]