| Titel: | Die neuen Hafenanlagen der Stadt Neuß am Rhein. | 
| Autor: | K. Drews | 
| Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 97 | 
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                        Die neuen Hafenanlagen der Stadt Neuß am
                              									Rhein.Das Geschichtliche und
                                 										die Beschreibung des Hafens nach der Festschrift zur Eröffnung der Hafenanlagen
                                 										am 15. Juni 1908, ergänzt durch Angaben des Herrn Hafendirektors Außem über die Fortschritte in neuester
                                 									Zeit.
                        Von K. Drews, Ingenieur.
                        Die neuen Hafenanlagen der Stadt Neuß am Rhein.
                        
                     
                        
                           Etwas oberhalb Düsseldorfs an einer tiefen Einbuchtung des Rheines liegt auf der
                              									linken Seite dieses Flusses die Stadt Neuß, die aus einer Siedelung in der Nähe des
                              									römischen Standlagers Novaesium entstanden ist. Im Mittelalter gehörte Neuß zum
                              									Kölner Erzstift, es stand unter der Oberhoheit der Erzbischöfe von Köln. Zu jener
                              									Zeit floß der Rhein, von dem die Stadt heute etwa 2,5 km entfernt liegt, dicht an
                              									ihr vorbei. Diese günstige Lage an einer der Hauptverkehrsadern des westlichen
                              									Deutschlands, ferner zahlreiche Privilegien und Freiheiten machten Neuß sehr bald zu
                              									einem der bedeutendsten Handelsorte des Niederrheines. Es gehörte auch dem im Jahre
                              									1254 gegründeten rheinischen Städtebund an, der die Sicherung der Schiffahrt und des
                              									Handels, sowie die Abschaffung der vom Reiche nicht bestätigten Zölle bezweckte. Der
                              									Handelsverkehr der Stadt Neuß beschränkte sich damals jedoch nicht nur auf das
                              									Rheingebiet, sondern erstreckte sich auch auf die Nordsee und reichte bis
                              									Dänemark.
                           Im 13. Jahrhundert begann der an Neuß vorbeifließende Rheinarm zu versanden. Diese
                              									Versandung hatte in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts so zugenommen, daß
                              									größere Schiffe nicht mehr bis zur Stadt herankommen konnten, sondern ihre Ladung
                              									unterhalb Neuß löschen mußten; der Hauptstrom des Rheines entfernte sich immer mehr
                              									von der Stadt. Das hatte auch zur Folge, daß der Kölner Erzbischof im Jahre 1372 die
                              									Hauptzollstätte von Neuß nach Zons verlegte. Wenngleich alles dies den Handel der
                              									Stadt sehr benachteiligte, so gelang es ihr dennoch, den erreichten Grad
                              									wirtschaftlicher Macht sich zu erhalten. Erst die über die Stadt hereinbrechenden
                              									Kriegsstürme, Epidemien und Brände führten den Niedergang von Handel und Gewerbe
                              									herbei. Während des Burgundischen Krieges in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts
                              									hatte Neuß eine elfmonatliche Belagerung durch Karl den
                                 										Kühnen auszuhalten. Aus dieser Belagerung ging Neuß wohl siegreich hervor
                              									und erhielt für die heldenmütige Verteidigung von Kaiser Friedrich III. auch eine
                              									Anzahl neuer bedeutsamer Privilegien, aber die wirtschaftliche Kraft der Stadt hatte
                              									doch eine nicht geringe Schwächung erfahren. Die Stürme der Reformation und des
                              									dreißigjährigen Krieges vollendeten dann den Niedergang des Neußer Handels.
                           Durch den Frieden von Lunéville im Jahre 1801 kam das linke Rheinufer und damit auch
                              									Neuß unter französische Herrschaft; seine Zugehörigkeit zum preußischen Staat
                              									datiert vom Jahre 1815.
                           Die Vorbedingung für den Neußer Handel war von jeher der schiffbare Zugang der Stadt
                              									zur großen Handelsstrasse des Westens, zum Rhein. Schon nach dem Burgundischen
                              									Kriege im 15. Jahrhundert hatte man den Versuch gemacht, durch Stauwerke den Rhein
                              									wieder in sein altes Bett an der Stadt vorbei zu leiten, was indes nicht gelang.
                              									Später im 16. Jahrhundert wollte man einen Kanal bauen, der oberhalb Neuß bei
                              									Grimlinghausen aus dem Rhein geleitet, an der Stadt vorbeigeführt und unterhalb bei
                              									Heerdt wieder dem Rhein zugeführt werden sollte. Wegen der bald hereinbrechenden
                              									Kriegswirren konnte der Plan indes nicht in Angriff genommen werden. Den letzten
                              									erfolglosen Versuch, durch Wehre den Rhein wieder an die Stadt zu leiten, machten
                              									die Neußer im Jahre 1636.
                           Einen großzügigen Plan entwarf dann Napoleon. Danach
                              									sollte ein Kanal, der sogenannte Nordkanal, den Rhein
                              									und die Maas verbinden; er sollte von Grimlinghausen an Neuß vorbei über Viersen und
                              									Venlo in die Maas und von dort nach Antwerpen in die Scheide führen. Mit dem Bau
                              									wurde im Jahre 1808 begonnen. Durch den Nordkanal wollte Napoleon die Holländer schädigen. Als nun aber im Jahre 1810 Holland dem
                              									Kaiserreich einverleibt wurde, verlor der Kanal auch seinen Zweck und der weitere
                              									Bau unterblieb leider.
                           Nach der Einverleibung der Stadt Neuß in den preußischen Staat wurden die Versuche,
                              									eine Verbindung mit dem Rhein herzustellen, wieder aufgenommen. An der Stadt in dem
                              									alten Rheinbett floß ein Arm der Erft vorbei, der sich unterhalb Neuß bei Heerdt in
                              									den Rhein gießt; der andere Arm der Erft mündet bei Grimlinghausen in jenen Strom.
                              									Der an der Stadt vorbeifließende Erftarm war schon von früher her für leichtere
                              									Schiffe benutzt worden. Er war jedoch nach und nach verschlammt und bei
                              									Inangriffnahme des oben erwähnten Nordkanals völlig versiegt. Im Jahre 1818 faßten
                              									die städtischen Körperschaften nun den Entschluß, die alte Erft durch Verbreiterung
                              									und Vertiefung ihres Bettes auch für größere Schiffe befahrbar zu machen. Der
                              									Ausführung dieses Planes stellten sich aber noch mancherlei Schwierigkeiten,
                              									namentlich in bezug auf die Aufbringung der nötigen Geldmittel in den Weg, so daß
                              									erst im Jahre 1835 mit den Arbeiten begonnen werden konnte. Im Jahre 1837 war der
                              									Bau vollendet. Die von der Stadt an die Kanalisierung der Erft geknüpften Hoffnungen
                              									gingen denn auch in Erfüllung. Der Schiffsverkehr wuchs rasch an.
                           Auch in den folgenden Jahrzehnten ruhten nicht die Bemühungen der Stadt, das
                              									Gewonnene zu erhalten und zu erweitern. Diese Bemühungen erstreckten sich auch auf
                              									die Herstellung einer Verbindung der Kanalufer mit der Eisenbahn. Das Projekt einer
                              									städtischen Verbindungs- und Hafenbahn konnte jedoch erst im Jahre 1886 verwirklicht
                              									werden; ihr Betrieb wurde im Jahre 1887 aufgenommen.
                           
                           Die Tiefe und Breite des Kanals erwiesen sich in der Folge namentlich bei
                              									niedrigem Wasserstande als zu gering. In den 90er Jahren wurde daher ein umfassendes
                              									modernen Verkehrsverhältnissen entsprechendes Projekt ausgearbeitet. Darnach sollte
                              									der Erftkanal bis Grimlinghausen oberhalb Neuß weitergeleitet werden. Wegen seiner
                              									Kostspieligkeit mußte man von diesem Projekt aber Abstand nehmen und sich vorläufig
                              									mit einem Ausbau des vorhandenen Erftkanals begnügen. Der Kanal erhielt nun eine
                              									Sohlentiefe von 3 m unter dem Wasserstande + 1,4 m am Düsseldorfer Pegel; die Breite
                              									der Kanalsohle wurde auf 20 m, an einigen Stellen bis auf 25 m erweitert. Es konnten
                              									nun auch die Rheinseedampfer in den Kanal einfahren. Ferner wurde ein
                              									Schiffswendeplatz angelegt an dem Schiffe bis 100 m Länge wenden konnten. Mittels
                              									der ausgebaggerten Erdmassen wurden am rechten Kanalufer gegen Hochwasser geschützte
                              									Bauplätze für industrielle Unternehmungen aufgeschüttet. Die Strombauverwaltung ließ
                              									ferner die Sohle der Kanalmündung bei Heerdt auf 40 m Breite ausbaggern. Im Jahre
                              									1899 waren die Arbeiten beendet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 98
                              Fig. 1. Lageplan der Stadt Neuß mit den Hafenanlagen.
                              A Nietenfabrik. – B Kleineisenwerk.
                                 										– C Mühlen. – D Chemische Fabrik. – E Schlachthof. f Sägewerke. – G
                                 										Papierfabrik. – H Nationale Radiator-Gesellschaft. – J Internationale Havester
                                 										Co. – K Städt. Gas- und Elektrizitätswerk. – L Eisenwerk. – M Viehhof. – N
                                 										Zollabfertigung. – O Städt. Lagerhaus. – P Zollhafen. – Q Hafenbecken I. – R
                                 										Hafenbecken II. – S projektiertes Hafenbecken III, Ausbau grundsätzlich
                                 										genehmigt. – T projektiertes Hafenbecken IV. – U Holzhafen.
                              
                           Die Stadtverordnetenversammlung beschloß dann im Jahre 1903 einen weiteren Ausbau der
                              									Hafenanlagen, indem der Kanal bis an das Südende der Stadt weitergeführt werden
                              									sollte. Die Arbeiten begannen 1905; der neue Hafen konnte im Juni v. Js. dem
                              									Betriebe übergeben werden. Zu gleicher Zeit wurde auch die städtische Hafen- und
                              									Ringbahn vollendet, die die gewerblichen Anlagen mit dem Erfthafen verbindet. Fig. 1 zeigt den Lageplan der Stadt Neuß. Die Länge
                              									des neuen Hafenbeckens beträgt 750 m, die Sohlenbreite 50 m. Der alte und der neue
                              									Hafen haben zusammen eine Uferlänge von 3000 m. Die Hafensohle liegt durchweg auf +
                              									25,18 m N. N., der mittlere Wasserstand auf 29,68 m N, N. Die Uferbefestigungen sind
                              									so tief gegründet, daß die Sohle des neuen Hafens bei einer etwaigen Tieferlegung
                              									der Rheinsohle um mindestens 50 cm gesenkt werden kann.
                           Die Steinböschung des alten Hafens an der Stadtseite ist 7,7 m hoch. Zwar ist hier
                              									das Ufer nicht hochwasserfrei, aber es hat den Vorteil, daß viele Güter ohne
                              									Hebevorrichtungen etwa mittels Schurren in die Schiffe verladen werden können. Die
                              									Ufer des neuen Hafenbeckens sind dagegen vollständig hochwasserfrei. Die
                              									Böschungen ruhen auf Betonfundamenten; sie liegen an der Stadtseite 35,75 m
                              									über N. N.
                           Bei mittlerem Wasserstande beträgt die nutzbare Wasserfläche des ganzen Hafens 89400
                              									qm. Der Zollhafen, am Kopfende des Kanals, konnte nur eine Sohlenbreite von 30 m
                              									erhalten.
                           Auf dem der Stadt gegenüberliegenden Ufer ist eine Industriestraße angelegt worden;
                              									die verfügbare Bebauungsfläche beträgt hier 150000 qm, davon liegen 75000 qm mit 100
                              									m Platztiefe unmittelbar am Hafen.
                           Am neuen Hafenbecken Q hinter dem Zollhafen P auf der Stadtseite liegt zunächst das neuerbaute
                              									städtische Lagerhaus (Fig. 2); hier können Güter
                              									aller Art, verpackt oder lose, gelagert werden; die einzelnen Räume sind vermietet,
                              									ihre inneren Einrichtungen sind den Mietern überlassen.
                           Das Lagerhaus ist in Eisenbeton hergestellt. Es ist 200 m lang und 15 m breit und
                              									enthält 8960 qm nutzbare Lagerfläche. Außer Keller- und Erdgeschoß enthält der
                              									Mittelbau zwei, die Seitenbauten ein Obergeschoß.
                           An der Hafenseite liegen zwei Gleise; der Güterumschlag wird durch vier elektrische
                              									Halbportalkrane bewirkt. Die Baukosten betragen etwa 400000 Mark. An das Lagerhaus
                              									schließt sich ein Lagerplatz für Massengüter von etwa 8000 qm nutzbarer Fläche.
                              									Dieser Platz wird durch einen elektrisch betriebenen Brücken kran von 20 m
                              									Spannweite bedient. Fig. 3 zeigt den neuen Hafen vom
                              									Lagerplatz aus gesehen; rechts die Kranbahn vor dem Lagerhaus, links die Walzenmühle
                              									und im Hintergrunde die Zollabfertigung.
                           In den Jahren 1908/09 wurde das rechte Erftkanalufer anschließend an die Ufermauer
                              									der ersten Hafenerweiterung und sich erstreckend bis zum Schiffswendeplatz auf
                              									weitere 550 m hochwasserfrei ausgebaut, die Sohle auf 50 m verbreitert und um 0,5 m
                              									vertieft. Durch diesen Ausbau wurden abermals 16500 qm Wasserfläche bei M. W. und
                              									69000 qm Industriegelände gewonnen.
                           Zum Ein- und Ausbringen der Schiffe sind zwei städtische Schleppdampfer von je 180 PS
                              									Maschinenleistung vorhanden.
                           Zugleich mit dem Ausbau des Hafens wurde auch die Hafen- und Ringbahn den
                              									Bedürfnissen der Interessenten angepaßt. Es wurden 22 km neue Gleise gelegt, so daß
                              									einschließlich der schon vorhandenen die Gesamtgleislänge 25 km beträgt. Der Betrieb
                              									wird durch fünf Lokomotiven bewältigt; der Wagenpark für den Lokalgüterverkehr
                              									besteht aus 100 Wagen. Der früher in der Gemarkung Heerdt gelegene, jetzt nach Neuß
                              									eingemeindete Uebergabe- und Verschiebebahnhof ist mit etwa 5 km Gleis belegt. Er
                              									ist mit mechanischem Signal- und Weichenstellwerk, sowie mit Lokomotivschuppen und
                              									Reparaturwerkstätte ausgerüstet. Der Bau eines größeren Dienstgebäudes ist in die
                              									Wege geleitet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 99
                              Fig. 2. Städtisches Lagerhaus.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 99
                              Fig. 3. Hafenansicht vom Lagerplatz aus.
                              
                           In dem Hafen- und Bahngebiet haben sich seit 1905 28 industrielle Unternehmungen
                              									angesiedelt. Unter diesen seien besonders erwähnt die Internationale Harvester-Co. zu Chikago mit 100000 qm zum Bau einer Fabrik
                              									für landwirtschaftliche Maschinen und die Radiator-Gesellschaft zu Berlin mit 62000 qm für die Fabrikation von
                              									Dampfkesseln, Röhren und Radiatoren. Beide Unternehmungen haben sich in diesem Jahre
                              									an dem im Bau begriffenen zweiten Hafenbecken R
                              									angesiedelt; mit der Fabrikation soll im nächsten Frühjahr begonnen werden. Die
                              									Bauten wurden kürzlich von dem Deutschen
                                 										Binnenschiffahrts-Verein besichtigt und dabei die praktischen und
                              									großzügigen Anlagen besonders gerühmt und anerkannt. Beide Firmen haben ihre
                              									Anlagen für elektrischen Betrieb eingerichtet; den Strom beziehen sie von dem
                              									städtischen Elektrizitätswerk.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 100
                              Fig. 4. Walzenmühle der Firma N. Simons in Neuß.
                              
                           Besonderes Interesse erregt auch die an dem neuen Hafenbecken vor zwei Jahren mit
                              									einem Kostenaufwande von 2,5 Mill. M. erbaute Walzenmühle der Firma N. Simons zu Neuß (Fig.
                                 										4). Dieser Riesenbau besitzt sieben Stockwerke und hat im Anbau eine
                              									Siloanlage, die 80000 Doppelzentner Getreide aufnehmen kann. Etwa 2500 Sack Weizen
                              									und Roggen werden hier täglich gemahlen und auf dem Wasser- und Bahnwege weiter
                              									versandt. Welche Bedeutung die alte Hansastadt für den Getreidemarkt hat, zeigt der
                              									sechs Stock hohe Getreidespeicher der Neußer
                                 										Lagerhaus-Gesellschaft (Fig. 5) und der
                              									lebhafte Schiffsund Bahnverkehr vor diesem größten und bedeutendsten Bauwerk am
                              									alten Hafen. Zwei Schiffselevatoren mit einer stündlichen Leistung von 100000 kg
                              									bringen das lose Getreide in die Lagerräume, wo die Verwiegung, Reinigung und
                              									Abfüllung erfolgt. Die Lagerräume fassen 800 Doppelwagen Getreide.
                           Neuß nimmt auch einen hervorragenden Platz in der Holzindustrie ein, da nicht weniger
                              									als 50000 qm Fläche mit hohen Holzstapeln belegt sind. Hobel- und Sägewerke besorgen
                              									die Weiterverarbeitung der auf dem Wasserwege eingehenden Schnitthölzer sowie der in
                              									Flössen auf dem Rheinwege aus dem Schwarzwald ankommenden Stammhölzer.
                           Von den sonstigen größeren Unternehmungen an dem neuen Hafen sind noch zu erwähnen
                              									die Oelmühle der Firma Thywissen, erbaut im Jahre 1906
                              									mit einer Jahresproduktion von 25000 t, ferner die Kraftfuttermühlen der Firmen Müller & Inhoffen und H.
                                 										Janßen, die im vergangenen Jahre erbaut wurden und eine Produktion von
                              									jährlich 40000 t haben.
                           Die Gesamteinfuhr auf dem Wasserwege an Oelsaat für die Neußer Oelmühlen betrug im
                              									Jahre 1908 60269 t.
                           Alle Unternehmungen haben eigenen Bahnanschluß; Elektrizität, Gas und Wasser erhalten
                              									sie aus dem städtischen Licht und Wasserwerk. Das Elektrizitätswerk insbesondere ist
                              									so angelegt, daß seine Leistungsfähigkeit auf 30000 PS gesteigert werden kann.
                           Das aufgeschlossene Terrain ist infolge seiner zentralen Lage an wichtigen
                              									Eisenbahnlinien, Köln–Vlissingen, Aachen–Berlin, Köln–Hamburg, ganz besonders
                              									günstig gelegen. Auch an geeigneten Arbeitskräften ist kein Mangel; diese
                              									liefern die zahlreichen umliegenden Ortschaften.
                           So sind denn alle Vorbedingungen für eine gedeihliche Entwicklung des alten
                              									rheinischen Handelsortes gegeben. Das in verhältnismäßig kurzer Zeit Geschaffene
                              									zeugt von dem hervorragenden Unternehmungsgeist und dem kaufmännischen Weitblick der
                              									Neußer Bürgerschaft.
                           Der Hafenverkehr hat sich stetig gehoben; er betrug im Jahre 1880 82800 t, im Jahre
                              									1908 aber 535531 t und wird in diesem Jahre nach dem gegenwärtigen Verkehrsstande
                              									mindestens 700000 t betragen.
                           In gleicher Weise hat sich der Verkehr auf der mit dem Hafenunternehmungen eng
                              									verbundenen Ring- und Hafenbahn entwickelt. Im Eröffnungsjahre 1905 wurden auf ihr
                              									20207 beladene Wagen, im Jahre 1908 dagegen 73130 befördert. Das laufende Jahr wird
                              									voraussichtlich einen Verkehr von 90000 Waggons ergeben. Die höchste Tagesleistung
                              									der Bahn betrug am 9. November v. J. 630 beladene Waggons. Die Betriebslänge der
                              									Hafenbahn beträgt gegenwärtig 33 km Gleis.
                           Die Einnahmen des Neußer Hafenzollamtes betrugen
                           
                              
                                 im
                                 Jahre
                                 1906
                                 4907340 M
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 1908
                                 7514144 M.
                                 
                              
                           Für die Monate Januar bis April 1909 betrugen diese Einnahmen
                              									1766930 M. gegen 1455469 M. in den gleichen Monaten des Jahres 1908.
                           Im Bau begriffen und demnächst fertiggestellt ist der 450 m lange, in der Sohle 30 m
                              									breite Verbindungskanal zu einem sogenannten Schachtloch, das am Holzhafen U (Fig. 1) eingerichtet
                              									werden soll, mit einer Wasserfläche von insgesamt 158000 qm.
                           Das zweite im Bau befindliche Hafenbecken zweigt am Schiffswendeplatz (Fig. 1) aus dem Erftkanal ab und läuft parallel dem
                              									1908 eröffneten Hafenbecken. Es erhält eine Länge von 1100 m, eine Sohlenbreite von
                              									50 m und ergibt bei M. W. eine Wasserfläche von etwa 77000 qm.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 100
                              Fig. 5. Getreidespeicher der Neußer Lagerhaus-Gesellschaft (auf dem Lageplan
                                 										zwischen F und G).
                              
                           Die Gesamtwasserfläche des Hafens wird nach Fertigstellung der jetzt im Bau
                              									begriffenen Teile 340000 qm betragen.
                           Die Böschung wird auf Sandsteinfundament gegründet und auf die hochwasserfreie
                              									Ordinate + 36,60 + N. N. angelegt. Die Uferdeckung erfolgt bis Mittelwasserhöhe mit Steinpflaster,
                              									im übrigen mit dem Neigungsverhältnis 1 : 2 mit Rasen. Das neue Hafenbecken
                              									erschließt etwa 260000 qm hochwasserfreien Geländes.
                           In Aussicht genommen sind ferner:
                           
                              1. Die Verbreiterung des Erftkanals bis zur Eisenbahnbrücke
                                 										der Linie Neuß–Düsseldorf; werftartiger Ausbau des linken
                                 										Kanalufers,
                              2. ein drittes Parallelbecken,
                              3. der Ausbau des Napoleon'schen
                                 										Hafens bei Grimlinghausen, Fig. 1.
                              
                           
                              
                                 (Schluß folgt.)