| Titel: | Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der Zuckerindustrie im 1. Halbjahr 1909. | 
| Autor: | A. Stift | 
| Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 266 | 
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                        Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem
                           								Gebiete der Zuckerindustrie im 1. Halbjahr 1909.
                        Von k. k. landw. techn. Konsulent A.
                                 									Stift,
                           								Wien.
                        (Fortsetzung von S. 252 d. Bd.)
                        Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der
                           								Zuckerindustrie usw.
                        
                     
                        
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 266
                              Fig. 7.
                              
                           Ueber den Kristallisator System Drost, der einen
                              									stehenden, zylindrischen, oben offenen Apparat darstellt, macht SchreiberZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen 1909, 33. Jahrgang, S.
                                       												485. einige Mitteilungen. Die Konstruktion dieses
                              									Apparates (Fig. 7) ist die folgende: Eine stehende
                              									Rührwelle ist unten in einem Fußlager und oben in einem Lager, welches zugleich die
                              									Nabe eines festgelegten Kegelrades bildet, betätigt. Dieses Lager und das Kegelrad
                              									sind unterhalb eines über der Oeffnung des Apparates angebrachten Trägers befestigt.
                              									Durch das über dem Träger befindliche Schneckenrad und die in dasselbe eingreifende
                              									Schnecke erhält die stehende Rührwelle ihren Antrieb. Das Rührwerk in Verbindung mit
                              									der stehenden Welle besteht zunächst aus einem am Fuß der Welle angebrachten,
                              									unmittelbar über den Boden des Apparates schwimmenden Querjoch, welches im
                              									wesentlichen den Zweck verfolgt, zu verhüten, daß am Schlusse der Entleerung sich
                              									harte Massen am Boden des Apparates ansammeln, beziehungsweise liegen bleiben. Oben
                              									besitzt die Welle ein sogen. Querhaupt, an welchem Wellenzapfen angebracht sind. Auf
                              									diesen Wellenzapfen sind hohle Kurbelwellen in fester Verbindung mit den Kegelrädern
                              									drehbar, und weil diese im Eingriff mit dem festen unter dem Träger befindlichen
                              									Kegelrad stehen, überträgt sich während der Umlaufbewegung der stehenden Welle
                              									die Drehung auf die Kurbelwellen, so daß die am Ende derselben angeordneten
                              									Kurbelzapfen auf- und niedergehen. Diese Kurbelbewegung wird auf die längs der
                              									Wandungen des Apparates niederreichenden Schubstangen übertragen, da diese oben mit
                              									dem Pleuelkopf über den Kurbelzapfen angelenkt sind, während die unteren Enden eine
                              									gelenkige Verbindung mittels Schieberbolzen haben, welcher sich in den Führungen des
                              									am Boden des Apparates befindlichen Querjoches auf und niederschieben läßt. Die
                              									Schubstangen geben infolge der gekennzeichneten Anordnungen den Rührflügeln während
                              									des ganzen Umlaufes der stehenden Welle eine schwingende, bezw. auf- und
                              									abwärtsgehende, gleichzeitig schöpfende Bewegung. Die Rührflügel sind entweder durch
                              									Kugelbewegung oder durch eine andere gelenkige Verbindung mit der Rührwelle
                              									verbunden und besitzen eine messerförmige Gestalt mit schräggestelltem Blatt. An den
                              									Außenenden ist eine gelenkige Verbindung durch Oesen mit den Schubstangen
                              									hergestellt. Durch diese Anordnung ist es klar, daß die Rührflügel während ihrer
                              									durch die stehende Welle veranlaßten Drehung auf- und niedergehen, bezw. daß sich
                              									jeder Arm abwechselnd hebt und senkt. Die beweglichen Rührflügel sind derart
                              									angeordnet, daß sie sich von der stehenden Welle ausgehend direkt gegenüberliegen,
                              									so zwar, daß z.B. ein Apparat von 200 Meterzentner Füllung 28 bewegliche Rührflügel
                              									besitzt, von denen eine Serie von je sieben Flügeln ihre Bewegung gemeinschaftlich
                              									durch die Schubstange erhält. Bei der Drehung greift die Zone der Rührbeeinflussung
                              									eines Flügels stets in diejenige des voraufgegangenen Flügels ein, so zwar, daß,
                              									wenn z.B. der unterste Flügel einer Flügelserie das am tiefsten liegende Kristall
                              									gehoben hat, der nachfolgende zweitletzte Flügel der nächsten Serie in die
                              									voraufliegende Zone hinübergreift und die Kristalle, bezw. die Masse hebt und
                              									gleichzeitig vor sich herschiebt, so daß dieselben im weiteren Verlaufe der Arbeit
                              									einmal den höchsten Punkt der Masse erreicht haben müssen. Durch diese
                              									eigentümliche, kombinierte Bewegung des Rührwerkes ist der Zweck erreicht, daß die
                              									Kristalle eine beständige Aenderung ihrer Lage erfahren und stets mit neuer
                              									Mutterlauge in Berührung kommen. Ferner wird erreicht, daß die Konzentration des
                              									Sirups stets eine völlig gleichmäßige und daher die Masse stets eine homogene ist.
                              									Die Bildung toter Räume, Nester und Klumpen, sowie die Bildung von Kristallmehl ist
                              									vollständig ausgeschlossen, so daß die Masse beim Ausschleudern durchgehend nur
                              									ausgebildete Kristalle enthält. Die Zuckerfabrik
                                 										Mucrena, welche täglich 750–900 Meterzentner weißen Konsumzucker erzeugt,
                              									besitzt zwei Apparate mit je 100 und drei Apparate mit je 200 Meterzentner Füllung,
                              									welche das gesamte Nachprodukt bis zur Melasse aufarbeiten. Die Zentrifugenabläufe
                              									hatten im Durchschnitt der Kampagne 1908 einen Quotienten von 80,4 und wurden ohne jede
                              									weitere Behandlung einem Nachproduktenvakuum von 200 Meterzentner Füllung zugeführt,
                              									auf Korn eingekocht und sodann der Rührarbeit in den Kristallisatoren unterworfen.
                              									Nach einer Rührdauer von vier Tagen wurde eine Melassequotient von 59, manchmal
                              									sogar von 56 erreicht.
                           Die aus den Kristallisatoren direkt der Schleuderarbeit zugeführte Füllmasse ergab
                              									nach einer Schleuderdauer von etwa 10 Min. ohne jede Affination einen Rohzucker bis
                              									zu 93 Rendement, je nachdem der Zucker mehr oder weniger trocken geschleudert wird.
                              									Dieser Zucker, direkt mit Dicksaft und nachfolgendem Dampf oder auch durch Dampf
                              									allein ausgedeckt, ergab einen durchaus weißen Zucker von etwa 99,8 Polarisation,
                              									der allerdings nicht den schönen Glanz wie der aus Erstprodukt gewonnene
                              									Kristallzucker besitzt, immerhin aber ohne weiteres mit anderem Weißzucker zusammen
                              									vermählen und demgemäß auch ebenso hoch bewertet werden kann. Die Ausführung der
                              									Anlage und die Kosten gestalten sich folgendermaßen: Angenommen sei eine
                              									Rohzuckerfabrik mit einer Rübenverarbeitung von 5000 Meterzentnern in 24 Stunden.
                              									Diese Rübenmenge ergibt 3½–4 v. H. Nachprodukt-Füllmasse, falls Rohzucker
                              									hergestellt, und 4½–5 v. H. Nachprodukte Füllmasse, falls Konsumzucker hergestellt
                              									wird. Demgemäß gewinnt eine Rohzuckerfabrik pro Tag maximal 200, eine
                              									Weißzuckerfabrik maximal 250 Meterzentner Füllmasse, welche 4 Tage gerührt werden
                              									muß. Erstere Fabrik gebraucht daher 4 Apparate zu je 200 Meterzentnern, und letztere
                              									Fabrik 4 Apparate zu je 250 Meterzentnern Füllung. Ein Apparat für 200 Meterzentner
                              									Füllmasse kostet ausschließlich Patentprämie 4800 M,
                           
                              
                                 mithin kosten 4 Apparate
                                 19200
                                 M.
                                 
                              
                                 Hierzu Fracht, Aufstellung usw. rund.
                                 2300
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 Daher Gesamtkosten
                                 27500
                                 M.
                                 
                              
                           Für je 25 Meterzentner Mehrfüllung erhöht sich der Preis des Apparates um 300 M. Ein
                              									Apparat für 200 Meterzentner Füllung hat eine Höhe von 2500 mm und einen Durchmesser
                              									von 2800 mm, ein solcher für 250 Meterzentner Füllung eine Höhe von 3000 mm und
                              									einen Durchmesser von 2900 mm, und ein solcher für 300 Meterzentner Füllung eine
                              									Höhe von 3500 mm und einen Durchmesser von 2900 mm. Die Rentabilität der Arbeit der
                              									Kristallisation gegenüber derjenigen der üblichen Arbeitsmethoden ist eine sehr
                              									erhebliche, doch lassen sich bestimmte Zahlen nur von Fall zu Fall auf Grund der
                              									Betriebsergebnisse der bisher in anderen Fabriken üblichen Arbeit feststellen.
                              									Selbstverständlich wird aber der Vorteil, welchen die Weißzuckerfabriken und
                              									Raffinerien durch die Anwendung der Kristallisation erzielen, entsprechend der
                              									größeren Menge der von ihnen verarbeiteten Ablaufsirupe und der längeren Dauer ihrer
                              									Betriebe ein entsprechend größerer als derjenige der Rohzuckerfabriken sein.
                           Die zunehmende Verbreitung von Zentrifugen mit pendelnder Aufhängung
                              									(Westonzentrifuge) war, wie ScholzZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen,
                                       												1909, 33. Jahrgang, S. 495. ausführt, bedingt durch die
                              									Einführung einer einzigen vollen Spindel gegenüber den früheren, ineinander
                              									geschobenen hohlen und vollen Spindeln. Letztere mit ihrer schwer zugänglichen
                              									Lagerung und Schmierung des Halszapfens und allen fast ausschließlich damit
                              									zusammenhängenden und öfters sich wiederholenden Betriebsstörungen war ein
                              									Uebertragungsmechanismus, dessen Notwendigkeit scheinbar eher der Laune eines
                              									Konstrukteurs entsprach. Scholz bringt nun einen Beitrag zu den Westonzentrifugen, in analoger Art der
                              									Aufhängung und Anordnung des Halslagers, aber mit dem Unterschiede, daß sich
                              									die Konstruktion der Zentrifuge durch zweckentsprechende Verwendung bekannter
                              									Details kennzeichnet und ebenso einfach nachgesehen, als auch geschmiert und in
                              									Ordnung gehalten werden kann, wie aus Fig. 8 ohne
                              									weiteres ersichtlich ist. Der eigenartig geformte Gummiring gestattet nach unten
                              									eine sichere Lagerung des Drehzapfens, der zugleich den unverrückbaren
                              									Schwingungsmittelpunkt der Zentrifugenspindel bildet. Nach oben nimmt er elastisch
                              									den Druck der Senkrechtkomponente der Bremskraft auf, die die Zentrifugenspindel bei
                              									jedesmaligem Bremsen zu heben sucht, was bei Zentrifugen dieser Art nicht zu
                              									unterschätzen ist. Dieser Auftrieb, der sich beim Anhalten der sich drehenden
                              									Zentrifuge einstellt und dessen Größe von dem mehr oder weniger raschen Bremsen
                              									abhängt und sich im Laufe der Kampagne unzähligemale wiederholt, zerstört das
                              									Kugellager in kurzer Zeit bei starrer Lagerung der Spindel, und zwar selbst bei
                              									Verwendung von allerbestem Material für Kugel und ihrem Laufring. Die unangenehmen
                              									Ausschwingungen der gefüllten Trommel beim Anlassen, die sich hauptsächlich beim
                              									Abschleudern zäher Massen geltend machen, können bei der vorliegenden Konstruktion
                              									durch richtig gewählte Lage des Schwingungsmittelpunktes in bezug auf die
                              									Spindellage auf ein beliebiges Maß beschränkt werden, da man ja damit den
                              									Gummipuffer stets an einem genügend langen Hebelarm der Fliehkraft der gefüllten
                              									Trommel entgegenwirken lassen kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 267
                              Fig. 8.
                              
                           Einen Apparat zum Trocknen von Sandzucker haben Tomann und PustowoitZentralblatt für die Zuckerindustrie 1909,
                                       												17. Jahrg., S. 703. konstruiert, der sich im praktischen
                              										Betriebe
                              									bereits gut bewährt hat. Der äußere Körper dieses Apparates (Fig. 9) besteht aus einigen Zargen y, an welchen die Konusse c befestigt sind. Die Zwischenräume x
                              									zwischen den Zargen sind, damit die heiße Luft freien Austritt aus dem Apparat haben
                              									kann, mit Oeffnungen versehen. Durch die Mitte des Apparates geht eine Welle b, an welcher die Teller a
                              									befestigt sind. Die Welle wird mittels der Scheibe f in
                              									Bewegung gesetzt. Ein starker Ventilator führt durch das Rohr W unter jeden Teller Luft zu. Der Zucker gelangt direkt
                              									aus dem Elevator durch die Schurre z auf den obersten,
                              									sich drehenden Teller a, wird hier schirmartig
                              									zerstreut, gleitet an den Konus c herab und fällt auf
                              									den folgenden Teller, von wo aus er auf dieselbe Weise auf den dritten Teller
                              									gelangt u.s.f. Der starke Luftstrom, welcher unter jeden Teller eingeführt wird,
                              									trocknet den Zucker und tritt durch die Oeffnungen der Zwischenräume x aus den Apparat. Durch das Zerstreuen und
                              									gleichzeitig stattfindende Trocknen des Zuckers wird die Möglichkeit der Bildung von
                              									Knoten beseitigt, wobei man gleichzeitig ein gutes Trocknen des Zuckers erreicht,
                              									das ein Ausbreiten des Zuckers auf den Zuckerboden überflüssig macht. Es empfiehlt
                              									sich, Trockenapparate mit mindestens vier Tellern aufzustellen. Sind die Bedingungen
                              									für einen derartigen hohen Apparat nicht gegeben, so können auch zwei Apparate
                              									nebeneinander aufgestellt und entsprechend miteinander verbunden werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 268
                              Fig. 9.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 268
                              Fig. 10.
                              
                           Die Affination, d. i. das Trennen und Abwaschen des am Rohzuckerkristall anhaftenden
                              									Grünsirups, geschieht zumeist in der Weise, daß der mit Sirup eingemaischte
                              									Rohzucker mit einer für jede Zentrifugenfüllung abgemessenen Menge Wasser, welches
                              									durch Streudüsen verteilt ist, ausgedeckt wird. Das vielfach in Gebrauch stehende
                              										„Decken nach Zeit“, bei welchem die Streudüsen nicht blos die Verteilung,
                              									sondern auch das Abmessen des Wassers zu besorgen haben, erfordert große
                              									Aufmerksamkeit und ist auch daher von der Aufmerksamkeit des Arbeiters abhängig. Die
                              									Trennung beider Funktionen hat sich nicht recht eingebürgert, da es bis jetzt
                              									noch an wirklich verläßlichen, einfach gebauten und zu handhabenden Apparaten
                              									gefehlt hat. Diesem Mangel soll der von Schäffer und
                              										BudenbergZentralblatt für Zuckerindustrie 1909, 17. Jahrg. S.
                                       											671. konstruierte selbsttätige Meß-
                                 										und Regulierapparat, System Wejrostek, abhelfen, der bereits in einer Reihe
                              									von Zuckerfabriken seine praktische Erprobung mit bestem Erfolge bestanden hat. Der
                              									Apparat (Fig. 10) wird in drei Größen hergestellt,
                              									und zwar mit einem Meßbereich von 0–5 l, von 5–10 l und von 14–20 l. Die beiden
                              									ersten Apparate dienen vornehmlich zum Decken mit Wasser, während der Apparat mit
                              									dem größten Meßbereich zum Abmessen des Decksirups und Lickers bei der Deckarbeit in
                              									Brotzentrifugen Anwendung findet. Die Apparate können stets auf ein beliebiges,
                              									innerhalb der genannten Grenzen liegendes Maß eingestellt werden. Die Apparate
                              									werden an die Druckleitung vor der Streudüse montiert und sind jederzeit zum
                              									Gebrauche fertig, da ein einziger Drehgriff die gewollte, durch eine dem Arbeiter
                              									unzugängliche Sperrvorrichtung bestimmte Wassermenge für die nächste Füllung
                              									selbsttätig abmißt. In Fig. 10 bedeuten a die Zentrifuge, b den
                              									Wasserzulauf von der Leitung, c den Meß- und
                              									Regulierapparat und d die Verbindung mit der Streudüse.
                              									Die Wirkungsweise des Apparates beruht auf der Bewegung eines dicht schließenden
                              									Kolbens in einem mit entsprechenden Kanälen versehenen Zylinder. Was den Apparat mit
                              									einem Meßbereich von 14–20 l anbetrifft, so steht ein solcher in einer
                              									österreichischen Zuckerraffinerie in Anwendung, die ihn als bequem, verläßlich und
                              									reinlich arbeitend bezeichnet. Da die Handhabung für jede Ladung nur einen einzigen
                              									Handgriff an dem vorgesehenen Hebel erfordert, konnten vier Arbeiter bei der
                              									Bedienung der Affinationszentrifugen gespart werden, was einer Ersparnis von 180 K.
                              									für eine Woche gleichkommt.
                           
                              
                                 (Schluß folgt.)