| Titel: | Polytechnische Rundschau. | 
| Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 268 | 
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                        Polytechnische Rundschau.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Elektrische Grubenlokomotive.
                           Die Westinghouse-Gesellschaft hat gemeinsam mit den Baldwin Lokomotive Works eine neue Lokomotivbauart für
                              									Grubenbetrieb geschaffen. Die elektrische Ausrüstung besteht außer dem Stromabnehmer
                              									und den Anlaßapparaten aus einem einzigen Motor, der mittels einfacher
                              									Zahnradübersetzung eine Fahrzeugachse unmittelbar und mit Hilfe der an den
                              									Rädern angebrachten Kuppelstangen auch die zweite Achse antreibt. Sowohl
                              									gleichzeitig mit den Rädern, als auch unabhängig davon kann der Motor mit einem
                              									Windwerk gekuppelt werden, welches in erster Linie dazu dient, aus Seitenstollen, wo
                              									sich über dem Gleise keine Stromzuführung befindet, die beladenen Hunte
                              									herauszuschaffen. Außerdem kann das Windwerk dazu benutzt werden, entgleiste Hunte
                              									wieder auf die Schienen hinaufzubringen, Hölzer und Schienen unter Steinfall herauszuziehen,
                              									Schienen auf Hunte zu verladen u.a. Schließlich kann es auch für senkreckte oder
                              									geneigte Förderung verwendet werden. [Electric Railway Journal 1909. Bd. II, S.
                              									227.]
                           
                              Pr.
                              
                           
                        
                           Einphasenstrom oder Gleichstrom.
                           Von Seiten des bekannten amerikanischen Elektrotechnikers Parshall war zu Gunsten des Gleichstromes darauf hingewiesen worden, daß
                              									der Wechselstrommotor wesentlich schwerer und verwickelter als der Gleichstrommotor
                              									sei und daß sowohl seine Anschaffungskosten wie auch seine Unterhaltungskosten
                              									erheblich größer als die eines entsprechenden Gleichstrommotors sind. Gegen die
                              									Hochspannungsfahrleitung über dem Gleise wendet er ein, daß sie nicht billiger und
                              									vom eisenbahntechnischen Standpunkte aus auch nicht vorteilhafter als die dritte
                              									Schiene sei. Schließlich macht er geltend, daß die Hochspannungstransformatoren auf
                              									den Fahrzeugen äußerst starken Stößen ausgesetzt sind und daher besonders leicht
                              									beschädigt werden würden.
                           Diesen Behauptungen gegenüber weist Eichberg darauf hin,
                              									daß ein Wechselstrommotor für 200 PS/Std. und 115 PS Dauerleistung, der normal mit 500
                              									Umdrehungen i. d. Min. läuft, 3000 kg wiegt, daß anderseits ein entsprechender
                              									Gleichstrommotor neuester Bauart sicher 2600 kg wiegen würde. Der Stator eines
                              									Motors nach der Winter-Eichberg-Bauart ist ferner
                              									einfacher als der eines Gleichstrommotors mit Wendepolen. Daß höhere
                              									Anschaffungskosten für eine Wechselstromausrüstung erforderlich sind, wird
                              									zugegeben, und zwar wird dies besonders durch den Transformator und die
                              									Hochspannungsapparate verursacht. Dieser Preisunterschied ist jedoch kein
                              									Hinderungsgrund für die Beschaffung. Die Unterhaltungskosten sind bis auf die
                              									Motorbürsten für Wechselstrombetrieb nicht größer als für Gleichstrombetrieb. Der
                              									größeren Bürstenzahl und dem längeren Kommutator bei Wechselstrommotoren steht der
                              									Vorteil gegenüber, daß bei ihnen ein Ueberschlagen der Funken von einer Bürste zur
                              									anderen ausgeschlossen ist und daß die Isolierung entsprechend geringer bemessen
                              									werden kann.
                           Die Transformatoren auf den Wagen haben sich sehr gut bewährt und erfordern ebenso
                              									wie die anderen Hochspannungsapparate praktisch keine Wartung. Demgemäß sind die
                              									gesamten Unterhaltungskosten, ebenso wie die Genauigkeit und Sicherheit der
                              									Arbeitsweise zum mindesten die gleichen wie bei einer Gleichstromausrüstung
                              									entsprechender Größe. Ungünstige amerikanische Erfahrungen dürften auf
                              									Doppelausrüstungen für Gleich- und Wechselstrom zurückzuführen sein, bei denen durch
                              									die Vergrösserung der Anzahl der Ausrüstungsteile, sowie infolge der verwickelten
                              									Anordnungen unverhältnismäßig hohe Unterhaltungskosten auftreten müssen. Ob bei
                              									Untergrundbahnen in Städten Gleich- oder Wechselstrom vorzuziehen ist, muß von Fall
                              									zu Fall entschieden werden. Stadt- und Vorortbahnen, sowie Fernbahnen dagegen können
                              									wirtschaftlich und betriebssicher nur mit Wechselstrom betrieben werden.
                           Bezüglich der Leitungsanlage bemerkt Eichberg, daß bei
                              									der Elektrisierung von Vollbahnen verwickelte Weichenanlagen und Güterbahnhöfe mit
                              									Hilfe der dritten Schiene überhaupt nicht ausgeführt werden können und daß demnach
                              									für Vollbahnen nur die Oberleitung in Betracht kommt. Ueberdies erschwert und
                              									verteuert die dritte Schiene die Unterhaltung der Gleisanlage. Werden die
                              									Gesamtkosten, also außer den Motorausrüstungen auch das Kraftwerk und die
                              									Stromverteilungsanlage in Betracht gezogen, so stellt sich Einphasenstrom viel
                              									billiger als Gleichstrom und auch der Gesamtwirkungsgrad ist bei Wechselstrom
                              									besser. Schließlich weist Eichberg darauf hin, daß in
                              									mechanischer Beziehung beispielsweise der Hamburger Wagen den neuesten
                              									Gleichstromwagen überlegen und daß die Kettenlinienaufhängung der Fahrleitung aus
                              									rein mechanischen Gesichtspunkten ganz erheblich besser als die dritte Schiene ist.
                              										(Eichberg.) [Electric Railway Journal 1909. Bd. II.
                              									S. 223–224.]
                           
                              Pr.
                              
                           
                        
                           Vom Bau der Curtis-Schiffsturbinen für das Linienschiff
                              										„North Dakota“.
                           Zwei solcher Turbinen von je 12500 PS wurden von der Fore
                                 										River Shipbuilding Company ausgeführt; eine ganze Reihe von
                              									Spezialmaschinen wurden dabei angewendet zum Bearbeiten der Düsen, zum Schneiden,
                              									Fräsen, Vernieten der Schaufelung, welche besonders interessant sind. Eine Turbine
                              									besitzt neun Druckstufen außer den besonderen Stufen für den Rückwärtsgang; 90000
                              									Schaufeln waren für beide Maschinen notwendig. Sie sind aus Walzprofilen auf
                              									bestimmte Länge geschnitten und an den Enden angefräßt, um dort in ∪-förmig
                              									gegossene Stahlstücke mit Schwalbenschwanznuten eingesetzt und außen mit einem
                              									umgelegten Band vernietet zu werden. Die Laufradscheiben sind aus Kesselblech
                              									zusammengenietet und mit den Naben aus Gußstahl durch Nietung verbunden. Die letzten
                              									drei Druckstufen haben eine gemeinsame Trommel, die ersten sechs aber besondere
                              									Laufräder. Zwei Laufräder dienen für den Rückwärtsgang und laufen beim Vorwärtsgang
                              									in der hohen Luftleere mit. Die Laufräder, die mit einem mittleren Durchmesser von
                              									3,6 m eine mittlere Geschwindigkeit von 48 m i. d. Sek. haben, weisen im Umfang
                              									einen sehr großen Abstand von dem Gehäuse auf (6–50 mm). Der rotierende Teil einer
                              									Turbine wiegt etwa 40000 kg. Die Resultate, welche mit diesen Maschinen bei
                              									Probefahrten mit 18,2 kg/qcm Anfangsdruck und 93,5 v. H. Vakuum erhalten
                              									wurden, sind in nachstehender Tabelle zusammengestellt. Die höchste Geschwindigkeit
                              									bei den Versuchen ergab sich zu 22,25 Knoten, die höchste Leistung zu 35150 PS; bei
                              									einer Marschgeschwindigkeit von 12 Knoten wurden 107 t Kohlen in 24 Stunden
                              									gebraucht, gegenüber 113 t bei dem Schwesterschiff mit Kolbenmaschinen
                              										„Delaware“. Der Aktionsradius berechnet sich bei 12 Knoten zu 9000, bei
                              									19 Knoten zu 4600 und bei 21,5 Knoten zu 3000 Seemeilen.
                           
                              
                                 
                                 3 stündigerVersuchbei
                                    											vollerLeistung
                                  24 stündigerVersuch bei19 Knot.
                                    											Ge-schwindigk.
                                 24 stündigerVersuch bei12 Knot.
                                    											Ge-schwindigk.
                                 
                              
                                 Wirklich erreichte
                                    											Geschwindigkeit                                           Knoten
                                 21,64
                                 19,24
                                 12,5
                                 
                              
                                 Umdreh. der Turbinen i. d. Minute
                                 280,4
                                 231,9
                                 143,2
                                 
                              
                                 Effektive Leistung an der Welle PSe
                                 31400
                                 16710
                                 3800
                                 
                              
                                 Indizierte Leistung der
                                    											Hilfsmaschinen                                                   PSi
                                 1100
                                 660
                                 400
                                 
                              
                                 Dampfverbrauch der Turbinen für                   1 PSe/Std.
                                    											an der Welle kg
                                 6,16
                                 6,45
                                 9,3
                                 
                              
                                 Gesamtdampfverbrauch einschl. Hilfs-                
                                    											maschinen für 1 PSe/Std. kg
                                 6,33
                                 6,93
                                 10,10
                                 
                              
                                 Ersparnis gegenüber der Garantie v. H.
                                 7,5
                                 5,0
                                 3,9
                                 
                              
                                 Kohlenverbrauch                          kg
                                 24620
                                 12490
                                 4450
                                 
                              
                                              „        bezogen auf 1 PSe/Std.                                an der Welle kg
                                 0,785
                                 0,746
                                 1,170
                                 
                              
                                              „       einschl. Hilfsmasch. kg
                                 0,758
                                 0,718
                                 1,06
                                 
                              
                           (Perkins.) [Zeitschrift für das
                              									gesamte Turbinenwesen 1909, S. 570–572.]
                           
                              M.
                              
                           
                        
                           Herstellung von Stahlkugeln für Kugellager.
                           Ausgangsmaterial ist sehr guter und gleichmäßiger, ungehärteter Tiegelgußstahl, in
                              									Form möglichst langer gerader Stangen von durchweg gleichem Kreisquerschnitt. Davon werden auf
                              									Revolverbänken mit Drehstählen oder Fräsern, die fortwährend von kaltem Wasser
                              									bespült werden, entweder kugelähnliche Stücke gedreht und abgestochen, wozu der
                              									Durchmesser der Stahlstange ein wenig größer sein muß als derjenige der Kugel; oder
                              									es werden nur zylindrische Stücke abgestochen und diese erst nachher in Pressen
                              									kugelähnlich gestaucht, wozu der Durchmesser der Stahlstange etwas kleiner sein muß
                              									als derjenige der Kugel. Letzteres Verfahren ist das bessere, denn es ergibt weniger
                              									Stahlabfall und gleichzeitig eine für die weitere Herstellung günstigere Form,
                              									obgleich auch hier die Kugel noch an zwei gegenüberliegenden Stellen Abplattungen
                              									besitzt. Man preßt in kaltem Zustande Kugeln bis 9/32'', in warmen bis 5/16'' oder auch
                              									⅞''; größere von 1'' bis 6'' Durchmesser müssen in Gesenken geschmiedet werden.
                           Die so vorgerundeten Stahlstücke erhalten dann die eigentliche Kugelform mit Hilfe
                              									einer Mahlvorrichtung. Diese besteht aus zwei übereinander liegenden gußeisernen
                              									Tellern, die auf ihrer Innenseite Rillen von zweckmäßiger Form haben, um jene
                              									Stahlstücke aufzunehmen und zu führen. Die Teller drehen sich mit hoher Tourenzahl
                              									in einander entgegengesetztem Sinne, werden durch Federn gegeneinandergepreßt, und
                              									die Stahlstücke zwischen ihnen werden dabei in den Rillen nach jeder Richtung hin
                              									herumgerollt, was ungeheueren Lärm macht. Neuerdings dient als unterer Teller eine
                              									Schmirgelscheibe; noch schneller aber und besser werden die Kugeln rund, wenn dieser
                              									Schmirgelteller zweiteilig ist, nämlich aus einem inneren und einem äusseren Ringe
                              									besteht, die sich zu einander verschieden drehen. Wann die Kugeln die erforderliche
                              									Rundung und Größe erreicht haben, das läßt sich bei neueren Mahlgängen während des
                              									Betriebes an einer Messvorrichtung erkennen.
                           Danach werden die Kugeln in besonderen Oefen mit Sorgfalt gehärtet, do daß sie die
                              									zweckmäßige Glashärte und Zähigkeit haben. Die gehärteten Kugeln werden weiterhin
                              									auf einem ähnlichen Mahlgang, wie vorher beschrieben, geschliffen bei beständigem
                              									Zufluß feinsten Maschinenöles, bis die Meßvorrichtung anzeigt, daß der verlangte
                              									Kugeldurchmesser mit einer Genauigkeit von mindestens 0,01 mm erreicht ist. Vom
                              									anhaftenden Oel und Schmutz reinigt man nun die Kugeln in Sägespänen und bringt sie
                              									danach mit Pulvern, wie Polierrot, sehr feinem Schmirgel oder Wiener Kalk auf
                              									mehrere Stunden in rotierende Poliertrommeln, bei deren Drehung sie sich aneinander
                              									blank reiben und Hochglanz erhalten. An dem mehr oder weniger schönen Glanz läßt
                              									sich die Beschaffenheit des Stahles und auch die Güte der Härtung ungefähr
                              									beurteilen. Schlecht geratene Kugeln, die einen Härtungsriß oder unrunde Stellen
                              									haben, werden nunmehr herausgesucht und zwar am leichtesten bei abgeblendetem Tages-
                              									oder elektrischem Licht, wozu große Uebung und scharfe Augen nötig sind.
                           Die guten Kugeln kommen dann auf eine Sortiervorrichtung, wo sie auf zwei gegen die
                              									Wagerechte geneigten Stahlschienen frei abwärts rollen. Da die Schienen voneinander
                              									einen der zu sortierenden Kugelgröße angepaßten Abstand haben, der sich nach und
                              									nach linear erweitert, so fällt jede Kugel an derjenigen Stelle, wo der Zwischenraum
                              									gleich ihrem Durchmesser ist, zwischen den Schienen hindurch, in darunter
                              									aufgestellte Kästen. Die Schienenkanten müssen unbedingt genau gerade sein und darum
                              									nach Abnutzung aufgearbeitet werden; oder es müssen als Schienen kreisquerschnittige
                              									Stangen dienen, die später etwas herumgedreht werden können. Die Kugeln in jedem
                              									einzelnen der Kästen weisen nach solcher Sortierung untereinander nur noch
                              									Unterschiede von höchstens ± 0,002 mm im ⌀ auf. Werden ausnahmsweise noch
                              									kleinere Unterschiede verlangt, so werden aus den sortierten Kugeln mit Hilfe
                              									von Mikrometern, die bis zu 0,001 mm genau messen lassen, gleich große Kugeln
                              									herausgesucht. (Kalibrierte Kugeln.)
                           Die Stahlkugelfabrikation stammt aus England und viele Maschinen dazu bis vor kurzem
                              									aus Amerika; daher das Zollmaß für die Stahlkugeln. [Zeitschrift d.
                              									Mitteleuropäischen Motorwagenvereins. 1909. S. 475–477.]
                           
                              Erich Schneckenberg.
                              
                           
                        
                           Die Erweiterung der Wasserkraftanlagen an der Etsch bei
                              									Meran.
                           Das von den Städten Bozen und Meran in den Jahren 1896 bis 1898 errichtete Kraftwerk
                              									der Etschwerke nutzt ein Gefälle von 70 m Höhe und eine
                              									Wassermenge von 15 cbm i. d. Sek. aus. Es wird von einem offenen 500 m langen
                              									Zulaufkanal und einem ebenso langen, befahrbaren Stollen gespeist, an welchen sich
                              									ein Druckschacht von 2500 mm ⌀ und 70 m Tiefe mit zwei Zulaufrohren zum
                              									Maschinenhause anschließt. In dem Werk sind zwei 2500-pferdige Francis-Turbinen und vier Girard-Turbinen von je 1500 PS aufgestellt, welche aus den damit
                              									unmittelbar gekuppelten Drehstrommaschinen teils Strom von 16000 Volt Spannung zur
                              									Versorgung von Bozen und entfernteren Gemeinden, teils solchen von 3000 bis 3600
                              									Volt für Meran und Umgebung liefern. 2000 PS werden an eine Ferrozilisiumfabrik
                              									abgegeben, außerdem dient das Werk zum Betriebe der Straßenbahnen in Bozen und
                              									Meran, sowie der Rittner-Bahn in Bozen.
                           Da die verfügbare Wasserkraft vollständig ausgenutzt ist, so ist vor kurzem der Bau
                              									einer Erweiterung an dem Schnalsbach, einem Nebenflusse der Etsch im Vintschgau in
                              									Angriff genommen worden, welche 5000 l i. d. Sek. bei 310 m Gefälle ausnutzen soll.
                              									Das Wasser wird mit Hilfe eines in der Nähe von Neu- Ratteis gelegenen Grundwehres
                              									mit Grobrechen, Feinrechen, Klärbecken und Umlaufkanal in einen 4200 m langen
                              									Stollen abgeleitet, der unmittelbar über dem Maschinenhause in einem Wasserschloß
                              									endigt und bei 2,7 qm lichtem Querschnitt 1,5 v. T. Gefälle aufweist. Dieser
                              									Stollen, der an 16 Punkten gleichzeitig in Angriff genommen worden ist, wird sowohl
                              									mit elektrischen als auch mit Druckluft-Steinbohrmaschinen gebohrt und wird
                              									wöchentlich mit 8 bis 14 m vorgetrieben. Das Wasserschloß von 1000 cbm Inhalt erhält
                              									keinen Ueberlauf und soll zugleich als Druckausgleichbehälter dienen, so daß bei
                              									Betriebspausen der Stollen ganz unter Druck stehen soll. Von dem Wasserschloß führt
                              									eine 450 m lange Druckleitung mit 43° Neigung zum Maschinenhause. Die Leitung erhält
                              									1500 mm Weite und besteht aus genieteten Stahlrohren von 5 bis 12 mm Wandstärke.
                              									Außerdem wird die Leitung in Beton von 500 mm Dicke eingebettet. Vorläufig werden
                              									zwei Maschinengruppen von je 8000 PS bei 15000 bis 18000 Volt Stromspannung
                              									aufgestellt werden.
                           In Aussicht genommen ist ferner von den Etschwerken die
                              									Anlage eines weiteren Kraftwerkes an der Etsch bei Marling, welches das Abwasser des
                              									alten Werkes ausnutzen und nach Anlage eines Staubeckens von 1000000 cbm Inhalt
                              									25000 PS liefern soll. [Zeitschr. f. Elektr. u. Maschinenbau, Wien, 1909. S. 989 bis
                              									990.]
                           H.
                           
                        
                           Eigenartiger Unfall an einer Kraftanlage.
                           In dem Wasserkraft-Elektrizitätswerk am Lac du Bonet der Winnipeg Electric Railway, welches neun Maschineneinheiten, bestehend aus
                              									je einem Stromerzeuger und vier Mc
                                 									Connick-Turbinenlaufrädern, enthält und 30000 PS Gesamtleistung aufweist, ist
                              									durch Aufreißen eines der Druckrohre eine vollkommene Störung des Betriebes hervorgerufen worden. Der
                              									Unfall ist umso beachtenswerter, als es sich hier keineswegs um lange, mit hohem
                              									Enddruck arbeitende Druckleitungen handelt, sondern um Leitungen von je 11 m Länge
                              									und geringem Gefälle. Während es schon lange üblich ist, große Druckleitungen mit
                              									Selbstschlußvorrichtungen zu versehen, die in Tätigkeit treten, sobald die
                              									Wassergeschwindigkeit das der höchsten Leistung entsprechende Maß nur um ein
                              									Geringes überschreitet, scheint man sich bei dem vorliegenden Werk der Möglichkeit
                              									eines Rohrbruches gar nicht versehen zu haben, wie der nachstehend geschilderte
                              									Verlauf des Unfalles zur Genüge beweist.
                           Die Anlage war am Nachmittag des Unfalltages mit 27000 KW Gesamtbelastung im Betrieb,
                              									als die Maschinengruppe 7, die etwas früher in Gang gebracht worden war, mit ⅞
                              									Oeffnung der Leitschaufeln 2000 KW Belastung aufnehmen wollte. In diesem Augenblicke
                              									riß das Druckrohr dieser Gruppe infolge Nachgebens zweier Blechplatten auf 3,6 m
                              									Länge und 2,7 m Höhe auf, und das Wasser stürzte mit solcher Gewalt in das Werk, daß
                              									die Beamten mit großer Geistesgegenwart gerade noch Zeit hatten, die
                              									Hauptschalter zu öffnen, also das ganze Werk zu entlasten, wodurch die Vernichtung
                              									der gesamten Maschinenanlage verhindert wurde. In dem bis zu 2,4 m hochstehenden
                              									Wasser, das mit gleicher Gewalt ständig zuströmte, war es trotzdem möglich, 7
                              									Turbinen-Einheiten abzustellen, indem man einen Mann von oben her an Seilen in das
                              									Wasser hinabließ. Die beiden letzten Einheiten konnten jedoch wegen der starken
                              									Strömung des Wassers nicht erreicht werden und liefen unter Wasser mehrere Tage
                              									weiter.
                           Die Schwierigkeit der ganzen Sachlage bestand vor allem darin, daß es unmöglich war,
                              									den Einlaufschieber des gebrochenen Rohres zu schließen, weil das mit großer
                              									Geschwindigkeit durchströmende Wasser den Schieber zu fest auf seinen Sitz drückte.
                              									Erst durch Abdämmen dieser Oeffnung mit Hilfe von eingerammten Pfählen und
                              									davorgelegten Bohlen konnte man nach einiger Zeit den Wasserabfluß so verhindern,
                              									daß man den Schieber schließen konnte. [Engineering News 1909, II, S. 710–711].
                           
                              H.