| Titel: | Polytechnische Rundschau. | 
| Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 284 | 
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                        Polytechnische Rundschau.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Neuer Einphasen-Bahnmotor.
                           Die Schweizer Firma Brown Boveri & Co. in Baden verwendet für Bahnzwecke einen
                              									Einphasen-Repulsionsmotor der Bauart Deri. Dieser Motor
                              									besitzt eine einzige von außen gespeiste Wicklung auf dem Stator, während auf dem an
                              									der umlaufenden Ankerwicklung angeschlossenen Kommutator in der Achse der
                              									Statorwicklung zwei feste Bürsten und außerdem zwei auf demselben Durchmesser
                              									beweglich angeordnete Bürsten schleifen. Je eine feste und eine bewegliche Bürste
                              									sind elektrisch miteinander verbunden. Durch die beiden Bürstenpaare wird eine
                              									Wirkung erzeugt, als ob gleichsam im Anker zwei Wicklungen übereinander gelagert
                              									sind. Die Achse einer dieser Wicklungen fällt mit der Achse der Statorwicklung
                              									zusammen, und die Wicklung kann daher als Transformatorwicklung bezeichnet werden.
                              									Die Achse der anderen Wicklung hängt von der jeweiligen Lage der beweglichen Bürsten
                              									ab; da jedoch eine Komponente des von dieser Wicklung herrührenden Feldes senkrecht
                              									zu dem der Statorwicklung verläuft, so kann diese Wicklung als Querwicklung
                              									angesprochen werden. Das von der Querwicklung herrührende Feld ist zeitlich in
                              									Phase mit dem Strome der Transformatorwicklung, so daß ein Drehmoment hervorgebracht
                              									wird. Diese Phasengleichheit besteht ferner auch beim Lauf unabhängig von der
                              									Drehzahl des Rotors. Bildet die Achse der beweglichen Bürsten mit der der festen
                              									Bürsten einen spitzen Winkel und erstrecken sich die Bürstenkurzschlüsse nahezu um
                              									den halben Anker, so ist die Anzahl der auf die Transformatorwicklung entfallenden
                              									Windungen klein und die der Querwicklung groß. Werden die beweglichen Bürsten derart
                              									verschoben, daß der von dem Bürstenkurzschluß umspannte Ankerteil verkleinert wird,
                              									so wird die Wirkung der Transformatorwicklung vergrößert, die der Querwicklung
                              									verringert. Läuft der Anker um, so werden zwei E. M. Ke. induziert, von denen die
                              									Größe des Sekundärstromes und damit des Drehmomentes abhängt. Eine E. M. K.
                              									erscheint in der Transformatorachse, die andere in der Querachse; erstere ist
                              									proportional der Drehzahl und dem Querfeld, letztere der Drehzahl und dem
                              									Transformator-(Primär)Feld. Die Größe und Phase dieser elektromotorischen Kräfte ist
                              									jedoch so beschaffen, daß eine Vergrößerung der Drehzahl und eine Verringerung des
                              									Ankerstromes angestrebt wird. Die Geschwindigkeit und Drehmomentkurve des neuen Motors
                              									entspricht daher einem Hauptstrommotor mit konstanter Klemmspannung. Bei einer
                              									bestimmten Bürstenstellung ändert sich bei derselben Drehzahl der Strom entsprechend
                              									der Spannung. Das Drehmoment dagegen nur mit dem Quadrat des Stromes unabhängig von
                              									der Spannung oder Drehzahl. Bei konstanter Klemmenspannung kann bei jeder beliebigen
                              									Drehzahl, sowohl der Strom als auch das Drehmoment in weiten Grenzen durch
                              									Verschiebung der Bürsten geregelt werden.
                           Als Vorteil für den neuen Motor wird angeführt, daß die Statorwicklung mit
                              									Hochspannung gespeist werden kann und daß infolgedessen die Verwendung eines
                              									Transformators unnütz sei. Diese Behauptung wird jedoch durch die dem Aufsatz
                              									beigegebene Aufstellung über die mit dem neuen Motor auszurüstenden Bahnen zum
                              									mindesten in Zweifel gezogen, da die Klemmenspannung im Mittel 400–500, im
                              									Höchstfalle 1000 Volt beträgt. [Electric Railway Journal 1909, Bd. II, S.
                              									264–265.]
                           
                              Pr.
                              
                           
                        
                           Neuere Dampfturbinen der Firma Brown, Boveri & Co.
                           Die Aenderungen beziehen sich gegenüber der gewöhnlichen Bauart hauptsächlich auf die
                              									Ausbildung der Trommel mit Rücksicht auf die Wärmedehnungen. Die Turbinen sind auch
                              									mit einem selbsttätigen Umlaufventil versehen, welches bei geringerer Belastung den
                              									gedrosselten Frischdampf einer späteren Druckstufe zuführt, während die
                              									vorausgehenden Stufen leer mitlaufen. Durch eine Feder kann der Wirkungsbereich
                              									dieses Ventiles beliebig verändert werden. Bei Tourenzahlen über 1500 sind die
                              									Wellen in den bekannten Mehrbuchsenlagern gelagert; bei niedrigeren Tourenzahlen
                              									dagegen in gewöhnlichen Weißmetallagern mit Querbeweglichkeit durch
                              									Kugelunterstützung. Die Turbinen- und Dynamowellen sind durch eine Gelenkkupplung
                              									elastisch verbunden. Große Einheiten (über 5000 KW) werden schon wegen des
                              									Transportes mit geteilten Zylindern ausgeführt; am Ende des Niederdruckteiles wird
                              									die Dampfströmung geteilt, um die nötigen Dampfquerschnitte zu bekommen. Bei noch
                              									größeren Ausführungen, wie auch bei Abdampfturbinen, wird der Dampfstrom im ganzen
                              									Niederdruckteil geteilt, der dann zwei Abdampfstutzen erhält. Brown-Boveri baut auch Turbinen für gemischten Betrieb
                              									mit Hoch- und Niederdruckdampf. Die Steuerungsventile für beide Gruppen sind so
                              									miteinander verbunden, daß der Regulator das Ventil für den Zutritt des
                              									Frischdampfes erst hebt, wenn das Niederdruckventil ganz geöffnet ist.
                           Zur Verkürzung des Hochdruckteiles der Parsons-Turbinen
                              									wird bei besonderen Verhältnissen ein Aktionsrad gewöhnlich mit zwei
                              									Geschwindigkeitsstufen vorgeschaltet, was aber bei großen Turbinen in
                              									wärmeökonomischer Beziehung keine Vorteile bietet, da in diesem Falle die Schaufeln
                              									auch im Hochdruckteil lang genug werden und so zu große Verluste vermieden werden.
                              									Bei Belastungsänderungen werden die Düsen der kombinierten Turbinen selbsttätig zu-
                              									und abgeschaltet. Auch Turbinen für gemischten Betrieb für Hoch- und
                              									Niederdruckdampf werden mit einem Aktionsrad für den Hochdruckteil nur mit einer Parsons-Trommel unter Teilung des Dampfstromes für den
                              									Niederdruckteil gebaut. In gleicher Weise werden auch Turbinen mit
                              									Zwischendampfentnahme für Heizzwecke ausgeführt; ein besonderes Regulierventil hält
                              									den Dampfdruck an der Anzapfstelle konstant. Statt der bekannten Parsons-Drosselregulierung mit Dampfdruckrelais wird
                              									jetzt eine Druckölsteuerung ausgeführt, deren Kraftkolben unter dem Einfluß des
                              									Drucköls der Zentralschmierung sieht und beim Versagen derselben die Turbine
                              									abstellt. Zur Erzeugung des Drucköls wird eine Kreiselpumpe verwendet, die von einer
                              									besonderen zweikränzigen kleinen Dampfturbine angetrieben wird. Oft befindet sich
                              									die Oelpumpe auch auf der Regulatorwelle. Pumpe und Reguliermechanismus sind dann in
                              									gedrängter Anordnung zusammengebaut. Wie bei der früheren Dampfsteuerung wird auch
                              									hier zur Erzielung einer großen Empfindlichkeit Regulierventil und Steuerkolben in
                              									fortwährend schwingender Bewegung erhalten. Der Steuermechanismus erlaubt auch die
                              									Verstellung des Steuerkolbens von außen und durch magnetisches Fernschaltwerk, so
                              									daß zum Zwecke des Parallelschaltens von Wechselstrommaschinen die Tourenzahl der
                              									Turbine vom Schaltbrett aus um ± 5 v. H. verändert werden kann. Die Teile des
                              									Regulierapparates werden von dem abfliesenden Drucköl reichlich geschmiert, der
                              									Mechanismus selbst ist außerordentlich vereinfacht, dadurch daß die Regulatormuffe
                              									als Steuerorgan für das Drucköl ausgebildet ist. Die Regulierung wirkt, wie
                              									Tachogramme zeigen, sehr rasch und genau. [Zeitschrift für das gesamte Turbinenwesen
                              									1909, S. 549–554 und 567–570.]
                           
                              M.
                              
                           
                        
                           Eine neue Zündvorrichtung an Gasmaschinen.(s. D. p. J. 1908, S. 638.)
                           Die bisher an Großgasmaschinen zur Anwendung gelangten beiden Systeme der
                              									magnetelektrischen Zündung und der durch elektrische Schlagapparate haben den
                              									Nachteil, daß die Zündung bei Schmutz und Nässe versagt, und daß die Abnutzung an
                              									den bewegten Teilen eine sehr große ist. Daher hat die Firma Ehrhardt & Sehmer eine neue Zündung,
                              										„die Lodge-Zündung“, eingeführt, deren
                              									Hauptmerkmal in der Anwendung von Induktionsspulen und Leidener Flaschen besteht. Der Hauptvorteil dieser Zündung besteht darin,
                              									daß der Funke von außerordentlicher Heftigkeit und Durchschlagskraft in jedem Falle
                              									überspringt, und daß bewegliche Teile fehlen. Die für die Lodge-Zündung bei einer doppeltwirkenden Tandem-Gasmaschine erforderlichen
                              									Teile sind eine Akkumulatoren-Batterie von 10 Volt-Spannung, eine auf der
                              									Steuerwelle sitzende Kontaktscheibe mit den zugehörigen Stromabnehmern, vier
                              									Zündkästen, je einer für jede Zylinderseite und vier Zünddeckel. Die Kontaktscheibe
                              									hat den Vorteil, daß die Isolation nur für acht Volt auszuführen ist. Die Zündkästen
                              									enthalten einen Induktionsapparat (Ruhmkorff) und zwei
                              										Leidener Flaschen. Eine am oberen Teile der
                              									Zündkästen angebrachte Funkenstrecke für einen Kontrollfunken ermöglicht die
                              									Beobachtung der Zündung. (F. Luhr.) [Zeitschrift für
                              									Dampfkessel und Maschinenbetrieb, 1909, Seite 480.]
                           J.
                           
                        
                           Zur Kinematik der Fliegschwingen.
                           Für das Entwerfen brauchbarer Fliegvorrichtungen mit Auf- und Antrieb durch Schwingen
                              									wird das Vorbild aerodynamisch günstigster Wirkungsweise zu entnehmen sein aus
                              									sorgfältigen Untersuchungen der Bewegungsverhältnisse der Schwingen von
                              									Flug-Geschöpfen; gleichgültig welcher Gattung und Größe, wenn nur die Beobachtungen
                              									objektiv einwandsfrei sind. Darum sei an dieser Stelle über die Untersuchungen des
                              									Physiologen L. Bull berichtet.
                           Bull bedient sich des elektrischen Funkens,Comptes Rendus, 21. März 1904, L. Bull: Application de l'étincelle électrique
                                    											à la chronophotographie des mouvements rapides. um in einer Sek.
                              									eine sehr große Zahl aufeinanderfolgender Bilder von raschen Bewegungen
                              									photographisch aufzunehmen. So nun beobachtete er im Institut Marey zu Paris den Flug von Insekten, die ihre
                              									volle Freiheit hatten; und zwar vorläufig während der ersten Augenblicke nach dem
                              									Abfliegen.
                           Solange eine Libelle ruhig sitzt, hält sie, wie bekannt, ihre vier Flügel in einer
                              									lotrechten Ebene über dem Rücken. Im Augenblicke, wo sie abfliegen will, senkt sie
                              									zuerst die Vorderflügel und bringt dieselben gleichzeitig nach vorn bis vor den
                              									Kopf. Die Enden der Flügel beschreiben dann weiterhin Kurven, die zur lotrechten
                              									schräg und nach oben konkav sind, und in ihrem mittleren Teile die Flugrichtung,
                              									wenn diese wagerecht ist, unter ungefähr 45° schneiden (Fig. 1). Das Niederschlagen der Flügel geschieht von hinten nach vorn zu;
                              									und die Umkehr der Bewegung an den Punkten des Schwungwechsels, in einer mehr oder
                              									weniger breiten Rundung. Die Hinterflügel beschreiben eine ganz ähnliche Bahn, aber
                              									mit einer Nacheilung gegen die vorderen um ⅛ bis ¼ des Umlaufs. Um ebensoviel später
                              									fangen sie ihre Bewegung beim Abfliegen an. Die Auf- und Abwärtsbahnen eines
                              									Flügelendes fallen nicht genau zusammen, sie schneiden sich in der Mitte, so daß sie
                              									in bezug auf den Libellenkörper die Form einer 8 bilden, wie das bereits MareyMarey: Le mouvement. 1894, Masson, éditeur,
                                       												Paris. und PettigrewTransaction of the Royal Society Edinburgh,
                                       												1872, Bd. 26, Pettigrew: On the physiology
                                       												of wings. angegeben haben. Bull fand dieses Sichkreuzen bei sämtlichen von ihm beobachteten Insekten,
                              									jedoch sind die Rundungen in der äußersten Lage verschieden, sogar bei ein und
                              									demselben Insekt bei verschiedener Richtung des Flugs.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 286
                              Fig. 1. Bewegung der Flügelspitzen einer Libelle, Neigung
                                 										der Flügelflächen und Flugbahn eines bestimmten Punktes des Kopfes.
                              
                           Fast während der ganzen Strecke, wo der Flügel nach unten und vorn zu bewegt wird,
                              									hat seine Fläche wagerechte Lage. Im unteren Hubwechsel angekommen, dreht sich die
                              									Fläche plötzlich um 90°, manchmal auch mehr, und geht in lotrechter Lage zurück bis
                              									zum oberen Hubwechsel. Ermittelt man die dabei sich ergebende Bewegung aus den
                              									Photographien, so kann man die Verschiebung des Insektes von Bild zu Bild verfolgen
                              									und findet, was sich bei dieser abwechselnden Flächenstellung voraussehen ließ, daß
                              									ihr Niederschlagen von hinten nach vorn in der Hauptsache die Hebung und ihre
                              									Rückehr von vorn nach hinten die Fortbewegung bewirkt. Wahrscheinlich ändert sich
                              									das aber, wenn eine bestimmte Verschiebungsgeschwindigkeit (Fluggeschwindigkeit)
                              									erreicht ist, die bei guten Fliegern weit größer sein kann als die
                              									Umlaufsgeschwindigkeit der Flügel; das Wirken der Flügel ist dann offenbar nicht
                              									mehr ganz dasselbe. Beim Abfliegen jedoch beschreibt der Körper einer Libelle, wie
                              										LendenfeldSitzungsberichte d. K. Akad. d. Wissenschaften, Wien, 1. Abtlg.
                                       												1881, Bd. 83, Lendenfeld: Der Flug der
                                       												Libellen. es vermutete, sinuslinige Bahnen, deren
                              									aufsteigender Teil dem Aufschlagen der Flügel entspricht. In dem Maße wie die
                              									Verschiebungsgeschwindigkeit zunimmt, werden die Sinuslinien flacher und
                              									flacher und verschwinden wahrscheinlich schließlich ganz.
                           Die Flügelwölbung ließ sich leicht beurteilen an Hand von Reihen stereoskopischer
                              									Aufnahmen. Die Flügel sind eben, wenn sie durch die oberste Lage gehen. An allen
                              									andern Punkten ihres Umlaufs sind sie etwas gewölbt und zwar immer konkav auf
                              									derjenigen Seite, auf welcher sie gegen die Luft drücken. Diese Konkavität ändert
                              									ihren Sinn mit der Richtung der Flügelbewegung und ist sehr stark ausgeprägt während
                              									der ersten Augenblicke der Rückbewegung der Flügel nach hinten. Man bemerkt auch in
                              									dem Augenblicke, wo die Bewegungsrichtung des Flügels sich umkehrt, daß sich der
                              									Flügel verdreht und dabei Konturen wie ein Schraubenflügel zeigt. Diese Torsion ist
                              									beträchtlich bei den Zweiflüglern, deren Flügel in der Nähe des Gelenks ziemlich
                              									breit sind; sie tritt weniger hervor bei der vierflügeligen Libelle, deren Flügel
                              									verhältnismäßig schmal sind. Aber wenn man die Oberflächen der beiden Flügel einer
                              									Seite zusammen betrachtet, so findet man viel Aehnlichkeit mit der Oberfläche des
                              									einen und breiteren der Zweiflügler, in demselben Augenblick. [Comptes Rendus, 1909,
                              									S. 942–944.]
                           
                              Erich Schneckenberg.
                              
                           
                        
                           Eisenbetondecken System Burckartz.
                           In Wohngebäuden sind Plattenbalkendecken wegen ihrer Schallundichtigkeit ungeeignet,
                              									wenn nicht dieser Uebelstand durch Ausfüllen der Zwischenräume zwischen den Rippen
                              									durch ein geeignetes Füllmaterial, sowie durch Aufbringen von Deckschichten über der
                              									Platte beseitigt wird. In Deutschland sind in den letzten Jahren vielfach
                              									Massivdecken aufgekommen, bei denen die tragenden 15–30 cm hohen Rippen unter der
                              									5–7 cm starken Deckenplatte einen Abstand von 25–40 cm haben, so daß zwischen den
                              									Rippen 20–33 cm breite Hohlräume entstehen. Zur Erzielung einer ebenen Unterschicht
                              									wird an die Rippen eine ebene Putzdecke aufgehängt, oder es werden die Hohlräume mit
                              									Formsteinen aus Magerbeton, Schlackenbeton, gebrannten Ton, Gips ausgefüllt, womit
                              									eine erhebliche Schalldämpfung verbunden ist. Diese Formsteine werden auf einer
                              									Schalung derart verlegt, daß der Raum für die später herzustellenden Betonrippen
                              									frei bleibt. Die Rippen laufen alle zur kürzeren Richtung des zu überdeckenden
                              									Raumes parallel. Bei größeren Spannweiten oder beschränkter Konstruktionshöhe ist
                              									eine Anordnung der Rippen nach beiden Richtungen in Verbindung mit einer kreuzweisen
                              									Armierung empfehlenswert, da die Druckfestigkeit der Deckenplatte nach zwei
                              									aufeinander senkrecht stehenden Richtungen ausgenutzt wird. Man erhält eine
                              									Kassettendecke, deren Hohlräume zwischen den sich kreuzenden Rippen mit Formsteinen
                              									ausgefüllt werden können. Die oben erwähnten Formsteine sind jedoch hierzu nicht
                              									geeignet, weil sie nach einer Richtung hin offen sind, so daß der Beton der
                              									Querrippen in die Hohlräume des Steines eindringen würde, wenn die Köpfe der Steine
                              									nicht durch Pappstücke u. dergl. verschlossen würden.
                           Man hat auch Formsteine mit Hohlräumen in senkrechter Richtung verlegt, deren
                              									Seitenflächen für die Betonrippen die Schalung bilden, und die oben durch einen
                              									aufgelegten Deckel verschlossen werden, während auf der Unterseite eine besondere
                              									Putzdecke aufgehängt werden muß. Diese Ausführung ist teuer und umständlich.
                           Burckartz verwendet statt dessen zur Ausfüllung einen
                              									allseitig geschlossenen Hohlkörper, der aus 4 Formsteinen zusammengesetzt ist. Der
                              									die Strangfalzpresse verlassende Hohlstein mit Hohlräumen parallel zur Längsrichtung
                              									wird nicht senkrecht zu dieser Richtung, sondern unter einem Winkel von 45° zur
                              									Längsrichtung durch Vertikalschnitte derart zerlegt, daß dreieckige, rechtwinkelig
                              									gleichschenklige Prismen mit geschlossener Hypotenusenwand und durch Oeffnungen
                              									unterbrochenen Kathetenwänden entstehen. Je 4 dieser Formsteine werden auf die
                              									Deckenschalung zu einem in der Grundfläche quadratischen Hohlkörper
                              									zusammengeschoben, dessen Außenflächen seitlich, oben und unten vollständig
                              									geschlossen sind. Die offenen Kathetenflächen bilden die Diagonalflächen des
                              									zusammengesetzten Hohlkörpers.
                           Die Formsteine haben an den Hypotenusenflächen unten nach außen gerichtete Leisten,
                              									mit denen die verlegten Hohlkörper aneinanderstoßen.
                           Hierdurch entsteht ein quadratisches Netz seitlich und unten begrenzter Kanäle zur
                              									Aufnahme der Betonrippen mit ihren Eiseneinlagen. Nach Herstellung dieser Rippen bis
                              									zur Oberkante der Deckensteine wird die ganze Fläche noch durch eine mehrere cm
                              									starke Deckenplatte aus Beton überdeckt, – Während der Betonquerschnitt nach beiden
                              									Deckenrichtungen gleich ist, wird der Eisenquerschnitt in jeder Richtung der
                              									Spannweite entsprechend verschieden gewählt. In Amerika werden Hohlsteine von 10–20
                              									cm Höhe verwendet. Diese werden entweder aus gebranntem Ton oder aus Zement Sand und
                              									Kalk oder Ton hergestellt. Auch diese Betonsteine wurden auf der Strangpresse
                              									hergestellt, da sich ihre Masse in einer plastischen Mischung ebenso verarbeiten
                              									ließ wie gekneteter Ton. – [Beton und Eisen 1909, S. 378–380.]
                           Dr.-Ing. Weiske.
                           
                        
                           Maschinen und Kraftwirtschaft in Hüttenwerken.
                           Dem Vortrage des Hr. Ingenieur Dr. H. Hoffmann aus
                              									Bochum im Berliner Bezirksverein des Vereins deutscher Ingenieure vom 20. April über
                              									diesen Gegenstand entnehmen wir Folgendes:
                           Daß unsere großen Hüttenwerke im vergangenen Jahre trotz niedriger Verkaufspreise
                              									verhältnismäßig hohe Gewinne herausarbeiten konnten, ist zu einem beträchtlichen
                              									Teile die Frucht einer planmäßigen, mit großen Mitteln arbeitenden Kraftwirtschaft.
                              									Beste Ausnutzung der Gichtgase und zweckmäßigste Verteilung und Verwendung der
                              									Energie sind deren wichtigste Aufgaben. In der Anwendung der Gasmaschinen übertrifft
                              									Deutschland alle anderen Länder; aber auch die Vereinigten Staaten sind in den
                              									letzten Jahren auf diesem Gebiete vorangekommen.
                           Die Zweitaktmaschine hat in der doppeltwirkenden Körtingschen Bauart ihren Platz behauptet und ist besonders für den
                              									Gebläseantrieb beliebt. Die Viertaktmaschine ist aber weit verbreiteter. Während man
                              									bis vor einigen Jahren beim Viertakt nur bis 1000 PS in einem Zylinder ging,
                              									erreicht man jetzt 1200–1300 PS; sogar 1500 pferdige Zylinder sind im Bau. Beim
                              									Zweitakt übertreffen die Leistungen in einem Zylinder – bis 2000 PS – noch weit die
                              									des Viertaktes. Die Konstruktionen müssen insbesondere ein Reißen derartiger
                              									Zylinder ausschließen. Bei der Zweitaktmaschine, die von Natur vorzüglich geregelt
                              									werden kann, ist das Ladeverfahren noch verbessert worden. Beim Viertakt hat man die
                              									Regelung verfeinert und die Steuerung vereinfacht. Für den Betrieb der
                              									Hochofengebläse kommt bei uns nur die Gasmaschine in Frage. Für das
                              									Stahlwerkgebläse herrscht noch der Dampfantrieb; mehrere Gasstahlwerkgebläse laufen
                              									aber bereits, und einige sind mit Leistungen von je 4000 PS im Bau.
                           Beim Drehstromantrieb von Schwungrad-Walzenstraßen ist es gelungen, die Umlaufszahl
                              									zweckmäßig zu regeln und die störende Rückwirkung auf das Kraftwerk auszugleichen,
                              									die wenig belastete Motoren durch Herabziehen des Leistungsfaktors ausüben. Man
                              									setzt hinter solche Motoren besondere Regelgetriebe oder verwendet
                              									Drehstrom-Kollektormotoren, eine Bauart, deren Entwicklung noch im Fluß ist. Bei den
                              									Umkehrwalzwerken, die bis 15000 PS und mehr erfordern, ist der elektrische Antrieb
                              									in scharfen Wettbewerb mit dem herrschenden Dampfantrieb eingetreten. Technisch ist
                              									der elektrische Antrieb vollkommen, man streitet aber wegen des wirtschaftlichen
                              									Erfolges. Zur Zeit laufen schon viele elektrische Umkehrantriebe; noch mehr sind im
                              									Bau und zwar zum Walzen von Blöcken, Panzerplatten, Trägern, Knüppeln, Blechen und
                              									Schienen. Für die elektrischen Kraftwerke gilt bei uns die Gasmaschine als
                              									günstigster Antrieb. Ihr tritt die billigere Dampfturbine entgegen, die mehr
                              									ausgenutzt werden kann, weil sie überlastungsfähig ist. Bei den Gaskraftwerken
                              									müssen die Belastungsstöße gut abgefangen werden. Man kann heute auch für Drehstrom
                              									vorteilhafte Schwungrad-Puffersätze bauen. Günstig ist der gemischte Antrieb:
                              									Gasmaschinen zusammen mit Dampfturbinen. Dampfturbinen können nämlich, auch wenn sie
                              									nur mit einem mäßigen Bruchteil an der ganzen Krafterzeugung beteiligt sind,
                              									vorzüglich puffern. Man muß sie dementsprechend einregeln; sie können dann
                              									selbsttätig eingreifen und die Frequenz einhalten.
                           
                        
                           Webstuhl-Entlaster Herkules.
                           Die übliche Schützenbewegung durch Schlag erfordert einen nicht unbedeutenden
                              									Kraftaufwand. Der Schützen soll nämlich das Fach möglichst schnell durcheilen, dann
                              									aber beim Eintritt in den gegenüberliegenden Schützenkasten auch Arbeit verrichten.
                              									Er muß bekanntlich die unter Einwirkung einer Feder stehende Schützenkastenzunge
                              									nach außen drücken, um mittels derselben den Stecher zu heben, der sonst in den
                              									Puffer einfallen und den Stuhl abstellen würde. Die durch den Andruck der Zunge
                              									entstehende Reibung, welche der Schützen beim Ein- und Austritt aus dem Kasten
                              									überwinden muß. absorbiert einen nicht unerheblichen Teil der für die
                              									Schützenbewegung aufgewendeten Arbeit; sie zu verringern ist Zweck einer von O. Lüthy in Isny erdachten, sinnreichen Vorrichtung,
                              									die gesetzlich geschützt ist. In der Mitte der Schützenkastenzunge ist eine um eine
                              									senkrechte Achse drehbare Hartgummirolle mit Selbstöler eingesetzt. Hierdurch wird
                              									die gleitende Reibung in rollende umgewandelt, und dem Schützen der Ein- bezw.
                              									Austritt aus dem Schützenkasten erleichtert.
                           Es ist einleuchtend, daß durch diese Einrichtung eine ansehnliche Kraftersparnis
                              									erreicht wird, bezw. daß bei gleicher Kraftanwendung die Tourenzahl des Webstuhles
                              									erhöht werden kann. Außerdem soll die Benutzung des Entlasters Herkules ruhigeren
                              									Gang des Stuhles sowie Ersparnis an Schlagriemen, Pickers und Webschützen zur Folge
                              									haben. [Leipz. Monatsschrift f. Textilindustrie 1909, Spezialnummer 3.]
                           
                              Hg.