| Titel: | Neuerungen im Telegraphen- und Fernsprechwesen. | 
| Autor: | Otto Arendt | 
| Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 343 | 
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                        Neuerungen im Telegraphen- und
                           									Fernsprechwesen.s. D. p. J. 1809, Bd.
                                 										324, S. 615 u. ff.
                        Von Otto Arendt, Kaiserl.
                           								Telegrapheningenieur.
                        Neuerungen im Telegraphen- und Fernsprechwesen.
                        
                     
                        
                           Die Maschinentelegraphen ersetzen die unvollkommene
                              									Betätigung des Senders mit der Hand durch Maschinenarbeit und vollziehen zumeist
                              									auch die Uebersetzung der im Empfangsamte ankommenden elektrischen Zeichen in eine
                              									für jedermann lesbare Schrift.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 343
                              Fig. 1.
                              
                           In bezug auf den Empfang sind der Hughes- und der Baudot-Apparat Maschinentelegraphen. Der Apparat, von
                              										Wheatstone ist ein Maschinentelegraph, der auf
                              									selbsttätigem Wege Morse-Zeichen entsendet. Der Sender
                              									enthält ein Laufwerk mit Gewichtsantrieb, dessen Geschwindigkeit in weiten Grenzen
                              									durch die Verstellung eines Hebels geändert werden kann, und das bestimmt ist, einen
                              									mit Gruppen von Löchern versehenen Papierstreifen zu bewegen und zugleich den in
                              										Fig. 1 genauer erkennbaren Wagebalken B um die Achse A hin und
                              									her zu schwingen. Durch die Stifte C1 und C2 (Fig. 1) wirkt der
                              									Wagebalken B auf die um die festen Achsen a1 und a2 drehbaren
                              									Winkelhebel h1 und h2, an welchen die bei
                              										m befestigten Federn f1 und f2 derart ziehen, daß die am Ende von h1 und h2 befestigten Stößer
                              										S1 und So dauernd
                              									bestrebt sind, sich nach oben zu bewegen. Die Schwingungen des Balkens B regeln jedoch die Bewegungen derart, daß der eine
                              									Stößer niedergedrückt wird, wenn der andere aufwärts steigt. Dabei schieben die mit
                              										h1 und h2 verbundenen Schieber
                              										s1 und s2 den mit der Leitung
                              									verbundenen Hebel H derart hin und her, daß er
                              									abwechselnd die Kontakte K1 und K3
                              									berührt, während zugleich der isoliert auf H
                              									befestigte, mit der Erde verbundene Hebel h3 die Kontakte K2 und K4 berührt, so daß abwechselnd positive und negative
                              									Stromstöße in die Leitung gesandt werden (Doppelstrom). Die Kupplung des Hebels H mit den Stangen s1 und s2 ist durch die Anschlagstücke D1 bezw. D2 so lose bewirkt, daß
                              										H nur bewegt wird, wenn S1 und S2 sich in ihrer äußersten Stellung nach oben oder
                              									nach unten befinden. In ihrer Mittelstellung üben S1 und S2 keinen Einfluß auf H
                              									aus. H wird während dieser Zeit durch das auf seine
                              									Spitze drückende Reiterröllchen R in seiner Sellung
                              									nach links oder rechts festgehalten. Um Abgrenzung der Morse-Zeichen zu erzielen, wird die Dauer des Zeichen- oder des
                              									Trennstromes mit Hilfe des von dem Sternrad r über den
                              									Stößern hinweggeführten Papierstreifens folgendermaßen geregelt. Der Papierstreifen
                              										(Fig. 2) enthält in der Mitte Führungslöcher, in
                              									welche die Zähne des Sternrades r eingreifen. Durch
                              									einen mit der Hand betriebenen Stanzapparat werden Lochgruppen (für den Morse-Punkt zwei Löcher senkrecht übereinander, für den Morse-Strich seitlich versetzt übereinander) in den
                              									Streifen gestanzt, derart, daß beim Zeichen für den Punkt beide Stanzlöcher mit
                              									einem Führungsloch, beim Zeichen für den Strich das erste (obere) Stanzloch mit
                              									einem Führungsloch, das zweite (untere) Stanzloch mit dem nächstfolgenden
                              									Führungsloch in einer senkrechten Geraden liegen. (Bei der Wiedergabe der Zeichen in
                              										Morse-Schrift in der zweiten Zeile in Fig. 2 sind die Striche wegen Raummangels senkrecht
                              									gestellt.) Das Führungsrad r (Fig. 1) und der Balken B sind nun derart
                              									verkuppelt, daß während einer ganzen Schwingung des Balkens B sich r um einen Zahn weitergedreht hat, und
                              									dabei ist die Stellung der Zähne so geregelt, daß der Stößer S1, wenn er seine höchste Lage erreicht,
                              									den Papierstreifen immer unmittelbar neben einem Führungsloch trifft, also unfehlbar
                              									die in der oberen Reihe befindlichen Löcher des Papierstreifens treffen muß. Der
                              									Stößer S2, der um den
                              									Abstand der Lochreihen des Papierstreifens nach vorn gerückt ist, trifft den
                              									Streifen um eine halbe Schwingung von B später, also
                              									wenn der Streifen sich um den halben Abstand zweier Führungslöcher weiterbewegt hat.
                              									Um ihm trotzdem das Auftreffen auf die stets mit den Führungslöchern in gleicher
                              									Lage befindlichen Stanzlöcher zu sichern, ist er gegen S1 um ein entsprechendes Stück nach links
                              									hin (in der Bewegungsrichtung des Streifens) versetzt. Die Zeit, die vergeht von dem
                              									Augenblick, wo S1 in
                              									ein Stanzloch fährt bis dahin, wo S2 ein Stanzloch trifft, ist die Dauer des in die
                              									Leitung gesandten Zeichenstromes.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 344
                              Fig. 2.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 344
                              Fig. 3.
                              R1 R2 polarisierte
                                 										Uebertragungsrelais – N1 N2 neutrale Relais – U3 U4 selbsttätige Umschalter – M1
                                 										M2 selbstauslösende Farbschreiber – Kl Klopfer – R3 Relais zur Betätigung des
                                 										Klopfers – F Mitlesefernhörer – T1 T2 Doppelstromtasten.
                              
                           Als Empfänger dient für Wheatstone-Zeichen ein
                              									polarisierter Morse-Apparat, dessen Empfangsstreifen
                              									mit beliebig veränderlicher Geschwindigkeit an einem Farbrädchen vorbeigeführt wird,
                              									das durch den ankommenden Zeichenstrom gegen den Streifen gedrückt, durch den
                              									Trennstrom wieder davon abgerückt wird.
                           Die Laufgeschwindigkeit des Sender- und des Empfangsstreifens wird je nach der
                              									Beschaffenheit der Leitung und der Empfangsapparate beschleunigt. Es werden
                              									Telegraphiergeschwindigkeiten bis zu 60 Wörtern i. d. Min. erreicht. (Näheres s. Kraatz, Maschinentelegraphen; aus der Sammlung
                              									Telegraphen- und Fernsprechtechnik in Einzeldarstellungen, herausgegeben-von Th. Karraß; Verlag von F.
                                 										Vieweg & Sohn in Braunschweig.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 344
                              Fig. 4.
                              
                           Die Indoeuropäische Telegraphengesellschaft verwendet
                              									den Wheatstone-Apparat für den direkten Verkehr
                              									zwischen England und Persien bezw. Indien. Die Leitungen, deren längste
                              									Betriebsstrecke neuerdings 8600 km beträgt (für den Verkehr von Manchester bis
                              									Karatschi), enthalten das in Emden gelandete über 400 km lange englischdeutsche
                              									Kabel und bestehen im übrigen vorwiegend aus 6 mm starkem Eisendraht. Auf je 500–600
                              									km Leitungsstrecke ist eine Uebertragung eingeschaltet, Das Uebertragungsamt
                              									empfängt den Strom, der zur Betätigung des eigentlichen Empfangsapparates zu schwach
                              									ist, in einem empfindlichen Relais, mit Hilfe dessen Anker der Strom der
                              									Uebertragungsbatterie in den weitergehenden Leitungszweig gesandt wird. Fig. 3 zeigt das Schema der Wheatstone-Uebertragungen nach dem Muster der Uebertragung in Emden. Der
                              									z.B. von London ankommende Strom gelangt über den linken Hebel des selbsttätigen
                              									Umschalters U4 zu dem
                              									polarisierten Empfangsrelais R1, durchfließt danach das neutrale Relais N1 und erreicht über
                              									den Kondensator von 40 Mf, dem 3500 Ohm parallel geschaltet sind (Marxwell-Erde zur Verbesserung des Empfangs aus dem
                              									Seekabel) die Erde. Die Induktanzrolle J soll die Kurve
                              									des ankommenden Stromes verteilen. N1 ist so eingerichtet, daß, solange kein Strom
                              									ankommt, sein Anker in der Mitte zwischen beiden Kontaktanschlägen steht. Jeder
                              									durch N1 fließende
                              									Strom legt den Anker gegen einen Kontakt und schließt dadurch einen Ortsstromkreis,
                              									in welchem die Windungen des selbsttätigen Umschalters U3 liegen. Diese erhalten Strom, ziehen
                              									ihre Anker an (gegen die inneren Kontakte) und verbinden dadurch den nach Berlin
                              									weiterführenden Leitungszweig mit der Zunge des Relais R1, so daß nun die von R1 empfangenen Zeichen
                              									in die Leitung nach Berlin übertragen werden. Wird in der umgekehrten Richtung
                              									(Berlin-London) gearbeitet, so bleibt U3 stromlos, seine Hebel also in der Ruhelage nach
                              									außen, während U4 Strom
                              									erhält und seine Hebel anzieht (nach innen). Die Benutzung der selbsttätigen
                              									Umschalter U3 und U4 wird durch den
                              									Doppelstrombetrieb bedingt. Das Schema der mit Einfachstrom betriebenen Uebertragung
                              									in Fig. 4 (z.B. für Hughes- oder Klopferleitungen) läßt die Notwendigkeit der selbsttätigen
                              									Umschalter für den Doppelstrombetrieb erkennen, denn der dort (Fig. 4) zum Anschluß des einen Leitungszweiges
                              									benutzte zweite Relaiskontakt (Ruhekontakt) r ist hier
                              										(Fig. 3) durch die Trennbatterie besetzt. Vom Linienstrom
                              									wird über den zweiten Hebel des selbsttätigen Umschalters U3 oder U4 ein Teil durch das Ortsrelais R3 abgeleitet, um die
                              									durchgehenden Zeichen am Klopfer Kl oder am Fernhörer
                              										F mithören zu können. Die Umschalter U1 und U2 in Fig. 3 gestatten, die Leitung zu trennen und dann mit
                              									Hilfe der Tasten T1 und
                              										T2, sowie der Morse-Empfänger M1 und M2 mit den übrigen Aemtern in Verbindung zu
                              									treten.
                           Dem Wheatstone-Sender ähnliche Sender, z.B. diejenigen
                              									von Herbert Taylor oder von P.
                                 										B. Delany dienen zu der früher erwähnten selbsttätigen Abgabe der Zeichen
                              									in lange Unterseekabel. Sie besitzen meist Vorrichtungen, um zur Beschleunigung der
                              									Entladung das Kabel nach jeder Stromsendung vorübergehend mit Erde zu verbinden.
                              									Dabei kann der Zeitpunkt und die Dauer der Erdverbindung geregelt werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 345
                              Fig. 5.
                              
                           Der Maschinentelegraph von Murray besitzt einen dem Wheatstoneschen ähnlichen Sender, dessen Lochstreifen
                              									jedoch nur eine Reihe gestanzter Löcher besitzt, und der dementsprechend nur mit
                              									einem Stößer arbeitet (S in Fig. 5). Der Papierstreifen P wird auch hier
                              									durch ein Sternrad r mit Hilfe der im Streifen
                              									vorhandenen Führungslöcher in der Pfeilrichtung bewegt. Die im Sinne des Uhrzeigers
                              									sich drehende Scheibe B bewegt das um die feste Achse
                              										A drehbare Hebelwerk h1, h2, St so, daß der
                              									Stoßbalken St sich fortwährend in der wagerechten Linie
                              									hin und herbewegt und dabei auf den Arm a1 oder a2 des um C drehbaren
                              									Hebelwerkes H trifft, je nachdem er durch den Stößer
                              										S nach oben oder nach unten geführt wird. Die Arme
                              										a1 und a2 sind mittels der
                              									schwarz gezeichneten Hartgummieinlagen isoliert an dem Hebelwerk H befestigt. Findet S ein
                              									Loch im Streifen über sich, so drängt er so weit aufwärts, daß der Balken St gegen a1 geführt und hierdurch der Hebel H gegen den Kontakt K1 gelegt, somit die Leitung mit dem positiven
                              									Batteriepol verbunden wird. Wenn S und St wieder in die Ruhelage zurückgehen, bleibt H gegen K1 liegen, gehalten durch das Reiterröllchen R; der Strom fließt also weiter in die Leitung. Findet
                              										S bei der nächsten Aufwärtsbewegung wieder ein Loch
                              									über sich, so macht St dieselbe Bewegung wie vorher,
                              									ändert an der Stellung von H also nichts. Es fließt
                              									daher so lange positiver Strom in die Leitung, bis der Stößer S eine nicht durchlochte Stelle, eine sogen.
                              									Blankstelle im Papierstreifen trifft, und infolgedessen das Hebelwerk die in Fig. 5 gezeichnete Stellung einnimmt. Durch die
                              									Gruppierung der Löcher und der Blankstellen im Streifen, die in den verschiedenen
                              									Kombinationen zu 5 erfolgt, ist es daher möglich, die Dauer des Zeichen- und des
                              									Trennstromes nach Bedarf abzugrenzen.
                           Dem Empfänger ist die Aufgabe gestellt, einen dem Sendestreifen genau gleichen
                              									Empfangsstreifen zu stanzen. Im Empfangsamt wird der ankommende Strom durch das
                              									polarisierte Linienrelais L (Fig. 6) zur Erde geführt. Trennstrom führt den Hebel dieses Relais
                              									gegen den Ruhekontakt (rechts), Zwischenstrom gegen den Arbeitskontakt (links). In
                              									letzterem Falle erhalten der Auslöseelektromagnet A,
                              									das Gleichlaufrelais G und das Stanzrelais S1 aus der Ortsbatterie
                              										B1 Strom. Bei
                              									neueren Apparaten ist der Auslösemagnet durch eine vom Stanzmagneten in Tätigkeit
                              									gesetzte mechanische Auslösevorrichtung ersetzt. Eine zweite Ortsbatterie B2 speist den
                              									Unterbrecherelektromagneten U, den
                              									Bewegungselektromagneten B und den Stanzelektromagneten
                              										M. U hält die in dem Metallklotz b befestigte, durch die Hand in Schwingungen versetzte
                              									Stahlzunge Z mit Hilfe des
                              									Selbstunterbrechungskontaktes C1 in Schwingungen. Während der einen Hälfte ihrer
                              									Schwingungsperiode schließt Z den Kontakt C2, während der anderen
                              									den Kontakt C3.
                              									Jedesmal in der ersten Hälfte einer Schwingung der Zunge Z erhält daher der Elektromagnet B Strom und
                              									betätigt dabei einen Mechanismus, durch welchen der zum Empfang der Zeichen
                              									bestimmte Papierstreifen um eine Lochbreite weiter bewegt wird. Während der
                              									dazwischenliegenden halben Perioden werden in den Papierstreifen, der in diesen
                              									Zeitabschnitten still liegt, die zur Darstellung der Buchstabenzeichen
                              									erforderlichen Löcher durch Vermittlung des Stanzelektromagneten M eingestanzt, der über den Kontakt C3 aus der Ortsbatterie
                              										B2 jedesmal dann
                              									Strom erhält, wenn gleichzeitig der Hebel des Stanzrelais S1 am Arbeitskontakt (links) liegt. Dies
                              									ist der Fall, solange das Linienrelais L Zeichenstrom
                              									erhält, solange also im Sender (Fig. 5) der Stößer
                              										S Löcher im Streifen über sich findet. Die
                              									Blankstellen im Sendestreifen veranlassen die Absendung von Trennstrom, der beim
                              									Empfangsamt den Hebel des Linienrelais nach links legt, so daß das Stanzrelais S1 stromlos, sein Hebel
                              									durch die Abreißfeder wieder gegen den Ruhekontakt geführt und infolgedessen der
                              									Stanzelektromagnet nicht erregt wird. Der Bewegungselektromagnet B arbeitet also allein; er schiebt den Streifen mit
                              									jeder Schwingung um eine Lochbreite weiter, ohne daß jedoch ein Loch gestanzt wird.
                              									So werden die im Sendestreifen enthaltenen Zeichen auf den Empfangsstreifen
                              									übertragen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 345
                              Fig. 6.
                              
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)