| Titel: | Neuerungen im Telegraphen- und Fernsprechwesen. | 
| Autor: | Otto Arendt | 
| Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 443 | 
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                        Neuerungen im Telegraphen- und
                           								Fernsprechwesen.
                        Von Otto Arendt, Kaiserl.
                           								Telegrapheningenieur.
                        (Fortsetzung von S. 427 d. Bd.)
                        Neuerungen im Telegraphen- und Fernsprechwesen.
                        
                     
                        
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 443
                              Fig. 27.
                              
                           H. Marchand-Thiriar in Laeken hat zum mehrfachen
                              									Telegraphieren die Schaltung nach Fig. 27 angegeben,
                              									welche die Benutzung beliebiger Gleichstromapparate, besonders des Morse-, Klopfer- und Hughes-Apparats, gestattet. Wird die Taste T1 zur Abgabe eines Zeichens gedrückt, so
                              									fließt aus der Batterie p ein positiver Strom mittlerer
                              									Stärke in die Leitung und am empfangenden Ende durch die polarisierten Relais R p, R n und R P. R p und
                              										R P sprechen nur auf positive Ströme an, jedoch
                              									bedarf R P eines besonders starken Stromes, während R p schon auf mittelstarke Ströme anspricht. R n spricht nur auf negative Ströme an. Da die Batterie
                              										p nur mittelstark ist, wird beim Telegraphieren mit
                              									der Taste T1 der Hebel
                              									des Relais R p bewegt, welcher den Ortsstromkreis für
                              									den Empfangsapparat A1
                              									schließt. Die Taste T2
                              									entsendet negativen Strom, welcher das Relais R n
                              									betätigt, dessen Anker den Ortsstromkreis für den Empfangsapparat A2 unterbricht und
                              									hierdurch ein Zeichen hervorbringt. Arbeiten beide Tasten zu gleicher Zeit, so sind
                              									die gleich starken Batterien p und n gegeneinander geschaltet und heben sich in ihrer
                              									Wirkung auf, so daß nur die große positive Batterie P
                              									zur Geltung kommt und einen starken positiven Strom in die Leitung sendet, welcher
                              									die Relais R p und RP
                              									betätigt, so daß beide Empfangsapparate Zeichen erhalten. Um in beiden Richtungen
                              									telegraphieren zu können, muß jedes Amt Sendetasten und Empfangsrelais erhalten. Der
                              									Strom durchfließt dann zunächst die Relais des eigenen Amtes, danach diejenigen des
                              									fernen Amtes.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 443
                              Fig. 28.
                              
                           Eine weitere. Ausnutzung ergibt sich, wenn an eine mit der Marchandschen Schaltung betriebene Leitung in der früher beschriebenen
                              									Weise Wechselstromapparate angeschaltet werden, oder wenn die Leitung in
                              									Brückenschaltung zum Gegensprechen benutzt wird.
                           Fig. 28 gibt das Schema für eine Schaltung nach Henry, welche es ermöglicht, ohne die für den Gegensprechbetrieb sonst erforderliche künstliche
                              									Leitung und deren Abgleichung, auf einer Leitung gleichzeitig zwei Telegramme
                              									hin und zwei Telegramme her zu befördern. Die Empfangsanstalt hat die gleiche
                              									Einrichtung wie das sendende Amt nach Fig. 28. Die
                              									Relais r sprechen auf mittelstarke Ströme an, die
                              									Relais R auf Ströme von mindestens dem 1½fachen Wert.
                              									Jedes Relais hat zwei von einander unabhängige Wickelungen, deren jede den
                              									Relaishebel bewegt, wenn sie vom positiven Strom in der Pfeilrichtung durchflössen
                              									wird. B ist eine große, b1 und b2 sind zwei gleich starke kleinere Batterien. Man
                              									erkennt beim Verfolg der beim Niederdrücken einer oder mehrerer Tasten möglichen
                              									Stromwege, daß durch die Taste T1 z.B. immer dieselbe Rolle des Relais r1 beim eigenen Amte
                              									(zur Kontrolle) sowie des entsprechenden Relais beim empfangenden Amte Zeichenstrom
                              									erhält. Beim Empfangsamte kann die Einrichtung so getroffen werden, daß das Relais
                              										R, welches auf den beim Niederdrücken beider Tasten
                              									des sendenden Amtes eingehenden stärkeren Strom anspricht, entweder die
                              									Empfangsapparate ebenso wie das zugehörige Relais r
                              									betätigt oder daß man im Ruhezustande zur Ortsbatterie des Empfängers einen
                              									Nebenschluß legt, der das Ansprechen des Empfangsapparates verhindert, der aber
                              									durch das Ansprechen jedes der beiden Relais R und r abgeschaltet wird, so daß der Empfänger den vollen
                              									Strom erhält und das Zeichen wiedergibt. Schließlich ist dieselbe Schaltung möglich
                              									wie in Fig. 27, wo durch jedes der beiden Relais der
                              									im Ruhezustand dauernd geschlossene Ortsstromkreis für den Empfänger geöffnet
                              									wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 443
                              Fig. 29.
                              
                           Dem zuerst in Amerika hervorgetretenen Bedürfnis, den Teilnehmern der Goldbörse die
                              									auf ihren Handel bezüglichen Nachrichten schnell zuzustellen und dabei
                              									gleichlautende an mehrere Empfänger gerichtete Telegramme zu gleicher Zeit zu
                              									befördern, verdankt der Börsendrucker (stock printer)
                              									seine Erfindung. In Deutschland ist der Börsendrucker von Siemens & HalskeE. T. Z. 1900, S. 296. in
                              									Gebrauch. In Fig. 29 ist K eine rotierende Kommutatorwalze, deren voneinander isolierte
                              									Metallbelegungen mit dem positiven und mit dem negativen Pol einer Batterie
                              									verbunden sind. Die Schleifbürsten B1 und B2 sind so zueinander gestellt, daß die eine
                              									positiven Strom erhält, während die andere mit dem negativen Pol in Verbindung
                              									steht. Von den
                              									Bürsten wird der Strom einerseits in die Leitung, andererseits über den hohen
                              									Widerstand R, einen Druckelektromagneten C und das polarisierte Relais A zur Erde oder in die Rückleitung geführt. Ein Triebwerk dreht das
                              									Steigrad D und dieses die Kommutatorwalze K. Jedesmal, wenn die Bürsten auf das nächste
                              									Kommutatorsegment hinübergleiten, wechselt die Stromrichtung in der Leitung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 444
                              Fig. 30.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 444
                              Fig. 31.
                              
                           Dabei legt A seinen Anker E um, das Steigrad schnellt um eine halbe Zahnbreite
                              									weiter und bewegt die Walze K um ein Segment vorwärts,
                              									so daß der Strom in der Leitung nun wieder wechselt und dasselbe Spiel von neuem
                              									beginnt. So werden K und D
                              									sprungweise weiter bewegt. Der gleichzeitig von den kurzen Strömen wechselnder
                              									Richtung durchflossene Elektromagnet C spricht nicht
                              									an, weil sein Anker zu träge ist. Wird nun eine der wie Schreibmaschinentasten
                              									angeordneten Sendetasten niedergedrückt, z.B. die Taste T, so schiebt diese den Stift s in die Bahn
                              									des mit der Kommutatorachse rotierenden Hebels H,
                              									der an dieser Stelle so lange festgehalten wird, als die Taste niedergedrückt
                              									bleibt. Da gleichzeitig über H, s und T der Widerstand R
                              									überbrückt wird, fließt nun ein kräftiger Dauerstrom in die Leitung. Unter seinem
                              									Einfluß zieht der Druckelektromagnet C seinen Anker an
                              									und drückt einen Papierstreifen P gegen die unterste
                              									Type des mit D gekuppelten Typenrades F. In gleicher Weise wie beim Sender wird auch beim
                              									Empfänger durch die pulsierenden Ströme ein Typenrad fortgeschaltet und durch den
                              									Dauerstrom der Abdruck des Buchstaben veranlaßt. Der Empfangsapparat besitzt kein
                              									Tastenwerk. Mehrere Empfänger können hintereinander in eine Zirkularleitung
                              									eingeschaltet werden. Sie bedürfen keiner besonderen Bedienung und geben, da sie
                              									stets empfangsbereit sind, z.B. auf dem Schreibtisch aufgestellt, dem daran
                              									Arbeitenden die ankommenden Nachrichten sofort kund.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 444
                              Fig. 32.
                              
                           Eine Ergänzung des Börsendruckes ist der Ferndrucker von Siemens & Halske. Das Räderwerk wird durch die Kraft einer Feder
                              									angetrieben, welche der aus der Batterie B (Fig. 30) gespeiste und durch eine von der Feder
                              									selbsttätig gesteuerte Kontaktvorrichtung k rechtzeitig
                              									in Bewegung gesetzte Motor M immer wieder aufzieht. Die
                              									Triebfeder dreht unter anderem ein Typenrad T und
                              									bewegt eine Kontaktbürste A über eine Kommutatorscheibe
                              										K derart, daß die Bürste abwechselnd den positiven
                              									und den negativen Strom aus der in der Mitte geerdeten Batterie abnimmt. Die
                              									Bewegung der Haupttriebachse wird durch ein Echappement, ebenso wie beim Börsendrucker, begrenzt,
                              									dessen Anker C zugleich der Anker eines polarisierten
                              									Relais E ist. Dieses wiederum wird durch das
                              									polarisierte Relais F gesteuert, denn erhält z.B. das
                              									Relais F über die Bürste A
                              									positiven Strom in der Richtung von a nach b, so schließt seine Zunge h den Kreis B2
                              									+ c h und sendet positiven Strom, erhält F negativen Strom, so schließt h den Stromweg B1
                              									– d h und sendet negativen Strom in das Relais E. Mit jeder Umlegung der Zunge h wird daher auch der Relaisanker C einmal
                              									umgelegt und hierbei das auf der Triebwelle sitzende Steigrad zur Fortschaltung um
                              									einen Zahn freigegeben. Mit dem Steigrad dreht sich zwangläufig das Typenrad um eine
                              									Type und die Bürste A um ein Segment weiter. Hierdurch
                              									wird der Strom im Relais wieder umgekehrt und so die Weiterschaltung des Typenrades
                              									und der Bürste fortgesetzt, bis entweder, wenn keine Taste gedrückt wird, nach
                              									einiger Zeit die selbsttätige Ausschaltung der Batterie durch die Oeffnung des
                              									Ausschalters J erfolgt oder, wenn eine Buchstabentaste
                              									niedergedrückt wird, in gleicher Weise wie beim Börsendrucker die ruckweise
                              									fortschreitende Rotation des Typenrades und der Bürste gehemmt und ein Dauerstrom in
                              									die Leitung gesandt wird, der beim gebenden wie beim nehmenden Amt den
                              									Druckelektromagneten D betätigt und auf beiden
                              									Stationen den untersten Buchstaben des Typenrades auf einen Papierstreifen abdruckt.
                              									Um die Apparate als Sender und als Empfänger benutzen zu können, sind die Umschalter
                              										U1, U2 und U3 angebracht. In der
                              									Ruhe stehen sie in der Empfangsstellung, wie beim Amt II in Fig. 30. Um das Senden zu
                              									ermöglichen, wird vor der Abgabe eines Telegramms eine besondere Taste gedrückt,
                              									durch welche auf mechanischem Wege der Ausschalter J
                              									geschlossen und die Umschalter U1, U2 und U3 in die Sendestellung umgelegt werden, wie beim Amt
                              										I in Fig. 30.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 445
                              Fig. 33.
                              
                           Fig. 31 und 32 zeigen
                              									Abbildungen des Ferndruckers; die in Fig. 31 zu
                              									erkennenden Federn besorgen die mechanische Umschaltung aus der Ruhestellung in die
                              									Sendestellung. Eine Unterbrechungstaste dient dazu, das gebende Amt vom Empfänger
                              									aus unterbrechen zu können.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 445
                              Fig. 34.
                              
                           Der Ferndrucker ist hauptsächlich im Gebrauch für den Betrieb von
                              									Nebentelegraphenanlagen, d.h. solchen Telegraphenanlagen, welche einzelne Private
                              									durch eine nur vom Inhaber zu benutzende Anschlußleitung an das allgemeine
                              									Telegraphennetz zur Abgabe und zum Empfang von Telegrammen anschließen. Für diesen
                              									Zweck hat der Ferndrucker den Vorzug z.B. vor dem Morse-Apparat, daß seine Bedienung einfach und leicht zu erlernen ist, daß
                              									für Jedermann lesbare Schrift ankommt und daß der Inhaber des Ferndruckers nicht
                              									angerufen zu werden braucht, weil der Apparat ohne jede Bedienung am empfangenden
                              									Ende die für ihn bestimmte Nachricht aufschreibt, sobald. der Sender in Tätigkeit
                              									gesetzt wird. In Berlin besteht seit dem ersten Oktober 1902 eine öffentliche
                              									Ferndruckerzentrale, an die sich Jedermann gegen Zahlung einer bestimmten Gebühr
                              									anschließen lassen kann. Die Zentrale ist ein vom Reich genehmigtes
                              									Privatunternehmen, für welches die Reichstelegraphenverwaltung die Herstellung und
                              									Unterhaltung der Leitungen übernommen hat. Die Teilnehmer an der Zentrale können
                              									nach Wunsch untereinander und mit dem Haupttelegraphenamt verbunden werden und es
                              									ist ferner Vorkehrung getroffen, von der im Wolffschen
                              									Telegraphenbureau untergebrachten Zentrale aus einer größeren Anzahl von Teilnehmern
                              									dieselbe Nachricht gleichzeitig übermitteln zu können. Die Anschlußleitungen A sind an einem Klappenschrank vereinigt (Fig. 33). Sie nehmen dort ihren Weg über einen
                              									Elektromagneten k zur Erde. Sobald Strom entsendet
                              									wird, zieht der Elektromagnet seinen Anker an, gibt eine Fallklappe frei, welche im
                              									Bedarfsfalle den Ortsstromkreis für einen Wecker schließt. Durch Einsetzen des
                              									Stöpsels S in die Klinke Kl1 erhält der Ferndruckerapparat F Verbindung mit der Leitung des rufenden Teilnehmers
                              									und der Beamte der Zentrale meldet sich an diesem sogen. Abfrageapparat. Durch
                              									Schnüre mit zwei Stöpseln V werden zwei Teilnehmer
                              									untereinander oder mit dem Haupttelegraphenamt verbunden. Die Dauer einer solchen
                              									Verbindung wird mit Hilfe des zwischen die Schnüre geschalteten Galvanoskops
                              									überwacht, das so lange Strom anzeigt, als telegraphiert wird. Während der
                              									Verbindung kann der Ferndrucker Fm durch Einsetzen
                              									seines Stöpsels in die parallel zu den Schnüren liegende Klinke zum Mitlesen
                              									eingeschaltet werden. Diejenigen Teilnehmer, welchen gewisse Nachrichten regelmäßig
                              									zutelegraphiert werden sollen, sind in Gruppen vereinigt. Die Leitungen jeder Gruppe
                              									führen zunächst über einen Gruppenumschalter, welcher sie in der Ruhelage mit der
                              									zugehörigen Klappe des Klappenschrankes, in der Arbeitslage mit der Klinke Kl2 verbindet. An diese
                              									Klinke können mit Hilfe des in Fig. 34 abgebildeten
                              									Gruppenumschalters durch das Drehen der oben sichtbaren Kurbel bis zu 50
                              									Teilnehmerleitungen angeschlossen werden. Wird S in Kl2 eingesetzt, so kann
                              									von F aus das gemeinsame Telegramm ohne weiteres
                              									abgegeben werden, die sämtlichen angeschlossenen Empfänger zeichnen es auf, ohne daß
                              									etwa abgewartet zu werden braucht, bis alle Teilnehmer ihre Empfangsbereitschaft
                              									angezeigt haben. Will ein Teilnehmer eine gemeinsame Nachricht an mehrere andere
                              									Teilnehmer senden, so wird seine Leitung in der Zentrale auf einen besonderen
                              									Empfangsapparat geschaltet, dessen Linienrelais die aufgenommenen Ströme in eine
                              									größere Anzahl von Anschlußleitungen weiter gibt.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)