| Titel: | Polytechnische Rundschau. | 
| Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 462 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Polytechnische Rundschau.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Eisenbetonbrücken der Vandalia-Eisenbahn in
                              									Nord-Amerika.
                           Für die Kunstbauten der Vandalia-Eisenbahn ist Eisenbeton in ausgedehntem Maße in
                              									Anwendung gekommen. Die Eagle Creck-Bogenbrücke überspannt in drei je 15,2 m weiten
                              									Oeffnungen einen Wasserlauf, der in trokkenen Zeiten wenig Wasser führt, während bei
                              									Hochwasser das Wasser bis zur Kämpferhöhe steigt. Die 14,1 m breiten Bogen haben
                              									eine Pfeilhöhe von 2,74 m und sind im Scheitel rd. 1,2 m, am Kämpfer 2,1 m stark,
                              									Die beiden Mittelpfeiler sind in Kämpferhöhe 1,8 m stark, über dem 6,1 m tiefer
                              									liegenden Fundament rd. 3,75 m. Das 2,15 m hohe und 6,7 m breite Fundament überträgt
                              									die Belastung auf den festen Felsen. Die Endwiderlager sind auf der Gewölbeseite
                              									senkrecht, auf der Hinterseite schräg ausgeführt und verbreitern sich von der
                              									Kämpferstärke an allmählich auf 9,2 m Fundamentbreite. Die Eiseneinlagen bestehen in
                              									den Bögen aus zwei längs den Laibungen laufenden Rundeisengeflechten aus Längseisen
                              									und Verteilungsstäben von 23 mm bezw. 20 mm ⌀ in 50 bezw. 62 cm Abstand, die in den
                              									Pfeiler – bezw. Widerlagerbeton hineingreifen. Die Pfeiler haben eine doppelte, die
                              									Widerlager auf der Gewölbeseite eine einfache Bewehrung aus senkrechten und
                              									wagerechten Rundeisen von 16 mm ⌀ erhalten. Der Rücken der Bögen ist mit
                              									Asphaltfilzplatten abgedeckt. Die 60 cm breiten Stirnwände und die schrägen Flügel
                              									sind gleichfalls in Eisenbeton ausgeführt. Die Schienenoberkante liegt rd. 95 cm
                              									über dem Gewölberücken. Die Bögen sind für eine Zugbelastung von 8000 kg/m und eine
                              									Einzellast von 27000 kg an ungünstigster Stelle berechnet. Hierbei ist für die
                              									gleichmäßige Belastung eine Lastbreite von einem Gleis und der 1½fachen
                              									Ueberschüttungshöhe, für die Einzellast eine solche von drei Gleisbreiten, den
                              									Zwischenräumen und der 1½fachen Ueberschüttungshöhe angenommen. Die Betonmischungen
                              									sind für den Bogen und die Stirnmauern 1 : 2 : 5, sonst 1 : 3 : 6. Für die
                              									Eiseneinlagen wurde in sämtlichen hier beschriebenen Bauten das geriffelte
                              									Johnsoneisen mit einer Bruchfestigkeit von 4000–4800 kg/qcm verwendet.
                           Die Unterführung der Jndianopolis-Kohlenbahn besteht aus einer schiefen die Achse der
                              									Vandalia-Bahn unter einem Winkel von 54° schneidenden Bogenbrücke mit nur einem
                              									halbkreisförmigen Gewölbe von 4,9 m Achtem Durchmesser. Die Scheitelstärke ist 46
                              									cm, die Kämpferstärke 1,52 m. Das Widerlager verbreitert sich auf 6,7 m Höhe von
                              									1,52 m im Kämpfer auf 2,74 m in Fundamentoberkante. Das 61 cm hohe Fundament ist
                              									4,10 m breit. Die Eiseneinlagen des Bogens sind zwei Eisengeflechte längs der
                              									Laibungen von 23 bezw. 20 cm ⌀ in rd. 25 cm Abstand für die Längs- und Querstäbe.
                              									Die Stirnwand ist in Eisenbeton, die schrägen Flügel sind in Beton ausgeführt. Die
                              									Betonmischung ist 1 : 2 : 5. Die Schienenoberkante liegt 4 m über dem Kämpfer. Die
                              									Nutzlasten sind dieselben, wie oben angegeben ist.
                           Ein ähnliches Bauwerk ist eine Wegeunterführung westlich von Seelyville von 6,7 m
                              									Lichtweite und 1,82 m Pfeilhöhe, 46 cm Scheitelstärke, 1,67 m Kämpferstärke, 2,74 m
                              									Widerlagerhöhe, 2,9 m untere Widerlagerbreite und 4 m Fundamentbreite. Die
                              									Eiseneinlagen bestehen aus zwei Rundeisennetzen von 20 und 13 mm ⌀ in 25 cm Abstand
                              									parallel und senkrecht zu den Laibungen. Die Betonmischung ist 1 : 2 : 5. Oestlich
                              									von Seelyville ist eine wagerecht abgedeckte Wegeunterführung mit einem
                              									Mittelpfeiler ausgeführt. Die beiden Oeffnungen sind 6,1 m weit und 3,7 m hoch. Die
                              									1 m hohe Deckenplatte ist als Balken auf drei Stützen konstruiert. Die untere
                              									Eiseneinlage im Feld besteht aus 32 mm starken Rundeisen in 95 mm Abstand. Ueber dem
                              									Mittelpfeiler liegen an der Oberseite 25 mm starke und 4,25 m lange Rundeisen in 30
                              									cm Abstand. Ein Teil der unteren Eiseneinlagen ist an den Auflagern schräg in die
                              									Höhe gebogen. Die 76 cm starke Mittelwand ist durch senkrechte, 38 mm starke
                              									Rundeisen in 30 cm Abstand parallel zu den Außenflächen bewehrt. Die 69 cm starken
                              									Außenwände haben an der Innenseite dieselbe Bewehrung zur Aufnahme der Zugspannungen
                              									aus dem Erddruck erhalten, da sie gegen den Erddruck als senkrechte Träger wirken,
                              									die oben gegen die Deckenplatte, unten gegen die Auflagerplatte abgestützt sind. Die
                              									unter die drei tragenden Wände weglaufende 1 m starke Fundamentplatte wird von unten
                              									durch die nach oben gerichteten Bodenpressungen auf Biegung beansprucht und ist
                              									daher als Balken auf drei Stützen umgekehrt wie die Deckenplatte bewehrt. Die Ecken
                              									zwischen den Wänden und den wagerechten Decken und Fundamentplatten sind
                              									abgeschrägt. Die Eiseneinlagen der Platten und Wände sind genügend weit in den Beton
                              									der Wände und Platten verlängert, so daß ein biegungsfester, in sich geschlossener
                              									Kastenquerschnitt mit einer Mittelwand entsteht, der die starke Belastung, des über
                              									der Deckenoberkante noch 9,2 m hohen Eisenbahndammes und den entsprechend großen
                              									seitlichen Erddruck aufnehmen kann.
                           Oestlich von Seelyville liegt noch eine die vier Gleise der Vandalia-Bahn
                              									überschreitende Wegeüberführung, die als Träger auf vier Stützen mit zwei je 5,25 m
                              									weiten äußeren Feldern und einem 9,1 m weiten Mittelfeld konstruiert ist. Das mit
                              									der Bahnachse einen Winkel von 77° bildende schiefe Bauwerk hat zwischen den
                              									Geländern eine
                              									Lichtweite von 4,9 m. Die Geländer werden durch die tragenden 1,82 m hohen und 60 cm
                              									breiten Eisenbetonbalken gebildet, die teils zur Herabminderung der
                              									Betondruckspannungen, teils wegen des Spannungswechsels über und zwischen den
                              									Stützen oben und unten durch 22 mm starke Rundeisen bewehrt sind. In den
                              									Außenfeldern liegen unten drei Stück, in dem Mittelfeld unten neun Stück, über den
                              									Stützen oben vier Stück. Außerdem sind noch dünnere, senkrechte Bügel und über die
                              									ganze Höhe verteilte wagerechte Verteilungsstäbe vorhanden. Die beiden parallel
                              									laufenden Hauptträger sind unten durch eine 25 cm starke Deckenplatte verbunden, die
                              									eine kreuzweise Bewehrung von 19 und 13 mm starken Rundeisen in 15 cm Abstand
                              									erhalten hat. Diese Deckenplatte trägt die 25 cm hohe Beschotterung.
                           Die 7,25 m hohen Pfeiler sind oben 46 cm, unten 76 cm breit. Das Fundament ist 1,82 m
                              									breit und 61 cm hoch.
                           Die beiden Außenpfeiler, die zugleich als Abschlußwand gegen die Erde des
                              									Einschnittes dienen, sind gegen die biegende Wirkung des Erddruckes durch senkrechte
                              									und wagerechte Eisenstäbe von 13 mm ⌀ bewehrt. An diese Außenwände schließen sich
                              									die 46 cm starken Parallelflügelwände an, die gegen den Erddruck bewehrt und durch
                              									zwei Querwände verbunden sind. Die Brückenträger sind von dem massiven Geländer
                              									dieser Flügelmauern durch Temperaturfugen getrennt. (Matthews.) [Engineering 1910, I. S. 39.]
                           Dr.-Ing. Weiske.
                           
                        
                           Eine neue Entlastung vom Achsialschub bei
                              									Hochdruck-Zentrifugalpumpen.
                           Bekanntlich tritt bei den einzeln unmittelbar hintereinander geschalteten
                              									Schaufelrädern der mehrstufigen Hochdruck-Zentrifugalpumpen ein achsialer Schub in
                              									der Richtung nach dem Saugstutzen zu auf. Im Interesse der Betriebssicherheit suchte
                              									man diesen achsialen Schub durch Anordnung von Entlastungskolben,
                              									Entlastungsscheiben, mittels Durchbohrung der Nabe und durch andere Vorrichtungen
                              									unschädlich zu machen. Als zuverlässigste Entlastungsart hat sich die Entlastung
                              									jedes einzelnen Schaufelrades für sich erwiesen. Beim „Patent Lehmann“ werden die zwischen den jedes einzelne
                              									Rad gegen das Gehäuse abdichtenden Dichtungsringen befindlichen Räume zwecks
                              									Herbeiführung gleicher Druckverhältnisse miteinander verbunden, und zwar unabhängig
                              									vom Rotationssystem der Pumpe. Das aus dem Laufrade aus und in das Leitrad
                              									eintretende Wasser wird durch ein mit Ueberströmkanälen versehenes Zwischenstück dem
                              									nächsten Rade zugeführt. Der zwischen den die Ueberströmkanäle trennenden Rippen
                              									befindliche Raum ist einmal mit dem Entlastungsraume hinter dem Rade und einmal
                              									durch das Leitrad hindurch mit dem Ueberströmkanal der vorgehenden Stufe verbunden.
                              									Infolge der in diesem Ueberströmkanal herrschenden gleichen Druckverhältnisse, wie
                              									vor dem Radeintritt der zu entlastenden Stufe, kann ein achsialer Schub nicht
                              									auftreten. Einige hundert, von der Brünn-Königsfelder-Maschinenfabrik in Simmering nach dem „Patent Lehmann“ ausgeführte Zentrifugalpumpen haben
                              									bisher keinen durch den achsialen Schub hervorgerufenen Anstand zu verzeichnen
                              									gehabt. Unter anderem wurden zwei sechsstufige Hochdruckpumpen für eine Leistung von
                              									2500–3000 Min./l
                              									auf 350 m Förderhöhe bei 1480 Umdreh. i. d. Min. für die Wasserhaltung des
                              									Schrollschachtes der Donau-Dampfschiffahrt-Gesellschaft
                              									in Fünfkirchen (Ungarn) geliefert. Das Gehäuse war nach Anzahl der Schaufelräder
                              									radial unterteilt. Die Wellen hatten Bronzebüchsen als Schutz gegen das stark
                              									schwefelsäurehaltige Grubenwasser erhalten. (O.
                                 										Wechsberg.) [Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen 1910,
                              									S. 101.]
                           J.
                           
                        
                           Motorlastwagen in der Montanindustrie.
                           Die Aussicht, mittels Motorwagen die Kosten des Schwertransportes von den Werken nach
                              									den Verladestellen erheblich verringern zu können, hat die Veranlassung gegeben, daß
                              									seit mehreren Jahren auch einige Bergwerke mit der Einstellung von Motorlastwagen
                              									begonnen haben. Von den etwa 4000 gegenwärtig in Deutschland im Dienste des Güter-
                              									und Materialientransportes für Handel und Industrie stehenden Motorwagen entfällt
                              									ein nicht unbeträchtlicher Prozentsatz auch auf die Bergwerksgewerbe. Die in einem
                              									Zuschuß von 4000 Mark bei der Anschaffung und in einem jährlichen Kostenbeitrag von
                              									1000 M für den Wagen seitens der Heeresverwaltung bestehende staatliche Subvention
                              									wird für zehn auf verschiedene Kohlen- und Erzbergwerke verteilte Wagen gezahlt.
                              									Nach den wirklichen Ergebnissen der Praxis stellen sich die jährlichen
                              									Betriebskosten für einen vierzylindrigen Wagen von 100 Ztr. Tragkraft und etwa 16000
                              									M Anschaffungspreis auf rd. 12000 M (gleich 75 v. H. der Anschaffungskosten). Der
                              									Benzinverbrauch beträgt hierbei 2500 M bei Annahme von 270 Betriebstagen à 80 km
                              									Fahrt, die Bereifungskosten 3000 M, die Abschreibungen (15 v. HO 2400 M und der
                              									Führerlohn 1500 M. Entsprechend der Leistung des Wagens von 400 tkm f. d. Tag
                              									betragen die Kosten für 1 tkm rd. 11 Pfg., unter Berücksichtigung der leeren
                              									Rückfahrt rd. 22 Pfg. Demgegenüber kostet beim Pferdebetrieb 1 tkm bei gleichem
                              									Umfange und Charakter des Betriebes erfahrungsgemäß 30–38 Pfg. Der
                              									Motorlastwagenbetrieb eignet sich für den Materialientransport der Bergwerke aber
                              									nur dann, wenn die hohe Leistungsfähigkeit des Motorwagens auf die Dauer voll
                              									ausgenutzt werden kann und gute, feste Fahrwege vorhanden sind. (Th. Wolff.) [Kali 1910, Heft 6, S. 122.]
                           J.
                           
                        
                           Das Sport-Luftschiff „Parseval V“.
                           Das von der Motorluftschiff Studiengesellschaft m
                              									Berlin-Reinickendorf konstruierte, den kleinsten Typ darstellende Luftschiff „P
                                 										V“ ist in erster Linie für Privatleute und Vereine bestimmt. Die
                              									Probefahrten haben ergeben, daß das bei einem größten ⌀ von 7,7 m rund 39 m lange
                              									und 1200 cbm verdrängende Schiff drei Personen nebst der genügend großen Menge
                              									Ballast mit einer Geschwindigkeit von nicht unter 9 m/sek. während 6–7 Stunden zu tragen
                              									imstande ist. Der die Hülle bildende Ballonstoff hat eine Festigkeit von nicht unter
                              									1100 kg auf 1 m Breite bei einem Gewicht von 320 g/qm. Im Gegensatz zu den übrigen Parseval-Luftschiffen erfolgt die Höhensteuerung nicht
                              									durch zwei Ballonets, sondern durch ein am Kopf angebrachtes, durch Seilzug und
                              									Handrad von der Gondel aus zu betätigendes Horizontalsteuer. Die pralle Form des
                              									Ballons wird durch ein in der Mitte liegendes Ballonet gewahrt, das durch einen
                              									Zentrifugalventilator bis zu einem Ueberdruck von 15 mm Wassersäule mit Luft
                              									aufgeblasen wird. In dem die Verbindungsleitung zwischen Ballonet und Ventilator
                              									bildenden Luftschlauch ist ein sich bei 15 mm Druck selbsttätig öffnendes
                              									Sicherheitsventil eingebaut. An der Backbordseite ist eine Reißbahn, am hinteren
                              									Ballonende sind die Stabilisierungsflächen und das Seitensteuer vorhanden. Die aus
                              									autogen geschweißten Stahlrohrrahmen bestehenden, mit leichtem Ballonstoff
                              									bespannten Stabilisierungsflächen sind beiderseits mit während der Fahrt die Luft in
                              									das Innere der Bespannung hineinpressenden Windfängern versehen. Die aus
                              									Stahlrohren zusammengesetzte Gondel ist als Fachwerkträger mit Druckstäben und
                              									Zugschrägen ausgebildet. Sie bietet für vier Personen Platz bei einer Länge von 4,5
                              									m, einer Breite von 0,75 m und einer Rahmenhöhe von 1 m. Im Vorderteil hat der
                              									Führer seinen Platz, am hinteren Ende sind alle maschinellen Einrichtungen
                              									angeordnet. Der mit einem Mercedes-Kolbenschiebervergaser ausgestattete 25pferdige Daimler-Motor mit vier Zylindern und etwa 1200 Uml./min.
                              									verbraucht bei voller Leistung rd. 270 g Benzin für 1 PS/Std. Die Zündung besorgt
                              									ein Hochspannungs-Magnetapparat. Das Schwungrad ist als Kühlerventilator und
                              									zugleich als Seilscheibe zum Antrieb des Ballonetventilators ausgebildet. Hinter dem
                              									Motor befindet sich der Kühler. Die dreiflügelige, auf einem Bock über dem Motor
                              									gelagerte Schraube von 3 m ⌀ wird durch eine Rollenkette mit einer Uebersetzung von
                              									rd. 4 : 1 angetrieben. Während bei den Schiffen P I, P II und P III die
                              									Schraubenflügel vollkommen unstarr sind und bei Ruhe schlaff herunterhängen, sind
                              									sie bei P V halbstarr. Die Aufhängung der Gondel ist mittels den, sie parallel zur
                              									Längsachse des Ballons haltenden, senkrecht nach oben führenden Parallelogrammseilen
                              									erfolgt. Ferner läuft sie mittels zweier Rollen auf den schräg nach dem Vorder-
                              									bezw. Hinterteil des Ballons gehenden Gleittrossen, wodurch ein Aufbäumen des
                              									Ballons beim Anfahren vermieden wird. (Alb. Simon.)
                              									[Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure 1910, Nr. 12, S. 472.]
                           J.
                           
                        
                           Neuere Bauarten von amerikanischen Klappenwehren.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 463
                              Fig. 1.
                              
                           Die umfangreichen Regulierungsarbeiten, welche die Regierung der Vereinigten Staaten
                              									von Amerika seit einer Reihe von Jahren ausführen läßt, um die Verhältnisse der
                              									Schiffahrt auf den großen Strömen zu verbessern, haben es mit sich gebracht, daß
                              									auch der Verbesserung der Wehrkonstruktionen dort große Aufmerksamkeit zugewandt
                              									wird. Zur Verwendung gelangen wegen der außerordentlichen Schwankungen ausgesetzten
                              									Wasserstandsverhältnisse, die überall in den Vereinigten Staaten herrschen, fast
                              									durchweg bewegliche Wehre, und zwar von einer Bauart, die schon 1820 von Josiah White erfunden worden ist, die aber nichts
                              									destoweniger auf dem europäischen Festlande mit einer einzigen Ausnahme bisher nicht
                              									ausgeführt worden ist. Das Wehr, welches die Bezeichnung „bear-trap“
                              									(Bärenfalle) führt, kennzeichnet sich als ein Klappenwehr mit der besonderen
                              									Eigenschaft, daß es durch den Wasserdruck selbst in der Hauptsache aufgestellt
                              									oder niedergelegt werden kann. Die wachsenden Ansprüche, die an diese Wehre in bezug
                              									auf Stauhöhe und Lichtweite gestellt werden, haben naturgemäß in neuerer Zeit dazu
                              									geführt, daß statt des Holzes für ihren Bau fast ausschließlich Eisen verwendet
                              									wird.
                           Ein solches Wehr ist in Fig. 1 dargestellt. Dieses
                              									ist im Jahre 1907 in der Staustufe Nr. 5 des Ohioflusses bei dem Orte Freedom
                              									aufgestellt worden und ist dazu bestimmt, zwei gleich große, durch massige Pfeiler
                              									begrenzte Oeffnungen von je 28 m lichter Breite abzuschließen und zu ermöglichen,
                              									bei den durch plötzliche Niederschläge verursachten häufigen Wasserstandsänderungen
                              									die Höhe des Wasserspiegels zu regeln, soweit dies ohne vollständiges Niederlegen
                              									des ganzen Wehres bewirkt werden kann. Von den beiden Klappen, welche auf der
                              									Betongrundschwelle des Wehres drehbar gelagert sind, ist die Unterwasser- oder
                              									Stützklappe als ein zwischen Längsrahmen und Querträgern fast durchweg mit
                              									Buckelblechen abgeschlossener wasserdichter und mit Luft gefüllter Hohlkörper
                              									ausgebildet, der ganz aus Flußeisen konstruiert ist, während die Oberwasser- oder
                              									Stauklappe aus flußeisernen Bahnen zusammengesetzt ist, welche eine in einzelne
                              									Felder eingeteilte Holzfüllung umschließen. Die Oberkante der Stützklappe ist auf
                              									der Unterseite der Stauklappe mit Rollen geführt. Der hierdurch gebildete Innenraum
                              									des Wehres steht in der Betriebsstellung des Wehres mit dem Oberwasser in
                              									Verbindung, während er, wenn das Wehr niedergelegt werden soll, an das Unterwasser
                              									angeschlossen ist. Die Bedienung des Wehres beschränkt sich somit lediglich auf das
                              									Umsteuern der Schieber, welche in die verschiedenen Umleitkanäle eingebaut sind. Das
                              									vorliegende Wehr hat 4,13 m Kronenhöhe über dem Unterwasser. Eine besonders große
                              									Ausführung eines solchen Klappenwehres befindet sich bei Lockport im
                              									Chicago-Entwässerungskanal; diese hat 5 m Stauhöhe bei 48,75 m Weite der Oeffnung
                              									und ist mit einem Gegengewicht zum Ausgleich der Klappen sowie mit einer
                              									Druckwasser-Stellvorrichtung versehen, mit deren Hilfe man die Wehrkrone in der Höhe
                              									genau einstellen kann. (Hilgard.) [Schweiz. Bauzeitung
                              									1910, S. 172–175.]
                           
                              H.
                              
                           
                        
                           Vorlage für das Walchensee-Kraftwerk und den elektrischen
                              									Betrieb der Bahn München-Partenkirchen.s. D.
                                    											p. J. 1910, B. 325, S. 111.
                           Dem bayerischen Landtag ist jetzt die mit Spannung erwartete Vorlage über die größte
                              									Wasserkraftanlage Deutschlands und über das bedeutendste wirtschaftliche Unternehmen zugegangen, mit
                              									dem bayerische Abgeordnete sich in neuerer Zeit zu beschäftigen hatten. Es handelt
                              									sich um einen Kapitalbedarf von 31720000 M, von denen aber nur 6 Millionen für die
                              									zweijährige nächste Finanzperiode in Betracht kommen. Vorgesehen ist für das
                              									eigentliche Walchensee-Kraftwerk ein Aufwand von 17500000 M, während die
                              									Elektrisierung der Eisenbahnstrecke München-Partenkirchen sowie einiger Nebenlinien
                              									9720000 M und das Fernleitungsnetz, das die überflüssige Kraft den Städten, der
                              									Industrie und der Landwirtschaft dienstbar machen soll, 4500000 M kosten wird.
                              									Entsprechend den Vorschlägen des aus einheimischen und fremden Autoritäten
                              									zusammengesetzten Sachverständigenausschusses will man die durch das
                              									Walchensee-Unternehmen zu erschließenden Kräfte stufenweise ausbauen, zunächst
                              									sollen nur die schon jetzt dem Walchensee zuströmenden Wassermengen ausgenutzt,
                              									später aber durch eine Stollenzuleitung aus der Isar und dem Rißbach ergänzt werden.
                              									Ehe man zur Heranziehung der Isar übergeht, würden aus dem Walchensee allein 24000
                              									PS gewonnen werden, von denen man 4500 zur Elektrisierung der erwähnten Bahnen
                              									und weitere 3000 für den elektrischen Betrieb der Bahnstrecken von München nach Tölz
                              									und Schliersee benötigt. Nicht weniger als 16500 PS können somit der städtischen
                              									Beleuchtung, dem Handwerk und der Landwirtschaft zugeführt werden. Es ist das, wie
                              									die Zeitung d. Vereins deutsch. Eisenbahnverwaltungen dazu bemerkt, um so eher
                              									möglich, als der Walchensee im Gegensatz zu Wasserkraftanlagen in flacheren Gegenden
                              									ein Aufstauen des nicht benötigten Wassers ermöglicht und somit eine stark
                              									wechselnde Inanspruchnahme erleichtert. Aeußerst vorsichtig wird in der Vorlage die
                              									noch nicht genügend geklärte Rentabilitätsfrage behandelt. Den hinsichtlich einer
                              									Verunstaltung des Landschaftsbildes geäußerten Bedenken sucht man durch die
                              									Versicherung zu begegnen, daß der Wasserspiegel des Walchensees in der Regel nicht
                              									um mehr als 2,80 m gesenkt werden soll. Die Isar würde, auch wenn ihr auf der
                              									zweiten Ausbaustufe 12,3 cbm i. d. Sek. entnommen werden, doch immer noch zur
                              									Flößerei benutzbar sein. Für diese zweite Stufe rechnet man mit einer Erhöhung der
                              									Kraftleistung auf 32000 PS.
                           
                              G.