| Titel: | Polytechnische Rundschau. | 
| Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 478 | 
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                        Polytechnische Rundschau.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Die neue Hellinganlage des Stettiner Vulkan
                           in Hamburg besteht aus drei Hellingen, über denen sich die
                              									Tragkonstruktionen für die Kranbahnen und Laufbühnen ohne Dach und seitliche
                              									Abschlußwände erheben. Die Nutzbreite jeder Helling beträgt 32 m. Die Stützen sind
                              									in der Hellingquerebene 3,0 m breit und stehen in der Längsrichtung in einem
                              									Abstande von 31 m. In jeder Helling sind fünf Kranpaare nebeneinander angeordnet von
                              									6,0 t bezw. 8,0 t Tragfähigkeit. In der Mitte läuft eine Katze von 1,20 m Spur,
                              									rechts und links je ein Laufkran von 5,0 m Ausladung und 5,9 m Spannweite, an jeder
                              									Hellingseite ein Laufkran von 7,3 m Spannweite. Die Gründung der infolge der
                              									ungünstigen Bodenverhältnisse beschränkten Zahl der Stützenfundamente in Form
                              									kräftiger Betonblöcke mit Auflagersteinen aus Granit erfolgte auf bis in den
                              									tragfähigen Boden gerammte Pfähle, die mit Rücksicht auf den wechselnden Wasserstand
                              									durch Ebbe und Flut mit Spundwänden bewehrt wurden. Sämtliche Stützen der Gerüste
                              									sind an den Füßen mit den Fundamenten fest verankert, also eingespannt. Die 15,5 m
                              									weit gespannten Kranträger sind armierte Balken mit je einem Spanngurt und vier
                              									Sprengesäulen. Zur Erleichterung des Verkehrs der Arbeiter dienen Laufbühnen, die
                              									zwischen den Stützen stockwerkartig eingebaut sind und durch 31 m weit freitragende
                              									Sprengwerke getragen werden. Den Zugang vermitteln Auflauframpen und Treppen. Die
                              									Schneelast ist mit 75 kg auf 1 qm Grundfläche, die Belastung der Lauf- und
                              									Arbeitsbühnen durch Menschen und Werkzeuge bis zu 250 kg/qm, der
                              									Laufstege der Kranbahnen durch Menschen zu 75 kg/qm und der Auflauframpen zu 400 kg/qm angenommen
                              									worden. Die Beanspruchung wurde für die Konstruktionsteile aus Flußeisen zu 1200 kg/qcm, bei den
                              									Kranträgern jedoch nur zu 1100 kg/qcm zugelassen. Die Montage der Hellinggerüste wurde
                              									als Freimontage durchgeführt. Die bis 50 m hohen und bis 35 t schweren Stützen
                              									wurden auf der Baustelle auf vorläufigen Zulagen zusammengebaut, vernietet und
                              									mittels riesiger Scherenbäume in einem Stück aufgerichtet. (A. Cyran.) [Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure 1910, S. 377 und
                              									438.]
                           J.
                           
                        
                           Ein neues Fördergerüst.
                           Das auf der Kruppschen Zeche Hannover I/II bei Hordel i.
                              									W. im Sommer 1909 vollendete Fördergerüst der neuen Schachtanlage V mit einer von
                              									den sonst üblichen Ausführungsformen abweichenden Gestaltung besteht aus den beiden
                              									selbständigen und voneinander unabhängigen Konstruktionen des Führungsgerüstes und
                              									des Seilscheibengerüstes, wodurch die Entstehung schädlicher Zwängsspannungen im
                              									Falle gegenseitiger, durch Bergschäden bedingter Bewegungen verhindert werden soll.
                              									Der größte Ankerzug des infolge der Trennung vom Seilscheibengerüst frei im Raume
                              									stehenden Führungsgerüstes wurde zu 50 t für den Eckpunkt ermittelt. Das
                              									Seilscheibengerüst zerfällt wieder für sich in zwei selbstständige Konstruktionen,
                              									dem oberen aus den beiden Seilscheibenbühnen und einer überdachten Krananlage bestehenden Aufbau und
                              									das eigentliche, aus vier gelenkartig miteinander verbundenen Fachwerkstreben
                              									bestehende Tragsystem. Dieses für alle in Betracht kommende Belastungsfälle stabile
                              									System ermöglicht eine einfache Berechnung und Montage. Zur Verhinderung wagerechter
                              									Verschiebungen sind noch Verankerungen der Fundamente untereinander aus schweren,
                              									betonumhüllten ⌶-Eisen vorgesehen worden. Das Gewicht des von der
                              									Konstruktionswerkstatt der Firma Fried. Krapp
                              									gelieferten und aufgestellten Gerüstes beträgt rd. 290 t bei 210 t Seilbruchlast.
                              									[Glückauf 1910, Nr. 8, S. 280.]
                           J.
                           
                        
                           Neuere Eyermann-Dampfturbinen.
                           Die Eyermann-Turbine, welche neuerdings in Größen von
                              									10–1500 PS ausgeführt worden ist, ist gekennzeichnet durch die Unterbringung der
                              									Schaufelkränze (nach dem Gleich- und Ueberdruckprinzip wirkend) auf einer einzigen
                              									Radscheibe mit radialer Dampfführung. Der Ausgleich des Dampfdruckes des
                              									Ueberdruckteiles geschieht durch Zuführung von Dampf auf die Rückwand der Scheibe;
                              									die Abdichtung nach dem Abdampfraum und der einzelnen Stufen untereinander durch
                              									Labyrinthdichtung. Der größte Teil des Druckgefälles (bis auf 1,5 oder 2 at) wird in
                              									einem Gleichdruckteil mit zwei Geschwindigkeitsstufen unter radialer Beaufschlagung
                              									ausgenutzt; daran schließt sich eine Niederdruckschaufelung von fünf bis sieben
                              									Laufkränzen, zwischen denen noch ein verhältnismäßig großes Druckgefälle vorhanden
                              									ist, weshalb für eine zuverlässige Abdichtung zwischen den einzelnen Stufen auch auf
                              									der Rückseite der Laufradscheibe besonders gesorgt werden muß. Die für die
                              									Abdichtung auch an der Wellenstopfbüchse zu opfernde Dampfmenge ist aber nicht
                              									bedeutend.
                           Die besondere Einrichtung der Turbine ergibt eine äußerst gedrängte Bauart, so
                              									verlangt eine 1200 PS-Turbine eine Grundfläche von 1,6 × 1,7 m. Eine solche Turbine
                              									von 1200 PS wurde im Maschinenlaboratorium der Technischen Hochschule Charlottenburg
                              									untersucht; sie konnte dabei nur mit 700 PS belastet werden, weil für die
                              									Vollbelastung der nötige Dampf nicht zur Verfügung stand; auch lieferte die
                              									vorhandene Kondensationseinrichtung nicht das volle Vakuum, für welches die Maschine
                              									gebaut war. Die Versuchsergebnisse sind in der folgenden Zusammenstellung
                              									enthalten.
                           
                              
                                 EffektiveLeistung
                                 Tourenzahl
                                 Dampfdruckhinter demDrosselventil
                                 Dampf-temperatur(Ueberhitzung)
                                 GegendruckbeimAustritt
                                 Dampf-verbrauch
                                 Entlastungs-dampfmenge
                                 Dampfverbrauchfür 1 PSe/Std.
                                 Effekt.thermischerWirkungsgrad
                                 
                              
                                 Nr.
                                 kg/qcm
                                 kg/qcm
                                 kg/Std.
                                 kg/Std.
                                 
                              
                                 183
                                 3012
                                 2,98
                                   12,0
                                 0,198
                                 2400
                                   56,8
                                 13,1
                                 47,6
                                 
                              
                                 258
                                 2990
                                 2,98
                                   10,4
                                 0,114
                                 2355
                                   63,0
                                   9,9
                                 53,7
                                 
                              
                                 384
                                 2996
                                 4,58
                                   63,0
                                 0,159
                                 3535
                                   87,0
                                   9,2
                                 52,0
                                 
                              
                                 648
                                 3017
                                 7,03
                                 113,0
                                 0,184
                                 4630
                                 136,0
                                   7,2
                                 57,8
                                 
                              
                                 407
                                 3016
                                 4,53
                                 105,0
                                 0,155
                                 3150
                                   92,0
                                   7,7
                                 58,3
                                 
                              
                                 708
                                 3000
                                 7,03
                                 122,0
                                 0,184
                                 5000
                                 116,5
                                   7,1
                                 57,8
                                 
                              
                                 658
                                 2990
                                 7,03
                                 132,0
                                 0,236
                                 5020
                                 115,0
                                   7,7
                                 54,8
                                 
                              
                           Die Eyermann-Dampfturbine wird auch zur Entnahme von
                              									Heizdampf eingerichtet; in diesem Falle expandiert der Frischdampf in der
                              									Hochdruckstufe auf höheren Druck, z.B. bei einer ausgeführten 700 PS-Turbine von 7
                              									auf 4 at. Es wird dann ⅔ des Dampfes zu Kochzwecken entnommen, der Rest gelangt mit
                              									1,5 at in den Niederdruckteil. (Hoefer.)
                              									[Zeitschrift für das gesamte Turbinenwesen 1910, S. 124–127.]
                           
                              M.
                              
                           
                        
                           Wasserkraftanlage von 1400 m Gefälle in der Schweiz.
                           Die Società generale elettrica dell' Adamello nutzt die
                              									Wasserkraft des Poglia, eines im Adamellogebirge entspringenden Zuflusses des
                              									lombardischen Flusses Oglio in zwei Gefällstufen von zusammen 1400 m Höhe aus. Die
                              									obere Gefällstufe wird durch den Höhenunterschied zwischen dem Wasserspiegel des in
                              									1790 m Höhe über dem Meere liegenden Arno-See und dem Orte Jsola gebildet, dessen
                              									Meereshöhe 887 m beträgt, die zweite Gefällstufe reicht bis zu dem 400 m über dem
                              									Meere gelegenen Orte Cedegolo, der Mündung der Poglia. Für die obere Stufe kommt die
                              									mit 350 l i. d. Sek. bewertete Abflußmenge des 450000 qm bedeckenden Arno-Sees in
                              									Betracht, der wegen seiner Felsufer bis auf 25 m unter dem normalen Wasserstand
                              									abgesenkt und dadurch als natürliches Staubecken mit 11 Millionen cbm nutzbarem
                              									Wasserinhalt verwertet werden kann. Da aber das Wasserkraftwerk in Jsola nur
                              									Spitzenbelastungen aufzunehmen hat, so genügt der natürliche Abfluß des Sees für
                              									eine täglich 8stündige Entnahme von 2 cbm i. d. Sek., womit eine Leistung von 20000
                              									PS gewonnen werden kann. Durch Aufstauen des Sees um 20 m kann der nutzbare
                              									Wasserinhalt-später auf 23000000 cbm und die Leistung auf 40000 PS erhöht werden.
                              									Das Wasser wird aus dem Arno-See durch einen 1500 m langen Druckstollen von 1,8 m
                              									Kreisdurchmesser einem Wasserschloß und von diesem durch vorläufig zwei
                              									Rohrleitungen von 800 bis 600 mm ⌀ und 7–32 mm Wandstärke dem Kraftwerk zugeführt,
                              									wo von den in Aussicht genommenen sieben 6500–7000pferdigen Stromerzeugergruppen
                              									vier in der Aufstellung begriffen sind. Die Rohrleitung ist im oberen Teile
                              									genietet, im unteren 750–600 mm weiten Teile mit Wandstärken von 10–32 mm mit
                              									Wassergas überlappt geschweißt und zum Schutz gegen Frost 2,5 m hoch eingedeckt.
                              									Unterhalb des Jsola-Kraftwerkes wird das Wasser des Poglio, mit dem Abfluß des Lago
                              									di Solarno vereinigt, durch einen großenteils im Stollen liegenden Kanal von 2 m
                              									Breite und 2 m Tiefe in ein als Ausgleichbecken von 20000 cbm Inhalt ausgebildetes
                              									Wasserschloß geleitet, dessen Staumauer aus einer hohlen Eisenbetonkonstruktion mit
                              									140 durch das Wasser gefüllten und auf diese Weise beschwerten Zellen gebildet wird.
                              									Vom Wasserschloß führen zwei 1000 mm weite Rohrleitungen zum Werk Cedegolo, wo
                              									zurzeit fünf Stromerzeugergruppen von je 4500 PS, sowie die große Schalt- und
                              									Fernleitungsanlage für 60000 PS nach Mailand aufgestellt sind.
                           Durch dieses Werk wird die Gesamtleistung der um Mailand herumliegenden
                              									Wasserkraftanlagen auf 342000 PS erhöht, wozu noch 115000 PS Leistung der
                              									Aushilfsdampfanlagen kommen. (Zodel.) [Schweiz.
                              									Bauzeitung 1910, S. 195–196.]
                           
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                           Das Wehr in den St. Andrews-Stromschnellen.
                           Ein bewegliches Wehr von eigenartiger Bauart ist vom Department of Public Works in Ottawa im Red River zwischen Winnipeg und
                              									seiner Mündung in den Winnipeg-See hergestellt worden. Das Wehr, welches dazu
                              									bestimmt ist, für die Sicherung der Schiffahrt den Wasserspiegel um mehr als 6 m zu
                              									heben, daneben aber wegen der Hochwassergefahr zur Zeit der Frühjahrsschmelze ganz
                              									aus dem Bereich des Wassers gebracht werden muß, ist an einer Gitterträgerbrücke mit
                              									sieben Oeffnungen
                              									von je 40,55 m Weite angebaut und hat eine nutzbare Länge von etwa 250 m. Die Bauart
                              									des Wehres ist als die Camérésche bekannt und bei den
                              									einzigen zwei Ausführungen, die sich in der Seine befinden, erprobt. Der
                              									Grundgedanke dieses Wehres besteht darin, die Wasser anstauenden Flächen von den
                              									Stützen zu trennen. In jeder Oeffnung der erwähnten Brücke befinden sich 46 eiserne,
                              									in der Stromrichtung etwas geneigte Ständer, welche mit ihren oberen Enden an der
                              									Brücke drehbar befestigt und mit ihren unteren Enden an Gußstücken anliegen, welche
                              									in der Grundschwelle des Wehres verankert sind. Diese Ständer haben 10,57 m Länge
                              									und sind paarweise oder zu vieren miteinander zu Rahmen versteift, auf welchen die
                              									eigentlichen Schützen geführt sind. Diese Schützen sind ähnlich wie Rolläden
                              									ausgebildet. Sie bestehen aus je 50 Holzstäben von 2,33 m Länge und 76 mm Breite und
                              									ihre Dicke nimmt von oben nach unten gleichmäßig von 42 auf 80 mm zu. Jede
                              									Wehröffnung enthält 15 solcher Rollvorhänge, welche durch gelenkige Verbindung von
                              									je 50 dieser Stäbe gebildet werden und an ihren unteren Enden mit einem Gußeisenfuß
                              									versehen sind, der das Aufrollen der Schützen erleichtert. Insgesamt sind für das
                              									Wehr 110 Schützen dieser Art erforderlich gewesen.
                           Ueber jeden Schützen läuft eine Kette, welche mit Hilfe einer elektrisch
                              									betriebenen Winde angezogen wird, wenn der Schützen gehoben werden soll. Zur
                              									schnellen Bedienung des Wehres sind drei solche Winden vorhanden. Außerdem können
                              									aber auch die Träger der Schützen, wie bereits erwähnt, ganz aus dem Wasser
                              									herausgehoben werden, wozu vier weitere Winden vorhanden sind. Der Betrieb des
                              									Wehres gestaltet sich demnach so, daß am Schluß der Schiffahrtssaison, ehe sich der
                              									Fluß mit Eis bedeckt das von dem Wehr angestaute Wasser durch allmähliches Aufrollen
                              									der Schützen gleichmäßig, aber ganz langsam abgelassen wird. Ist das geschehen, so
                              									werden die Schützen ganz zusammengerollt, worauf der betreffende Rahmen des
                              									Schützengerüstes ganz hochgeklappt werden kann. Es hat sich gezeigt, daß, obgleich
                              									die einzelnen Stäbe der Schützen nicht ganz dicht aneinander liegen, der
                              									Wasserverlust der Schützen unerheblich bleibt. Im Anfang, nachdem die Schützen
                              									hinabgelassen worden sind, entstehen wohl Verluste, allein die Spalten sind doch so
                              									eng, daß sie sich sehr bald mit Schlamm usw. verlegen und dann völlig dicht sind.
                              									Wenigstens haben sich bei keinem Wehr dieser Art Schwierigkeiten in dieser Hinsicht
                              									gezeigt. (Borden.) [Zeitschr. des Vereins deutsch. Ing.
                              									1910, S. 417–424.]
                           
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