| Titel: | Polytechnische Rundschau. | 
| Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 493 | 
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                        Polytechnische Rundschau.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Die neue Förderanlage auf dem Gaswerk der Stadt München
                              									in Moosach.
                           Die zu vergasenden Kohlen werden in Eisenbahnwagen herangebracht und durch eine
                              									elektrisch betriebene Schiebebühne von 60 t Tragfähigkeit in die Kohlenschuppen
                              									eingebracht, in denen parallel zu den Ankunftgleisen vier Absturzgleise angeordnet
                              									sind. Zurzeit werden die Wagen von Hand entladen, jedoch sind bei Steigerung des
                              									Betriebsumfanges fahrbare Wagenkipper vorgesehen. In den 16000 t Kohlen fassenden
                              									Schuppen, deren Boden sattelförmige Rutschflächen hat, laufen zwei Verladekrane,
                              									welche die Kohlen mit 1,5 t fassende Hone-Greifer dem
                              									Lager entnehmen und an ein unter Flur liegendes Stahlförderband abgeben, welches die
                              									Kohle in die an das Ofenhaus angebaute Siebanlage befördert. Letztere besteht aus
                              									einem, die Feinkohle bis zu 80 mm Stückgröße absiebenden Schwingsieb und einem, die
                              									größeren Stücke zerkleinernden Backenbrecher. Die abgesiebten und gebrochenen Kohlen
                              									fallen in die Becher eines Huntschen Förderers, der sie
                              									nach dem Ofenhause schafft, wo die Kohle mittels eines selbsttätig wirkenden,
                              									fahrbaren Frosches gleichmäßig auf die Bunkerreihe verteilt wird. Für den
                              									Becherförderer und das Stählband ist eine aus einem Sirokko-Ventilator und einem Staubsammler bestehende Entstaubungsanlage
                              									vorgesehen. Eine auf der einen Seite von einer Pendelstütze, auf der anderen Seite
                              									von einer auf zwei Gleisen in einem Abstande von 6,5 m Entfernung laufenden
                              									Hauptstütze getragene Verladebrücke von 42 m Spannweite und 72 m Fahrbahnlänge dient
                              									zum Kokstransport für die Generatorenfeuerung. Das Brückenfahrwerk wird an jeder
                              									Stütze durch einen Motor angetrieben. Aus dem, in einer Brückenpendelstütze
                              									eingebauten Füllrumpf entnimmt der elektrisch betriebene Zubringerwagen eines
                              									Schrägaufzuges den Koks und befördert ihn nach einem neben dem Ofenhause
                              									befindlichen, 50 cbm fassenden Behälter mit vier Ausläufen, von denen aus vier Wagen
                              									gleichzeitig gefüllt werden können. In die Hauptstütze der Brücke ist die
                              									Koksaufbereitung nebst einem Füllrumpf für den Feinkoks eingebaut, in dem sich der
                              									Koks von 0–10 mm und von 10–15 mm Größe sammelt und zum Kleinverkauf in
                              									Straßenfuhrwerke abgezogen werden kann. Der gröbere Koks wird in einem Trichter nach
                              									einem in Eisenbeton ausgeführten Sackschuppen gefördert. (H.
                                 										Hermanns.) [Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure 1910, Nr. 17,
                              									Seite 667.]
                           J.
                           
                        
                           Das Dampfturbinenkraftwerk der Zeche Shamrock I/II der
                              									Bergwerksgesellschaft Hibernia in Herne i. W.
                           Die sechs Kraftwerke der Hibernia, die mit einem Stromringnetz die vorhandenen zehn
                              									Zechen mit elektrischem Strom versorgen, haben eine Leistung von insgesamt 20000 PS
                              									und weisen elf Frischdampfturbinen, zwei Abdampfturbinen und einen Gasmotor als
                              									Betriebsmaschinen auf. Die Kraftwerke sind auf denjenigen Schächten errichtet, die
                              									in Kokereien usw. Ueberschußgase liefern. Das Kraftwerk Shamrock I/II besteht aus
                              									einer Abdampfturbine von 1500 KW und zwei Frischdampfturbinen von 1000 und 1800 KW,
                              									insgesamt von 4300 KW Normalleistung. Den Abdampf für die Niederdruckturbine liefern
                              									zwei Fördermaschinen, zwei Hilfsfördermaschinen, eine Ventilatormaschine und fünf
                              									Kompressoren. Der Abdampf dieser Maschinen wird zuerst entölt und dann von zwei
                              									Akkumulatoren von 4 m ⌀ und 6 m Höhe, System Schwartz, aufgenommen, wo er seine Wärme mit der Wärme des darin
                              									enthaltenen und künstlich in Umlauf gehaltenen Wassers austauscht. Im Falle die
                              									Dampfzufuhr aussetzt, sinkt der Druck im Akkumulator und das Wasser von höherer
                              									Temperatur liefert durch Verdampfen der Abdampfturbinen den Dampf. Der
                              									Wasserakkumulator gibt annähernd konstanten Dampfdruck für die Turbine; ein Zuführen
                              									von Frischdampf in den Fällen, wo der Abdampf der Fördermaschinen usw. aussetzt,
                              									findet nicht statt; es wird während der gewöhnlichen Förderzeit mit dem Abdampf von
                              									0,1–0,2 at Spannung und 90 v. H. Vakuum die volle Turbinenleistung erreicht. Der aus
                              									dem Akkumulator austretende Dampf wird unmittelbar am Austritt und dann noch einmal
                              									vor dem Eintritt in die Turbine von dem mitgerissenen oder sich bildenden Wasser
                              									befreit. Die beiden Frischdampfturbinen werden mit Dampf von 8 at und 300°
                              									Ueberhitzung betrieben. Die 1000 KW-Maschine ist eine A. E. G.-Dampfturbine mit 3000
                              									Umdr., während die andere Hochdruckturbine wie die Abdampfturbine Parsons-Turbinen von Brown,
                                 										Boveri & Cie. sind und mit 1500
                              									Umdrehungen laufen. Zur Kondensation des Abdampfes der Turbinen dienen
                              									Oberflächenkondensatoren; die Kühlwasserförderung der zugehörigen Pumpen beträgt
                              									3000 cbm i. d. Stunde. Die gesamte Kondensationsanlage ist für eine stündlich zu
                              									kondensierende Dampfmenge von zusammen 60000 kg bei 90 v. H. Vakuum und 28°
                              									Kühlwassertemperatur bemessen. Der Ausguß der Kühlwasserpumpen wird in Kühltürmen
                              									rückgekühlt.
                           Die elektrischen Generatoren erzeugen Wechselstrom von 50 Perioden und 5000 Volt
                              									Spannung, der für die Fernleitung dient; für den Betrieb der Zeche Shamrock selbst
                              									wird der Strom zum Teil auf 1000 Volt transformiert. [Zeitsch. für das gesamte
                              									Turbinenwesen 1910, S. 113.]
                           
                              M.
                              
                           
                        
                           3/6 gekuppelte Schnellzuglokomotive der Oesterreich.
                              									Staatsbahn.
                           Für schwere Schnellzüge bis 320 t Zuggewicht und 50–60 km Geschwindigkeit in
                              									hügeligem Gelände mit 8–12 v. T. Steigung erweisen sich die 3/5 gekuppelten
                              									Lokomotiven mehr und mehr als unzureichend. Bei der üblichen Bauart dieser
                              									Lokomotiven mit vorderem Drehgestell ist nur eine lange und schmale Feuerkiste
                              									verwendbar. Die Rostbreite ist dabei etwa 1 m. Die Paris-Orléans-Bahn hat mit
                              									solchen Vierzylinder-Lokomotiven bei den erwähnten Betriebsverhältnissen mit 3,1 qm
                              									Rostfläche, 240 qm Heizfläche (Serve-Rohre), 16 at Dampfdruck und 56,3 t Reibungsgewicht eine
                              									Leistung von 1100 PS am Radreifen erhalten. Die Kessel waren dabei stark überlastet,
                              									die Verdampfung sank von etwa 7,7 auf 5,3. Diese Eisenbahnverwaltung entschloß sich
                              									darum zuerst zur Beschaffung von 3/6 gekuppelten Lokomotiven. Ebenso drängten die
                              									ungünstigen Streckenverhältnisse der süddeutschen Bahnen zur Anschaffung dieser
                              									schweren Schnellzugslokomotiven. Auch England hat trotz des dort zulässigen hohen
                              									Achsdruckes und guter Kohle eine solche Lokomotive „The Great Bear“ (siehe D.
                              									p. J. 1908, S. 285) in den Dienst gestellt. Die Achsenanordnung bei diesen
                              									Lokomotiven ist durchweg: Vorderes Drehgestell – Treibachsen – hintere Laufachse.
                              									Folgende Zusammenstellung gibt die Hauptabmessungen der erwähnten Lokomotiven.
                           Um die Nachteile dieser Bauart (gezwungene Kesselform, starke Belastung der hinteren
                              									Laufachse) zu vermeiden, hat der Erbauer dieser neuen Lokomotiven, Gölsdorf, die umgekehrte Achsenanordnung gewählt. Die vordere Laufachse
                              									ist mit der ersten Kuppelachse zu einem Drehgestell, Bauart Krauß-Helmholtz, vereinigt. Das hintere Drehgestell ist ein
                              									Deichselgestell, dessen vorderste Achse Seitenspiel hat. Der Kessel besitzt sehr
                              									zweckmäßige Formen.
                           
                              
                                 Bahn
                                 Zylinder-Abmessungenmm
                                 FeuerkistenForm
                                 Dampf-druckat
                                 Dienst-gewichtt
                                 Rei-bungs-gewichtt
                                 
                              
                                 Paris-OrléansBadischeStaatsbahnBayrischeStaatsbahnReichs-Eisenbahn
                                 
                                    \frac{2\,\times\,390}{2\,\times\,640}\,\times\,650
                                    
                                    \frac{2\,\times\,423\,\times\,610}{2\,\times\,650\,\times\,670}
                                    
                                    
                                    \frac{2\,\times\,423\,\times\,610}{2\,\times\,650\,\times\,670}
                                    
                                    
                                    \frac{2\,\times\,380}{2\,\times\,600}\,\times\,660
                                    
                                 vorn schmalhinten
                                    											breitbreit„schmal
                                 16161515
                                 91,088,386,582,6
                                 52,949,548,042,0
                                 
                              
                                 Oesterreich.Staatsbahn
                                 
                                    \frac{2\,\times\,390}{2\,\times\,660}\,\times\,720
                                    
                                 breit
                                 15
                                 83,8
                                 43,8
                                 
                              
                           Die folgende Zusammenstellung gibt einen Vergleich der Kesselabmessungen der oben
                              									angeführten Lokomotiven.
                           
                              
                                 
                                    
                                    
                                    Bahn
                                    
                                 Rost-flächeqm
                                 Heiz-flächeqm
                                 
                                    \frac{\mbox{Heizfläche}}{Rostfläche}
                                    
                                 stündlicheDampf-erzeugung
                                 
                                    \frac{\mbox{Dampferzeugung}}{Heizfläche}
                                    
                                 
                                    \frac{\mbox{Dampferzeugung}}{Rostfläche}
                                    
                                 
                              
                                 kg
                                 
                              
                                 Paris-OrléansBadische
                                    											StaatsbahnBayrische        „Reichs-Eisenbahn
                                   4,274,54,53,2
                                 257,3258,7268,4238,7
                                 64576075
                                 12600128501200010000
                                 49504850
                                 2950286028703140
                                 
                              
                                 Oesterr. Staatsbahn. 
                                   4,62
                                 282,4
                                 59
                                 13200
                                 49
                                 2860
                                 
                              
                           Schnellzuglokomotiven von über 250 qm Heizfläche erfordern etwa 4 qm Rostfläche.
                              									Diese kann aber nicht mehr in einer schmalen Feuerkiste untergebracht werden. Eine
                              									Breite von 1025 mm bedingt eine Länge von 3900 mm. Ein solch langer Rost ist aber
                              									mit der Hand nicht mehr bedienbar. Die Mängel der breiten Feuerkiste (siehe z.B. D.
                              									p. J. 1910, S. 125 und S. 272) müssen durch entsprechende Neigung der Wände, große
                              									Breite des Bodenringes und möglichst großen Wasserraum zwischen Feuerkiste und
                              									Mantel vermieden werden.
                           In dem Kessel der Lokomotive ist ein patentierter Speisewasserreiniger eingebaut. Er
                              									besteht aus einem rechts und links neben den Heizrohren liegenden Kasten. In ihm
                              									tritt das vom Injektor kommende Speisewasser ein. Durch die starke Erwärmung des
                              									Wassers beim Eintritt in diesen Kasten und durch die plötzlich eintretende
                              									Geschwindigkeits- Verminderung scheiden die meisten Kesselstein bildenden Teile aus
                              									dem Wasser aus. Während sich aber ohne diesen Speisewasserreiniger der Kesselstein
                              									im ganzen Kessel verbreitet und an den heißen Stellen festbrennt, findet die
                              									Ablagerung nunmehr im Reiniger statt. Nach jeder Fahrt wird dieser unter Druck
                              									ausgeblasen.
                           Die gewählte Achsenanordnung dieser neuen Lokomotive gewährt als Vorteil eine
                              									geringere Belastung der hinteren Laufachsen, wie aus folgender Zusammenstellung
                              									hervorgeht.
                           Abweichend von der üblichen Anordnung sind die Kolbenschieber für Hoch- und
                              									Niederdruckzylinder nicht parallel zu einander, sondern beide sitzen auf einer
                              									gemeinsamen Schieberstange. Alle vier Kolben arbeiten auf die mittlere
                              									Kuppelachse. Diese ist nicht aus einem Stück geschmiedet, sondern aus drei Teilen
                              									zusammengesetzt, (siehe D. p. J. 1910, S. 396).
                           
                              
                                 
                                    
                                    
                                    Bahn
                                    
                                 Achsbelastung in t bei Achse
                                 Durchm.derTreib-rädermm
                                 
                              
                                 1
                                 2
                                 3
                                 4
                                 5
                                 6
                                 
                              
                                 Paris-OrléansBadische
                                    											StaatsbahnBayrische        „Reichs-Eisenbahn.
                                   11,3  11,612  11,8
                                   11,3  11,612  11,8
                                   17,6  16,51616
                                   17,6  16,51616
                                   17,6  16,51616
                                   15,5  15,61611
                                 1850180018702040
                                 
                              
                                 Oesterr. Staatsbahn
                                 14
                                   14,6
                                   14,6
                                   14,6
                                 13
                                 13
                                 2140
                                 
                              
                           Leistungsversuche sind mit der von der Wiener
                                 										Lokomotiv-Fabrik A.-G. gebauten Lokomotive noch nicht ausgeführt. Doch
                              									haben die Betriebsfahrten die gute Bewährung dieser Bauart ergeben. Die
                              									Oesterreichischen Staatsbahnen haben darum zehn solche Lokomotiven nachbestellt. (Metzeltin). [Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1910, S.
                              									537–545.]
                           
                              W.
                              
                           
                        
                           Neue Starklichtlampe für Gasbeleuchtung.
                           Der große Vorsprung, welchen die elektrische Beleuchtung durch die
                              									Starklicht-Bogenlampen gegenüber der Gasbeleuchtung erlangt hatte, ist erst mit der
                              									Einführung der Preßgasbeleuchtung wieder einigermaßen eingeholt worden und die große
                              									Verbreitung dieser Beleuchtungsart ist wohl der beste Beweis dafür, daß ein großes
                              									Bedürfnis auf diesem Gebiete vorgelegen hatte.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 494
                              Fig. 1.
                              
                           Nun erfordert aber die Preßgasbeleuchtung wegen der besonderen Rohrleitungen, die für
                              									das Preßgas erforderlich sind, sowie wegen der Gebläseanlage verhältnismäßig hohe
                              									Anlagekosten, die sich durch die beim Legen der Rohrleitungen entstehenden
                              									Erdarbeiten bedeutend erhöhen und naturgemäß umso schwerer ins Gewicht fallen, je
                              									kleiner das Gebiet ist, welches mit Preßgas versorgt werden soll. Für die
                              									gewöhnlichen Gasverbraucher, z.B. die Inhaber von Ladengeschäften in belebten
                              									Straßen, bei denen auch ein großer Bedarf nach Starklichtlampen besteht, kommt
                              									deshalb das Preßgas nicht in Frage. Auf diesem außerordentlich ertragsreichen
                              									Gebiete blieb somit die elektrische Bogenlampe bis vor kurzer Zeit
                              									vorherrschend.
                           Die Starklichtlampe von Lucas, welche vor einiger Zeit
                              									von der Berlin-Anhaltischen Maschinenbau-A.-G. auf den
                              									Markt gebracht worden ist, und welche diese Lücke ausfüllt, hat demnach mit Recht
                              									großes Aufsehen erregt. Die Lampe, die in Fig. 1 in einem Schnitt
                              									dargestellt ist, wird vorläufig einflammig für eine Lichtstärke von 1000 bis 1200
                              									Kerzenstärken hergestellt, wobei ihr stündlicher Gasverbrauch 0,76 l f. d.
                              									Kerzenstärke beträgt.
                           Die Wirkungsweise der Lampe beruht auf dem gleichen Gedanken, wie diejenige der
                              									ursprünglichen Lucas-Lampens. D. p. J. 1905, Bd. 320, S. 284.,
                              									mit dem Unterschiede, daß die Lampe für hängendes Gasglühlicht eingerichtet ist.
                              									Durch einen Abzugsschlot von 1 m Länge werden die verbrannten Gase aus der Lampe mit
                              									großer Geschwindigkeit abgesaugt, so daß unterhalb des Brenners ein Unterdruck
                              									entsteht, welcher die gleiche Wirkung hervorbringt, wie der höhere Druck bei dem
                              									Preßgas. Außerdem wird dadurch die Flamme gezwungen, den Glühkörper vollkommen
                              									auszufüllen. Trotz des übermäßig hohen Schlotes wird aber die Lampe nicht sehr groß.
                              									Ihre gesamte Bauhöhe beträgt einschließlich der Hähne 1350 mm. Damit ein vollkommen
                              									windsicherer Betrieb erreicht wird, wird die Außenluft an der Außenseite des
                              									Abzugsschlotes in der gleichen Höhe eingeführt, in welcher die Gase austreten und
                              									hierbei zugleich stark vorgewärmt. Durch die unten aufgesetzte Gasglocke, die
                              									vollständig abgedichtet ist, kann keine Luft eintreten. Der Brenner ist so gebaut,
                              									daß dem Gas bereits vorher die erforderliche Luft beigemengt wird, damit die beim
                              									hängenden Gasglühlicht günstigste Wirkung erreicht werden kann. Da aber dann die
                              									Flamme leicht zurückschlagen könnte, so wird das Gas zunächst nur mit einem Teil der
                              									erforderlichen Luft gemischt, dann durch eine Anzahl von dünnen Brennerrohren,
                              									welche das Zurückschlagen unmöglich machen, in das Innere des Glühstrumpfes geleitet
                              									und dort mit dem Rest von Luft gemischt. Der erwähnte erste Teil von Luft wird durch
                              									das bekannte Düsenrohr mit dem Gasstrom mitgerissen, der Rest tritt außen um die
                              									Brennerrohre in den Glühstrumpf.
                           Das wesentliche Kennzeichen der Lampe ist, daß sie ihre volle Wirkung schon bei einem
                              									Gasdruck von 30 bis 50 mm Wassersäule, sogar bei noch geringeren Drucken, erreicht
                              									und vollkommen ruhig brennt. Ein Vorteil des geringen Druckes ist schon darin zu
                              									sehen, daß man bei der Lampe nicht besonders gehärtete Glühstrümpfe zu verwenden
                              									braucht und daß die Glasglocken nicht so leicht verstauben, da sie nach unten
                              									vollständig abgeschlossen werden können.
                           
                              H.
                              
                           
                        
                           Sterilisierung großer Wassermengen durch ultraviolette
                              									Strahlen.
                           I. Die an ultravioletten Strahlen reichen Quecksilberdampf-Quarz-Bogenlampen können
                              									dazu dienen, die Bakterien im Wasser zu vernichten. Wieviel Wasser auf diese Weise
                              									im günstigsten Falle von einer Lampe sterilisiert werden kann, hat kürzlich Vallet durch eingehende Versuche festgestellt. Eine 220
                              									Volt-Lampe mit 30 cm langem Brenner von einer Pariser Firma ergab geringe Wirkung.
                              									Danach benutzte er eine 110 Volt-Lampe mit 6 cm langem Brenner und doppeltem
                              									Quarzmantel von der deutschen Quarzlampengesellschaft
                              									in Hanau. Sie erwies sich bedeutend wirksamer.
                           Das Versuchswasser entnahm er aus der Stadtkanalisation in Montpellier. Vor dem
                              									Sterilisieren klärte er es so gut, wie es seine Einrichtungen ermöglichten, durch
                              									Filterung. Danach enthielt das Wasser in jedem Liter noch etwa 1000 Kolibazillen,
                              									wovon jegliche Probeentnahme in Bakterien-Nährbouillon innerhalb 24 Stunden aufging.
                              									(Der Kolibazillus ist eine dem Typhusbazillus nahe verwandte Art; er unterscheidet
                              									sich von ihm dadurch, daß er vom Typhus-Immunserum nicht vernichtet wird.) Das
                              									Versuchswasser durchfloß einen geschlossenen Behälter geeigneter Größe, in dessen
                              									Mitte die Lampe war. Bei einer Durchflußmenge von 5 cbm/Std. wurden darin stets alle
                              									Kolibazillen vernichtet; denn wieviel Proben er auch in Nährbouillon brachte, nicht
                              									eine einzige ging auf. Bei Durchflußmengen zwischen 5 und 9,2 cbm/Std. dagegen
                              									gingen von einer Anzahl Proben einige auf. Dieser teilweise Mißerfolg kam daher, daß
                              									seine Filtereinrichtungen so große Wassermengen nur unvollkommen reinigen konnten.
                              									Besonders bei Regenwetter enthielt das gefilterte Kanalisationswasser immer noch
                              									Schwebeteilchen aus Ton, die erst bemerkbar wurden bei größerer Schichtdicke des
                              									Wassers und beim Scheine des Brenners. Sobald er aber die Durchflußmenge
                              									verlangsamte, wurden auch in diesem, ein wenig trübem Wasser sämtliche Kolibazillen
                              									vernichtet.
                           Bei völlig klarem Wasser wird man mit dieser einen Lampe in einer Stunde etwas mehr
                              									als 10 cbm Wassers gefährlichster Art vollkommen sterilisieren können. Weiter ist
                              									dazu aber Bedingung, daß, wie bei diesen Versuchen
                           
                              1. das Wasser ganz gleichmäßig an den Brenner herangeführt
                                 										wird,
                              2. die Behältergröße und die Durchflußmenge in gutem Verhältnis
                                 										sind, damit jedes Wasserteilchen wenigstens 1 Minute lang sich innerhalb der
                                 										Wirkungsweite der Strahlen befindet,
                              3. die Entnahme des Wassers aus dem Behälter unmittelbar am
                                 										Brenner erfolgt, damit das sterilisierte Wasser nicht im Behälter wieder von
                                 										neuem infiziert wird.
                              
                           Der Energieverbrauch der Lampe war 0,4 KW insgesamt; also ist jedenfalls für 1 cbm/Std. zu
                              									sterilisierendes Wasser nicht ganz 0,04 KW zu erwarten.
                           II. Im Laboratorium für Physiologie an der Universität Paris benutzten Henri, Helbronner und Recklinghausen folgende Versuchseinrichtung: In einem offenen Kanal von 25
                              									cm Breite und 50 cm Tiefe bewegte eine Zentrifugalpumpe klares Wasser, dem reichlich
                              									Kolibazillen beigemischt worden waren; ein Wasserzähler diente zur Bestimmung der
                              									Durchflußmenge. Die Wassertiefe war 40 cm. Mehrere 220
                              									Volt-Quecksilberdampf-Quarz-Bogenlampen von der Pariser Westinghouse-Cooper-Hewitt-Gesellschaft lagen quer zur Breite des Kanals 2
                              									cm über dem Wasserspiegel. Schirme über den Lampen warfen das Licht nach unten
                              									zurück. Damit der Abstand von 2 cm auch bei etwaigen Schwankungen des Wasserspiegels
                              									unverändert blieb, lag jede Lampe auf zwei Hohlkörpern, die in Seitennischen der
                              									Kanalwände auf dem Wasser schwammen. Fig. 1 zeigt
                              									den Kanal im Grundriß; zwischen den einzelnen Lampen verläuft der Kanal im Zickzack,
                              									damit womöglich die unter der ersten Lampe nahe am Boden geflossene Wasserschicht
                              									aufgerührt würde und unter der folgenden Lampe mehr in der Nähe der Wasseroberfläche
                              									durchginge; das aber dürfte durch jene Krümmungen kaum erreicht worden sein.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 495
                              Fig. 1.
                              
                           Während des Betriebes wurden dann an verschiedenen Stellen zwischen den Lampen
                              									mittels langer Pipetten Proben aus den Wasserschichten am Kanalboden entnommen, und
                              									in Röhrchen mit Bakteriennährbouillon gebracht. Bei einer Durchflußmenge von 10 l i.
                              									d. Sek., entsprechend 36 cbm/Std. und einer auf den Wasserquerschnitt des Kanals
                              									bezogenen Geschwindigkeit von 0,1 m/Sek. wurden gefunden im Wasser vor der ersten Lampe 5250 Bazillen auf 1 cbm, hinter der ersten Lampe 3650 und hinter der zweiten 0; die hier entnommenen Proben
                              									gingen in Nährbouillon nicht mehr auf; das Wasser war also keimfrei geworden. Da
                              									jede Lampe 0,66 KW verbrauchte, so berechnet sich als Energieverbrauch für 1 cbm/Std. der Wert
                              										\frac{0,66\,.\,2}{36}=0,0367\mbox{ KW}.
                           III. Bei den Versuchen unter II war also der Energieverbrauch zur Sterilisierung von
                              									1 cbm/Std. auf
                              									keinen Fall größer als bei den Versuchen unter I. Nun ist aber bei II gerade die
                              									Lampensorte benutzt worden, die sich, wie berichtet, bei I wenig wirksam erwiesen
                              									hatte. Dieser auffällige Widerspruch in den Beobachtungen der Forscher ist
                              									vollständig erklärlich. Bei I waren die Lampenbrenner im Wasser, bei II über dem
                              									Wasser. Die 220 Volt-Lampen hatten nur das einfache Leuchtrohr, in dem der
                              									Lichtbogen zwischen den Quecksilberpolen übergeht; die 110 Volt-Lampe dagegen hatte
                              									einen doppelten Quarzmantel, d.h. das Leuchtrohr war umgeben von einem zweiten
                              									Quarzrohr mit beträchtlich größerem Durchmesser und der Raum zwischen beiden Rohren
                              									war ziemlich luftleer. Wird diese 110 Volt-Lampe unter Wasser gebracht, so wird
                              									ihr Leuchtrohr vom Wasser nicht abgekühlt. Wird dagegen eine jener 220 Volt-Lampen
                              									unter Wasser gebracht, so wird dem Leuchtrohr hundertfach mehr Wärme entzogen als in
                              									der Luft über Wasser.
                           Die so verursachte Abkühlung des Leuchtrohres teilt sich auch den Quecksilberdämpfen
                              									im Innern des Leuchtrohres mit. Es steht aber fest, daß glühende Quecksilberdämpfe
                              									um so stärker ultraviolette Strahlen aussenden, je höher ihre Temperatur ist. Eine
                              									220 Volt-Lampe mit einfachem Leuchtrohr muß daher unter Wasser wie bei Versuch I
                              									geradezu unwirksam sein, im Vergleich zu der 110 Volt-Lampe mit doppeltem Quarzrohr:
                              									Nur bei der ihrer Konstruktion angemessenen Verwendung als Ueberwasserlampe kann sie reichlich ultraviolette Strahlen aussenden und
                              									damit wirksam sein; dann ist, wie die Versuche II bewiesen haben, ihre Wirksamkeit
                              									sogar allerwenigstens ebenso gut wie diejenige der Unterwasserlampen.
                           Die Leistungsfähigkeit dieser überaus einfachen Sterilisiereinrichtungen und ihr
                              									geringer Energieverbrauch berechtigt zu der Erwartung, daß bald die Wirkung der
                              									ultravioletten Strahlen auch in Wasserwerken zur Verbesserung des Leitungswassers
                              									benutzt werden wird.
                           
                              Erich Schneckenberg.