| Titel: | Die Untersuchung von autogen geschweißten Blechteilen | 
| Autor: | C. Diegel | 
| Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 594 | 
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                        Die Untersuchung von autogen geschweißten
                           								Blechteilen
                        nach dem Protokoll der 39. Delegierten- und
                           								Ingenieur-Versammlung des Internationalen Verbandes der
                              									Dampfkessel-Ueberwachungs-Vereine zu Lille im Juni
                           								1909.
                        Die Untersuchung von autogen geschweißten Blechteilen.
                        
                     
                        
                           Herr Ingenieur Baumann berichtet über die von der
                              									Materialprüfungsanstalt in Stuttgart unter Leitung des Herrn Baudirektors Professor
                              									Dr.-Ing. C. v. Bach ausgeführte Prüfung der
                              									Schweißnähte eingesandter Blechstücke durch Zugversuche bei gewöhnlicher und höherer
                              									Temperatur, Biege- und Schlagversuche, Kerbschlagproben bei gewöhnlicher Temperatur
                              									und 200° C, sowie durch metallographische Untersuchungen. Die Ergebnisse waren in
                              									kurzer Wiedergabe folgende (s. Tab. 1):
                           Tabelle 1.
                           
                              
                                 Prüfungs-temperatur°C1
                                 Art der Proben2
                                 Zugprüfung
                                 Kerbschlagpr.
                                 
                              
                                 Zugfestigkeitkg/qcm3
                                 Bruch-dehnungv. H.4
                                 Querschnitts-verminderungv. H.5
                                 Lage des Bruchs
                                    											zurSchweißstelle6
                                 Arbeitsverbr.beim Bruchmkg/qcm7
                                 
                              
                                   20200300
                                 Stäbe aus dem vollen (nicht ge-  schweißten) Blech
                                 334845773864
                                 32,216,736,5
                                 72,954,960,9
                                 
                                 21,623,3–
                                 
                              
                                   20200300
                                 Stäbe mit der Schweißnaht in  etwa der Mitte der
                                    											Messlänge.  Schweißstelle um etwa 3 mm  stärker als das
                                    											Blech.
                                 355548794163
                                 19,713,119,7
                                 66,650,556,2
                                 Von neun Stäben ist einerin der
                                    											Schweißstellegebrochen.
                                   3,212,1–
                                 
                              
                                   20200300
                                 Stäbe mit der Schweißnaht in etwa  der Mitte der Messlänge.
                                    											Ver-  stärkung der Schweißstelle weg-  gehobelt.
                                 32784726–
                                 10,5  7,9–
                                 27,512,1–
                                 (Sämtliche Stäbe brachenin der
                                    											Schweißstelle.)
                                 –––
                                 
                              
                           1. Blechtafel 1000 × 700 × 15 mm, aus Lyon eingesandt, geschweißt außerhalb des
                              									Kessels von der Sté de l'acétylène dissous in
                              									Marseille. Aus der Mitte der Tafel ist ein Stück von 480 × 370 mm ausgeschnitten und
                              									mit gelöstem Azetylen und Sauerstoff wieder autogen eingeschweißt worden. Das
                              									Schweißen war von beiden Seiten und sauber ausgeführt. Die Tafel hatte sich nicht
                              									nennenswert verzogen.
                           Die Bruchdehnung des vollen Bleches und der Stäbe mit verstärkter Schweißnaht beträgt
                              									also bei 200° C 16,7 und 13,1 v. H. (Spalte 4). Die nach der Schlagarbeit beurteilte
                              									Zähigkeit des Materials (Spalte 7) ist in dem vollen Blech bei 20° C rd. siebenmal
                              									und bei 200° C rd. zweimal so groß als in den Stäben mit der Schweißnaht. Bei den
                              									Biegeversuchen der Stäbe mit Schweißnaht trat der Bruch erst nach erheblicher
                              									Formänderung ein. Die durch Schlag gebogenen Stäbe mit Schweißnaht ertrugen nicht so
                              									erhebliche Formänderungen. Die geätzten Schliffe lassen erkennen, daß das
                              									Füllmaterial Nacheinander in kleinen Mengen eingeschmolzen worden ist.
                              									Oxydeinschlüsse treten nur in geringer Ausdehnung auf. Die Prüfung dieses in
                              									Marseille geschweißten Bleches zeigte die besten Ergebnisse, die bis dahin in
                              									der Prüfungsanstalt mit autogen geschweißten Nähten erzielt wurden.
                           2. Stück vom oberen Scheitel eines Wellflammrohres, aus Kaiserslautern eingesandt.
                              									Der am Rande einer überlappten Schweißung des 11 mm starken Bleches eingetretene Riß
                              									war mit Wasserstoff und Sauerstoff autogen zugeschweißt worden, nach sieben- bis
                              									achtmonatigem Betriebe aber wieder aufgebrochen. Ein geätzter Querschnitt läßt
                              									erkennen, daß die autogene Schweißung infolge von vielen und ausgedehnten
                              									Schlackeneinschlüssen äußerst minderwertig ist. Außerhalb der Schweißungen zeigt das
                              									Blech noch einen weiteren Anriß.
                           3. Stück aus der Krempe des hinteren Verbindungsstutzens zwischen Ober- und
                              									Unterkessel eines Wasserrohrkessels, 14 mm Wandstärke, aus Halle a. S. eingesandt.
                              									Auch in diesem Falle ist ein Riß mit Wasserstoff und Sauerstoff autogen verschweißt
                              									worden, der sich dicht neben einer überlappt geschweißten Naht gebildet hatte. Die
                              									autogene Schweißung war in größerer Entfernung von der ausführenden
                              									Dampfkesselfabrik erfolgt und nicht gelungen, da der Riß sich bei der nachfolgenden
                              									Wasserdruckprobe wiederholt auftrennte. Ein geätzter Querschnitt der Schweißung
                              									erklärt deren Mißlingen. Der Riß wurde hiernach zum Schweißen nicht durch Auskreuzen
                              									erweitert, und das aufgeschmolzene, von Oxydschichten durchsetzte Material hat sich
                              									mit dem Blech nur ungenügend verbunden. Das Blech selbst ist unganz und unrein.
                           4. Zwei Stücke aus einem Zentralheizungskessel, aus Magdeburg eingesandt. Stück I, 5
                              									mm stark, entstammt dem Mantel, Stück II, 8 mm stark, dem Flammrohr. Beide sind im
                              									Kessel mit Azetylen und Sauerstoff von einer Spezialfirma einseitig geschweißt worden.
                              									Das Ergebnis der bei 20° C ausgeführten Prüfung ist in Tab. 2 zusammengestellt.
                           Tabelle 2.
                           
                              
                                 Proben aus
                                 Zugprüfung
                                 Kerbschlag-prüfung
                                 
                              
                                 Zug-festigkeitkg/qcm
                                 Bruch-dehnungv. H.
                                 Arbeits-verbrauchbeim Bruchmkg/qcm
                                 
                              
                                 dem Mantel
                                 volles BlechSchweißstelle
                                 36713584
                                   20,8  14,2
                                 18,2  6,8
                                 
                              
                                 demFlammrohr
                                 volles BlechSchweißstelle
                                 37303720
                                 27  24    10,5
                                 17,510,4 3,9 6,1
                                 
                              
                           Ein Querschnitt durch die Mantelschweißung zeigt im geätzten Zustande grobes Korn des
                              									Füllmaterials mit zahlreichen Oxydeinschlüssen. Dieses Gefüge läßt vermuten, daß die
                              									Schweißung sich im Betriebe nicht so gut bewährt haben würde als das nach den
                              									Ergebnissen der mechanischen Prüfung anzunehmen ist. Die mangelhafte Ausführung der
                              									Schweißung hat sich in diesem Falle erst durch die metallographische Untersuchung
                              									ergeben.
                           5. Abschnitt eines Wasserrohres, eingeliefert aus Halle a. S. An ein Rohr von 3,5 mm
                              									Wandstärke war mit Wasserstoff und Sauerstoff ein neues Ende angeschweißt worden.
                              									Ein die Schweißnaht enthaltender Abschnitt dieses Rohres wurde gerade gedrückt, ohne
                              									daß Risse eintraten und in diesem Zustande zur Prüfung eingesandt (s. Tab. 3).
                           Biegestäbe brachen erst nach ziemlich weitgehender Formänderung. Die
                              									metallographische Untersuchung ergab, daß das Rohrmaterial in der Nähe der
                              									Schweißung stark überhitzt wurde und daß das Füllmaterial von langen Oxydschichten
                              									durchzogen ist, die aber annähernd mit der Walzrichtung des Bleches verlaufen und
                              									deshalb weniger schädlich sind.
                           Tabelle 3.
                           
                              
                                 Zustand der Proben mit derSchweißstelle in etwa
                                    											der Mitte
                                 Zugfestigkeitkg/qcm
                                 Bruchdehnungv. H.
                                 
                              
                                 Wie eingeliefert
                                 2944–3931
                                 1
                                 
                              
                                 Geglüht
                                 3557
                                 6
                                 
                              
                                 Warm geschmiedet
                                 3727
                                 6
                                 
                              
                           6. Flammrohr, aus Braunschweig eingesandt, Wandstärke 13 mm. Beim Schweißen eines
                              									gebildeten Risses sollen neue Risse entstanden sein. Deshalb wurde die Reparatur
                              									durch Schweißung aufgegeben. Das Ergebnis der Prüfung bei gewöhnlicher Temperatur
                              									ist in Tab. 4 zusammengestellt.
                           Tabelle 4.
                           
                              
                                 
                                 Ort derProbenentnahme
                                 Zustandder Proben
                                 Zug-festig-keitkg/qcm
                                 Bruch-dehnungv. H.
                                 Quer-schnitts-vermin-derungv.
                                    											H.
                                 
                              
                                 Volles Blech
                                 Parallel zur RohrachseSenkrecht z.
                                    											Rohrachsedesgl.
                                 Wie eingeliefertdesgl.Ausgeglüht
                                 385639823850
                                   24,3  26,127
                                 59,760,561,9
                                 
                              
                                 Schweißstelle
                                 Wie eingeliefert
                                 2036
                                     1,5
                                 –
                                 
                              
                           Beim Biegen brach die Schweißung vor dem Eintritt einer erheblichen Formänderung. Die
                              									Kerbschlagproben aus der Schweißung ergaben im Durchschnitt 4,14 mkg/qcm für den
                              									Bruch. Das Füllmaterial enthält zahlreiche Poren.
                           7. Drei Blechstücke aus den beiden Flammrohren eines Schiffskessels, 14 mm
                              									Wandstärke, eingeliefert vom Vorsitzenden der techn. Kommission des J. V. d. D. Ue.
                              									V. In den Flammrohren sind an vier Stellen (bei F, A, B
                              									und E) künstlich Risse erzeugt und diese mittels
                              									gelösten Azetylens und Sauerstoffs in Hamburg von Leuten verschweißt worden, die in
                              									Marseille ausgebildet waren. Die Ausführung erfolgte mit den Vorrichtungen, für die
                              									die Arbeiter eingelernt waren. (Scheinbar ist bei A, B
                              									und E das eingerissene Material herausgeschnitten und
                              									durch Einsetzen rechteckiger Blechstücke ersetzt, bei F
                              									dagegen ein Längsriß direkt wieder zugeschweißt worden.)
                           Tabelle 5.
                           
                              
                                 Probe-blech
                                 Artder Probe
                                 Prüfungs-tempe-ratur°C
                                 Zug-festigkeitkg/qcm
                                 Bruch-dehnungv. H.
                                 Quer-schnitts-vermin-derungv.
                                    											H.
                                 
                              
                                 E
                                 Volles BlechSchweißnaht
                                   20  20
                                 40632376
                                 27,2  0,7
                                 52,7–
                                 
                              
                                 E
                                 Volles BlechSchweißnaht
                                 200200
                                 45242128
                                 12,2  0,6
                                 30,4
                                 
                              
                                 F
                                 Volles BlechSchweißnaht
                                   20  20
                                 41792567
                                 20,4  1,1
                                 52,5–
                                 
                              
                           Die Spannungen und Zerrungen des Materials, die durch das Schweißen eingetreten sind,
                              									ergaben sich aus folgenden Beobachtungen: Eine Rundnaht des Stückes B ist beim Erkalten wieder aufgesprungen. Der Riß hat
                              									sich in das volle Blech hinein fortgesetzt. Die Ursache des Risses ist darin zu
                              									suchen, daß die Nieten der nahe gelegenen, parallel zur Schweißfuge verlaufenden
                              									Rundnietnaht nicht entfernt worden waren. Angeblich ist das absichtlich unterlassen
                              									worden, um zu zeigen, wie die Ausbesserung nicht ausgeführt werden soll. Im Stücke
                              										E ist dagegen eine Naht unbeabsichtigt wieder
                              									aufgerissen, wahrscheinlich aus gleichen Ursachen wie bei B. Neben dem verschweißten Längsriß F machen
                              									sich Streckfiguren bemerkbar, die beweisen, daß Spannungen hervorgerufen worden
                              									sind, die höher waren, als die Streckgrenze des Materials. Im Stück A sind Materialverschiebungen eingetreten und
                              									Nietlöcher versetzt worden.
                           Die ausgeführten Zugversuche sind aus Tab. 5 zu ersehen.
                           Bei den Biege- und Schlagbiegeprüfungen der Stäbe mit Schweißnaht brachen diese,
                              									bevor eine größere Formänderung eingetreten war. Geätzte Querschnitte der Nähte von
                              									den Stücken E und F zeigen
                              									grobes Korn, das von Oxydschichten durchsetzt ist. Sie zeigen ferner, daß die
                              									Schweißung nicht durch die ganze Blechdicke reicht. Die geringwertigen Ergebnisse
                              									der Schweißnähte bei der mechanischen Prüfung erklären sich also durch die
                              									mangelhafte Ausführung des Schweißens.
                           8. Blechstück, das mit Wassergas überlappt geschweißt
                              									worden war, etwa 16 mm stark, wahrscheinlich vergleichshalber geprüft (s. Tab.
                              									6).
                           Die Biege- und Schlagbiegeproben ließen sich zusammenfalten, ohne mehr als äußerliche
                              									Risse zu zeigen. Ein geätzter Querschnitt der Naht zeigt feines Korn. Die Fuge
                              									enthält stellenweise Schlackenteile, die aber nicht über größere Längen
                              									zusammenhängen.
                           Im Anschluß an seinen Bericht teilt Herr Ingenieur Baumann mit, daß Herr Baudirektor v. Bach auf
                              									Grund der vorliegenden Ergebnisse, sowie der im Auftrag des Vereins deutscher
                              									Ingenieure durchgeführten Versuche der Ansicht sei, daß der Verband den Standpunkt
                              									bis auf weiteres festhalten sollte, den er im Jahre vorher einstimmig angenommen habe. (Bei der
                              									Herstellung und Ausbesserung von Dampfkesseln und Dampffässern durch autogene
                              									Schweißung die größte Vorsicht walten zu lassen usw., Seite 35 u. 36 des Wiesbadener
                              									Protokolls.) Aus der sich anschließenden Diskussion über diesen Antrag v. Bachs wird nachstehend das wichtigste kurz
                              									wiedergegeben.
                           Tabelle 6.
                           
                              
                                 Prü-fungs-tempe-raturkg/qcm
                                 Art der Proben
                                 Zugprüfung
                                 Kerbschlag-prüfung
                                 
                              
                                 Zug-festigkeitkg/qcm
                                 Bruch-dehnungv. H.
                                 Quer-schnittsver-minderungv. H.
                                 Arbeits-verbrauchbeim
                                    											Bruchmkg/qcm
                                 
                              
                                   20200
                                 Stäbe aus d.vollen
                                    											(nichtgeschweißt.)Bleche
                                 37715028
                                 24,2(Außerhalbder
                                    											Messlängegerissen)
                                 58,3–
                                 19,221,4
                                 
                              
                                   20200
                                 Stäbe mit derSchweißnahtin etwa
                                    											derMitte derMesslänge
                                 36694965
                                 21,112,6
                                 ––
                                 12,020,1
                                 
                              
                           Herr Schlickert-Essen führt aus, der Bericht des Herrn
                              										Baumann habe bestätigt, daß man mit der autogenen
                              									Schweißung vorzügliche, aber auch außerordentlich minderwertige Ergebnisse erzielen
                              									könne. Für den Erfolg sei einzig und allein die Handfertigkeit, die
                              									Gewissenhaftigkeit und die Ruhe des Schweißers maßgebend. Er (Redner) selbst habe
                              									Probestäbe geschweißt und noch bessere Resultate erzielt, als die der Marseiller
                              									Schweißung (siehe oben Pos. 1). Die Kerbschlagprobe dürfe zur Beurteilung des
                              									autogenen Schweißens nicht herangezogen werden, weil ihr Ergebnis davon abhänge, ob
                              									der Kerb zufällig auf eine schlechte oder gute Stelle der Naht falle. Die
                              									Schweißungen sollten nicht nach den schlechtesten, sondern nach den besten
                              									Resultaten beurteilt werden. Man dürfe nicht einzelne Firmen aussuchen, die
                              									zuverlässig schweißen, sondern müsse die Arbeiten ausgebildeten, zuverlässigen
                              									Schweißern übertragen, die man kenne und die unter eigener Verantwortung arbeiten.
                              									Solche Leute seien auszubilden und zu erziehen, um im Laufe der Jahre zu
                              									Schweißungen zu kommen, wie die besten der von Herrn Ing. Baumann vorgeführten.
                           Herr Rinne-Essen vertritt den Standpunkt, daß die
                              									autogene Schweißung in einer Reihe bisher erfolgter VeröffentlichungenAls Beispiel führt Herr Rinne meine Broschüre: „Das Schweißen und
                                       												Hartlöten mit besonderer Berücksichtigung der Blechschweißung, Berlin,
                                       												Leonhardt Simion Nachf., 1909“, an. bezüglich ihrer
                              									Verwendbarkeit zum Bau und zur Reparatur von Dampfkesseln nicht zu ihrem Rechte
                              									gekommen sei. Seine Firma, das Blechwalzwerk Schulz-Knaudt,
                                 										Akt.-Ges. in Essen, verwende die autogene Schweißung vornehmlich zur
                              									Ausbesserung von neuen, noch in der Fabrikation befindlicher Kesselteile und zur
                              									Herstellung von komplizierten Schweißstücken. Sie habe deshalb ein Interesse daran
                              									gehabt, durch eigene Versuche festzustellen, ob die bisher veröffentlichten
                              									Ergebnisse ein richtiges Bild von der Leistungsfähigkeit der autogenen Schweißung
                              									geben oder ob sie deshalb so minderwertig ausfielen, weil die Versuchsstücke unter
                              									unsachgemäßer und falscher Anwendung des autogenen Schweißverfahrens hergestellt
                              									worden waren. Diese Versuche, von denen der Redner einiges bekannt gibt, sind
                              									inzwischen in „Stahl und Eisen“ Nr. 46 von 1909 ausführlich beschrieben
                              									worden.
                           Herr Rinne ist der Ansicht, daß die autogene Schweißung
                              									bei richtiger und sachgemäßer Anwendung eine der allerbesten der bisher bekannten
                              									Schweißmethoden sei. Ihr Hauptvorteil bestehe darin, daß man bei ihrer
                              									Anwendung die Naht nach Belieben stärker halten könne, als das zu schweißende
                              									Blech. In dieser Beziehung sei die autogene Schweißung der Koks- und
                              									Wassergasschweißung entschieden weit überlegen. Diese Ueberlegenheit werde
                              									allerdings nur durch sorgfältigste Ausführung gewährleistet. Dazu gehöre die
                              									Verwendung von reinem Azetylen, die Auswahl richtig, den Blechstärken entsprechend
                              									dimensionierter Schweißbrenner und gutes Füllmaterial. Haupterfordernisse für das
                              									gute Gelingen der autogenen Schweißung seien aber das Hämmern des eingeschmolzenen
                              									Füllmaterials und das sorgfältige Ausglühen des fertigen Schweißkörpers. In dem
                              									Berichte „Stahl und Eisen, Nr. 23, 1909, Seite 881“ über die Bachschen Versuche würde das Urteil des
                              									Berichterstatters bezüglich des Wertes der autogenen Schweißung wesentlich günstiger
                              									ausgefallen sein, wenn ihm Resultate von sachgemäß
                              									ausgeführten Schweißungen vorgelegen hätten, bei denen das eingetragene Füllmaterial
                              									Tropfen für Tropfen mit dem Schweißhammer gehörig gehämmert worden war. Im übrigen
                              									schließt sich Herr Rinne dem Antrage des Herrn v. Bach an, weil die im Jahre vorher vorgeführten
                              									autogenen Schweißproben fast durchweg schlecht ausgeführt waren und ungeeignete
                              									Elemente wenigstens von dem Schweißen im Dampfkesselbau ausgeschlossen werden
                              									müßten.
                           Herr Reischle, München, hält die Zurückhaltung, die in
                              									dem Antrage des Herrn v. Bach zum Ausdruck kommt, für
                              									gerechtfertigt, weil es zwar möglich sei, recht gut zu schweißen, vielfach aber doch
                              									auch noch recht schlecht autogen geschweißt werde. Die Erfahrung werde lehren, ob
                              									diese Vorsicht mit der Zeit einzuschränken oder sogar zurückzunehmen sei.
                           Nach dem Antrage des Herrn v. Bach wird hierauf
                              									einstimmig folgender Beschluß angenommen:
                           
                              „Bei dem heutigen Stand empfiehlt es sich, in bezug auf die Herstellung und die
                                 										Ausbesserung von Dampfkesseln und Dampfgefäßen durch autogene Schweißung die
                                 										größte Vorsicht walten und solche Arbeiten nur zuverlässig arbeitende Firmen
                                 										unter Ueberwachung des in Betracht kommenden Revisionsvereins ausführen zu
                                 										lassen. Dabei ist namentlich dem Umstände Beachtung zu schenken, daß durch die
                                 										mit dem Schweißen verbundene örtliche Erhitzung der Ränder und durch die
                                 										Zusammenziehung des flüssig gewesenen Füllmaterials (ohne nachfolgendes
                                 										Ausglühen des Stückes) im Flußeisen Spannungen in Wirksamkeit treten können, die
                                 										mehr oder minder schwere Unfälle herbeizuführen imstande sind.
                              
                           
                              Nähte, die durch wirkende äußere Kräfte oder infolge von Temperaturschwankungen
                                 										auf Zug oder Biegung stark beansprucht werden, sollen nur dann geschweißt und
                                 										ihnen diese Kraftübertragung zugemutet werden dürfen, wenn das geschweißte Stück
                                 										nach dem Schweißen ausgeglüht wird.“
                              
                           Sämtliche von der Materialprüfungsanstalt der Kgl. techn. Hochschule in Stuttgart im
                              									Auftrage des Internationalen Verbandes der Dampfkessel-Ueberwachungsvereine und des
                              									Vereins deutscher Ingenieure bis 1910 ausgeführten Versuche mit autogen geschweißten
                              									Blechen und Kesselteilen sind inzwischen von C. Bach
                              									und R. Baumann im Heft 83 und 84 der Mitteilungen über
                              									Forschungsarbeiten mit allen Einzelheiten veröffentlicht worden. Nach ihren
                              									Ergebnissen darf der vorstehende Liller Beschluß vom Juni 1909 auch heute noch als
                              									zutreffend angesehen werden, denn von allen eingesandten, autogen geschweißten
                              									Stücken war nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl gut geschweißt. Dabei fällt
                              									besonders ins Gewicht, daß diese gut ausgefallenen Stücke wohl samtlich als Proben von kleineren
                              									Dimensionen für sich geschweißt worden waren, und zwar mit dem Ziel und für den
                              									alleinigen Zweck der Prüfung. In einem Dampfkessel oder einem sonstigen
                              									Schweißkörper gestaltet sich das Schweißen aber meistens schwieriger, als bei einer
                              									von allen Seiten zugänglichen und leicht zu handhabenden Blechprobe. Das
                              									fabrikationsmäßige Schweißen wird auch noch aus anderen Gründen, wie z.B. aus
                              									Rücksicht auf Zeit und Kosten, wegen Mangel an ausreichenden Erfahrungen, infolge
                              									der Unmöglichkeit des Glühens usw., durchschnittlich weniger gut ausfallen, als die
                              									zu Prüfungszwecken besonders hergestellten Stücke.Siehe auch in „Stahl und Eisen“ 1910
                                    											Nr. 4 den Artikel „Die autogene Schweißung“. So wird u.a.
                              									in der Regel nicht damit gerechnet werden dürfen, daß das eingebrachte Füllmaterial
                              										„Tropfen für Tropfen“ gehörig gehämmert wird, wie das nach der Diskussion
                              									in Lille für das Erreichen guter Schweißungen unerläßlich ist.
                           Andererseits zeigen besonders die auf S. 62–65 in Heft 83 und 84 der „Mitteilungen
                                 										über Forschungsarbeiten“ bekannt gegebenen Ergebnisse geschweißter
                              									Blechplatten, die von der Firma C. eingesandt
                              									waren, daß unter günstigen Verhältnissen von wirklich Sachverständigen autogen recht
                              									gut geschweißt werden kann. Die betreffende Firma würde sich durch das Bekanntgeben
                              									einer Vorschrift für das autogene Schweißen, bei deren Beachtung unter günstigen
                              									Umständen so gute Resultate stets mit Sicherheit erreicht werden können, ein großes
                              									Verdienst erwerben.
                           Allgemein wird der Wert des autogenen, wie eines jeden anderen Schweißverfahrens und
                              									die Zulässigkeit seiner Anwendung für bestimmte Zwecke der Praxis danach am besten
                              									zu beurteilen sein, welche Ergebnisse bei der Prüfung von Blechkörpern,
                              									Reparaturarbeiten usw. erzielt werden, die von verschiedenen Schweißereien fabrikationsmäßig ausgeführt worden sind, nach der
                              									Fertigstellung aus einer größeren Anzahl für den Betrieb bestimmter Stücke beliebig
                              									herausgegriffen und in einer Weise geprüft werden, die der Beanspruchung im Betriebe
                              									möglichst nahe kommt. Derartige Prüfungen stellen sich zwar verhältnismäßig teuer,
                              									geben dafür aber auch ein zuverlässigeres Urteil als die für Prüfungszwecke
                              									besonders angefertigten kleinen Probestücke.
                           
                              C. Diegel.