| Titel: | Hydraulische Kompressoren. | 
| Autor: | P. Bernstein | 
| Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 598 | 
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                        Hydraulische Kompressoren.
                        Nach einem auf dem V. Internationalen
                           								Bergbaukongreß in Düsseldorf 1910 erstatteten
                           								Referat.
                        Von Oberingenieur P. Bernstein,
                           								Köln.
                        (Fortsetzung von S. 582 d. Bd.)
                        Hydraulische Kompressoren.
                        
                     
                        
                           Hydraulischer Kompressor der Kgl. Berginspektion
                                 										Grund bei Gittelde.
                           Von den vielen, auf den einzelnen Schächten des Grunder Bezirks verteilten
                              									Wasserkräften mit verschiedenen Gefällhöhen wurde nach sorgfältigen Erhebungen die
                              									Gefällstufe zwischen Schulte-Stollen und Eichelnberger Graben als für die Ausnutzung
                              									im hydraulischen Kompressor vorteilhafteste befunden. Entscheidend für die Wahl
                              									dieser Gefällstufe von mittlerer Gefällhöhe war neben den günstigen örtlichen
                              									Verhältnissen die gestellte Bedingung der größtmöglichsten Ausnutzung der
                              									Wasserkraft.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 599
                              Fig. 19.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 599
                              Fig. 20.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 599
                              Fig. 21.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 599
                              Fig. 22.
                              
                           Diese Wasserkraft wurde früher zum Betriebe einer kleinen hydro-elektrischen Zentrale
                              									für die Erz-Aufbereitung benutzt. Das Aufschlagwasser, das früher durch die Rohrtour
                              									vom Obergrabenbassin des Schulte-Stollens zum Turbinen-Gebäude geführt wurde (siehe
                              									Lageplan Fig. 22) wurde durch Verlegung einer neuen,
                              									etwa 60 m langen gußeisernen Leitung zum doppeltrümmigen IV. Tiefen
                              									Georg-Licht-Schacht umgeleitet, woselbst der hydraulische Kompressor Aufstellung
                              									fand. Zur Abführung des Betriebswassers wurde etwa 24 m unter der Hängebank des IV.
                              									Tiefen Georg-Licht-Schachtes ein Stollen zum Eichelnberger Graben getrieben.
                           Bei dem ziemlich flachen Verlauf des Geländes vom Obergraben bis zum Schachtmundloch
                              									wäre die Herstellung einer wagerechten Führung der Wasserzuflußleitung zum IV.
                              									Tiefen Georg-Licht-Schacht mit größeren Kosten verbunden gewesen. Die Zuflußleitung
                              									wurde daher als kommunizierende Röhre ausgebildet. Der fallende Teil der etwa 60 m
                              									langen Zuflußleitung von 400 mm ⌀ wurde dem Gelände entlang im Erdboden verlegt und
                              									mündet in einen in Beton hergestellten Schlammkasten, der mit Entlüftungsventil und
                              									Entleerungsvorrichtung versehen ist. An diesen wurde mittels Krümmers und
                              									Absperrschiebers der ansteigende Schenkel von etwa 12 m Länge und 400 mm ⌀
                              									angeschlossen; der am oberen Teil angebrachte zweiarmige Krümmer führt das
                              									Aufschlagwasser zu dem Luftsauger. Zuflußleitung und Fallrohr sind in einem
                              									gemeinsamen Gerüst von etwa 14 m Höhe abgestützt (siehe Fig. 19 u. 20).
                           Bei dem so hergestellten Gefälle von etwa 38 m von Mitte des obersten
                              									Anschlußkrümmers des Luftsaugers bis Mitte Abflußkrümmer am Abflußstollen und der
                              									vorgeschriebenen Pressung von 6 at ergab sich die Länge des Fallrohres zu etwa 98 m
                              									und die der Steigleitung zu etwa 60 m, wobei der Luftabscheider 60 m unterhalb des
                              									Abflußstollens aufgestellt wurde.
                           Fig. 19–22
                              									veranschaulichen die Gesamtanordnung der Anlage.
                           Das Betriebswasser gelangt durch die Zuflußleitung zu dem Luftsauger des Kompressors,
                              									mittels dessen in bekannter Weise Luft angesaugt wird, die in dem Fallrohr aus
                              									spiral geschweißten Röhren von 300 mm ⌀ komprimiert wird. Bei den beschränkten
                              									Abmessungen der Schachtscheibe des Fahrschachtes war es erforderlich, eine
                              									Unterteilung des Luftabscheiders in zwei einzelne, entsprechend verbundene
                              									Luftabscheider von etwa 1000 mm ⌀ und 4000 mm Höhe vorzunehmen, sowie eine
                              									entsprechende Aussparung im Felsen zwecks Unterbringung derselben zu erstellen.
                           Aus Fig. 19 und 20
                              									ist das Gerüst, in welchem der Luftsauger unter gebracht ist, ersichtlich, das als
                              									Fördergerüst für Notförderung ausgebildet wurde. Die aus Fig. 23 ersichtliche Verschalung am oberen Teile des Gerüstes dient zum
                              									Schutze des Luftsaugers gegen Witterungseinflüsse.
                           Der hydraulische Kompressor, der als Ersatz für die vorhandenen zwei Fig. 20 elektromotorisch angetriebenen Kompressoren
                              									bestimmt ist, ist seit März 1909 in ununterbrochenem Betrieb. Die mehrfach
                              									vorgenommenen Beobachtungen ergaben, daß der hydraulische Kompressor die vorhandenen
                              									Kompressoren von 13 cbm Leistung auch reichlich ersetzt. Der Vergleich wurde in der
                              									Weise durchgeführt, daß die vorhandene, in Felsen gesprengte Luftkammer abwechselnd
                              									mittels des hydraulischen und des maschinellen Kompressors aufgefüllt und
                              									festgestellt wurde, daß ersterer den Raum in kürzerer Zeit auffüllte und auf den
                              									erwünschten Kompressionsdruck brachte. Wegen der Unzugänglichkeit dieses Luftraumes
                              									und des weitverzweigten Luftnetzes konnten genaue Zahlen nicht gewonnen werden.
                              									Genauere Messungen
                              									der Luftleistung wurden nach Anbringung eines entsprechend großen, vom Luftnetz
                              									abtrennbaren Luftbehälters vom Verfasser gemeinsam mit Herrn Berginspektor Borghardt vorgenommen. Das Aufschlagwasser wurde im
                              									Eichelnberger Graben durch einen 1 m breiten Ueberfall ohne Seitenkontraktion
                              									geleitet und aus den Ueberfallhöhen nach der Hansenschen Formel die Wassermenge berechnet. Die Luftlieferung wurde mittels
                              									Auffüllung des großen Luftbehälters und eines abgesperrten Teiles der Leitung von
                              									insgesamt 40 cbm Inhalt aus der beobachteten Spannungszunahme des Manometers in
                              									gewissen Zeitabschnitten ermittelt. Hierbei ergab sich die Saugleistung zu 11,56 cbm
                              									i. d. Min., was bei einem theoretischen Kraftverbrauch von 5,78 PS für 1 cbm i. d.
                              									Min. einer Kompressorleistung von 66,7 PS entspricht. Das Arbeitsvermögen des
                              									Betriebswassers beträgt bei einem Nutzgefälle von 37,46 m, und einer Menge von 9,425
                              									cbm i. d. Min. 77,4 PS. Hieraus ergibt sich der Gütegrad zu 86 v. H. der ideellen
                              									Wasserkraft.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 600
                              Fig. 23.
                              
                           Der Arbeitsverbrauch der bisher in Betrieb gewesenen Kompressoren betrug etwa 90 PS,
                              									am Elektromotor gemessen.
                           Setzt man die Einzel-Wirkungsgrade: der Kraftübertragung zu 0,95, der Dynamomaschine
                              									zu 0,90, der Turbine nebst Druckleitung zu 0,75 bezw. den Gesamtwirkungsgrad zu 0,95
                              									. 0,90 . 0,75 = 0,64, so ergibt sich der Bedarf der maschinellen Kompressoren zu 140
                              									Wasserpferden, also nahezu der doppelte Betrag der für den hydraulischen Kompressor
                              									gleicher Leistung ermittelt wurde.
                           Als Beispiel dafür, daß die Anbringung eines hydraulischen Kompressors auch in den
                              									Fällen mit Vorteilen verbunden ist, wo ein natürlicher Abfluß des Betriebswassers
                              									nicht gegeben ist, sondern dieses erst zurück- gehoben wird, möge der
                              									hydraulische Kompressor der Zeche Victor in Rauxel angeführt werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 600
                              Fig. 24.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 600
                              Fig. 25.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 600
                              Fig. 26.
                              
                           Infolge der Zentralisierung der Wasserhaltung auf einen einzelnen Betriebspunkt, von
                              									wo aus sämtliche zusitzenden Wasser der Grube mittels elektrisch angetriebenen
                              									Zentrifugalpumpen bewältigt werden, ist der Zufluß der 82 m über Tiefbausohle
                              									liegenden Sohle im IV. Schacht (Grenzquerschlag bei Mengede) zur Ausnutzung
                              									verfügbar geworden. Der Zufluß beträgt durchschnittlich 4–5 cbm i. d. Min., was bei
                              									der Gefällhöhe von 82 m einer theoretischen Wasserkraft von 73–91 PS entspricht.
                           Von den in Erwägung gezogenen Ausnutzungsarten für die Rückgewinnung der verlustig
                              									gehenden Energie des verfüllten Sohlenzuflusses wurde der hydraulische Kompressor gewählt, weil
                              									bei diesem laufende Wartungs- und Betriebskosten nicht entstehen. Die
                              									Gesamtanordnung der Anlage ist in den Fig. 24, 25 und 26
                              									dargestellt. Das schmiedeeiserne Fallrohr von 259 mm äußerem Durchmesser erhielt
                              									eine Länge von etwa 140 m, entsprechend der verfügbaren Gefällhöhe von 82 m und der
                              									erwünschten Luftpressung von 6 at Ueberdruck. Die Normalleistung des Kompressors
                              									beträgt bei 240 cbm Wasserverbrauch i. d. Std. 600–650 cbm angesaugte Luft bei 6 at
                              									Betriebsdruck.
                           Um auch bei auf 3 cbm/Min. verringerter Wassermenge eine gute Ausnutzung zu sichern, wurde der
                              									in Fig. 27 veranschaulichte Sauger gewählt, bei dem
                              									das Aufschlagwasser in einzelne, von außen und innen saugende, ringförmige
                              									Wasserstrahlen unterteilt wird. Durch Absperrung eines der beiden Schieber kann mit
                              									der Hälfte der normalen Wassermenge gearbeitet werden, ohne an Nutzwirkung Einbuße
                              									zu erleiden.
                           Die Erfahrungen an den ausgeführten Anlagen haben gezeigt, daß der hydraulische
                              									Kompressor wegen seiner einfachen Bauart einer laufenden Bedienung und Wartung nicht
                              									bedarf.
                           Daß die Wasser-Druckluft staub- und ölfrei ist, mithin jede Explosionsgefahr
                              									ausgeschlossen ist, bedarf nicht erst der Erwähnung, daß sie weniger feucht als die
                              									in mechanischen Kompressoren erzeugte Druckluft sein muß und tatsächlich ist, findet
                              									darin seine Erklärung, daß der in der angesaugten Luft etwa enthaltene Wasserdampf
                              									während der Kompression bei gleichbleibender Temperatur kondensiert. 1 cbm Preßluft
                              									enthält also nicht mehr Feuchtigkeit als 1 cbm angesaugte Luft, während die im
                              									mechanischen Kompressor unter Wärmeentwicklung verdichtete Luft höhere Temperatur
                              									hat und daher mehr Feuchtigkeit aufweist.
                           Eine Kompressoranlage, bestehend aus Kolbenkompressor und Turbine oder aus
                              									elektro-motorisch angetriebenem Kolbenkompressor würde in jedem der erwähnten Fälle
                              									einen wesentlich geringeren Gesamt-Wirkungsgrad ergeben, bezw. eine größere
                              									Wasserkraft für die gleiche Kompressionsleistung erfordern.
                           So stellt sich im Vergleich zu dem am hydraulischen Kompressor in Clausthal
                              									ermittelten Kraftbedarf von nur 705 PS bei 10 cbm minutlicher Saugleistung und 5,1
                              									at Ueberdruck = 54 PS indiz. Kompressorleistung der bezügliche Kraftbedarf bei
                           Tabelle 5. Vergleich der
                                 										Erzeugungskosten
                           für je 1000 cbm angesaugte Luft bei Wasserkraft-Betrieb unter
                              									Zugrundelegung der Wasserverhältnisse im Oberharz. Kompressorleistung 600 cbm i. d.
                              									Stunde. Luftpressung 5 – 6 at. Jahreserzeugung 3600000 cbm Luft bei 6000
                              									Betriebsstunden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 601
                              1. Elektrokompressor, gespeist vom
                                 										Kraftnetz der hydroelektrischen Zentrale; II. Direkt von Turbine angetriebener
                                 										Kolbenkompressor; III. Hydraulischer Kompressor; Anlagekosten:;
                                 										Elektrokompressor von 10 cbm/Min. nebst selbsttätiger Regulierung; Elektromotor
                                 										von 70 PS mit Zubehör, Anlasser, Verbindungsleitungen nebst Vorgelege;
                                 										Herstellung der Maschinenkammer, Fundamente und Montage; zusammen; Verzinsung
                                 										und Abschreibung:; Verzinsung von 1–3 mit 5 v. H.; Abschreibung von 1–2 mit 10
                                 										v. H.; Abschreibung von 3 mit 3 v. H. rd.; Reine Betriebskosten:; Wartungskosten
                                 										bei Tag- und Nachtbetrieb; Kosten für Schmierung; Reparatur und Putzmaterial;
                                 										Stromkosten:; Stromkosten für 54,5 KW und 6000 Betriebsstunden bei einem
                                 										Strompreis von 2,0 Pf. für 1 KW/Std. in der Primärzentrale; Jährliche
                                 										Betriebskosten:; Summe b, c und d; Lufterzeugungskosten; für 1000 cbm angesaugte
                                 										Luft; Kraftbedarf an der Verteilungs- Schalttafel in der Primärzentrale:;
                                 										Riemenkompressor von 10 cbm/Min. nebst selbsttätiger Regulierung; Peltonrad mit
                                 										Regulator, Rohrleitung nebst Vorgelege oder Riemen; Hydraulischer Kompressor von
                                 										10 cbm/Min. bei etwa 100 m Gefällhöhe betriebsfähig montiert; Kosten für das
                                 										Ein- und Abstellen während der Schichtablösung (reichlich gerechnet); Kosten für
                                 										zeitweise Befahrung der Leitung und etwaige Reparaturen.
                              
                           
                           1. Elektro-Kompressor gespeist vom Kraftnetz der hydro-elektrischen Zentrale
                              									zu
                           
                              \frac{54,0}{\eta_d\,.\,\eta_m\,.\,\eta_1\,.\,\eta_g\,.\,\eta_t}=\frac{54,0}{0,85\,.\,0,90\,.\,0,95\,.\,0,90\,.\,0,85}=110\mbox{
                                 										PS Wasserpferde},
                              
                           wenn die Einzel-Wirkungsgrade bezeichnet sind mit: ηd = des
                              									Kolbenkompressors nebst Uebertragung, ηt = der Turbine, ηm = des Elektro-Motors, ηl = der elektrischen Kraftübertragung,
                              										ηg = des
                              									elektrischen Generators.
                           2. direkt von Turbinen angetriebenem Kompressor zu
                           
                              \frac{54,0}{\eta_t\,.\,\eta_d}=\frac{54,0}{0,75\,.\,0,85}=84,5\mbox{ PS
                                 										Wasserpferde}.
                              
                           Hierbei ist ein zweistufiger Kolbenkompressor, mit Mantel und Zwischenkühlung
                              									versehen, zu Grunde gelegt und zu Gunsten des letzteren angenommen, daß die durch
                              									Anwendung der Zwischenkühlung erzielbare Ersparnis gegenüber der einstufigen
                              									Kompression noch ausreicht, um die Widerstände und Verluste in den Saug- und
                              									Druckorganen sowie dem Zwischenkühler einzubringen und daß der Kompressionsvorgang
                              									von der Mantelkühlung soweit beeinflußt wird, daß eine wesentliche Erwärmung der
                              									Ansaugluft nicht eintritt. Der wirkliche indizierte Arbeitsverbrauch des
                              									zweistufigen Kompressors käme demnach dem theoretischen Arbeitsverbrauch der
                              									einstufigen adiabatischen Kompression gleich.
                           Um ein Bild von der Wirtschaftlichkeit des hydraulichen Kompressors zu geben, sind in
                              									Tabelle 5 an Hand der Ergebnisse am Kompressor in Clausthal die
                              									Lufterzeugungskosten bei den in Frage kommenden Betriebsarten annäherungsweise
                              									berechnet und miteinander verglichen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 602
                              Fig. 27.
                              
                           
                              
                                 (Schluß folgt.)