| Titel: | Polytechnische Rundschau. | 
| Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 669 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        Polytechnische Rundschau.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Die neueren Dampfturbinen der Firma Franco Tosi,
                              									Legnano.
                           Wie andere Firmen, welche den Bau von Parsons-Turbinen
                              									übernommen haben, ist auch Franco Tosi neuerdings von
                              									der Ausführung der reinen Parsons-Turbine abgekommen
                              									und führt nun auch Turbinen aus, bei denen der Hochdruckteil ein Aktionsrad mit
                              									mehreren Geschwindigkeitsstufen besitzt, während der Mittel- und Niederdruckteil die
                              									alte Parsons-Bauart aufweist. Es hat sich eben
                              									herausgestellt, daß die Hochdruckstufe der Parson-Turbine keinen größeren Wirkungsgrad besitzt als ein Aktionsrad, das
                              									die Länge der Turbine aber bedeutend verkürzt. Tosi
                              									baut nun zwei Normaltypen, die eine für große Einheiten über 1500 KW mit 1500
                              									Umdrehungen und einem Aktionsrad mit zwei Geschwindigkeitsstufen im Hochdruckteil,
                              									die andere für Leistungen unter 1500 KW mit 3000 Umdrehungen und zwei Aktionsrädern
                              									mit je zwei Geschwindigkeitsstufen; in letzterem Fall ist der Reaktionsteil
                              									verkürzt; er hat nur etwa die Hälfte der Druckstufen gegenüber den großen Turbinen.
                              									Bei den großen Turbinen wird etwa ¼, bei den kleineren etwa die Hälfte des
                              									verfügbaren Druckgefälles im Hochdruckteil in Arbeit umgesetzt. Bei gewöhnlichen
                              									Landdampfturbinen besitzt der Reaktionsteil der größeren Einheiten 30 Druckstufen,
                              									derjenige der kleineren Einheiten 17 Stufen. Der Rotor besitzt die bekannte Parsonssche Trommelbauart; die Wellenzapfen sind mit
                              									Flanschen an den beiden Trommelböden befestigt. Die Entlastung der Welle vom
                              									Achsialschub des Reaktionsteiles geschieht dadurch, daß durch Oeffnungen der Trommel
                              									hindurch auf die Hochdruckseite die Kondensatorspannung wirkt. Die Abdichtung der
                              									Hochdruckstufe gegen den Kondensatordruck erfolgt durch eine gewöhnliche
                              									Labyrinthdichtung auf der über den Hochdruckteil hinaus verlängerten Trommel. Die
                              									Wellendichtung (ebenfalls eine Labyrinthdichtung) hat das Eindringen der Außenluft
                              									zu verhindern. Die Labyrinthrillen befinden sich auf einer über die Welle gezogenen
                              									Büchse, die in ihrer ganzen Länge mehrere mm Spielraum gegen die Welle besitzt und
                              									mit letzterer durch einen Flansch an einem Ende verbunden ist. Der Spielraum soll
                              									eine übermäßige Erwärmung bei etwaigem Anstreifen der Dichtung von der Welle selbst
                              									fernhalten und sie so vor Verziehen schützen. Das Aktionsrad bildet mit der Trommel
                              									des Reaktionsteiles ein einziges Stück. Das erste Aktionsrad der kleineren Turbinen
                              									ist hingegen auf die Welle gesetzt. Auf die gleichförmige Ausbildung des Gehäuses
                              									ist zur Vermeidung von Spannungen große Sorgfalt verwendet; außerdem werden die
                              									bearbeiteten Teile alle vor dem Zusammensetzen ausgeglüht, um etwaige
                              									Materialspannungen zu beseitigen.
                           Die Schaufeln und Zwischenstücke sitzen in Eindrehungen der Trommel bezw. Radkränzen,
                              									die abweichend von der gewöhnlichen Schwalbenschwanzform als sägeartige Rillen
                              									ausgeführt sind, welche den Kranzquerschnitt weniger schwächen. In diese passen die
                              									entsprechend ausgeführten Zähne an den Füßen der Schaufeln und Zwischenstücke und
                              									sichern die Schaufeln gegen das Herausfliegen. Am Umfang sind die Schaufelkanäle
                              									durch aufgenietete Bandagen segmentweise abgeschlossen.
                           Eine interessante Einrichtung (Fig. 1) weist das
                              									Drucklager der Welle zur Aufnahme des übrigbleibenden Achsialschubes auf. Bei ihr
                              									wird der Druck nicht von den Zähnen eines Kammlagers aufgenommen, vielmehr werden
                              									mit Labyrinthdichtungen, deren Spielräume verschieden groß sind, auf beiden Seiten
                              									der Scheibe a verschiedene Oeldrucke
                              									hervorgerufen, deren Unterschied zum Ausgleich des Achsialdruckes dient. Das Preßöl
                              									tritt bei b ein und gelangt in die Kammer r, deren Labyrinthe einen kleineren Spielraum haben als
                              									die der Kammer l, aus welcher deshalb das Oel leichter
                              									abströmen kann und so unter einem geringeren Druck steht als in Kammer r. Sobald der Achsialschub der Welle zunimmt und
                              									dieselbe nach der anderen Seite drängt, werden die Spalten des linken Labyrinths
                              									kleiner und rechts größer. Dadurch ändert sich der Oeldruck auf den beiden Seiten
                              									der Scheibe a so lange, bis wieder ein
                              									Gleichgewichtszustand mit dem Achsialschub hergestellt ist. Der Vorteil dieser Art
                              									von Druckausgleich besteht darin, daß keine festen Metallteile miteinander in
                              									Berührung kommen, um den Achsialdruck aufzunehmen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 669
                              Fig. 1.
                              
                           Auch der Sicherheitsregulator zeigt eine eigenartige Ausbildung. Derselbe besteht aus
                              									einem federbelasteten Ventil, das in der Hauptwelle untergebracht ist (s. Fig. 1) und bei normaler Tourenzahl geschlossen ist.
                              									Bei Ueberschreitung derselben um 15 v. H. öffnet es sich unter der Wirkung seiner
                              									Fliehkraft vollständig und läßt das Drucköl, welches durch Leitung e in eine Bohrung der Welle eintritt, frei ausströmen.
                              									Dabei sinkt der Oeldruck, und dies wird benutzt, um das Hauptabsperrventil zu
                              									schließen. Es ist also hier keine Ausklinkvorrichtung angeordnet, die der
                              									Sicherheitsregler auslöst. Das Absperrventil braucht nicht besonders von Hand
                              									geöffnet zu werden, wenn die Turbine wieder in Betrieb genommen werden soll, nachdem
                              									einmal der Sicherheitsregler in Tätigkeit getreten war. Das Ventil der Oelleitung
                              									schließt sich vielmehr selbst, sobald die Tourenzahl gesunken ist, stellt den Druck
                              									in der Oelleitung wieder her und sorgt so für ein selbsttätiges Oeffnen des
                              									Absperrventils, ohne daß bei Ueberschreiten der höchst zulässigen Geschwindigkeit
                              									der Betrieb unterbrochen wird. Das Hauptabsperrventil drosselt den Frischdampf je
                              									nach der verlangten Leistung der Turbine und wird mit Hilfe eines
                              									Oeldruckservomotors verstellt. Beim Versagen der Oelpumpe schließt sich das
                              									Absperrventil und setzt die Turbine still. Das Zusatzventil für Ueberlastung der
                              									Turbine wird gewöhnlich von Hand bedient, für manche Fälle, wo Ueberlastungen häufig
                              									vorkommen, wird es in Verbindung mit der Steuerung des Regulierventils gebracht; es
                              									erhält eine eigene Hilfssteuerung, die in Tätigkeit tritt, sobald das
                              									Hauptregulierventil seinen höchsten Stand erreicht hat, die Belastung aber noch
                              									immer weiter steigt. Sollen die Ventile zu den einzelnen Düsengruppen je nach der
                              									Belastung zu- und abgeschaltet werden, was gegenüber der reinen Drosselregulierung
                              									aber nur Vorteile bietet, wenn öfters mit kleinen Belastungen (etwa ¼) gearbeitet
                              									wird, so ist hierfür vorgesehen, daß der Fliehkraftregler, dessen Muffe zugleich den
                              									Absperrschieber der Preßölleitung bildet, den Oeldruck verändert. Jedes Zusatzventil
                              									der Düsen ist nun mit einer besonders abgestimmten Feder versehen, so daß sich jedes
                              									einzelne Ventil nur bei einem bestimmten Oeldruck öffnet, der je nach der Belastung
                              									vom Regulator eingestellt wird.
                           Mit einer Turbine von 2250 PS mit einem Aktionsrad und 32 Reaktionsstufen wurden die
                              									folgenden Versuchsergebnisse erzielt:
                           
                              
                                 Belastung KW                P Sel
                                 15022040
                                 10851475
                                 
                              
                                 Dampfdruck vor der Turbine
                                 13,3 at abs.
                                 13,35 at abs.
                                 
                              
                                 Dampftemperatur
                                 280 ° C
                                 280 ° C
                                 
                              
                                 Dampfdruck am Austritt
                                 0,08
                                 0,07
                                 
                              
                                 In v. H. des Luftdrucks
                                 92
                                 93
                                 
                              
                                 Stündlicher Dampfverbrauch für eine   eff.
                                    											KW/Std.
                                 7,21 kg
                                 7,47 kg
                                 
                              
                                 Thermischer Wirkungsgrad bezw. auf   den Anfangszustand
                                    											des Dampfes   vor der Turbine u. auf die effekt.  
                                    											Dynamoleistung
                                 0,59
                                 0,56
                                 
                              
                                 bezw. auf die eff. Turbinenleistung
                                 0,64
                                 –
                                 
                              
                           Die Turbine ist berechnet für 300 ° Dampftemperatur und 95 v. H. Vakuum; eine
                              									Umrechnung der Versuchswerte auf diese Zahlen ergibt 6,55 kg stündliche Dampfmenge
                              									für 1 KW/Std. Die
                              									Turbine lief mit 1500 Umdrehungen i. d. Min.
                           Die Firma Tosi baut auch Turbinen für Gegendruck von 1–4
                              									at, wo der Bedarf an Heizdampf gleich oder größer ist als die für Kraftzwecke
                              									benötigte Dampfmenge. Es wird hierfür eine einfache Turbine mit zweikränzigem
                              									Laufrad ausgeführt. Bei höherem Heizdampfverbrauch wird durch den sinkenden Druck in
                              									der Abdampfleitung ein Ventil für den Zutritt von Frischdampf geöffnet und dadurch
                              									auch der Dampfdruck in der Abdampfleitung immer konstant gehalten. Wird andererseits
                              									weniger Dampf für Heizzwecke gebraucht, als die Turbine benötigt, so wird durch den
                              									entstehenden Ueberdruck in der Abdampfleitung ein federbelastetes Ventil geöffnet,
                              									welches den überschüssigen Dampf ins Freie läßt. Wird die Turbine stillgesetzt, so
                              									schließt sie gleichzeitig ein Rückschlagventil von der Heizdampfleitung ab.
                           Wo die Heizdampfmenge gewöhnlich kleiner ist als die Dampfmenge für Kraftzwecke, wird
                              									die Turbine als Anzapfturbine mit zwei Aktionsrädern (mit je zwei
                              									Geschwindigkeitsstufen) und einer gewöhnlichen Reaktionsturbine ein Niederdruckteil
                              									ausgeführt. Wird zu gewissen Jahreszeiten z.B. für Heizung kein Abdampf gebraucht,
                              									so arbeitet die Turbine mit Kondensation. Der zu Heiz- und ähnlichen Zwecken
                              									benötigte Dampf wird aus dem Raum zwischen den zwei Aktionsrädern entnommen; der
                              									übrige Dampf geht durch das zweite Aktionsrad und die Reaktionsturbine. Die Regelung
                              									muß mit der schwankenden Belastung der Turbine und der schwankenden Anzapfdampfmenge
                              									rechnen. Die Einlassung des Frischdampfes zu dem ersten Aktionsrad wird von einem
                              									gewöhnlichen Tourenregulator beeinflußt, während das Einlaßorgan an der Anzapfstelle
                              									unter dem Einfluß eines Druckreglers steht; außerdem sind dieselben Ventile in dem
                              									weiteren Abdampfweg wie bei der Gegendruckturbine vorgesehen, nämlich ein
                              									Ventil für Zusatzdampf, das unter dem Einfluß eines Druckreglers steht, ein
                              									Auslaßventil ins Freie und ein Rückschlagventil. Ist z.B. der Bedarf an Heizdampf
                              									konstant und steigt die Leistung der Turbine, so wird zunächst durch den
                              									Tourenregulator dem ersten Aktionsrad mehr Dampf zugeführt; dadurch steigt der Druck
                              									an der Anzapfstelle und der Druckregler bewirkt, daß jetzt mehr Dampf der
                              									Niederdruckturbine zufließt. Umgekehrt bekommt auch die Niederdruckturbine durch die
                              									Wirkung des Druckreglers weniger Dampf, sobald die Turbinenleistung abnimmt und
                              									dabei die Frischdampfmenge verringert wird. Hat die Leistung so weit abgenommen, daß
                              									die Niederdruckturbine keinen Dampf mehr bekommt, so wird der Anzapfstelle die
                              									fehlende Menge Frischdampf zugesetzt mit Hilfe eines ebenfalls unter dem Einfluß des
                              									Druckreglers stehenden Ventils.
                           Wird bei konstanter Turbinenleistung mehr Heizdampf gebraucht, so sinkt der Druck an
                              									der Anzapfstelle, dabei verringert der Druckregler die Dampfmenge, welche zur
                              									Niederdruckturbine strömt. Deren Leistung wird jetzt geringer und der
                              									Tourenregulator sorgt darauf für größere Frischdampfzufuhr zur Hochdruckturbine, bis
                              									sich derjenige Druck an der Anzapfstelle eingestellt hat, der für die größere
                              									Heizdampflieferung nötig ist. Die Regelung erfolgt in beiden Fällen, ob es sich um
                              									konstante Leistung oder konstante Zwischendampfentnahme handelt, nach geringen
                              									Schwankungen der Tourenzahl bezw. des Zwischendampfdruckes.
                           Die Turbinen der Firma Tosi werden auch zum Antriebe von
                              									Schiffen gebaut. Die Hochdruckturbine besteht in diesem Falle aus einer Reihe von
                              									Aktionsrädern, die Niederdruckturbine ist wieder eine gewöhnliche Reaktionsturbine.
                              									Für Rückwärtsgang wird eine Rückwärtsturbine vorgesehen. Die Turbinen werden sehr
                              									leicht gebaut; mit Rücksicht auf die größeren Formänderungen werden die achsialen
                              									und radialen Spielräume durchweg größer genommen als bei Landturbinen. (Gensecke.) [Zeitschrift für das ges. Turbinenwesen
                              									1910, S. 273–277, 294–299 und 337–340.
                           
                              M.
                              
                           
                        
                           Petroleum-Lokomotiven
                           werden in neuerer Zeit häufig in den verschiedensten Fällen
                              									verwendet. J. W. Brooke & Comp., Lowestoft, hat für eine argentinische Nebenbahn von mehreren
                              									Kilometern Länge eine Petroleum-Lokomotive gebaut, die zwei Personenwagen befördern
                              									muß. Die zweiachsige Lokomotive mit normaler Spurweite kann von beiden Enden aus
                              									bedient werden. Ein 45 PS-Motor mit vier Zylindern (140 mm ⌀ und 152 mm Hub), der
                              									bei 1000 Umdr. i. d. Min. bis zu 58 PS leisten kann, ist in die Lokomotive
                              									eingebaut. Die Zylinder besitzen Wasserkühlung. Durch ein Zahnradvorgelege können
                              									zwei Geschwindigkeiten erreicht und damit auch die Fahrtrichtung umgekehrt werden.
                              									Die Lokomotive besitzt eine Handbremse, die auf die vier Räder der Lokomotive
                              									einseitig wirkt. Durch ein Fußpedal kann der Motor abgestellt werden. Ein weiteres
                              									Pedal löst die Kupplung aus und gleichzeitig tritt eine Bandbremse in Tätigkeit. Ein
                              									drittes Pedal dient dazu, die Lokomotivgeschwindigkeit über die normale zu erhöhen.
                              									Zwei Petroleumbehälter befinden sich unter dem Rahmen; Sandstreuer sind ebenfalls
                              									vorhanden. Die Geschwindigkeit beträgt 13–20 km/Std. Die Versuchsfahrten haben sehr
                              									befriedigt. Zwei Wagen mit 10 t Last, Gesamtgewicht 38 t, konnte die Lokomotive
                              									leicht befördern. [Engineer 1910, II, S. 204.]
                           
                              W.
                              
                           
                        
                           Eine neue Kreiselpumpe.
                           Die Ingenieure Gebr. Stork & Co. aus Hengelo, Holland, zeigen auf der Brüsseler Ausstellung eine
                              									fünfstufige Hochdruckkreiselpumpe, die wegen der guten Aufnahme des Achsialdruckes
                              									bemerkenswert ist. Sie liefert 3 cbm i. d. Min. auf eine Höhe von 215 m bei einer
                              									Tourenzahl von 1470 Umdr. i. d. Min. Der Saugflansch A
                              									(s. Fig. 1) bildet einen Teil des Deckels B, und kann um die Pumpenwelle verdreht werden, je den
                              									örtlichen Verhältnissen entsprechend. Der Grundring der Stopfbüchse steht durch
                              									einen engen Kanal C mit dem Pumpenraum in Verbindung,
                              									so wird eine hydraulische Abdichtung gegen das Eindringen von Luft in den Pumpenraum
                              									hergestellt. Das Wasser tritt vom Saugflansch A in das
                              									erste Laufrad D ein, fließt durch den Leitkanal E, wo die Geschwindigkeit des Wassers in Druck
                              									umgewandelt wird, durch den anschließenden S-förmigen
                              									Kanal zum folgenden Laufrade und so fort bis zur ringförmigen Verteilungskammer, die
                              									das Wasser durch Rohr H verläßt. Der Achsialdruck, der
                              									aus dem Unterschiede der Pressungen vor und hinter den Laufrädern entsteht, wird
                              									durch eine selbsttätige Vorrichtung ausgeglichen. Der kleine Bronzekolben K kann sich leicht in der Gußeisenbüchse L verschieben; der gegen Kolben K wirkende Wasserdruck ist gleich dem Drucke im Raum U sowohl wie dem Drucke des aus dem letzten Laufrade
                              									ausströmenden Wassers. Der Raum P auf der anderen Seite
                              									des Kolbens K ist mit der Atmosphäre durch Oeffnung Q verbunden; deshalb hat der Kolben stets Neigung, sich
                              									nach rechts zu bewegen, doch ist seine Fläche so bemessen, daß der darauf wirkende
                              									Druck geringer ist als der auszugleichende Achsialdruck. Die ganze Pumpenwelle wird
                              									deshalb bestrebt sein, sich mit K nach links zu
                              									verschieben und den Austritt von Wasser bei O
                              									verhindern. Dann wächst sofort der Wasserdruck im ringförmigen Raum N und wirkt auf eine rechtsseitige Verschiebung des
                              									Kolbens K mit der Pumpenwelle hin. So wird selbsttätig
                              									ein genauer Ausgleich der Achsialkräfte hergestellt und die Anordnung von besonderen
                              									Lagern zur Aufnahme des Achsialdruckes erübrigt sich. Außerdem hat die Stopfbüchse
                              										R nicht gegen den Wasserdruck im Pumpenraum
                              									abzudichten, bedarf deshalb nur wenig Wartung. Lauf- und Leiträder der Pumpe
                              									bestehen aus Bronze und sind sorgfältig poliert, um Reibungsverluste zu verhüten;
                              									die Pumpenwelle aus Stahl läuft in Ringschmierlagern. Die Hähne S dienen zum Entlüften des Pumpenraums beim Anlassen
                              									der Pumpe, die Wasserablaßhähne sind mit T bezeichnet.
                              									[Engineering 1910, II, S. 83–84.]
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 671
                              Fig. 1.
                              
                           
                              Renold.
                              
                           
                        
                           Der Kreisel und seine Verwendung in der Technik
                           war das Thema eines Vortrages von Prof. Dr. Eugen Meyer in der ersten Winterversammlung des
                              									Berliner Bezirksvereines deutscher Ingenieure. Infolge der zunehmenden Entwicklung
                              									der Technik und der Verfeinerung ihrer Methoden müssen immer schwierigere Kapitel
                              									der allgemeinen Mechanik in den Bereich der technischen Mechanik gezogen werden.
                              									Insbesondere gilt dies im Hinblick auf die in der Flugtechnik auftretenden
                              									mechanischen Fragen und auf die in neuerer Zeit vielfach vorgeschlagene Verwendung
                              									von Kreiseln in der Technik. Die für die Verwendung des Kreisels bedeutungsvolle
                              									Eigenschaft besteht darin, daß er bei seiner „Präzession“ um eine zur
                              									Kreiselachse schiefe Achse infolge der Trägheit seiner Massenteilchen ein Kräftepaar
                              									erzeugt, dessen Ebene durch die beiden Achsen hindurchgeht.
                           Der Schlicksche Schiffskreisel hat z.B. bei den Dampfern
                              									Silvana und Lochiel den Erfolg gehabt, daß die Schwingungsausschläge der
                              									Rollbewegung bei hohem Seegang, die vor dem Inbetriebsetzen des Kreisels 12 bis 15°
                              									betragen hatten, nach dessen Inbetriebsetzung auf 1 bis höchstens 2° heruntergingen.
                              										Schlick hat auf die Bremsung der wagerechten,
                              									querschiffs gelegenen Aufhängungsachse des Kreisels großen Wert gelegt. Aber auch
                              									der ungebremste Kreisel ist imstande, gegenüber periodisch anstürmenden Wellen das
                              									Schiff vor merklicher Rollbewegung zu schützen. Bei der Seherischen Einschienenbahn werden zwei Kreisel mit senkrechter Drehachse
                              									und gegenläufiger Drehbewegung zum Stabilisieren des Einschienenwagens verwendet.
                              									Die Achse, um welche die Präzessionsbewegung des Kreisels relativ zum Wagen erfolgt,
                              									liegt bei aufrechter Stellung des letzteren wagerecht und quer zu der Schiene. Die
                              									Kreisel sind labil aufgehängt und steuern durch ihre Präzessionsbewegung einen mit
                              									Oel betriebenen Servo-Motor, der die Präzession der
                              									Kreisel proportional der Geschwindigkeit des Kreiselausschlages beschleunigt. Hier
                              									durch wird eine vollkommene Stabilität des Wagens erzielt. Das Bestreben,
                              									Flugmaschinen durch den Einbau von Kreiseln zu stabilisieren, derart, daß die jetzt
                              									leider so häufig auftretenden schweren Unglücksfälle, die durch plötzliches Umkippen
                              									der Maschinen entstehen, vermieden werden, muß als aussichtsreich bezeichnet werden,
                              									wenn auch der praktischen Verwirklichung sehr große Schwierigkeiten entgegenstehen.
                              									Die größte Aussicht dürfte eine Anordnung nach Art des Schlickschen Schiffskreisels haben, wobei aber ein Kreisel für die
                              									Höhenstabilität und ein zweiter für die Seitenstabilität einzubauen wären. Die
                              									Schwierigkeiten liegen hauptsächlich in dem Umstände, daß die störenden Kräfte nicht
                              									wie beim Schiffe periodisch wirken, so daß die Kreisel nicht von selbst in ihre
                              									Gleichgewichtslage zurückgeführt werden, sowie darin, daß die Kreisel die normalen
                              									Höhen- und Seitenbewegungen der Flugmaschinen nicht hindern dürfen. Nachdem der
                              									Vortragende noch kurz auf den Kreiselkompaß von Dr. Anschütz-Kämpfe und auf die Verwendung von Kreiseln zur Erhaltung der
                              									Schußrichtung von Torpedos hingewiesen hat, schließt er mit der Mahnung an die
                              									Erfinder, die Kreiselgesetze gründlich kennen zu lernen, ehe sie an die Erfindung
                              									von Kreiselanordnungen gehen.