| Titel: | Ueber einige neuere Lager-Gebäude und -Behälter für Kohle. | 
| Autor: | M. Buhle | 
| Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 712 | 
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                        Ueber einige neuere Lager-Gebäude und -Behälter
                           								für Kohle.Vergl. auch D. p. J. Bd.
                                 										317, S. 249 und Berg- u. Hüttenmännische Rundschau 1909, S. 153. sowie Buhle,
                                    										„Massentransport“, Stuttgart 1908, S. 319.
                        Von M. Buhle, Professor in
                           									Dresden.
                        Ueber einige neuere Lager-Gebäude und -Behälter für
                           								Kohle.
                        
                     
                        
                           I. Allgemeines.
                           Speicher und Haufenlager sind bekanntlich meist als Bindeglieder und elastische
                              									Einschaltungen (nach Art der Windkessel bei Pumpen) zwischen den das Angebot und die
                              									Nachfrage bewältigenden mechanischen Lösch- und Ladevorrichtungen in Verbindung
                              									mit den gewählten Fördermitteln und mit Rücksicht auf sie zu entwerfen, sie dienen
                              									als Vorratsanlagen für den Winterbedarf, Streikreserven, eiserne Bestände (Krieg)
                              									usw. oder als Ausgleichmittel in Häfen, auf Bahnhöfen und dergl.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 325, S. 711
                              Fig. 1. Ofenanlage mit Kohlensilo (nach dem Schrägtaschensystem D. R. P.
                                 										204984) im Gaswerk Hanau a. M., gebaut von Gebr. Rank.
                              
                           Ueber drei der neuesten, sehr bemerkenswerten Ergebnisse auf dem Gebiete der
                              									Lager-Gebäude- und Behälter-Gestaltung soll nachstehend berichtet werden.
                           
                        
                           
                           II. Die eigentliche
                                 										Stapelbildung.
                           
                              1. Eisenbetonsilos von Gebr. Rank,
                                    											München.
                              Für die Aufspeicherung von Massengütern, besonders für das wichtigste derselben,
                                 										die Kohle, ist der Eisenbeton von der weitgehendsten Bedeutung. Man hat schon
                                 										lange versucht, die Kohle in hochliegenden Behältern mit trichterförmigen Böden
                                 										zu lagern, wie man es mit dem Getreide in den modernen Siloanlagen seit
                                 										Jahrzehnten tut, doch stellten sich derartige Bauten bei den verwendeten
                                 										Baumaterialien, Stampfbeton- oder Eisenkonstruktionen, sehr teuer, und die
                                 										Anzahl derartiger Ausführungen blieb gering. Erst in den letzten Jahren ist es
                                 										durch die Verwendung des Eisenbetons als Baumaterial ermöglicht worden, Silos
                                 										für Kohle und ähnliche Rohstoffe herzustellen, welche diese Lagerungsweise für
                                 										weite Verwendungsgebiete wirtschaftlich möglich machen. Außerdem führten die
                                 										gesteigerten Löhne dazu, das Füllen und Entleeren der Lagerraume möglichst
                                 										mechanisch zu bewerkstelligen und vor allem die langwierige Handarbeit bei dem
                                 										Wiederaufnehmen des Materials, wobei noch bei der Kohle die Belästigung der
                                 										Arbeiter durch Staub hinzukommt, zu beseitigen. Für letztere Arbeit lassen sich
                                 										zwar vielfach in ganz großen Betrieben mit Vorteil Selbstgreifer anwenden, doch
                                 										sind dieselben nicht für alle Materialien brauchbar und bedingen eine geübte und
                                 										sorgsame Bedienung. Man wird daher stets, besonders in weniger großen Betrieben,
                                 										die Lagerung der Kohle in Silos vorziehen, da sich hierbei der Transport der
                                 										Kohle vom Lager zur Verbrauchsstelle durch gewöhnliche Schmalspur–, bezw.
                                 										Hängebahnen oder Förderrinnen in viel einfacherer Weise bewerkstelligen läßt,
                                 										als wenn man gezwungen ist, die Kohle durch Selbstgreifer vom Boden
                                 										aufzunehmen.
                              Besonders bei einigen Kohlenbränden, die infolge von Selbstentzündung entstanden
                                 										waren, hat sich die Einrichtung der Silos vorzüglich bewährt; es konnten dort
                                 										mittels der vorhandenen Förderrinnen die Behälter ohne weitere Unkosten in
                                 										kurzer Zeit entleert werden, während in diesem Falle der Greiferbetrieb vielfach
                                 										versagt hat. Ueberhaupt bietet die Lagerung der Kohle in Silos aus Eisenbeton,
                                 										die durch feuersichere Zwischenwände in nicht allzugroße Abteilungen getrennt
                                 										sind, den größten Schutz gegen die Selbstentzündung und, falls eine solche
                                 										eintreten sollte, gegen die weitere Ausbreitung des Brandes, denn sobald die
                                 										Entleerungsvorrichtungen dicht schließend ausgebildet sind, kann ein Zutritt von
                                 										Verbrennungsluft nur mehr von oben her stattfinden.
                              Ein weiterer Vorzug der Lagerung von Kohle in Silos entsteht in denjenigen
                                 										Betrieben, welche mit beschränkten Raumverhältnissen zu rechnen haben. Es läßt
                                 										sich in diesem Falle bei einer geeigneten Anordnung der Gesamtanlage fast die
                                 										ganze bebaute Grundfläche für andere Zwecke nutzbar machen, da die Förderkanäle
                                 										zum Entleeren der Silos nur wenig Platz einnehmen. Bei den älteren Siloanlagen
                                 										aus Stampfbeton war dieses nur in beschränktem Maße möglich, da dort die
                                 										Unterbauten der Silos zu schwer wurden, daher zu viel Platz fortnahmen und eine
                                 										Beleuchtung der beireffenden Räume durch Tageslicht verhinderten. Bei Verwendung
                                 										von Eisenbeton als Baumaterial dagegen ruhen die schrägen Siloböden auf
                                 										verhältnismäßig dünnen Säulen und lassen den ganzen Platz unterhalb des
                                 										Kohlenlagers frei. Weite und große Räume werden auf diese Weise gewonnen.
                              Infolge dieser vielfachen Vorzüge sind in den letzten Jahren für die
                                 										verschiedensten Industriezweige Silos aus Eisenbeton zur Lagerung von Kohle und
                                 										ähnlichen Sammelkörpern gebaut worden, u.a. für das Gaswerk Fürth in Bayern
                                 										für 15 000 t und für Zürich-Schlieren in der Schweiz für 18000 t.Vergl. des Verfassers Veröffentlichung
                                       												darüber in den Elektr. Kraftbetrieben und -Bahnen 1907, S. 606
                                       											ff.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 325, S. 712
                                 A Längsförderer – B Querförderer – C Elevator – D Kohlenbrecher – E
                                    											Trichterwagen – F Förderband – G Betriebsbunker – H Fahrbares Meßgefäß – J
                                    											Kohleneinwurfstelle – K ansteigender Förderer – L Münchner Kammeröhren – M
                                    											Löschturm.
                                 
                              Durchaus neuartige, noch nicht allgemein bekannt gewordene Einzelheiten
                                 										zeigen die Fig. 1–5 des städtischen Gaswerkes in Hanau a. M.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 325, S. 713
                                 Fig. 4. Beschickungsraum über den Kammeröfen des städtischen Gaswerkes
                                    											Hanau a M.
                                 
                              Der Neubau dieser Gasanstalt, der unter der Leitung des Direktors Herrn von Gäßler in den Jahren 1909 und 1910 ausgeführt
                                 										wurde, ist soweit fortgeschritten, daß im Frühjahr 1910 nach neunmonatlicher
                                 										Bauzeit der erste Teil, d. i. die Kammerofenanlage mit Kohlensilo und
                                 										Fördereinrichtungen, in Betrieb genommen werden konnte. Hier gelangte zum
                                 										erstenmal für die Kohlenlagerung und -Förderung eine neue Anordnung zur Ausführung, welche von der Firma Gebr. Rank, München, gemeinsam mit der Berlin-Anhaltischen Maschinenbau – A.-G. und der
                                 											Stettiner Chamottefabrik A.-G. entworfen wurde;
                                 										es ist dieses der Schrägtaschensilos. D. p J. S. 248 d. Bd. sowie Z. d. V. d.
                                       												I. 1908, S. 725 ff.
                                 										in Verbindung mit dem Ofenhause und einem großen
                                    											Betriebsbunker, der auf dem Silo gelagert ist und den Kohlenbedarf der
                                 										Oefen für etwa eine Woche (!) aufnimmt.
                              Der Schrägtaschensilo (D. R. P. 204984) gestattet in bezug auf die Grundfläche
                                 										die Lagerung einer wesentlich größeren Kohlenmenge, als sie bisher üblich war;
                                 										in Hanau werden auf einen Quadratmeter Grundfläche 13 t (~ 16 cbm) Kohle
                                 										gelagert. Diese Leistung ist dadurch erreicht, daß der ganze Siloraum durch
                                 										schräge, etwa unter dem Böschungswinkel der Kohle geigte Zwischenwände in
                                 										einzelne Abteilungen getrennt ist. die taschenartig übereinandergreifen (s. Fig. 13, S. 248). Es lagert auf diese Weise die
                                 										Kohle gewissermaßen in einzelnen Stockwerken übereinander; gleichzeitig wird der
                                 										hohe freie Fall der Kohle beim Einbringen in den Lagerraum vermieden und so
                                 										die Kohle auch bei der Einlagerung geschont (Fig.
                                    											1 und 2).
                              Dieser Silo (Fig. 1–3) ist parallel zu
                                 										der aus acht Münchener Kammeröfen bestehenden Ofenanlage gestellt und mit dem
                                 										Ofenhause als einheitlicher Bau ausgeführt. Ueber dem Silo (auf der Seite nach
                                 										dem Ofenhause hin) ist der Betriebsbunker für die
                                 										Oefen angeordnet (Fig. 1 und 3). Der Bunker geht
                                 										über die ganze Ofenreihe hinweg und besitzt über jeder Kammer der Oefen einen
                                 										Auslauf; das Beschicken der Ofenkammern wird mit Hilfe eines fahrbaren
                                 										Meßgefäßes vorgenommen. Der Betriebsbunker selbst führt den Kohlenbedarf der
                                 										Oefen für etwa fünf Tage, so daß die ungleichmäßige Kohlenzufuhr während einiger
                                 										Tage in diesem Bunker ausgeglichen wird, und nur noch wenig Kohle auf Lager
                                 										geschafft zu werden braucht. An Sonn- und Feiertagen ist es überhaupt nicht mehr
                                 										notwendig, Kohle nach den Oefen zu fördern.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 325, S. 713
                                 Fig. 5. Beschickungsraum über dem Silo des städtischen Gaswerkes Hanau a.
                                    											M.
                                 
                              Die maschinelle Kohlenförderung für diese Anlage gestaltet sich daher sehr
                                 										einfach und übersichtlich. Die Kohlenwaggons werden in einen Einwurftrichter
                                 										unter dem Bahngleis entleert (Fig. 1 und 3); von
                                 										dort aus wird die Grobkohle mittels eines schräg ansteigenden eisernen
                                 										Förderbandes nach dem auf der Werksohle unter dem Silo stehenden Kohlenbrecher
                                 										geschafft und daselbst zerkleinert. Die gebrochene Kohle fällt in den Schöpftrog
                                 										eines Elevators, der sie hebt und oben auf ein Kratzerband abgibt Von letzterem
                                 										wird die Kohle in dem langgestreckten Betriebsbunker verteilt oder aber mit
                                 										Hilfe eines kurzen fahrbaren Querförderers in eine der schrägen Taschen des
                                 										Silos gebracht (Fig. 3 und 5). Für die Förderung aus dem Silo nach dem
                                 										Betriebsbunker ist in einem Längskanal unter dem Silo ein weiteres Förderband
                                 										angeordnet, das die Lagerkohle wieder dem Becherwerk am vorderen Ende des Baues
                                 										zuführt. Die ganze Fördereinrichtung besteht somit der Hauptsache nach nur aus
                                 										der Einrichtung, die man bei vielen anderen Anlagen allein für die Förderung der
                                 										Kohle nach den Oefen benötigt; hier wird dieselbe Einrichtung auch für den Silo
                                 										benutzt; wobei dessen kleine Grundfläche sehr zustatten kommt.
                              Der ganze Bau ist nahezu vollständig in Eisenbeton ausgeführt; auch für das
                                 										Ofenhaus gelangte hier zum erstenmal Eisenbeton zur Anwendung. Unter den
                                 										schrägen Böden des Silos zwischen den Auslauftrichtern sind noch Räume gewonnen,
                                 										die als Magazine und Arbeitsraume Verwendung finden.
                              Trotz der gedrängten Anordnung der Anlage wird von allen Fachleuten, welche das
                                 										Werk besuchen, die Uebersichtlichkeit und leichte Zugänglichkeit aller Teile,
                                 										sowie die gute Entlüftung und Belichtung aller Räume, in denen die
                                 										Bedienungsleute zu tun haben, gelobt.
                              Nach außen hin wurde der Bau vollständig der Zweckmäßigkeit entsprechend unter
                                 										Weglassung aller überflüssigen Ornamente und Aufbauten in den einfachsten
                                 										Bauformen unter Betonung der tragenden Konstruktionen ausgebildet und so
                                 										versucht, den Bau, welcher mit seinen großen Abmessungen mitten in einem
                                 										bebauten Stadtteil steht, zu einer Zierde des Gaswerkes und seiner Umgebung zu
                                 										machen. Bereits mehrere andere Gaswerke haben sich entschlossen, die gleiche
                                 										Anordnung vorzusehen. Auch für große Kesselanlagen und
                                 										Lokomotivbekohlungsanlagen (s. unten) werden gegenwärtig ähnliche Lösungen
                                 										durchgearbeitet.
                              
                                 
                                    (Fortsetzung folgt.)