| Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. | 
| Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 14 | 
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                        POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Die Einführung der Schiffs-Diesel-Motoren zum Antrieb von
                                 										Handelsschiffen macht bedeutende Fortschritte. Nach dem Jahresbericht von
                              									Lloyds Register sind gegenwärtig zwölf Handelsschiffe in Bau, die mit Oelmaschinen
                              									betrieben werden sollen. Das größte bei Lloyds angemeldete Diesel-Schiff besitzt ein Deplacement von 8000 t, während fünf weitere
                              									4500 t und mehr haben. Es steht also zu erwarten, daß in kurzer Zeit, etwa in einem
                              									Jahre, wertvolle Resultate vorliegen werden bezüglich der Brauchbarkeit und
                              									Wirtschaftlichkeit von Diesel-Schiffen. Die verwendeten
                              									Maschinen sind nach den verschiedensten Systemen gebaut, die meisten jedoch sind
                              									einfachwirkend. Es sind auch große doppeltwirkende Maschinen in Bau oder werden
                              									zurzeit umfangreichen Probeversuchen unterzogen. Die hauptsächlichste Schwierigkeit
                              									bei diesen Maschinen besteht gegenwärtig noch in der Stopfbuchsenfrage. In den
                              									Kreisen der Reeder und Schiffsmaschinenbauer wird die Entwicklung der Angelegenheit
                              									mit steigendem Interesse verfolgt. [Engineering, 27. Oktober 1911.]
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                           Die Einführung von Zoelly-Schiffsturbinen macht in der
                              									Marine der Vereinigten Staaten von Amerika gute Fortschritte. Nach den
                              									ausgezeichneten Resultaten, die mit den beiden Torpedobootszerstörern Warrington und
                              									Mayrant gewonnen wurden, welche beide mit Zoelly-Turbinen
                              									von 13000 PS ausgerüstet sind, wurden der Erbauerin dieser Boote, der Schiffswerft
                              										William Cramp & Sons in Philadelphia, vier
                              									weitere Aufträge für Torpedoboote mit Zoelly-Turbinen von
                              									der amerikanischen Marine überwiesen. Die neuen Schiffe sollen eine Turbinenleistung
                              									von je 16000 PS erhalten.
                           Die Turbinen werden nach dem System der Maschinenfabriken Escher, Wyß & Co., A.-G., in Zürich gebaut, deren Lizenznehmerin die
                              									Firma Cramp & Sons ist. [Z. f. d. g. Turbinenwesen
                              									1911, Heft 32.]
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                           Ein Uebersee- Fracht- und Passagierschiff mit
                                 										Diesel-Motoren ist auf der Werft von Barclay &
                                 										Co. in Whiteinch im Bau.
                           Das Fahrzeug, welches den Namen Jutlandia erhalten soll, besitzt eine Länge von
                              									116 m bei einem Brutto-Tonnengehalt von 7000 Reg.-Tons.
                           Als Antriebsmaschinen dienen direkt umsteuerbare Diesel-Motoren.
                           Die Einblaskompressoren werden von zwei besonderen Hilfsmotoren angetrieben, die auch
                              									den Kraftbedarf für die Schiffshilfsmaschinen liefern. Rudermaschine, Pumpen,
                              									Ankerlichtmaschine, Winden und Kühlmaschine werden elektrisch betrieben.
                           Von besonderem Interesse dürfte es sein, daß das Schiff keinen eigentlichen
                              									Schornstein besitzt. Die Abgase werden vielmehr in ungefähr 14½ m Höhe über Deck
                              									durch den hohlen mittleren Mast abgeführt. Zwei Schwesterschiffe für die gleiche
                              									Linie sind in Kopenhagen in Bau gegeben. [Schiffbau, 22. Nov. 1911.]
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                           Die Wasserkräfte Südtirols, welche noch der Ausnutzung
                              									harren, sind ebenso wie diejenigen Nordtirols außerordentlich bedeutend. Nach der
                              									Statistik des staatlichen hydrotechnischen Institutes und nach den zahlreichen
                              									Berechnungen von privater Seite lassen sich bei rationellem Ausbau im ganzen etwa
                              									250000 PS gewinnen, wovon bis jetzt etwa der zehnte Teil ausgebaut ist. Die
                              									Wasserkräfte verteilen sich auf das verhältnismäßig recht kleine Gebiet von 6000
                              									qkm. Zurzeit bestehen in demselben 41 elektrische Zentralen mit einer Gesamtleistung
                              									von etwa 20000 PS. Die größten derselben gehören den Städten Trient, Rovereto und
                              									Riva.
                           An Neuausführungen sind projektiert: Die Verbindung des Avisiolaufes bei Capriana mit
                              									der Etsch unterhalb Salurn durch einen etwa 6 km langen Wassertunnel mit einem
                              									nutzbaren Gefälle von etwa 514 m. Damit ließen sich ungefähr 43000 PS gewinnen.
                              									Detaillierte Pläne zu diesem Projekt werden gegenwärtig sowohl von der Baufirma Sager & Wörner in München wie auch von der
                              									italienischen Firma Brioschi e Finzi (Mailand) und der
                              										Unione Trentina per imprese elettriche
                              									ausgearbeitet.
                           Ein weiteres bedeutendes Projekt betrifft die Ausnutzung des Molvenosees, der etwa
                              									600 m über der Etsch und dem Sarcatale liegt. Durch Verbindung des Sees mit einem
                              									der beiden Flußläufe könnten nicht weniger als 60000 PS gewonnen werden.
                           Ferner würde sich der Nocefluß sehr gut zur Anlage mehrerer Kraftwerke eignen, welche
                              									insgesamt 100000 PS liefern würden.
                           Kleinere Werke sind projektiert am Chiesefluß bei Davne in Judikarien mit 16000 PS,
                              									bei Grigno im Sugauer Tal mit 5000 PS, an der Sarca oberhalb Dro mit 6000 PS und bei
                              									Mestizzolo mit 3000 PS.
                           Zum Ausbau aller vorhandenen Wasserkräfte ist ein Kapital von 170 Millionen Mark
                              									erforderlich, das im Lande selbst schwerlich aufgebracht werden kann. Wesentlich
                              									erleichtert würde die Ausführung, wenn das österreichisch-ungarische
                              									Handelsministerium, der Bitte der zahlreichen Interessenten entsprechend, den Export
                              									eines Teils der erzeugten Elektrizität nach Italien gestatten würde.
                           Für diese Kraftabgabe kämen besonders die Werke am Chiese und bei Grigno in Betracht,
                              									die die benachbarten italienischen Provinzen Brescia und Bassano versorgen könnten,
                              									ferner eine Anlage bei Varone in der Nähe von Riva, die ihre Energie von Torbole aus
                              									nach Malcesine und das Veroneser Ufer des Gardasees abgeben könnte. [Z. f. d. g.
                              									Turbinenwesen, Jahrg. VIII, Nr. 27.]
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                           Ein neuer Dauer-Weltrekord auf Rumpler-Taube. Am Freitag,
                              									den 8. Dez, 1911, 10 Uhr 32 Min. stieg der Rumpler-Pilot Josef
                                 										Suwelack mit Passagier Lange am Flugplatz Johannisthai zu einem Dauerrekord
                              									auf. Das Flugzeug, eine Rumpler Taube, stellte den
                              									neuesten Militärtyp dar, und zwar mit einem neuen 65 PS Achtzylinder-Aeolus-Motor
                              									ausgerüstet. Der Flug dauerte bis 3 Uhr 6 Min. Es wurde also eine reine Flugzeit von
                              									4 Std. 34 Min. erzielt. Durch diese Leistung ist der Weltrekord, welchen bisher
                              									Leutnant Gerrard mit 4 Std. 13 Min. gehalten hat, nach
                              									Deutschland gekommen. Flugzeug wie Motor haben sich bis zum Schluß ganz
                              									ausgezeichnet gehalten. Der Pilot Suwelack mußte nur
                              									wegen der namentlich in größeren Höhen herrschenden Kälte landen, früher, als er
                              									beabsichtigt hatte. Das Tragvermögen der Flugmaschine war sehr gut, da außer Pilot
                              									und Passagier, welche zusammen 153 kg wogen, noch 160 l Benzin und 30 l Oel
                              									mitgenommen wurden. Als Sportzeugen traten Herr Oswald
                                 										Struthmann und Herr Schiedeck auf. Das
                              									Rekordflugzeug ist eine Militärmaschine.
                           Wir bemerken, daß nunmehr sämtliche in Deutschland bestehenden Weltrekorde von der
                              										Rumpler-Taube gehalten werden, denn außer dem Suwelackschen Rekord sind noch die von Melly Beese geschaffenen Damenrekorde für Dauer und Höhe
                              									auf diesem System aufgestellt worden.
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                           Ein Universalofen. Für Betriebe, denen die Beschaffung
                              									verschiedener Oefen nicht lohnend ist, die aber dennoch das Härten, Glühen, Anlassen
                              									und Schmieden kleinerer Stücke mit größerer Sicherheit ausführen wollen, ist
                              									der im nachstehenden abgebildete und beschriebene Universalofen bestimmt, welcher
                              									von der Firma Brüder Boye, Berlin, auf den Markt gebracht
                              									wird. Er vereinigt in sich:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 14
                              Fig. 1.
                              
                           1. einen Schnellstahlofen, welcher einen Glühzylinder von
                              									60 mm ⌀ und 260 mm Tiefe besitzt.
                           Es können in diesem namentlich Spiralbohrer, Gewindebohrer, Reibahlen usw. auf die
                              									beim Härten von Schnellstahl erforderlichen hohen Wärmegrade gebracht werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 14
                              Fig. 2.
                              
                           2. einen Muffelofen, dessen Muffel im Innern folgende
                              									Abmessungen hat: Tiefe 160 mm, Breite 90 mm, Höhe 75 mm.
                           
                           Diese Muffel findet besonders beim Glühen von Stahl und Metallteilen, welche mit
                              									der Flamme nicht in Berührung kommen dürfen, Verwendung.
                           3. einen Plattenglühofen (s. Fig. 1). Der Heizraum bei Verwendung der Glühplatte hat folgende
                              									Abmessungen: Tiefe 160 mm, Breite 120 mm, Höhe 120 mm.
                           Diese Glühplatte wird verwendet beim Erwärmen von Fräsern und verschiedenen
                              									Werkzeugen aus gewöhnlichem und Schnellschnittstahl, ferner zum Einsetzen von
                              									Eisenteilen, zum Glühen von Kupfer und Messing und für verschiedene andere
                              									Zwecke.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 15
                              Fig. 3.
                              
                           4. einen Salz- und Bleibadofen (s. Fig. 2). Der Tiegel, in dem das Salz bezw. Blei zum
                              									Erwärmen feiner Werkzeuge, Fräser, Reibahlen, Gewindebohrer, Schnitte, Stanzen usw.
                              									geschmolzen wird, hat einen Durchmesser von 88 mm und eine Tiefe von 240 mm.
                           5. einen Schmelzofen, um gelegentlich Blei, Lagermetall
                              									oder sonstige leichter fließende Metalle schmelzen zu können. Die Tiegelabmessungen
                              									sind die gleichen wie beim Salzbadofen.
                           6. einen Anlaßofen. Um die gehärteten Werkzeuge mit
                              									Sicherheit anzulassen, wird in einem Tiegel Oel auf die Wärmegrade erhitzt, die der
                              									Anlaßfarbe entsprechen (etwa 300–350° C). Die anzulassenden Teile werden dann in
                              									dieses Oelbad gebracht und darin einige Zeit gelassen; sie werden dadurch
                              									gleichmäßig auf Anlaßwärme erhitzt.
                           7. einen Schmiedeofen (s. Fig. 3). Die Einführungsöffnung hat eine Breite und Höhe von 90 × 80 mm
                              									und der Heizraum besitzt eine Tiefe von 160 mm. In dieser Form wird der
                              									Universalofen zum Schmieden von Werkzeugen und kleineren Schmiedestücken
                              									benutzt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 15
                              Fig. 4.
                              
                           Zum Betrieb dient Leuchtgas und Gebläseluft. Letztere muß eine Spannung von 1000 mm
                              									Wassersäule besitzen. Zur Herstellung dieser Gebläseluft dient das in Fig. 4 dargestellte Hochdruckgeblase, welches durch
                              									eine Rohrleitung mit dem als Windkessel ausgebildeten Ofenfuß zu verbinden ist. Der
                              									Verbrauch an Leuchtgas beträgt stündlich etwa 3 cbm, der Kraftbedarf für das Gebläse
                              									beträgt etwa 0,5 PS.
                           ––––––––––
                           Eine neue Drehschiebermotorkonstruktion amerikanischer
                                 										Herkunft wurde von uns in Heft 40 vorigen Jahrganges beschrieben. Es dürfte
                              									unsere Leser interessieren, daß fast die gleiche Konstruktion schon im Jahre 1904 in
                              									Deutschland von Josef Lorbach ausgeführt worden ist.
                           Die deutsche Konstruktion war sogar etwas einfacher und nach heutigen Begriffen
                              									moderner. Während nämlich die amerikanische Maschine je einen besonderen Schieber
                              									für Einlaß und Auslaß besitzt, welche zu beiden Seiten des Verbrennungsraumes
                              									angeordnet sind, weist der Motor von Lorbach nur einen
                              									einzigen solchen Schieber auf, welcher sich über dem Scheitel des Zylinders befindet
                              									und zwei nebeneinanderliegende Schlitze für Einlaß und Auslaß trägt. Die
                              									Schieberwelle ist auch bei diesem Motor aus Gußeisen und ihr Durchmesser ist gleich
                              									ein Drittel der Zylinderbohrung. Der Versuchsmotor von Lorbach ist ein Fahrradmotor von 60 mm Bohrung und 60 mm Hub. Die
                              									Ansaugeschlitze sind 28 mm lang und 3½ mm breit, die Auspuffschlitze 28 mm lang und
                              									4½ mm breit. Die Schmierung der Schieberwelle erfolgt durch zwei mit dickem
                              									Zylinderöl gefüllte Tropföler. Der Antrieb der Schieberwelle erfolgt mittels Kette
                              									und Kettenrad.
                           Da die Schieberwelle nur ein Viertel so viel Umdrehungen macht wie die Motorwelle,
                              									ist die Zündungsverteilvorrichtung mit zwei um 180° versetzten Kontakten
                              									ausgestattet, welche unter sich leitend verbunden sind. Der Motor hat sich in
                              									einjährigem Dauerbetriebe aufs beste bewährt. [Der Motorwagen, 20. Nov. 1911.]