| Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. | 
| Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 29 | 
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                        POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Ueber die Gasturbine hielt auf der Jahresversammlung
                              									der Schiffbautechnischen Gesellschaft in der Technischen Hochschule zu Berlin Herr
                              									H. Holzwarth einen äußerst interessanten Vortrag.
                           Nahdem der Vortragende kurz die einzelnen Richtungen skizziert hatte, in denen sich
                              									bisher die Arbeiten und Vorschläge der verschiedenen Erfinder (Lemale, Semmler)
                              									bewegt hatten, ging er zur Besprechung seines eigenen Systems über, das in der
                              									letzten Zeit unter Mitwirkung der Firmen Körting und Brown Boveri greifbare Gestalt angenommen hat. Die Holzwarthsche Gasturbine realisiert einen Arbeitsvorgang,
                              									wie er ähnlich schon in der Kolbengasmaschine ausgeführt wird: Gemischerzeugung,
                              									Zündung, Expansion und Spülung mit kalter Luft. Nur der Einführung der Spülung ist
                              									es anscheinend zu danken, daß die Turbine betriebsfähig wurde.
                           Die Maschine besteht aus einem Verpuffungskammerring mit einzelnen
                              									Verbrennungskammern, denen an der Peripherie je ein Luftbehälter und ein Gasbehälter
                              									vorgelagert sind. Je ein gesteuertes Lufteinlaß- und Gaseinlaßventil (bezw.
                              									Zerstäuberventil bei Ausführung als Oelmaschine) sorgen für die Zufuhr der Ladung
                              									und für die Spülung. Den Abschluß der Verbrennungskammer bildet je ein Düsenventil
                              									bezw. eine Düsenklappe.
                           Die Beschickung der Verbrennungskammern erfolgt in bestimmter rhythmischer
                              									Reihenfolge. Durch je einen Kompressor werden sowohl die Frischluft- wie die
                              									Gaskammern ständig gefüllt erhalten. Dies kann entweder dadurch geschehen, daß die
                              									beiden Gase in die entsprechenden Kammern gedrückt werden, oder dadurch, daß ein an
                              									den Auspuffkanal angeschlossener Exhaustor die Gase in die Kammern saugt. Durch die
                              									gesteuerten Einlaßventile gelangen dann Luft und Gas nacheinander in die
                              									Verbrennungskammer.
                           Durch das Einblasen des Gases in die mit Luft gefüllte Verbrennungskammer erfolgt
                              									eine intensive Wirbelung und gute Mischung der Ladung.
                           Bis zum Eintritt der Zündung bleibt das Düsenventil bezw. die Düsenklappe
                              									geschlossen.
                           Durch die Explosion wird sodann das Düsenventil aufgestoßen, und die Gase gelangen
                              									aus der Explosionskammer in den Düsenraum, wo die disponible (Druck-) Energie in
                              									Geschwindigkeitsenergie umgesetzt wird, deren Ausnutzung dann im Laufrad
                              									erfolgt.
                           Das hierauf einsetzende Schließen des Düsenventils erfolgt unter zwangläufiger
                              									Steuerung, und zwar so langsam, daß die hinter den Explosionsgasen eintretende
                              									Spülluft genügend Zeit hat, die Verbrennungskammer auszuwaschen und Kammer, Ventil,
                              									Düse und Laufrad genügend zu kühlen. Zur Betätigung der Ventile wird eine
                              									Flüssigkeitssteuerung verwendet.
                           Die erste nach diesem System gebaute Betriebsgasturbine arbeitete mit Sauggas von
                              									1100–1200 WE f. d. cbm und leistete bei 3000 minutl. Umdrehungen etwa 1000 PS.
                           Sie wurde als stehende Gasdynamo gebaut und besteht aus einem unteren Teil, dem
                              									Verpuffungskammerring mit einem darüber befindlichen Laufrad, aus der Laterne für
                              									die Dynamo mit dem unteren Halslager für die Turbinenwelle, aus der Dynamo und aus
                              									dem oberen Lagerbock mit dem oberen Hals- und Spurlager.
                           Das Laufrad ist fliegend auf der Rotorwelle angeordnet. Stopfbuchsen fallen
                              									vollkommen fort.
                           Die Umkehrschaufeln sind gegen den oberen Teil des Verpuffungskammerrings geschraubt,
                              									ebenso der Turbinendeckel mit den Auspuff stutzen. Die auftretenden Drücke betragen
                              									höchstens 10 at, weshalb die Maschine sehr leicht ausfällt.
                           Der Verpuffungskammerring der 1000 PS-Gasturbine wiegt z.B. nur 17000 kg, die ganze
                              									Turbine ohne Dynamo und Gebläse etwa 25000 kg.
                           Die Maschine besitzt einen Haupt- und einen Sicherheitsregulator, welche beide auf
                              									einer mittels Schraubenrädern angetriebenen Welle sitzen. Zur Betätigung der
                              									ölgesteuerten Ventile ist ein rotierender Steuerölverteiler vorgesehen. Die
                              									Regulierung erfolgt durch Aussetzer in der Weise, daß ein kleiner Steuerkolben durch
                              									eine Servomotorkolbenstange verstellt wird.
                           Durch die Bewegung des Servomotorkolbens werden mehr oder weniger feine Bohrungen
                              									frei, welche mit den Regulierölräumen der Gas- und Luftventile kommunizieren. Je
                              									höher der Steuerkolben steigt, um so mehr Verbrennungskammern werden durch die
                              									freigewordenen Oeffnungen eingeschaltet.
                           Bei den Versuchen mit der Holzwarthschen Turbine zeigte es
                              									sich, daß auch sämtliche flüssigen Brennstoffe (auch Steinkohlenteeröl) unter
                              									Anwendung von geeigneten Zerstäubern und Einhaltung geeigneter Temperaturen
                              									(375–440° C) anstandslos verbrannt werden. Nur Kohlenstaub lieferte keine recht
                              									befriedigenden Erfolge.
                           Der Vortragende gab einen interessanten Einblick in die mit der Erstlingsturbine
                              									angestellten Versuche und besprach eingehend die Beseitigung der zuerst
                              									aufgetretenen Mängel, Einige interessante Schiffsprojekte ließen erkennen, welch
                              									große Vorteile von der Einführung der Gasturbine zum Antrieb von Schiffen erwartet
                              									werden können.
                           
                           Holländisches Patentgesetz. In Holland tritt
                              									voraussichtlich am 1. Februar 1912 ein Patentgesetz in Kraft, von dessen wichtigsten
                              									Bestimmungen nachstehendes mitgeteilt wird:
                           Es können vom genannten Zeitpunkt ab in Holland Patente für die Dauer von 15 Jahren
                              									erlangt werden für neue Erzeugnisse, für ein neues Verfahren oder eine neue
                              									Verbesserung eines Erzeugnisses oder eines Verfahrens. Eine Erfindung gilt dann
                              									nicht als neu, wenn sie durch Beschreibung oder auf andere Weise bereits hinreichend
                              									bekannt ist, um von einem Sachverständigen hergestellt oder angewandt werden zu
                              									können. Stoffe sind von der Patentierung ausgeschlossen, es sei denn, daß sie nach
                              									einem patentierten Verfahren hergestellt sind.
                           Patentberechtigt ist der erste Anmelder. Derselbe kann die Priorität seiner denselben
                              									Gegenstand betreffenden früheren Anmeldung innerhalb eines Jahres auf Grund des
                              									Internationalen. Unions-Vertrages geltend machen. Der erste Anmelder hat keinen
                              									Anspruch auf ein Patent, sofern der Inhalt seiner Anmeldung den Beschreibungen,
                              									Zeichnungen oder Modellen eines anderen ohne dessen Einwilligung entnommen ist.
                           Die Wirkung des Patentes tritt nicht ein gegenüber dem Inhaber desjenigen Betriebes,
                              									in dem zurzeit der Patentanmeldung bereits im Inlande (Holland) die Erfindung in
                              									Benutzung genommen oder die ersten Schritte hierzu gemacht waren.
                           Die Anmeldungen werden in der Reihenfolge ihrer Nummern und unter Vermerk der
                              									letzteren in ein Register eingetragen.
                           Es findet eine Vorprüfung der Erfindung auf Patentfähigkeit statt. Ergibt sich dabei,
                              									daß die Erfindung patentfähig ist, so erfolgt die Bekanntmachung derselben in einem
                              									vom Bureau für das industrielle Eigentum herauszugebenden Anzeiger. Innerhalb sechs
                              									Monaten nach der Veröffentlichung der Anmeldung liegen die Unterlagen derselben im
                              									Patentamt zur öffentlichen Einsicht aus, und während dieser Zeit kann gegen die
                              									Patenterteilung Einspruch erhoben werden wegen Mangels der Patentfähigkeit oder der
                              									Priorität oder seitens des Verletzten wegen unbefugter Entnahme der Erfindung.
                           Für eine neue Verbesserung eines Erzeugnisses oder eines Verfahrens, wofür ein Patent
                              									angemeldet oder erteilt worden ist, kann von dem Anmelder oder dem Inhaber dieses
                              									Patentes ein Zusatz-Patent nachgesucht werden. Erzeugnisse, wofür ein Patent erteilt
                              									ist, oder welche eine patentierte Verbesserung enthalten, müssen, wenn sie in
                              									Verkehr gebracht werden, in deutlicher Weise mit einem Kennzeichen versehen sein,
                              									aus welchem hervorgeht, daß sie patentiert sind. Der Patentinhaber, der
                              									Lizenzinhaber oder der Vorbenutzer, der ein Erzeugnis oder einen Stoff in Verkehr
                              									bringt, bei dem das vorerwähnte Kennzeichen fehlt, wird mit Geldstrafe bis zu
                              									dreihundert Gulden bestraft.
                           Als Datum des Patentes gilt der Tag nach Ablauf der in Artikel 27 erwähnten
                              									Beschwerdefrist, bezw. der Tag, an dem nach erfolgtem Beschluß über die Beschwerde
                              									das Patent erteilt worden ist.
                           Das Datum der Erteilung ist also zugleich das Datum des Patentes.
                           Bei der Anmeldung sind 25 Gulden Prüfungsgebühren zu entrichten. Weitere
                              									Gebühren:
                           
                              
                                 Für
                                 das
                                 1.
                                 2.
                                 und
                                 3.
                                 Jahr
                                 je
                                 50
                                 Gulden
                                 
                              
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                                 –––––––––––––
                                 
                              
                                 also für 15 Jahre
                                 1350
                                 Gulden.
                                 
                              
                           Die Jahresgebühren sind fällig am letzten Tage des Monats der Datierung des Patentes,
                              									mit Ausnahme der ersten Jahresgebühr, welche am letzten Tage des auf die Datierung
                              									folgenden Monats gezahlt werden muß. Bei Zahlung nach dem Fälligkeitstage ist ein
                              									Zuschlag von 5 Gulden zu entrichten, der bei Zahlung nach einem Monat nach dem
                              									Fälligkeitstage auf 25 Gulden erhöht wird.
                           Gemäß Artikel 34 ist der Patentinhaber nach Verlauf von drei Jahren, vom Datum des
                              									Patentes an gerechnet, verpflichtet, gegen angemessene Vergütung eine Lizenz zu
                              									erteilen, wenn eine solche im öffentlichen Interesse liegt.
                           Nach Ablauf von fünf Jahren kann das Patent vom Patentamt zurückgenommen werden,
                              									falls der Inhaber oder dessen Lizenzträger nicht im Königreich Holland einen
                              									gewerbsmäßigen Betrieb zur Ausführung der patentierten Erfindung eröffnet hat, es
                              									sei denn, daß nachgewiesen wird, daß genügende Gründe für das Fehlen eines solchen
                              									Betriebes bestehen. Die Nichtigkeitsklage kann innerhalb der ersten fünf Jahre von
                              									jedermann angestrengt werden, falls der Gegenstand nicht patentfähig war, und
                              									außerdem zu jeder Zeit von dem Inhaber eines rechtmäßig erteilten Patentes, welches
                              									mit dem anderen Patent kollidiert.
                           Patentverletzungen, die wissentlich geschehen, verpflichten zum Schadenersatz.
                              									Absichtliche Patentverletzung wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder Geldstrafe
                              									bis zu 1500 Gulden bestraft. Diese Maxima werden verdoppelt, wenn noch nicht fünf
                              									Jahre verflossen sind seit einer früheren Verurteilung des Schuldigen für eine
                              									ähnliche Verletzung.
                           Das Patent und der Anspruch auf ein Patent nach Artikel 1 dieses Gesetzes können in
                              									volles oder Miteigentum übertragen werden: sie gehen bei Erbschaft auf den Erben
                              									über.
                           Falls der Patentanmelder nicht in Holland ansässig ist, ist er verpflichtet, einen
                              									Vertreter zu bestellen.
                           Das Patentgesetz gilt auch für die Niederländischen Kolonien.
                           ––––––––––
                           Die drahtlose Telegraphie in und mit den Kolonien. Bei der
                              									Herbsttagung der Technischen Kommission des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees am
                              									13. November v. J. machten die Direktoren der Gesellschaft für drahtlose Telegraphie
                              									(Telefunken) Graf v. Arco und H. Bredow-Berlin über die drahtlose Telegraphie in und mit den Kolonien interessante
                              									Mitteilungen, denen wir auszugsweise folgendes entnehmen:
                           Die drahtlose Telegraphie in den Kolonien begegnet, soweit es sich um Gegenden mit
                              									tropischem Klima handelt, mannigfaltigen Schwierigkeiten. Hauptsächlich zwei
                              									Umstände hemmten bisher die Einführung dieser gerade für die Kolonien
                              									außerordentlich zweckmäßigen Nachrichtenübermittlung. Einmal die starken
                              									elektrischen Störungen, unter welchen die Empfangsstationen zu leiden haben, und
                              									zweitens die fehlende Signalstärke beim Telegraphieren am Tage im Gegensatz zu der
                              									großen Stärke der Signale bei Nacht.
                           Die ersten drahtlosen Versuche in tropischen Ländern haben in dieser Hinsicht
                              									ziemlich stark enttäuscht, und es sind mehrere Jahre vergangen, bis man es wagte,
                              									mit verbesserten Mitteln aufs neue vorzugehen. In letzter Zeit ist es gelungen, den
                              									größten Teil dieser Schwierigkeiten erfolgreich zu überwinden.
                           Die Funkensender mit hoher sekundlicher Funkenzahl sind heute so vervollkommnet, daß
                              									sie Impulse von großer Regelmäßigkeit aussenden und dadurch eine akustische Wirkung
                              									im Fernhörer erzielen können, die man als musikalisch reinen Ton bezeichnen kann. Es
                              									handelt sich hierbei um die Erfindung des neuen Telefunkensystems „tönende
                                 										Löschfunken“.
                           In den Tropen sind Gewitterbildungen und Gewitterentladungen zu gewissen Jahreszeiten
                              									wohl täglich vorhanden. Diese atmosphärischen Störungen haben bei den früheren
                              									Anlagen dazu gezwungen, den Betrieb auf wenige störungsfreiere Tages- oder
                              									Nachtstunden zu beschränken. Der musikalische Ton der übertragenen Signale hat hier
                              									einen außerordentlichen Fortschritt gebracht. Das menschliche Gehirn besitzt die
                              									Eigenschaft, solche Töne aus zischenden und brodelnden Nebengeräuschen im Fernhörer
                              									leicht herauszuhören.
                           Die zweite Schwierigkeit in der drahtlosen Installation der tropischen Gegenden
                              									besteht in der Schwächung der Signale bei Tage. Marconi
                              									hat als erster diese höchst unangenehme Eigenart der drahtlosen Telegraphie
                              									festgestellt. Er beobachtete, daß die gleichen Stationen, z.B. auf Schiffen bei
                              									Nacht, d.h. bei Dunkelheit, viel größere Reichweiten erreichen als am Tage bei
                              									Helligkeit. Diese Erscheinung tritt um so stärker auf, je größer die Entfernung ist;
                              									ferner in geringerem Maße beim Verkehr über freie See als bei Anlagen auf dem Lande.
                              									Insbesondere ist der Unterschied dann groß, wenn in dem Zwischenraum zwischen den
                              									Stationen größere Hindernisse, wie schneebedecktes Gebirge oder dichter Tropenwald,
                              									sich befinden. Schon bei Aufgehen des Mondes tritt eine Schwächung der Signale ein,
                              									und diese wird um so stärker, je größer die Helligkeit ist.
                           Bei der außerordentlichen Helligkeit der Tropensonne erreicht die Schwächung um die
                              									Mittagszeit einen außerordentlich hohen Grad. Marconi war
                              									auch der erste, welcher dieser Schwächung durch ein wirksames Mittel begegnete.
                              									Dieses Mittel ist die Benutzung von viel größeren elektrischen Wellenlängen, als sie
                              									früher in der drahtlosen Telegraphie üblich waren, und auch größer, als sie
                              									beim Verkehr bei Nacht oder über freies Wasser vorteilhaft ist. Mit diesen langen
                              									Wellen wird bei Nacht eine geringere Lautstärke erzielt als mit kurzen Wellen. Bei
                              									Tage dagegen versagen die kurzen Wellen vollkommen.
                           Was die Telegraphie mit den Kolonien anbelangt, so sind auch hier zwei
                              									Hauptschwierigkeiten zu überwinden. Einmal die sehr große Entfernung, in unserem
                              									Fall etwa 5500 km, und zweitens die erwähnten starken Störungen des Empfängers durch
                              									elektrische Gewitterentladungen.
                           Heute bereits besteht zwischen zwei Stationen in Irland und Kanada über eine
                              									Entfernung von mehr als 3100 km in durchaus betriebssicherer Weise ein dauernder
                              									Verkehr bei Tag und Nacht. Die Bedingung für die Verdoppelung dieser Entfernung wäre
                              									Anwendung der vierfachen Energie bei größerer Wellenlänge. Die Schwierigkeit dieser
                              									Anwendung liegt aber in- der Antennenfrage. Sehr große Sendestationen erfordern
                              									nicht allein sehr große Erzeugereinrichtungen, sondern vor allem sehr hohe und dabei
                              									sehr ausgedehnte leitende Flächen als Antennen. Außer der Marconi-Gesellschaft ist wohl die Deutsche Telefunken-Gesellschaft bis
                              									heute die einzige auf der Erde, welche praktische Erfahrungen auf dem Gebiete der
                              									Groß-Stationen gesammelt hat.
                           Die Schwingungs-Energie der bekannten Versuchsstation Nauen soll jetzt vervierfacht
                              									werden, d.h. auf 100 KW Antennen-Energie gebracht werden. Der bisher 100 m hohe Turm
                              									wird auf 200 m erhöht. Die Schwingungsenergie wird nach dem System der tönenden
                              									Löschfunken erzeugt werden. Die gleiche Energiemenge soll versuchsweise in Form
                              									kontinuierlicher Schwingungen durch eine Hochfrequenzmaschine erzeugt werden, woraus
                              									sich auch für die Kolonien Schlüsse ergeben werden.
                           Nauen wird nach dem Umbau die energiestärkste Station der Erde sein und mit den
                              									beiden modernsten und aussichtsreichsten Energieformen arbeiten. Man wird von ihr
                              									ganz besondere Entfernungsleistungen erwarten können, insbesondere eine Reichweite
                              									bis zu den afrikanischen Kolonien.
                           Bisher haben zur Untersuchung der Frage, ob und mit welchen Mitteln eine Verbindung
                              									zwischen Deutschland und den Kolonien hergestellt werden kann, nur kleinere
                              									Vorversuche stattgefunden, die man aber mit Rücksicht auf ihre außerordentlich
                              									wichtigen Ergebnisse durchaus nicht mit einer Handbewegung kurz abtun darf. Es sind
                              									Entfernungsversuche vorgenommen zwischen der Station Nauen und den Woermann-Dampfern. Außerdem sind mit einer kleinen
                              									Landantenne in Kamerun umfangreiche Beobachtungen der atmosphärischen Verhältnisse,
                              									soweit sie auf die Funkentelegraphie Einfluß haben können, angestellt.
                           Nauen hat bereits mit der kleinen Energie von 25 KW in der Antenne in der Richtung
                              									nach Westafrika etwa 4600 km Reichweite erzielt, und man kann auf Grund der bisher
                              									angestellten Vorversuche mit ziemlicher Sicherheit angeben, mit welcher Energie die
                              									korrespondierenden Stationen Deutschland–Togo oder –Kamerun ausgerüstet werden müssen, wenn
                              									überhaupt ein Erfolg erzielt werden soll. Auch über die Form der Empfangsantenne,
                              									über das Vorkommen, Art und Stärke der atmosphärischen Störungen liegen jetzt gute
                              									Erfahrungen vor.
                           Eine absolute Sicherheit für eine Verbindung Deutschland–Kamerun besteht allerdings
                              									wegen spezifischer örtlicher Verhältnisse auch heute noch nicht, während jedoch
                              									die Gewißheit vorhanden ist, daß eine Verbindung Deutschland–Togo mit den heutigen
                              									Mitteln der Technik durchführbar ist und auch in absehbarer Zeit durchgeführt werden
                              									wird.