| Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. | 
| Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 77 | 
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                        POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Eine neue Streckenförderung mit Wechselstrombetrieb
                              									wurde vom Mülheimer Bergwerksverein auf seiner Zeche
                              									Rosenblumendelle in Betrieb genommen. Die Anlage bedeutet insofern eine Neuerung,
                              									als hier versuchsweise einphasiger Wechselstrom als Betriebsmittel gewählt worden
                              									ist.
                           Die neue Förderung ist in einer Teufe von 351 m auf der vierten Sohle eingebaut; sie
                              									hat täglich rund 2100 t/km bei 1900 m mittlerer Weglänge zu leisten. Ein
                              									Hauptquerschlag von etwa 3 km Länge erstreckt sich vom Schacht aus nach Nordwesten.
                              									Hier wurde früher auf zwei Gleisen von 555 mm Spurweite die Förderung mit einer
                              									Seilbahn betrieben. Mit der Aenderung der Betriebsart wurden die Gleise verstärkt;
                              									sie bestehen jetzt aus Schienen von 93 mm Höhe und 18 kg/m Gewicht und sind auf
                              									Holz- oder Eisenschwellen verlegt. Der Querschlag hat insgesamt auf beiden Seiten
                              									elf Anschlagpunkte. deren erster vom Schacht 760 m entfernt ist.
                           Der zum Speisen der neuen Förderung verwendete Einphasenstrom hat eine Netzspannung
                              									von 2000 Volt. Vier Transformatoren von je 31 KW sind an zwei Leitungen des
                              									Drehstromnetzes angeschlossen und über die Strecke verteilt; sie transformieren die
                              									Hochspannung auf 250 Volt Niederspannung. An den Mündungen von Nebenstrecken sind
                              									die Transformatoren in kleinen Kammern von 2 × 2,5 qm Grundfläche aufgestellt,
                              									welche durch Gittertüren vom Querschlag abgesperrt sind. Am Stoß ist neben dem
                              									Speisekabel auch ein zwölfadriges Fernsprech- und Signalkabel befestigt, so daß man
                              									sich in Entfernungen von je 200 m mit der Hauptbetriebsstelle verständigen kann.
                              									Zwischen den Schienenstößen befinden sich 6 mm starke Verbinder. Die einfache
                              									Fahrleitung für beide Gleise ist in einer Höhe von 1900 bis 2100 mm über
                              									Schienenoberkante an Doppelglockenisolatoren aus Porzellan mittels Klammern
                              									befestigt. Die Leitung hat 55 qmm Querschnitt. Die Befestigung der Isolatoren ist am
                              									First des Querschlages unmittelbar oder durch entsprechend geschmiedete Flacheisen
                              									erfolgt. Vier Lokomotiven besorgen den Betrieb, eine fünfte steht in Reserve.
                              									Sie haben ein Reibungsgewicht von 8 t, je zwei Motoren von 18 PS Leistung und 750
                              									minutl. Umläufen und sollen 40 Wagen mit 4 m/Sek. Geschwindigkeit befördern. Die
                              									Antriebsmotoren sind Repulsionsmotoren mit Bürstenverschiebung und Thomson-Schaltung
                              									und von den Siemens-Schuckertwerken ausgeführt. Die
                              									Eigenart der Schaltung besteht darin, daß das Feld des Motorgehäuses, welches um 45°
                              									gegen die Verbindungslinie der beweglichen Bürsten versetzt ist, das Treibfeld und
                              									das Hilfsfeld in einer Wicklung vereinigt. Es ist nur ein drehbarer Bürstenstern
                              									vorhanden; dieser kann geerdet sein und ist daher einfach am Gehäuse befestigt. In
                              									der Nullstellung der Bürsten, d.h. bei ruhendem Anker, durchfließt die eine
                              									Ankerwindung ein starker Kurzschlußstrom, dessen schädliche Wirkung aber aufgehoben
                              									wird, wenn man in die Leitung zur Gehäusewicklung einen Schaller einfügt, der
                              									zwangläufig mit der Bürstenverschiebung verbunden ist, und das Gehäuse erst
                              									einschaltet, nachdem die Bürsten sich schon um einen kleinen Betrag gegen die
                              									Nullstellung verdreht haben. Das einteilige Gehäuse ist mit einer Wicklung versehen,
                              									die in den Nuten des Blechkörpers gleichmäßig verteilt ist; der Anker dagegen ist
                              									genau wie ein Gleichstromanker ausgeführt. Der Bürstenstern sitzt an dem
                              									Gehäuseschild der Kollektorseite und wird durch einen Ring geführt, der zwischen
                              									Gehäuse und Schild angebracht ist.
                           Von den Motoren werden die Achsen mit Rädern von 810 mm Laufkreisdurchmesser mittels
                              									Zahnradübersetzung von 1 : 8,7 betrieben.
                           Durch Versuche an der Anlage wurden die Kosten für ein Nutz/tkm zu 11,9 Pf.
                              									ermittelt. Hierbei ist allerdings der Aufwand für die neue Gleisanlage und für
                              									bergmännische Arbeiten mitberücksichtigt. Wenn man hiervon absieht, erniedrigen sich
                              									die Kosten auf 4,9 bis 5,3 Pf./tkm. [Glückauf, 9. und 16. Dezember 1911.]
                           Ein neues Tauchboot für die holländische Marine wurde von
                              									der bekannten Unterseebootswerft Whitehead & Co. in
                              									Fiume erbaut.
                           
                           Es besitzt ein untergetauchtes Deplacement von nur 150 t. Die Bewaffnung besteht
                              									aus zwei Torpedorohren mit vier Torpedos. Das Boot ist ausgerüstet mit einer 300
                              									pferdigen, direkt umsteuerbaren Nürnberger Zweitakt-Diesel-Maschine und einem 300 pferdigen Elektromotor für Unterwasserfahrt,
                              									der von einer Akkumulatorenbatterie gespeist wird. Für die Beobachtung sind zwei
                              									Periskope von 6 m Länge vorhanden.
                           Das Boot besitzt eine Länge von 35 m und einen Tiefgang von 3,3 m. Die kurze und
                              									breite Schiffsform der früheren Hollandboote wurde bei diesem Neubau aufgegeben und
                              									dafür ein längerer, schlankerer Schiffskörper mit torpedobootähnlichem Bug
                              									eingeführt. Zum Zweck des Untertauchens ist es ähnlich wie die Whitehead-Torpedos mit zwei Horizontalrudern hinter den Propellern
                              									ausgerüstet. Die Regulierung der gewünschten Tauchtiefe erfolgt bis auf ± 1 dm genau
                              									mittels eines statischen Tauchtiefenreglers, der zu seiner Betätigung nur geringer
                              									Energie bedarf. Die Pumpen haben eine maximale Förderhöhe von 65 m. Ein 3 t schwerer
                              									Fallkiel, Hebeösen, Anschlüsse, um von außen Luft in den Schiffskörper pumpen zu
                              									können, Telephonboje, Unterwassersignalapparat usw. vervollständigen die Ausrüstung
                              									des Bootes.
                           Die Akkumulatorenbatterie ist in einen wasserdichten Tank eingebaut, der mit Blei und
                              									Gummi gefüttert ist. Jede Zelle ist für sich abgeschlossen und kann, wie auch der
                              									ganze Tank, ventiliert werden.
                           Bei den offiziellen Versuchen wurden die nachfolgenden Ergebnisse gewonnen, welche in
                              									Anbetracht der geringen Abmessungen des Bootes als hervorragend günstig bezeichnet
                              									werden müssen; Größte Geschwindigkeit an der Oberfläche 11,2 kn; Aktionsradius bei
                              									10 kn Geschwindigkeit 1000 Seemeilen; größte Tauchzeit bei 7 kn
                              									Unterwassergeschwindigkeit 6 Std. 23 Min., bei 8,6 kn Unterwassergeschwindigkeit 3
                              									Std., bei 11 kn Unterwassergeschwindigkeit 1 Std.
                           Das Boot wurde auch bei rauher See, bei Windstärke 6 (Beaufort) und 10 kn
                              									Ueberwassergeschwindigkeit geprüft und bewährte sich hierbei ausgezeichnet. Die
                              									seitliche Neigung betrug bei rollender See nicht mehr als 8°.
                           Wenn bei Unterwasserfahrt mit voller Geschwindigkeit das Steuerruder hart von der
                              									einen Seite auf die andere gelegt wurde, änderte sich die Tauchtiefe nur um wenige
                              									Dezimeter.
                           Ermutigt durch das ausgezeichnete Ergebnis der Versuche, bestellte die holländische
                              									Regierung elf weitere Boote. Für eins derselben, ein Boot von 380 t Verdrängung,
                              									wurden von der Firma Whitehead folgende Garantien
                              									gegeben: Größte Oberflächengeschwindigkeit 16 kn, Aktionsradius bei 11 kn
                              									Geschwindigkeit 2600 Seemeilen, Tauchdauer bei 11 kn Geschwindigkeit 1 Std., bei 8
                              									kn Geschwindigkeit 3¾ Std. [Engineering, 5. Jan. 1912.]
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                           Die 1000. Motorlokomotive der Gasmotorenfabrik Deutz wurde
                              									kürzlich fertiggestellt. Die Fabrik hatte seinerzeit mit der Aufnahme dieses
                              									Fabrikationszweiges ein völlig neues Gebiet betreten. Die gedrängte Bauart
                              									solcher Lokomotiven für flüssige Brennstoffe, die Möglichkeit, Betriebsmittel für
                              									längere Zeit mitführen und bequem unterbringen zu können, die Unabhängigkeit einer
                              									solchen Maschine von irgend welcher Zentrale machten sie anderen Lokomotiven sowie
                              									dem Pferdebetrieb weit überlegen. Infolge ihrer vollkommenen Feuersicherheit wurde
                              									sie von den Behörden selbst in Schlagwettergruben ohne weiteres zugelassen.
                           Daneben hat sich die Deutzer Motorlokomotive auch als Feld- und Waldbahnlokomotive,
                              									als Rangierlokomotive und teilweise auch als Straßenlokomotive eingeführt. Daß heute
                              									schon die 1000. Motorlokomotive von der Gasmotorenfabrik
                                 										Deutz gebaut werden konnte, ist gewiß ein Beweis für ihre Brauchbarkeit und
                              									vielseitige Verwendbarkeit. [Glasers Annalen f. Gewerbe und Bauwesen, 1. I. 12.]
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                           Probefahrten des französischen Torpedobootzerstörers
                                 											„Bouclier“. Der Zerstörer wurde auf der Werft von Normand & Co. in Le Havre gebaut und vor kurzem in
                              									Betrieb genommen. Bei der vorgeschriebenen sechsstündigen forcierten Fahrt wurde
                              									eine mittlere Geschwindigkeit von 35,3 Seemeilen erzielt, während vertraglich nur
                              									eine Geschwindigkeit von 31 kn vorgeschrieben war. Wie man sieht, ist das Ergebnis
                              									also ein ganz vorzügliches.
                           Die Hauptabmessungen des Zerstörers sind: Länge 71 m, Breite 7,3 m, Tiefgang 3,7
                              									m.
                           Die Wasserverdrängung betrug bei den Probefahrten rund 660 t. Parsons-Turbinen, die auf drei Wellen angeordnet sind, besorgen den
                              									Antrieb. Zur Dampferzeugung dienen vier Wasserrohrkessel vom Normand-Typ, die mit flüssigem Brennstoff geheizt werden. Die Bunkerräume
                              									sind so groß gehalten, daß das Fahrzeug bei 14 kn Marschgeschwindigkeit einen
                              									Aktionsradius von 1950 Seemeilen hat. [The Engineer, 15. Dezember 1911.]
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                           Die Bestimmung des Wassers im Petroleum läßt sich nach R. Wightrick und R. und A.
                                 										Fraser in einfacher Weise mittels Kalziumkarbid ausführen. Amerikanische,
                              									insbesondere kalifornische Oele haben manchmal einen Wassergehalt bis zu 20 v. H.,
                              									der anscheinend mit dem Oel eine Art Emulsion bildet.
                           Um sofort den Wassergehalt des Oeles in Prozenten zu finden, setzt man 17,24 g des
                              									Rohöls eine beliebige Menge Kalziumkarbid CaC2 zu
                              									und fängt das entwickelte Azetylen über einer Salzlösung auf.
                           Je 100 ccm Azetylen entsprechen dann 1 v. H. Wasser. Die Bestimmung erfordert nur
                              									eine Zeit von 15 bis 20 Min.
                           ––––––––––
                           Ein weltbekannter Erfinder ist vor kurzem in der Person
                              									des Professors Dr. Jakob Amsler-Laffon im 89. Lebensjahre
                              									zu Schaffhausen verschieden. Mit seinem Namen ist bekanntlich die Schaffung eines
                              									der wichtigsten technischen Instrumente, des Polarplanimeters, verbunden, das für die
                              									Ingenieure aller Fachrichtungen heute fast unentbehrlich geworden ist.
                           Am 16. November 1832 in der Schweiz geboren, trieb der junge Amsler zunächst theologische Studien und darauf in den Jahren von 1844 bis
                              									1848 an der Königsberger Universität mathematische Studien. Das Planimeter erfand
                              										Amsler im Jahre 1854 und löste damit das vorher
                              									nirgends vollständig durchgeführte Problem, beliebige Flächenstücke mit
                              									unregelmäßigen Umrissen vermöge einfacher mechanischer Hilfsmittel denkbar genau,
                              									schnell und mühelos zu messen. Das Jahr 1856 brachte die klassische Abhandlung Amslers über mechanische Integration, die bis auf. den
                              									heutigen Tag für das erwähnte Gebiet eine Fundgrube von Anregungen geblieben
                              									ist. Zur mechanischen Integration wurden von ihm eine Reihe von Apparaten erfunden
                              									und durchgebildet. In späteren Jahren beschäftigte sich Amsler mit Arbeiten auf dem Gebiete der Gewehr- und Geschoßfabrikation. Er
                              									war einer der ersten in Europa, der damit begann, die pulvergefüllten Papierhülsen
                              									durch Metallpatronen zu ersetzen, und führte im Jahre 1866, im Auftrage der
                              									eidgenössischen Regierung, die Umwandlung des schweizerischen Vorderladergewehrs in
                              									den Hinterlader durch. An der Grenzbesetzung von 1870/71 hat die schweizerische
                              									Armee mit dem Amsler-Gewehr teilgenommen.