| Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. | 
| Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 171 | 
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                        POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Rumpler-Taube mit Motoranlage nach System Loutzkoy.
                              									In den letzten Tagen kam am Flugplatz in Johannisthai eine neue Rumpler-Taube zur Erprobung, die in technischer
                              									Hinsicht äußerst interessante Abweichungen von der normalen Bauart aufweist und
                              									deren sofortiger Erfolg ein beredtes Zeugnis ablegt von der Güte
                              									und Leistungsfähigkeit des Flugzeuges selbst, sowie von der richtigen sowie gut
                              									durchdachten Disposition der neuartigen Motoranlage.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 172
                              Fig. 1.
                              
                           In dem Flugzeuge sind zwei Argus-Motoren von je 100 PS
                              									Leistung eingebaut, die ihre Energie auf zwei Luftschrauben übertragen, und zwar in
                              									einer Anordnung, die von Direktor Loutzkoy angegeben
                              									wurde. Einer der Motoren, der in normaler Weise eingebaut ist, treibt eine
                              									Luftschraube der üblichen Abmessungen direkt an. Eine zweite Luftschraube bedeutend
                              									größeren Durchmessers ist konzentrisch hinter derselben in ganz geringer Entfernung
                              									angebracht und wird vom zweiten Motor, der in den Rumpf der Rumpler-Taube eingebaut ist, mittels verlängerter Welle, Kette und
                              									Kettenrädern in gleichem Drehungssinne wie die erstere Schraube angetrieben. Das
                              									Uebersetzungsverhältnis der Kettenräder ist derart gewählt, daß die Schraube
                              									größeren Durchmessers eine entsprechend geringere Tourenzahl macht als die kleinere,
                              									die direkt mit der Welle ihres Motors gekuppelt ist. Die beiden Luftschrauben
                              									rotieren also im gleichen Sinne mit verschiedenen Tourenzahlen. Der Wirkungsgrad der
                              									großen, langsam rotierenden Schraube ist an und für sich ein günstigerer als der
                              									einer kleinen, rasch rotierenden Schraube, und lag es in der Absicht des Erfinders
                              										Loutzkoy, Tourenzahl wie Steigung der Luftschrauben
                              									so zu wählen, daß sie sich in ihren Wirkungen unterstützen und der Wirkungsgrad der
                              									gesamten Anordnung ein größerer ist als die Summe der Leistungen der einzeln
                              									angetriebenen Schrauben. Soweit die ersten gelungenen Versuche dies beurteilen
                              									lassen, ist dies auch vollständig geglückt. Es gibt bisher kein Flugzeug, das über
                              									eine derartige große Kraftanlage (200 PS) verfügt wie diese Rumpler-Taube, und es ist auch anzunehmen, daß deren Leistungen die
                              									erhofften Erwartungen erfüllen werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 172
                              Fig. 2.
                              
                           Entsprechend der mächtigen Motoranlage ist auch das Gewicht des Flugzeuges ein hohes.
                              									Das Fahrgestell mußte daher besonders sorgfältig gebaut und abweichend von der
                              									bisherigen Form durchgeführt werden. Das neue Fahrgestell zeigt, daß die Rumpler-Werke bezügl. der Güte der Arbeit sowie bezügl.
                              									der sorgfältigen Durchkonstruktion aller Details Erstklassiges geleistet haben, da
                              									gleich der erste Flug anstandslos gelang, obwohl bei einem so schweren und raschen
                              									Flugzeug das Landen das größte Gefahrmoment in sich birgt, und nicht der geringste
                              									Schaden an dem Flugzeug vorkam. Die Flugversuche werden fortgesetzt bis zur vollen
                              									Geschwindigkeitssteigerung. Fig. 1 und 2 sind Darstellungen des Flugzeuges.
                           ––––––––––
                           Lichtbogen-Schweißeinrichtungen. Die elektrische
                              									Lichtbogenschweißung ist ein Verfahren, bei dem die Verflüssigung des Metalles durch
                              									die Hitze des Lichtbogens erfolgt. Die Methode wird hauptsächlich zum Ausbessern
                              									fehlerhafter oder gebrochener Teile aus Grauguß, Stahlguß oder Schmiedeeisen, aber
                              									auch bei allen anderen in der Praxis vorkommenden Metallen und Legierungen
                              									verwendet. Die Lichtbogenschweißung eignet sich ferner zur Verbindung von Schmiedestücken und
                              									starken Blechen sowie zur Herstellung von Längsnähten an Rohren in ähnlicher Weise
                              									wie die Autogenschweißung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 173
                              Fig. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 173
                              Fig. 2.
                              
                           Die Schweißung wird nach zwei verschiedenen Methoden ausgeführt. Bei dem Verfahren
                              									von Bernardo's wird zwischen dem Arbeitsstück als der
                              									einen Elektrode und einem Kohlenstab als der zweiten ein Lichtbogen gebildet, der
                              									das Werkstück sehr intensiv nach Art einer Stichflamme erwärmt und daher ähnlich wie
                              									die Flamme des autogenen Schweißbrenners wirkt. Das Material wird auf diese Weise an
                              									den zu verbindenden Kanten zum Schmelzen gebracht und fließt ineinander. Dieses
                              									Verfahren ist beispielsweise zum Schweißen dünnwandiger Fässer in Gebrauch.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 173
                              Fig. 3.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 173
                              Fig. 4.
                              
                           Weit verbreiteter ist eine andere Schweißmethode, die von Slavianoff herrührt. Sie unterscheidet sich von dem Bernardos-Verfahren dadurch, daß die bewegliche Elektrode
                              									nicht aus Kohle, sondern aus einem Stabe besteht, der aus dem gleichen Metall wie
                              									das Schweißstück ist und in der Hitze des Lichtbogens niederschmilzt.
                           Die Ausführung der Schweißung geschieht in der Weise, daß die zu verbindenden Kanten
                              									in einen Abstand von etwa 20 bis 30 mm voneinander gebracht werden und nunmehr um
                              									diese Schweißfuge herum eine Form aus Platten von Retortenkoks oder aus
                              									feingemahlenem Quarz gebildet wird, in die das abgeschmolzene Metall hineinfließt
                              									und so die Verbindung zwischen den Kanten herstellt. Da der Lichtbogen zwischen dem
                              									Metallstabe und dem Schweißstücke Wärme im Ueberschuß entwickelt, so kann kaltes
                              									Metall in kleinen Stücken zugesetzt werden, wodurch an Strom gespart und eine
                              									Ueberhitzung vermieden wird.
                           Der Lichtbogen wird mit Hilfe von Gleichstrom erzeugt und beansprucht eine Spannung
                              									von etwa 55 bis 65 Volt. Die Erzeugung der kräftigen Schweißströme von etwa 200 Amp.
                              									bei kleinen und bis zu 800 Amp. Stärke bei ganz großen Stücken erfolgt mit Hilfe
                              									einer eigens für diesen Zweck von der A. E. G. durchgebildeten Querfelddynamo. Die
                              									Verwendung einer solchen Maschine ist deshalb empfehlenswert, weil es bei der
                              									Schweißarbeit unvermeidlich ist, daß sich die Länge und damit der Widerstand des
                              									Lichtbogens beständig verändert. Besonders beim Ziehen des Lichtbogens müssen Kohle-
                              									bezw. Metallelektrode mit dem Gußstück in Berührung gebracht werden, wobei dann
                              									Kurzschluß eintritt; andererseits erfolgt auch öfters ein plötzliches Zerreißen des
                              									Lichtbogens bei größerer Entfernung vom Schweißstück. Die Stromentnahme ist also
                              									starken Aenderungen unterworfen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 174
                              Fig. 5.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 174
                              Fig. 6.
                              
                           Wird demnach der Schweißstrom einem Gleichstromnetze entnommen oder von einer
                              									Nebenschlußdynamo erzeugt, so schwankt die Stromstärke mit der Veränderung des
                              									Lichtbogenwiderstandes in weiten Grenzen und nimmt besonders bei Kurzschluß sehr
                              									hohe Werte an. Durch die hiermit verbundene ungleichmäßige Wärmeentwicklung im
                              									Lichtbogen wird die Güte der Schweißung ungünstig beeinflußt. Vor allem aber wirken
                              									die unaufhörlich sich folgenden Kurzschlüsse so störend auf die stromerzeugende
                              									Maschine zurück, daß sich ein Betrieb nur unter Hinschaltung von
                              									Vorschaltwiderständen aufrecht erhalten läßt, die sehr viel von der erzeugten
                              									Energie nutzlos in Wärme umsetzen, also große Verluste mit sich bringen.
                           Alle diese Schwierigkeiten werden bei Anwendung der genannten Schweißdynamo
                              									vermieden. Diese in Fig. 1
                              									dargestellte Maschine weist eine eigenartige Charakteristik auf (Fig. 2). Die Maschine ist für eine Normalspannung von
                              									65 Volt und für konstante Stromstärke gebaut. Bei Kurzschluß sinkt die Leistung
                              									ähnlich wie bei offenem Stromkreis fast auf Null; es findet also keine
                              									Energieentnahme statt und die Schweißdynamo ist entlastet. Ein besonderer Vorteil
                              									bei der Benutzung der Schweißdynamo besteht darin, daß der Lichtbogen viel stetiger
                              									gehalten werden kann als bei Benutzung gewöhnlicher Gleichstromquellen.
                           Eine komplette Schweißanlage zeigt Fig. 3. Ein
                              									Umformeraggregat, bestehend aus Querfelddynamo und Antriebsmotor, erzeugt den
                              									Schweißstrom, der über eine Schalttafel an das Schweißstück geführt wird. Zu dessen
                              									Verbindung mit dem einen Pol dient die in der Figur sichtbare Klemmvorrichtung. An
                              									den anderen Pol wird der abschmelzende Metallstab gelegt. Seine Handhabung während
                              									der Schweißung geschieht mit Hilfe eines mit Griff versehenen Elektrodenhalters.
                           Fig. 4 veranschaulicht die Schweißanlage während des
                              									Betriebes. Gegen die starke Licht- und Wärmeentwicklung bei der Schweißung muß sich
                              									der Arbeiter durch Verhüllung des Gesichts und aller freiliegenden Hautteile
                              									schützen. In die Gesichtsmaske sind dunkle, blaue oder rote Gläser eingesetzt. Wenn
                              									diese Vorsichtsmaßregeln eingehalten werden, treten irgendwelche schädlichen
                              									Einwirkungen auf die Gesundheit der Schweißarbeiter erfahrungsgemäß nicht ein.
                           Die folgenden Figuren zeigen die Reparatur von Guß- und Schmiedeteilen mit Hilfe der
                              									Lichtbogenschweißung. Fig. 5 stellt einen
                              									gebrochenen Gußarm dar, dessen Bruchflächen glatt gemeißelt sind. In Fig. 6 ist die Vorbereitung zur Schweißung
                              									wiedergegeben. In der Bruchstelle ist um die Stücke herum eine Form aus
                              									Retortenkohle gebildet und diese sodann mit Formsand umgeben. Das fertiggeschweißte
                              									Stück läßt Fig. 7 erkennen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 174
                              Fig. 7.
                              
                           
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 175
                              Fig. 8.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 175
                              Fig. 9.
                              
                           Fig. 8 und 9 zeigen
                              									die Ausbesserung großer und komplizierter Gußstücke aus Stahlformguß, und zwar Fig. 8 die gebrochenen Teile vor der Ausbesserung,
                              										Fig. 9 dieselben Teile nach Ausführung der
                              									Schweißung. Man erkennt, daß sowohl an dem gebrochenen Dampfzylinder wie auch
                              									an den Köpfen der mächtigen Dampfmaschinen-Schubstangen große, kompliziert geformte
                              									Partien durch neues Material ersetzt worden sind. Derartige Gußstücke werden behufs
                              									Vermeidung innerer Gußspannungen vor der Schweißung durch Holzkohlenfeuer gut
                              									vorgewärmt. Auch muß durch das Holzkohlenfeuer eine zu schnelle oder ungleichmäßige
                              									Abkühlung der Teile nach der Schweißung verhindert werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 175
                              Fig. 10.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 175
                              Fig. 11.
                              
                           
                           Die folgenden Figuren lassen erkennen, daß das bei der Schweißung neu
                              									eingeführte Material in der gleichen Weise wie das alte bearbeitet werden kann. Fig. 10 und 11 zeigen
                              									Lokomotivtreibachsen mit Bruchstellen an den Laufflächen und den Felgen vor und nach
                              									Ausführung der Reparatur. Das überschüssige Material an der Schweißstelle läßt sich
                              									ohne Schwierigkeit beseitigen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 176
                              Fig. 12.
                              
                           Eine kleinere Ausbesserung an einer Schubstange veranschaulichen Fig. 12 und 13. Ein
                              									bei der Bearbeitung ausgebrochenes Loch ist durch neues Material wieder aufgefüllt
                              									worden, und das Stück kann nunmehr nach Herstellung einer neuen Bohrung wieder
                              									verwendet werden.
                           In ähnlicher Weise dient das Verfahren zum Zuschweißen von Lunkern und zum Beseitigen
                              									von Schönheitsfehlern an Gußteilen. Ferner kann es benutzt werden, wenn sich
                              									beim Bohren von Löchern der Bohrer verlaufen hat; das entstandene Loch wird in
                              									solchen Fällen durch neu eingegossenes Material wieder geschlossen.
                           Häufig muß diesen Ausbesserungen ein Fortschneiden der fehlerhaften Teile
                              									vorausgehen. Statt durch Aufmeißeln oder Aufbohren kaun dies auch mittels der
                              									Stichflamme des Lichtbogens, die eine schneidende Wirkung ausübt, erfolgen. Auch das
                              									Abschneiden verlorener Köpfe in Gießereien läßt sich nach dieser Methode
                              									vornehmen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 176
                              Fig. 13.
                              
                           In ähnlicher Weise kann der Lichtbogen in Kesselschmieden und Schiffswerften dazu
                              									benutzt werden, um Löcher aus Blechen, z.B. Mannlöcher, auszuschneiden. Es empfiehlt
                              									sich die Anwendung dieser Methode dem autogenen Schweißverfahren gegenüber in all
                              									den Fällen, in denen eine glatte Schnittfläche nicht erforderlich ist.