| Titel: | VERSUCHSEINRICHTUNGEN ZUR PRÜFUNG VON LUFTSCHRAUBEN. | 
| Autor: | Paul Bejeuhr | 
| Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 209 | 
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                        VERSUCHSEINRICHTUNGEN ZUR PRÜFUNG VON
                           								LUFTSCHRAUBEN.
                        Von Paul Bejeuhr, Berlin.
                        BÈJEUHR: Versuchseinrichtungen yur Prüfung von
                           								Luftschrauben.
                        
                     
                        
                           Inhaltsübersicht.
                           Nach kurzem historischen Ueberblick folgen einfache stationäre
                              									Luftschraubenprüfstände, dann Meßvorrichtungen fertiger Maschinensätze
                              									(Motor-Luftschraube), hierauf Einrichtungen, die gleichzeitig Schub- und
                              									Leistungsmessung gestatten, (wagerechte und senkrechte Anordnung) während Wedell-Erprobungsanlagen den Schluß des ersten Teiles
                              									bilden.
                           ––––––––––
                           Bereits als die ersten Projekte zur Lenkbarmachung von Gasballons auftauchten, war
                              									man sich darüber klar, daß das zur wirksamen Einleitung der Propulsion nötige Mittel
                              									besonders erprobt werden müsse. Kaum ein Jahr nach der Erfindung des Ballons reichte
                              										Meusnier der Pariser Akademie der Wissenschaften
                              									bereits ein detailliertes Projekt über die Lenkung von Aerostaten ein, bei dem schon
                              										„sich drehende Ruder“, also Propeller Verwendung finden sollten. Die
                              									Anordnung der Flügel ist etwas nach hinten zur Achse geneigt, weicht sonst aber in
                              									keiner Weise gegen noch heute übliche Ausführungen ab. Von nun an sieht jeder
                              									weitere Erfinder die Luftschrauben als Fortbewegungsmittel vor, ohne jedoch wegen
                              									der vielen sonstigen Schwierigkeiten die nötige Zeit zu finden, diesem
                              									Uebertragungsmittel seine Aufmerksamkeit zuzuwenden. Kaum waren jedoch die ersten
                              									Versuche von Haenlein, Renard, Krebs und anderen von
                              									einigen Erfolgen begleitet, als man auch mit Eifer daran ging, die Einrichtungen zur
                              									Erprobung der Luftschrauben, die man als einen wichtigen Faktor kennen gelernt
                              									hatte, zu schaffen.
                           Es ist ja auch erklärlich, daß das Bestreben, die geringen zur Verfügung stehenden
                              									motorischen Kräfte möglichst gut auszunutzen, dazu führte, Versuchsstände zu
                              									errichten, die einen Einblick in die Arbeitsverhältnisse der Luftschrauben
                              									gewähren sollten, Erst dann konnte man daran denken, dem Propeller eine Gestaltung
                              									und Anordnung zu geben, welche seine Wirkung auf die Luft und dadurch wieder die
                              									Rückwirkung auf das Luftfahrzeug möglichst günstig gestaltet. Die ersten Prüfanlagen
                              									entstanden also einfach aus einem Bedürfnis; es mußte mit
                              									allen Mitteln dafür gesorgt werden, von den schwachen Motorkräften nichts zu
                              									vergeuden und diese Notlage schuf die ersten experimentellen Unterlagen, die ersten
                              									Meßvorrichtungen. Die Messungen liefen natürlich in der Hauptsache auf eine
                              									Registrierung der Umdrehungszahlen und dem dabei gelieferten Schub hinaus, während
                              									die eingeleitete Arbeit vielfach nach der Energieaufnahme der Kraftquelle geschätzt
                              									wurde; aber schon diese einfachen Messungen waren von Bedeutung, weil sie auf die
                              									Unterschiede der Formgebung und Flügelzahl hinwiesen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 209
                              Fig. 1.
                              
                           Die einfachste Prüfvorrichtung ergibt sich in der Anordnung der Fig. 1; sie wird eben ihrer Einfachheit wegen auch
                              									heute noch gern verwendet. Ein leichtes Holzfundament ruht auf der einen Seite auf
                              									Schneiden oder eine feste Welle läuft in gut passenden Lagern, während die andere
                              									Seite mittels Schnurzug an einer Rolle aufgehängt ist. Das Fundament trägt den
                              									Antriebsmotor und an einem erhöhten Bock die Luftschraube; deren Schub im Betriebe
                              									bemüht sein wird, den Schnurzug zu senken, was durch passende Vergrößerung des
                              									Gewichts wieder ausgeglichen wird. Der Propellerschub ergibt sich dann bei
                              									Gleichgewicht aus dem Verhältnis: P=G\,.\,\frac{b}{a}. Die
                              									Arbeitsaufnähme der Schraube müßte bei Benzinmotoren vielleicht durch Messung des
                              									Benzinverbrauchs und nachherige Eichung gemessen werden, bei elektrischem Antrieb
                              									geschieht sie nach der Formel: \mbox{Ni}=\frac{\mbox{Volt .
                                 										Amp.}}{736}\,.\,\eta_m\mbox{ PS} wobei ηm den Wirkungsgrad von Motor und
                              									Transmission bedeutet. In jedem Fall gehen aber die Reibungsverluste sowohl des
                              									Antriebsmotors als auch der Transmission mit in die gemessene Arbeit ein und
                              									verschleiern das Resultat. Ich möchte hierbei besonders auf einen Punkt hinweisen,
                              									der vielfach nicht genügend beachtet wird: Die Kraftübertragung – und sei sie noch
                              									so einfach und leicht zu überblicken – wird ebenso wie auch der Motor für die höchst
                              									zu erwartende Leistung dimensioniert. Es ist nun sehr wohl denkbar, daß die
                              									Leergangswiderstände, d.h. die elektrischen und auch die mechanischen bei flachen
                              									Flügelstellungen des Propellers sehr viel größer ausfallen als die benötigte
                              									Antriebsleistung; der Motor arbeitet also nur mit wenigen Hundertstel seiner
                              									Normalbelastung, wobei sein Wirkungsgrad sich in ganz unkontrollierbarer Weise
                              									verändert.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 210
                              Fig. 2.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 210
                              Fig. 3.
                              r = Rollen für die Seilführung zur
                                 										Gondelaufhängung, um eine parallele Verschiebung zur Ballonachse zu erzielen.
                                 										(Bei der Schraubenprobe nicht in Benutzung.)
                              
                           Eine etwas andere Anordnung finden wir in Fig. 2; sie
                              									empfiehlt sich besonders für die Prüfung bei direktem Antrieb, wobei also die
                              									ganze Regelung der Umdrehungszahlen lediglich durch die Motortouren, nicht aber
                              									durch passende Wahl des Vorgeleges möglich ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 210
                              Fig. 4.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 210
                              Fig. 4a.
                              
                           Bei diesen beiden Vorrichtungen, die natürlich den Vorteil großer Uebersichtlichkeit
                              									besitzen, hat die Schraube nur die Möglichkeit, die Luft nach hinten fortzuwerfen;
                              									eine achsiale Verschiebung ist ihr jedoch nicht erlaubt. Eine größere Freiheit in
                              									dieser Hinsicht wird ihr durch die Anordnungen geboten, wie sie in Fig. 3 und 4
                              									dargestellt sind; Vorrichtung 3 wendete Major von Parseva 1 zur Untersuchung seiner
                              									Schrauben an; Einrichtung 4 benutzt der Berliner Fabrikant Ruthenberg zum gleichen Zweck. Parseval
                              									montierte seine Gondel vollständig fertig, baute Ventilator, Motor und Propeller
                              									ordnungsgemäß ein und hängte dann die Gondel an zwei Galgen auf, so daß er den
                              									Propellerschub durch ein zwischen Gondel und einem Festpunkt eingeschaltetes
                              									Dynamometer messen konnte, während die Leistung nur durch den Motor festzustellen
                              									war. Wegen der eigenartigen Schraubenkonstruktion, die für die Flügel lediglich
                              									schlappe Fahnen vorsieht, die sich im Betriebe infolge der Zentrifugalkraft
                              									eingelegter Gewichte in Schraubenform einstellen, war diese Art der Prüfung die
                              									gegebene. Die Anordnung 4 hat den Vorteil, daß sie den Propellerschub direkt
                              									abzulesen gestattet, weil das Dynamometer in der verlängerten Schraubenachse
                              									angebracht ist.
                           
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 211
                              Fig. 5.Versuchsstation für Luftschrauben (Theodor Zeise). Antrieb durch
                                 										einen 50 PSe-Motor für Propeller bis 4,5 m
                                 										Durchmesser.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 211
                              Q = Laufgewicht zum
                                 										Gewichtsausgleich der verschiedenen Propeller.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 211
                              Fig. 7.
                              
                           Eine etwas zweckmäßigere Art der Arbeitsmessung wandten Charles
                                 										Edward Laverol und Robert Oliphant Boswell bei
                              									den Versuchseinrichtungen des Northampton Instituts,
                                 										Clerkenwell (Mechanical Engineering Departement)
                              									an; der Elektromotor war mit der Antriebswelle durch eine bewegliche Kupplung
                              									verbunden, die ein geringes Spiel zuließ; der Schub wurde dann durch
                              									Zwischenschaltung eines Winkelhebels abgewogen und gleichzeitig die benötigten Volt
                              									und Amp. mit der Umdrehungsgeschwindigkeit genau aufgeschrieben. Dann wurde der
                              									Propeller abgenommen, um die kleine Bremsscheibe eine Bandbremse gelegt und nun die
                              									Belastung des Bremshebels sorgfältig so eingestellt, daß sich die vorhin
                              									beobachteten Volt und Amp. sowie die Umdrehungszahlen wieder ergaben, so daß
                              									das Belastungsmoment dem Drehmoment der Schraube entsprechen mußte (Fig. 4a).
                           Die Ausführung einer solchen stationären Versuchsanlage für Luftschrauben zeigt sehr
                              									hübsch Fig. 5 des Prüfstandes der Spezialfirma Theodor Zeise, Altona-Ottensen, bei welcher die Schrauben
                              									mittels Riemenübertragung durch einen 50 PS-Motor angetrieben werden. Die Messung
                              									der Umdrehungszahlen geschieht wie bei den meisten bisherigen Anlagen durch einen
                              									Tourenzähler unter Hinzuziehung einer Stoppuhr.
                           Durch die vorhin bei Parseval erwähnte Prüfung der
                              									Schrauben mittels ihres eigenen Motors, der für ihren späteren Betrieb vorgesehen
                              									ist, sind wir eigentlich von den Propellerversuchen, die zur besseren Kenntnis ihrer
                              									Arbeitsweise führen sollten, mehr auf das Gebiet des Probierens für den praktischen
                              									Gebrauch gekommen. Dies besteht größtenteils darin, daß die Schraube ihrem Motor so
                              									weit angepaßt wird, daß dieser unter den für ihn günstigsten Verhältnissen arbeitet;
                              									und zwar wird der Propellerdurchmesser so lange beschnitten, bis der Motor die
                              									Tourenzahl erreicht, bei der er seine größte Leistung entfaltet, so daß für diesen
                              									Spezialfall auch die ganze Anlage am besten arbeitet. In dieser Weise sind die
                              									ersten Zeppelin-Schrauben mit ihrem Motor in dem kleinen
                              									Boot „Gna“ ausprobiert worden und sehr wahrscheinlich ist auch die merkwürdig
                              									zugestutzte Form der Wright-Propeller durch Anpassen an
                              									die Motorumdrehungen entstanden. So zweckmäßig dieses Vorgehen für die Praxis ist,
                              									so wenig kommt es für systematische Untersuchungen in Betracht, weil es einer
                              									Schraube von vornherein nicht die Möglichkeit gibt, bei einer beliebigen Tourenzahl
                              									unter Maximalleistungen geprüft zu werden.
                           Um sich von den vorerwähnten Fehlerquellen einer elektrischen Leistungsmessung
                              									unabhängig zu machen, hat der französische Oberst Renard
                              									eine besondere kardanische Aufhängung der Propellerprüfvorrichtungen konstruiert
                              										(Fig.
                                 									6). Das Fundament für Schraube und Motor wird an zwei senkrecht zueinander
                              									stehenden Wellen mittels passender Rahmen pendelnd aufgehängt, so daß es nach jeder
                              									Seite frei ausschlagen kann. Im perspektivischen Schema (Fig. 6a) sind die
                              									beiden Paare der Wellenstümpfe, an denen die Fundamentplatte hängt, und die
                              									Verbindungsrahmen deutlich erkennbar. Im Betriebe erzeugt sowohl der Schraubenschub
                              									als auch die Reaktion des Propellerdrehmoments einen Ausschlag um die
                              									Aufhängeachsen, der dann durch Gewichte ausgeglichen wird. Auf diese Weise erhält
                              									man die eingeleitete Arbeit ebenfalls direkt, allerdings
                              									mit festgekuppeltem Motor.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 212
                              Fig. 8.
                              
                           In etwas anderer Weise erreichen die Kapitäne Crocco und
                              										Ricaldoni der Brigata
                                 										specialisti in Italien eine genaue Prüfung der Schrauben auf dem Stande
                              										(Fig. 7). Sie benutzen nämlich die geringen
                              									Reibungswiderstände, die ein Boot in ruhigem Wasser erleidet, um die Vorrichtung
                              									nach jeder Seite beweglich zu machen. Der Schub wird in der Schraubenachse
                              									durch ein Dynamometer zwischen Boot und dem Festland gemessen, die Schraubenhemmung
                              									aber durch ein Laufgewicht abgewogen, wobei ein am Boot befestigter Zeiger an einer
                              									am Land angebrachten Skala auf Null einspielen muß. Besonders erwähnenswert an
                              									dieser Einrichtung ist noch die Möglichkeit, die Schraubenflügel etwas zu
                              									verstellen, was in sehr einfacher Weise durch kleine Exzenter E (Fig. 8) erreicht
                              									wird, die durch eine Schubstange 5 beliebig verschoben werden können. Diese
                              									Schubstange ist in der hohlen Antriebswelle W gelagert
                              									und mittels einer Ueberwurfmutter M einzustellen.
                           
                              (Fortsetzung folgt.)