| Titel: | ELEMENTARE BERECHNUNG DER TURBO-GEBLÄSE UND KOMPRESSOREN. | 
| Autor: | R. von Stein | 
| Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 281 | 
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                        ELEMENTARE BERECHNUNG DER TURBO-GEBLÄSE UND
                           								KOMPRESSOREN.
                        Von Oberingenieur R. von Stein,
                           									Karolinental.
                        (Fortsetzung von S. 261 d. Bd.)
                        von STEIN: Elementare Berechnung der Turbo-Gebläse und
                           								Kompressoren.
                        
                     
                        
                           Ermittlung des
                                 									Arbeitsbedarfs.
                           Am einfachsten und übersichtlichsten kommen wir hier zum Ziel, wenn wir den
                              									Turbokompressor mit einem idealen Kolbenkompressor ohne schädliche Räume
                              									vergleichen. Für beide muß dann das nämliche Arbeitsdiagramm gelten. Der
                              									theoretische Arbeitsbedarf in PS ist dann
                           
                              N_{th}=\frac{10000\,O\,.\,c\,.\,p\,i}{75}
                              
                           wenn O die Kolbenfläche, c die mittlere Kolbengeschwindigkeit und p1 die mittlere
                              									Spannung bedeuten. Hierbei müssen alle linearen Abmessungen in m und p1 in kg/qcm gegeben
                              									sein.
                           Oc stellt nun augenscheinlich das in einer Sek.
                              									angesaugte Flüssigkeitsvolumen dar (von Ansaugespannung), und wenn wir statt dessen
                              									das gebräuchlichere auf die Min. als Einheit bezogene Volumen V setzen und dann noch einen Gesamtwirkungsgrad von 74
                              									v. H. einführen, so erhalten wir
                           
                              N_e=\frac{10000\,.\,V\,.\,p_i}{60\,\times\,0,74\,\times\,75}
                              
                           als erforderliche Betriebsarbeit in PSe.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 280
                              Fig. 18.
                              
                           Die Konstante ergibt sich fast genau zu 3, so daß man die sehr einfache und dem
                              									Gedächtnisse leicht einprägbare Formel erhält:
                           Ne = 3 . pi . VRechnet man
                                    											nur auf 70 v. H. Wirkungsgrad, so lautet die Formel: Ne = 3 . 2piV..
                           p1 ist dem Gesamtdiagramm, von dem wir ja ohnehin bei der Berechnung
                              									ausgehen mußten, als mittlere Ordinate zu entnehmen am besten durch Summierung der
                              									mittleren Höhen jener 10 gleich breiten Trapeze, in welche das Gesamtdiagramm
                              									geteilt wurde. Diese Summierung wird unmittelbar mit dem Zirkel in der Art
                              									vorgenommen, daß man jedesmal denselben um 100 mm einzieht, wenn seine Oeffnung
                              									infolge der Summierung 100 mm wesentlich übersteigt. Zur letzten Oeffnung addiert
                              									man so oft 100 mm, als man den Zirkel eingezogen hat. Der zehnte Teil der erhaltenen
                              									Millimetersumme durch den Atmosphärenmaßstab des Diagramms dividiert, liefert dann
                              									sofort p1 in at. Nach
                              									des Verfassers Erfahrung ist dies von O. H. Müller
                              									empfohlene Verfahren viel einfacher und zuverlässiger als die übliche Bestimmung mit
                              									dem Planimeter und mindestens ebenso genau.
                           
                        
                           Gang der Berechnung.
                           
                              1. Entwurf des Diagramms.
                              
                                 a. Bei niedrigem Druck (bis 1 at).
                                 Die Isotherme ist leicht verzeichnet; für die Adiabate genügt es zu merken,
                                    											daß sie bei 1 at Ueberdruck vom Punkte 61 v. H. der Diagrammlänge ausgeht
                                    												(Fig. 18), der weitere Verlauf kann dann
                                    											genügend genau freihändig eingezeichnet werden. Für ungekühlte Gebläse
                                    											ermittelt man dann die wahre Verdichtungslinie aus der Isotherme und
                                    											Adiabate mittels des adiabatischen Wirkungsgrades (etwa 0,75) auf die früher
                                    											angegebene Art, für gekühlte Gebläse nach entsprechender Annahme der
                                    											Endtemperatur.
                                 
                              
                                 b. Bei hohem Druck (über 1 at).
                                 Hier bedient man sich des früher angegebenen graphischen Verfahrens, indem
                                    											man die Verdichtungslinie als Polytrope nach entsprechender Annahme der
                                    											Endtemperatur entwirft. Für überschlägige Arbeit genügt die Verzeichnung der
                                    											Isotherme und des polytropischen Endvolumens nach Annahme der Endtemperatur.
                                    											Man kann dann die wahre Verdichtungslinie genau genug so bestimmen, daß man
                                    											die gefundene Differenz zwischen isothermischem und polytropischem
                                    											Endvolumen fast durch die ganze Kurve beibehält, erst gegen Ende sich der
                                    											Isotherme nähernd. Hierauf teile man das Gesamtdiagramm mittels der
                                    											Integralkurve in so viel flächengleiche Teildiagramme, als der Kompressor
                                    											Radgruppen erhalten soll (zwei bis vier). Es ist zweckmäßig die
                                    											Flächengleichheit der Teildiagramme zu kontrollieren und nötigenfalls durch
                                    											geringe Verschiebungen der Teillinien zu berichtigen.
                                 
                              
                           
                              2. Entwurf der Räder.
                              Hier muß man zunächst über Umlaufszahl und Umfangsgeschwindigkeit schlüssig
                                 										werden.
                              Um mit möglichst wenigen und kleinen Rädern auszukommen, wird man diese beiden
                                 										Größen so hoch als möglich wählen; wie weit man damit gehen kann, hängt wesentlich von
                                 										der Menge der Förderflüssigkeit und von der Art des Antriebes ab.
                              Wenn möglich, werden Umfangsgeschwindigkeiten (auf den wirklichen äußeren
                                 										Durchmesser bezogen) von 120 bis 150 m (ausnahmsweise 160 bis 180 m) gewählt.
                                 										Mit der Umlaufszahl kann man bei Dampfturbinenantrieb bis 4000, ja 4500
                                 										Umdrehungen bei kleineren Leistungen und hohen Drücken, und bei größeren
                                 										Leistungen und geringeren Drücken bis 2500 und 3000 Umdrehungen gehen. Bei
                                 										elektrischem Antrieb wird man meist mit 3000 Umdrehungen die obere Grenze
                                 										erreicht haben, und bei größeren Leistungen (Hochofen- und Stahlwerksgebläsen)
                                 										noch wesentlich tiefer, 2000 bis 2500 Umdrehungen und selbst noch tiefer gehen
                                 										müssen.
                              Umfangsgeschwindigkeit und Umlaufszahl bestimmen die Radgröße nach der Formel
                                 											V=\frac{60\,u}{\pi\,n} doch ist derselben nach unten eine
                                 										Grenze dadurch gesetzt, daß der zwischen Nabe und Schaufeleintritt verbleibende
                                 										Ringraum hinreichend sein muß, um die Förderflüssigkeit mit nicht allzugroßer
                                 										Geschwindigkeit durchströmen zu lassen. Im allgemeinen darf dieselbe nicht
                                 										größer sein als die absolute Eintrittsgeschwindigkeit ce, oder lieber noch als deren radiale
                                 										Komponente. Manchmal, besonders bei kleineren Druckhöhen und größeren
                                 										Fördermengen kann es vorteilhaft sein, das Gebläse in zwei parallel geschaltete
                                 										Gruppen aufzulösen, welche auf derselben Welle sitzen und von entgegengesetzter
                                 										Seite beaufschlagt werden, wodurch auch ein vollkommener Ausgleich des achsialen
                                 										Schubes bewirkt wird.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 327, S. 281
                                 Fig. 19.
                                 
                              Man braucht dann zwar die doppelte Radzahl; da aber die Räder viel kleiner
                                 										ausfallen, kann diese Bauart doch vorteilhaft sein.
                              Hat man sich nun nach diesen Erwägungen für Umfangsgeschwindigkeit und
                                 										Umlaufszahl entschieden, so entwirft man den Schaufelplan und das Diagramm und
                                 										entnimmt letzterem die theoretische Förderhöhe für Wasser als Förderflüssigkeit.
                                 										Durch Multiplikation mit dem Verhältnis \frac{\gamma}{1000}
                                 										reduziert man die gefundene Höhe auf das betreffende Gas (gemessen in m
                                 										Wassersäule) und berücksichtigt schließlich durch Multiplikation mit
                                 											\frac{v}{v_m} das vergrößerte spezifische Gewicht beim
                                 										Zustande vm
                                 										gegenüber jenem v bei atmosphärischer Spannung.
                              Für den gewöhnlichen Fall von Luft als Förderflüssigkeit kann mann
                                 											\gamma=1\,.\,2^{\mbox{kg/m}^3} setzen, entsprechend
                                 										17° Temperatur und 750 mm Barometerstand, wenn das auf 760 mm
                                 										Barometerstand bezogene spezifische Gewicht 1 . 293 kg/m3 ist.
                              Multipliziert man die gefundene theoretische Höhe noch mit dem pneumatischen
                                 										Wirkungsgrad ηp, so erhält man die mit einem
                                 										Radpaar erreichbare Druckhöhe h in m Wassersäule.
                                 										Drückt man auch die Diagrammhöhe H der betreffenden
                                 										Radgruppe bezw. des Einzeldiagramms in der nämlichen Einheit aus, so erhält man
                                 										die Anzahl der benötigten Räder durch die Formel
                                 											n=\frac{H}{h} welcher Wert auf eine ganze Zahl nach oben
                                 										abzurunden ist. Durch diese Abrundung können die Teillinien des Diagramms etwas
                                 										vom Flächengesetz abweichend verschoben werden.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 327, S. 281
                                 Fig. 20.
                                 
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 327, S. 281
                                 Fig. 21.
                                 
                              Die Radbreiten bc
                                 										und ba beim Ein-
                                 										und Austritt ergeben sich aus dem vm entsprechenden Luftvolumen in m3/Sek. und den relativen Geschwindigkeiten we und wa in m/Sek. im
                                 										Verein mit den daselbst senkrecht zu diesen Geschwindigkeiten gemessenen
                                 										Zellenweiten ae und
                                 											aa in m und der Zellenzahl, wie es früher erläutert
                                 										wurde.
                              Die Berechnung mit dem mittleren Luftvolumen vm und dem mittleren spezifischen Gewicht γm rechtfertigt
                                 										sich dadurch, daß die so ermittelten Werte mit dem Mittelwert der aus den wahren
                                 										Voluminas und sp. Gewichten am Beginn und Ende der Verdichtungslinie gerechneten
                                 										Höhen befriedigend übereinstimmen, wenn eine Radgruppe kein allzugroßes
                                 										Verdichtungsgebiet umfaßt, vergl. auch Fig.
                                    											19–21. Dabei zeigt es sich, daß der
                                 										schiefe absolute Eintritt insofern ausgleichend wirkt, als die Anfangs- und
                                 										Endwerte sich weniger voneinander unterscheiden, als dies bei radialem Eintritt
                                 										der Fall wäre.
                              
                           
                              3. Ableitung der
                                    											Verdichtungswärme.
                              Bei höheren Verdichtungsgraden ist es unbedingt nötig, die Luft während der
                                 										Verdichtung zu kühlen, einmal, um zu hohe Endtemperaturen zu vermeiden, dann
                                 										aber auch, um an Betriebsarbeit zu sparen.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 327, S. 282
                                 Fig. 22.
                                 
                              Sind Ne = 3 . pi
                                 										. V die benötigten effektiven Pferde, so führe man dieselben zunächst durch
                                 										Multiplikation mit dem Gesamtwirkungsgrad ηm
                                 										(0,74 nach unserer früheren Annahme) auf theoretische Pferde zurück, welche
                                 										durch Multiplikation mit 75 und A=\frac{1}{427} in Kal. f. d.
                                 										Sek. verwandelt werden. Die so erhaltenen Wärmeeinheiten sind das Aequivalent
                                 										der gesamten theoretischen Verdichtungsarbeit (reine Verdichtungsarbeit +
                                 										Ausschubarbeit), dieselben bleiben zum Teil in der Preßluft, zum Teil werden sie
                                 										ins Kühlwasser abgeleitet.
                              Die von der Luft entführten Wärmeeinheiten sind:
                              V . γ . cp (t2 – t1) Kal./Min.
                              Zieht man letztere von den oben ermittelten Wärmeeinheiten
                                 										ab, so bleiben jene Q Wärmeeinheiten übrig, welche
                                 										vom Kühlwasser aufzunehmen sind. Ist W die
                                 										Kühlwassermenge f. d. Min. τ1 und τ2 dessen Anfangs- und Endtemperatur, so ist:
                                 											W=\frac{Q}{\tau_2-\tau_1}.
                              In Fig. 22 sind die Lufttemperaturen, welche
                                 										nach früherem aus dem Verhältnis \frac{v}{v_i}=\frac{T}{T_1}
                                 										für jedes beliebige v bezw. p leicht ermittelt werden können, als Ordinaten über den zugehörigen
                                 										Drücken als Abszissen aufgetragen, und zwar für die Adiabate die wirkliche
                                 										Verdichtungslinie und das Kühlwasser.
                              Wegen der anfänglich geringen, später aber immer größer werdenden
                                 										Temperaturdifferenz zwischen Luft und Kühlwasser wird sich die wirkliche
                                 										Temperaturkurve der adiabatischen Temperaturkurve anfangs mehr anschließen, um
                                 										im weiteren Verlauf sich mehr und mehr davon zu entfernen. Man kann auch ganz
                                 										wohl diese Kurve zuerst schätzungsweise annehmen und danach den Verlauf der
                                 										Verdichtungslinie bestimmen bezw. richtigstellen, wenn die aus letzterer
                                 										ermittelte Temperaturkurve keinen wahrscheinlichen Verlauf aufweisen sollte. Den
                                 										Uebergang von τ1
                                 										nach τ2 wird man
                                 										zweckmäßig geradlinig voraussetzen. Ist nun Δtm die aus den Temperaturkurven leicht zu
                                 										entnehmende mittlere Temperaturdifferenz zwischen Luft und Kühlwasser, ferner
                                 											F die gesamte luft- und wasserberührte
                                 										Kühlfläche und μ der Wärmedurchgangskoeffizient
                                 										bezogen auf 1 qm Kühlfläche, 1° Temperaturdifferenz und 1 Stunde, so ist 60Q =
                                 											μ – F . Δtm, aus welcher Gleichung nach Einsetzung der
                                 										bisher ermittelten Größen, je nach Annahme einer der beiden Unbekannten,
                                 										entweder μ oder F
                                 										berechnet werden kann. Näheres bei dem Beispiel.
                              
                                 (Schluß folgt.)