| Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. | 
| Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 316 | 
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                        POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Das Anwärmen von Radreifen auf elektrischem Wege
                              									behandelt ein Aufsatz von R. Börnecke in „Stahl und
                                 										Eisen“ vom 14. März d. J., dem wir das Folgende entnehmen.
                           Das Anwärmen von Radreifen auf dem offenen oder gedeckten Koksfeuer oder mit Bunsen-Brennern hat den Nachteil, daß sich dabei auf den
                              									bearbeiteten Flächen Schlacken oder andere Verunreinigungen ansetzen, die man vor
                              									dem Aufschrumpfen wieder entfernen muß. Ferner läßt sich kaum eine gleichmäßige
                              									Erwärmung erzielen, und außerdem treten oft infolge von Nichteinhaltung der
                              									vorgeschriebenen Temperatur Gefügeänderungen und Materialspannungen in den Reifen
                              									auf. Das umständliche Hantieren mit dem Radreifen bei Erwärmung im Koksfeuer, ferner
                              									das Eindringen von Verbrennungsgasen in die Arbeitsräume bei Verwendung von Koks-
                              									oder Gasfeuer, die schlechte Wärmeausnutzung, die Kompliziertheit der Anlage bei
                              									Gasöfen (Preßluftanlage), ließen es als wünschenswert erscheinen, ein elektrisches
                              									Anwärmeverfahren einzuführen. Versuche in dieser Richtung wurden auch mehrfach
                              									unternommen, allerdings nicht immer mit dem besten Erfolg. In der französischen
                              									Patentschrift Nr. 350 941, in der amerikanischen Patentschrift Nr. 402416, in der
                              									englischen Patentschrift Nr. 9956 des Jahres 1890 sind verschiedene Einrichtungen
                              									angegeben, die sämtlich mit mehr oder minder großen Mängeln behaftet sind.
                           Bei den dort beschriebenen Apparaten mußte fast ausnahmslos Einphasen-Wechselstrom
                              									verwendet werden, Gleichstrom dagegen war nicht zu gebrauchen. Infolge der weit
                              									größeren Verbreitung des Drehstroms mußte es vorteilhaft erscheinen, eine Anlage zu
                              									besitzen, welche mit Drehstrom ohne Umformung arbeitet.
                           Durch das D. R. P. Nr. 237570 wurde in jüngster Zeit dem Elektromotorenwerk „Glück
                                 										auf“ (H. Miebach, Dortmund) eine mit Drehstrom
                              									arbeitende Einrichtung geschützt, die sehr zufriedenstellende Resultate geliefert
                              									hat. Die ein- oder mehrphasige Gehäusewicklung dieser Maschine befindet sich
                              									eingebettet in wagerechte, radiale Nuten eines aus aufgerollten Eisenblechstreifen
                              									gebildeten wirksamen Eisenkörpers. Der aktive Eisenring liegt auf einem entsprechend
                              									geformten gußeisernen Ring. Will man einen Radreifen erwärmen, so legt man ihn
                              									einfach auf den aktiven Eisenblechkörper und schließt die Wicklung an das
                              									Leitungsnetz an. Ein Festhalten des Ringes ist nicht erforderlich, da infolge des
                              									magnetischen Zuges und der Reibung zwischen dem aktiven Ring und dem Radreifen der
                              									letztere sich nicht drehen kann. Ist die Erwärmung genügend weit vorgeschritten, so
                              									wird der Strom wieder ausgeschaltet, die Radscheibe von oben in den Reifen
                              									eingebracht und Reifen samt Radscheibe abgehoben. Man kann mit ein und derselben
                              									Vorrichtung Radreifen bis zu 100 mm Unterschied im Durchmesser anwärmen. Die
                              									Wicklung des Apparats ist wegen dei hohen Temperatur mit einer Asbestumspinnung
                              									versehen, mit einem wärmebeständigen Lack gestrichen, und außerdem ganz in eine
                              									wärmebeständige Masse eingebettet, welche gleichzeitig Schutz gegen das Eindringen
                              									von Drehspänen, Hammerschlag, Walzschlacke und dergl. gewährt. Starke
                              									Asbestzwischenlagen verhindern ein Durchschlagen der Wicklung gegen das Eisen oder
                              									der Spulen untereinander. Interessante Ergebnisse lieferte ein Meßversuch mit dem
                              									neuen Apparat.
                           Ein Radreifen von 858 mm ∅ und 282 kg Gewicht wurde durch den Apparat bei 220 Volt
                              									Nutzspannung 20 Minuten lang erwärmt. Dabei stieg die Temperatur auf der unteren
                              									Seite der Radreifenbohrung von 20° C auf 232° C, auf der oberen Seite auf 280° C,
                              									und die erzielte Dehnung der Peripherie betrug 2,32 mm. Nach weiteren 2 Minuten,
                              									nachdem der Apparat vorher abgeschaltet worden war, stiegen Temperatur und Dehnung
                              									auf der oberen Seite des Radreifens noch weiter. Das hat praktisch den Vorteil, daß
                              									während der Vorbereitung zum Einlegen der Radscheibe die Dehnung oben noch zunimmt,
                              									und da die Dehnung unten an sich etwas größer wird, so kann das Einbringen der
                              									Radscheibe von oben nach unten sehr leicht erfolgen. Ein besonders für den
                              									vorliegenden Zweck gebauter Tastapparat läßt erkennen, wann die Dehnung des
                              									Radreifens so weit fortgeschritten ist, daß das Einbringen der Radscheibe ermöglicht
                              									wird.
                           Die Versuche ergaben einen mittleren Energieverbrauch von 48 KW für eine Dehnung von
                              									2,40 mm an der oberen Seite des Radreifens sind etwa 16,2 KW/Std. erforderlich.
                           Der Hörder Verein besitzt seit einiger Zeit zwei Apparate für normale Radreifen, mit
                              									denen man die zwei- bis dreifache Radreifenzahl gegenüber dem Gasfeuer anzuwärmen
                              									vermag. Die Betriebskosten stellen sich dabei weit niedriger.
                           Der Apparat kann natürlich auch zum Abziehen der abgenutzten Radreifen verwendet
                              									werden; doch dauert in diesem Fall das Anwärmen wesentlich länger, da ein großer
                              									Teil der Wärme von dem Radkörper selbst aufgenommen wird.
                           ––––––––––
                           Ueber die Herstellung von Chrom und Ferrochrom machte
                              									Professor Léon Guillet in seinem Vortrag vor der Société
                              									des Ingenieurs Civils de France, aus denen wir schon mehrfach Auszüge
                              									(Ferrosiliziumherstellung, Gewinnung des Aluminiums) gebracht haben, weitere
                              									interessante Mitteilungen.
                           Die Herstellung des Chroms und Ferrochroms erfolgt danach fast durchweg im
                              									elektrischen Ofen, da die Gewinnung auf aluminothermischem Wege (durch Reduktion mit
                              									reinem Aluminium) zu teuer ist.
                           Das in der Industrie verwendete Ferrochrom besitzt in der Regel 60 bis 70 v. H.
                              									Chromgehalt und einen wechselnden Gehalt an Kohlenstoff, welch letztere
                              									hauptsächlich für die Eigenschaften und den Wert des Ferrochroms maßgebend ist.
                              									Gebräuchlich sind Kohlenstoffgehalte von 8 bis 10 v. H., 4 bis 6 v. H., 2 bis 4 v.
                              									H., weniger als 2 v. H., weniger als 1 v. H.
                           Der Preis der Legierungen steigt beträchtlich mit abnehmendem Kohlenstoffgehalt. So
                              									kostet die Tonne Ferrochrom bei einem Gehalt von 8 bis 10 v. H. Kohlenstoff ungefähr
                              									240 bis 320 M, bei weniger als 0,75 v. H. Kohlenstoff etwa 2000 M. Der große
                              									Unterschied im Preis rührt daher, daß sich die Ferrochromsorten mit hohem
                              									Kohlenstoffgehalt verhältnismäßig leicht im elektrischen Ofen mit leitendem Boden
                              									herstellen lassen, diejenigen mit weniger als 2 v. H. Kohlenstoff aber nicht. Der
                              									leitende Boden würde eine kohlende Wirkung auf das Bad ausüben, so daß eine ganz
                              									neue Ofentype für diesen Zweck erforderlich wird. Einen solchen Ofen zur Herstellung
                              									kohlenstoffarmen weichen Ferrochroms stellt die Konstruktion von Chaplet dar. Die Stromrückleitung erfolgt bei dem Chaplet-Ofen durch den Boden. Das Neue gegenüber dem
                              									bisher gebräuchlichen Girod-Ofen besteht darin, daß die
                              									Eisenpole nicht mehr durch den Boden in das Schmelzbad hereinragen; es führt
                              									vielmehr ein metallischer Leiter vom Herd aus wagerecht nach außen und endigt in
                              									einem senkrechten bis über die Oberfläche des Bades hinausragenden Schacht, von dem
                              									aus die Stromableitung erfolgt. Das Material kann also nicht durch Schmelzen der
                              									Stromzuführungen verunreinigt werden und die durch das Abschmelzen auftretenden
                              									Störungen werden vermieden.
                           Bei größeren Oefen wurden auch statt einer einzigen Bodenableitung deren zwei
                              									angewendet, um die Energie besser zu verteilen. Solche Chaplet-Oefen werden in den Werken von Giffre
                              									und von Allevard benutzt.
                           ––––––––––
                           Ueber Siliziumerzeugung berichtete L. Guillet in der Société des Ingénieurs civils. Das
                              									Silizium wird heutzutage nur mehr zum geringen Teil im Hochofen erzeugt.
                              									Hauptsächlich ist es das zwölfprozentige am meisten gebrauchte Ferrosilizium, das
                              									noch im Hochofen gewonnen wird, weil die Gestehungskosten in diesem Falle niedriger
                              									sind. Die anderen marktgängigen Ferrosiliziumtypen von 25, 50 und 75 v. H.
                              									Siliziumgehalt werden dagegen im elektrischen Ofen hergestellt.
                           Das Ferrosilizium erhält man durch Reduktion des Siliziumoxyds (Quarz) durch
                              									Kohlenstoff in Gegenwart von Eisen oder Eisenoxyd. Im elektrischen Ofen lassen sich
                              									alle Ferrosiliziumlegierungen bis hinauf zu 95 oder 96 v. H. Reingehalt
                              									darstellen.
                           Man verwendet bei der elektrischen Siliziumerzeugung drei verschiedene
                              									Ofensysteme, nämlich 1. Oefen mit nur einer Elektrode, wobei der Boden die aus
                              									Metallplatten bestehende Stromzuführung aufnimmt; 2. Oefen mit zwei Elektroden,
                              									wobei der Boden nicht zur Stromzuführung herangezogen wird; 3. Oefen mit drei
                              									Elektroden. Die unter 1 und 2 angeführten Oefen
                              									benutzen Wechselstrom, der Ofen mit drei Elektroden Drehstrom. Die Oefen sind ganz
                              									aus Gußeisen hergestellt und mit Silikatziegeln gefüttert. Nach oben sind die Oefen
                              									nicht durch Deckel abgeschlossen. Die Abmessungen der Oefen werden je nach dem darin
                              									zu gewinnenden Produkt gewählt. Je höher der Siliziumgehalt des Produktes sein soll,
                              									um so kleiner wird der Schmelzraum gemacht. So hat beispielsweise ein mit 250 KW
                              									betriebener, zur Erzeugung von 50 v. H. Ferrosilizium bestimmter Ofen einen
                              									Schmelzraum von 2 × 2 m nötig, während ein gleichstarker Ofen für 90 v. H.
                              									Ferrosilizium nur 1,5 × 1,5 m Schmelzfläche bedarf.
                           Die Leistung der Oefen schwankt im allgemeinen zwischen 400 bis 2000 KW. Die
                              									Siliziumdarstellung geht nach folgender Formel vor sich:
                           SiO + n . Fe + 2C = FenSi +
                              									2CO.
                           Es muß aber sehr viel überschüssiger Kohlenstoff zugesetzt
                              									werden, da der Kohlenstoff nicht allein mit dem Sauerstoff der Charge, sondern auch
                              									mit demjenigen der Luft verbrennt. Durch Verflüchtigung des Siliziums können bei dem
                              									Prozeß Verluste bis zu 15 v. H. auftreten, was allerdings eine Folge schlechter
                              									Ofenwartung ist. Man kann die Verluste einigermaßen vermeiden, wenn man die im
                              									Schmelzbett sich bildenden Kamine, durch welche das Silizium entweicht, häufig
                              									durchstechen läßt. Die Verluste sind um so größer, je höher der Siliziumgehalt der
                              									Charge. Einige Zusammensetzungen der gebräuchlichsten Schmelzbäder seien in
                              									nachfolgendem wiedergegeben:
                           
                              
                                 Legierung mit:
                                 
                                 25
                                 50
                                 80
                                 90
                                 v. H. Si
                                 
                              
                                 Quarz
                                 kg
                                 68
                                 68
                                 68
                                 70
                                 
                                 
                              
                                 Anthrazit (10 v. H. Asche)
                                 kg
                                 35
                                 35
                                 35
                                 30
                                 
                                 
                              
                                 Eisen [als Zuschlag oder    als Erz (Schlacke)]
                                 kg
                                 60
                                 15
                                   0
                                   0
                                 
                                 
                              
                           Die Elektrodenquerschnitte sind in der Regel für eine Stromstärke von 7 bis 10 Amp.
                              									f. d. qcm bemessen. Die Leistungsfähigkeit eines mit 750 KW betriebenen Ofens stellt
                              									sich auf
                           
                              
                                 4000
                                 kg
                                 25
                                 proz.
                                 Ferrosilizium
                                 mit
                                   5
                                 v. H.
                                 Siliziumverlust
                                 
                              
                                 2000
                                 „
                                 50
                                 „
                                 „
                                 „
                                 10
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 1000
                                 „
                                 75
                                 „
                                 „
                                 „
                                 15
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                   800
                                 „
                                 90
                                 „
                                 „
                                 „
                                 20
                                 „
                                 „
                                 
                              
                           Interessant ist die Tatsache, daß das Ferrosilizium zwei kritische Zusammensetzungen
                              									hat, bei welchen es zu Staub zerfällt. Es sind dies das 30 bis 33 proz. und das 50
                              									bis 65 proz. Ferrosilizium. [Elektrotechnik und Maschinenbau 18. Februar 1912.]
                           ––––––––––
                           Ueber dunkle Strahlungen des Borstickstoffs berichtete A.
                              										Remmelé auf der 83. Naturforscherversammlung zu
                              									Karlsruhe. Zahlreiche Versuche, die sich über mehrere Jahre erstreckten, ließen erkennen, daß
                              									der Bohrstickstoff eine dunkle Strahlung emittiert, die ziemliche Aehnlichkeit mit
                              									den Kathodenstrahlen und den Strahlen des Radiums besitzt. Die Strahlung läuft
                              									geradlinig, wird aber vom Magneten stark abgelenkt. Auf einem
                              									Barium-Platin-Cyanürschirm ruft sie wie die Kathodenstrahlen Fluoressenz hervor. Sie
                              									wird ebenso wie die Kathodenstrahlen von Metallen absorbiert; schon ganz dünne
                              									Aluminiumfolie genügt, um sie vollständig abzublenden. Dagegen gehen die Strahlen
                              									durch Papier, Leder bis zur Dicke von 1 mm, dicke Kautschukplatten und selbst durch
                              									Glas hindurch. Mit Hilfe des Elektroskops läßt sich feststellen, daß der
                              									Bohrstickstoff schon bei gewöhnlicher Temperatur negative Elektronen aussendet. Die
                              									Luft wird durch die Strahlen ionisiert. Die am Bohrstickstoff beobachteten
                              									Erscheinungen rühren anscheinend nicht vom Bor sondern vom Stickstoff her; denn
                              									andere Borverbindungen zeigen die Erscheinungen nicht, wohl aber verschiedene andere
                              									Nitride, wie z.B. das Urannitrid. Es steht zu vermuten, daß der Stickstoff oder
                              									einer seiner Begleiter die Strahlung hervorruft. Es wurden ja auch schon mehrfach
                              									Beziehungen des Stickstoffs zu radioaktiven Erscheinungen festgestellt
                           Die Aussendung dunkler Strahlen tritt beim Borstickstoff schon bei gewöhnlicher
                              									Temperatur ein. Wird der Stoff in einer nicht leuchtenden Bunsenflamme zum
                              									Aufleuchten gebracht, so verstärkt sich die Strahlung ganz außerordentlich. Das
                              									Erglühen des Stoffes kann hierbei keine Rolle spielen, denn die Erscheinung hört
                              									auf, sobald der Glühzustand erreicht ist. Die Strahlen sind photographisch wirksam
                              									und besitzen eine Reichweite von etwa 15 cm. Veränderungen der photographischen
                              									Platte treten nach etwa 22½ Minuten ein; um jedoch ein kräftiges Bild zu erhalten,
                              									sind etwa 4 Stunden Expositionszeit notwendig. [Physikalische Zeitschrift, 1911, Nr.
                              									22 und 23.]
                           ––––––––––
                           Ein gepanzertes Beobachtungsflugzeug für die Artillerie
                              									hatten die Haefelin-Flugzeugwerke auf der „ALA“
                              									ausgestellt. Dasselbe ist ein Eindecker und gewährt nur Platz für eine einzige
                              									Person, da der 100 kg schwere Nickelstahlpanzer das sehr klein gebaute Flugzeug
                              									schon derart belastet, daß die Mitnahme eines weiteren Passagiers sich nicht gut
                              									erreichen ließ. Zum Antrieb dient ein 55 PS-Motor, der dem Flugzeug eine bedeutende
                              									Schnelligkeit verleihen soll. Die sämtlichen Teile sind leicht und schnell
                              									demontierbar, jedoch in der Weise, daß die Hauptteile beim Transport zusammenbleiben
                              									können. Die Flügelspannweite ist so knapp bemessen und der Apparat im ganzen so
                              									leicht (350 kg), daß eine einzige Person imstande ist, das Flugzeug mit dem Schwanz
                              									voraus eine kurze Strecke auf einer normalen Chaussee zu ziehen, auch wenn dieselbe
                              									beiderseitig mit Bäumen bepflanzt sein sollte.
                           Der Vorderteil des Flugzeugs wird von einem außerordentlich kräftigen U-förmigen
                              									Stahlrahmen gebildet, in welchem sich Motor, Brennstoffbehälter und Führersitz
                              									befinden. Das Fahrgestell besteht aus einer sehr soliden Stahlrohrkonstruktion,
                              									und die wenigen Verspannungen sind in mehrfacher sehr solider Ausführung vorhanden.
                              									Der Schaft des Flugzeuges besteht ebenfalls aus Stahlblech von U-förmigem oben
                              									offenem Querschnitt, und nimmt die Drahtseile für die Seiten- und Höhensteuerung in
                              									sich auf. Die letzteren sind dadurch vor Beschädigungen geschützt und können
                              									jederzeit leicht revidiert werden. Das am Schwanzende befindliche Höhensteuer ist
                              									Halbkreisförmig ausgebildet, wohingegen die Dämpfungsflächen und Seitensteuer
                              									dreieckige Form besitzen. Die Flügel können zum Zwecke der Schrägsteuerung ihrer
                              									ganzen Länge nach verwunden werden. Der Mittelrahmen besitzt vogelkörperähnliche
                              									Gestalt und ist mit 2 mm starken Nickelstahlplatten gepanzert, welche völlige
                              									Sicherheit gegen feindliches Infanteriefeuer auf Entfernungen über 350 m gewähren,
                              									was gleichfalls ausgestellte Beschußproben zur Evidenz bewiesen.
                           ––––––––––
                           Eine patentrechtliche Entscheidung des Reichsgerichts, das
                              									für Käufer von Patentlizenzen von großem Interesse sein dürfte, wurde im vergangenen
                              									Jahr gefällt. Der zur Verhandlung stehende Tatbestand war kurz folgender: Kläger
                              									hatte vom Beklagten das Patent auf eine Erfindung erworben, die nach den Angaben des
                              									Verkäufers einen Ersatz für Guttapercha bilden sollte. In der bezüglichen
                              									Patentschrift war ausdrücklich gesagt, das neue Produkt weise „alle
                                 										Eigenschaften“ des Guttapercha auf. Später stellte sich heraus, daß der
                              									Guttaperchaersatz zwar die Festigkeit und Elastizität des Guttapercha besitze, nicht
                              									aber seine Haltbarkeit und Dauerhaftigkeit, und der Käufer sah sich daher veranlaßt,
                              									gegen den Verkäufer auf Rückgängigmachung des Patentkaufes zu klagen.
                           Vom Reichsgericht wurde die Klage abgewiesen. Der Kauf eines Patents, so entschied
                              									der höchste Gerichtshof, ist im allgemeinen ein recht gewagtes Geschäft, der Käufer
                              									kann in der Regel den Verkäufer nicht auf Gewährleistung in Anspruch nehmen, weil
                              									sich die Erfindung als nicht brauchbar oder als nicht nutzbringend verwertbar
                              									erweist. Dieser Grundsatz hat auch auf den vorliegenden Fall Anwendung zu finden.
                              									Der Beklagte hat dem Kläger besondere Zusagen bezüglich der Eigenschaften des
                              									Guttaperchaersatzes gar nicht gemacht. Wenn der Kläger die Worte in der
                              									Patentschrift, das Produkt weise „alle Eigenschaften des Guttapercha“ auf, so
                              									verstanden hat, das neue Produkt sei völlig identisch mit Guttapercha, so ist er
                              									eben in einem Irrtum gewesen, für den der Beklagte nicht verantwortlich zu machen
                              									ist; hätte er die Beschreibung des Patents aufmerksam gelesen, so würde er die darin
                              									enthaltene Erklärung gefunden haben, daß unter „alle Eigenschaften“ lediglich
                              									zu verstehen sei, das neue Produkt sei „fest elastisch und einer Vulkanisation
                                 										nicht bedürftig“. Wenn es dem Kläger darauf ankam, daß das neue Produkt auch
                              									noch weitere Eigenschaften besitze, so hätte er sich eine diesbezügliche förmliche
                              									Zusage machen lassen müssen. Das aber hat er nicht getan. [Entscheidg. des
                              									Reichsgerichts vom 10. Juni 1911.]
                           ––––––––––
                           
                           Die diesjährige Hauptversammlung des Vereines deutscher
                                 										Ingenieure findet vom 10. bis 12. Juni in Stuttgart statt. Die reichhaltige
                              									Tagesordnung umfaßt neben der Erledigung geschäftlicher Angelegenheiten und der
                              									Besichtigung industrieller Werke eine Reihe wissenschaftlicher Vorträge, die das
                              									allgemeine Interesse beanspruchen. So wird der Abteilungschef im Reichsmarineamt,
                              									Wirkl. Geh. Oberbaurat Dr.-Ing. h. c. R. Veith einen
                              									Ueberblick über die neueren deutschen Kriegsschiffstypen geben. Geh. Regierungsrat
                              									Prof. Kammerer von der Technischen Hochschule Berlin wird
                              									in einem durch Beispiele erläuterten Vortrag die Verwendung des Kinematographien im
                              									Interesse der Wissenschaft und Technik behandeln. Die Aufgaben und die Tätigkeit des
                              									Ingenieurs in unseren Kolonien werden von Geh. Oberbaurat Schmick-München einer sachkundigen Betrachtung unterzogen werden, während
                              									Prof. Widmaier von der Technischen Hochschule Stuttgart
                              									über die Industrie Württembergs sprechen wird. Die Vorträge des dritten
                              									Sitzungstages betreffen die gerade in neuerer Zeit besonders betonten Beziehungen
                              									zwischen Kunst und Technik sowie zwischen Technik und gesundheitlicher Fürsorge. Es
                              									werden Prof. Peter Behrens-Berlin und
                              									Regierungsbaumeister K. Bernhard-Berlin über den modernen
                              									Fabrikbau in ästhetischer und technischer Beziehung sprechen. Hieran schließt sich
                              									der Vortrag von Dr. F. Quinke-Leverkusen über moderne
                              									sozialhygienische Einrichtungen für industrielle Werke.