| Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. | 
| Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 381 | 
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                        POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Mit dem Stapellauf des Turbinen-Schnelldampfers
                                 											„Imperator“, welcher am 23. Mai d. J. auf der Vulkanwerft in Hamburg in Anwesenheit Sr. Majestät des
                              									Kaisers stattfand, wurde das bisher größte Passagierschiff der Welt seinem Element
                              									übergeben.
                           Das im Auftrage der Hamburg-Amerika-Linie erbaute Schiff
                              									hat eine Länge von 268 m bei einer Breite von etwa 29 m sowie einen Bruttoraumgehalt
                              									von 50000 R.-T.
                           Noch vor Abschluß des Baues und der Erprobung des neuen Fahrzeuges hat die
                              									gleiche Reederei zwei weitere Schiffe ähnlicher Art bei der Werft von Blohm & Voß in Hamburg bestellt.
                           Daß der „Imperator“ mit den neuesten Errungenschaften der Technik in bezug auf
                              									Sicherheit und Bequemlichkeit der Passagiere ausgestattet werden wird, bedarf kaum
                              									der Erwähnung. Mit dem Vorbehalt, daß darüber später nach Fertigstellung des Fahrzeuges Näheres
                              									berichtet werden soll, seien jetzt schon folgende Mitteilungen gemacht:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 382
                              Fig. 1. Stapellauf des „Imperator“.
                              
                           Die wichtigste Sicherheitsvorkehrung besteht in der Anordnung einer großen Zahl von
                              									Querschotten und mehreren Längsschotten, die sämtlich in einer Höhe von etwa 17 m
                              									bis zum zweiten Deck durchgeführt worden sind, also weit über die Wasserlinie des
                              									volleintauchenden Schiffes hinausragen.
                           Den Verkehr zwischen den vorhandenen sechs Decks vermitteln drei Aufzüge in den
                              									Räumen I. Klasse und ein Aufzug in der II. Klasse.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 382
                              Fig. 2. Der „Imperator“ vor dem Stapellauf (Vorschiff mit
                                 										Taufkanzel).
                              
                           Es sind mehrere sehr geräumige Speisesäle, Rauch- und Gesellschaftssalons vorhanden
                              									und insbesondere noch ein etwa 20 m langes und 12½ m breites Schwimmbad. Sämtliche
                              									Einrichtungen sind auf größere Geräumigkeit zugeschnitten worden. Man hat z.B. ganz
                              									davon Abstand genommen, in der I. Klasse übereinanderliegende Betten zu verwenden;
                              									vielmehr wurden nur frei auf dem Boden stehende Metallbetten vorgesehen. Die Zahl
                              									der Kammern mit nur je einem Bett wird erheblich vermehrt für die Passagiere I.
                              									Klasse sowohl als auch für diejenigen der II. Klasse. Ersteren stehen ferner
                              									drei Promenadendecks zur Verfügung, von denen das oberste vorn und an den Seiten auf
                              									etwa ⅔ der Länge durch große Schiebefenster gegen den Wind geschützt werden
                              									kann.
                           Zur starken Verminderung der Rollbewegungen wurden auf dem „Imperator“
                              									Frahmsche Schlingertanks eingebaut.
                           Bemerkenswert ist ferner, daß das Schiff für etwa 4000 Passagiere in vier Klassen
                              									Raum hat, so daß einschließlich der Besatzung, maximal etwa 5000 Menschen sich an
                              									Bord aufhalten können.
                           Im untersten Schiffsraum befinden sich vorn einige Laderäume, dahinter Kohlenbunker,
                              									ferner vier durch Schotten getrennte Kesselräume und schließlich die
                              									Maschinenräume.
                           Zum Antrieb des Schiffes sind Dampfturbinen gewählt, welche auf vier Wellen etwa je
                              									15000 PS, insgesamt also 60000 PS übertragen sollen. Die beabsichtigte
                              									Geschwindigkeit beträgt rd. 23 Kn., wird aber jedenfalls wesentlich überschritten
                              									werden. Als Kessel dienen nicht Zylinderkessel, sondern Wasserrohrkessel.
                           Der Kiel des „Imperator“ wurde am 18. Juni 1910 gelegt; seine erste Fahrt
                              									nach New York wird das Schiff voraussichtlich im Frühjahr 1913 antreten können. Das
                              									Ablaufgewicht beim Stapellauf betrug etwa 26000 t.
                           Fig. 1 und 2 geben
                              									Aufnahmen während des Stapellaufs wieder. Fig. 1
                              									zeigt das von der Helling zum größten Teile bereits abgelaufene Schiff, während in
                              										Fig. 2 das Vorschiff mit der Taufkanzel vor dem
                              									Ablauf dargestellt ist.
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                           Ueber die Herkunft und Gewinnung des Steinkohlenteers und
                              									seine Verwendung zum Imprägnieren von Eisenbahnschwellen machte Baurat Matthäi auf der Versammlung des Vereins für
                              									Eisenbahnkunde zu Berlin am 12. September 1911 eingehende Mitteilungen, welchen wir
                              									(nach Glasers Annalen für Gewerbe und Bauwesen) das
                              									Folgende entnehmen:
                           Bis zum Jahre 1880 wurde der Steinkohlenteer nur als Nebenprodukt bei der
                              									Leuchtgasfabrikation gewonnen, seitdem man aber dazu überging, Koks in geschlossenen
                              									Oefen herzustellen, wird Teer in großen Mengen als Nebenprodukt der
                              									Kokerei-Industrie erzeugt, indem die bei dem Kokereiprozeß entweichenden Gase auf
                              									Teer und Ammoniak und seit 1890 auch auf Benzol verarbeitet werden.
                           Die Teerindustrie ist von Dr. Anderson in Edinburgh
                              									begründet, der anfangs der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts durch
                              									Destillation von Teer das Benzol herstellte, das sich zur Auflösung des Gummis
                              									verwenden ließ.
                           Als Begründer der Teerölindustrie im heutigen Sinne hat indessen der Deutsche Julius Rütgers zu gelten, der 1860 die erste größere
                              									Teerdestillation errichtete. Der Steinkohlenteer ist eigentlich ein Gemenge sehr
                              									vieler Kohlenwasserstoffe (nahezu 400), die durch fraktionierte Destillation und
                              									chemische Reinigungsprozesse einzeln abgeschieden werden können.
                           Die Herstellung dieser verschiedenen Teerprodukte geschieht in der Weise, daß der
                              									Teer in großen schmiedeeisernen Retorten erhitzt wird, bis sich flüchtige Dämpfe
                              									daraus entwickeln, welche durch lange Kühlschlangen geleitet und hierbei wieder zu
                              									flüssigem Teeröl kondensiert werden.
                           Kühlt man diese Oele weiter ab, so scheiden sich zunächst Naphtalin und Anthracen als
                              									feste Bestandteile aus. Dieselben werden abfiltriert bezw. abgepreßt und dann
                              									weiteren Reinigungsprozessen unterworfen. Das zurückbleibende Teeröl ist von
                              									schwarzer Farbe und mehr oder weniger dickflüssig, Es enthält meist größere Mengen
                              									Ruß, der, falls das Teeröl zu Imprägnierzwecken verwendet werden soll, entfernt
                              									werden muß, da Ruß die Poren des Holzes verstopfen würde.
                           Aus 100 kg Kohle lassen sich je nach den Eigenschaften derselben und der
                              									Verarbeitungsweise 4 bis 5 kg roher Steinkohlenteer gewinnen. Die Bestandteile des
                              									Teers lassen sich in folgenden Hauptgruppen unterbringen:
                           
                              1. Neutrale Kohlenwasserstoffe (diese bilden die vorwiegenden
                                 										Bestandteile);
                              2. Basische Stoffe (Pyridinbasen), die zum Denaturieren
                                 										von Spiritus benutzt werden;
                              3. Saure Stoffe (Karbolsäure und karbolsäureartige
                                 										Stoffe).
                              
                           Die in der ersten Gruppe aufgeführten Stoffe sind unlöslich in Säuren, Alkalien und
                              									Wasser, die in der zweiten Gruppe lassen sich in Wasser und Säuren, nicht aber in
                              									Alkalien lösen, die in der dritten Gruppe endlich sind in Wasser und Alkalien, nicht
                              									aber in Säuren löslich.
                           Die Zerlegung des Teers in seine verschiedenen Bestandteile läßt sich auch, wie oben
                              									erwähnt, durch fraktionierte Destillation erreichen. Die Stoffe mit dem höchsten
                              									Siedepunkt (das Pech) können nicht mehr verflüchtigt werden, sondern machen bei
                              									weiterem Erhitzen eine chemische Zersetzung durch, wobei als Hauptprodukt Koks
                              									entsteht. Man treibt deswegen die Destillation nie soweit, sondern läßt das im
                              									Kessel sich ansammelnde flüssige Pech einfach ablaufen. Die Destillation wird in
                              									folgende sechs Fraktionen zerlegt, die für sich aufgefangen werden:
                           
                              1. Steinkohlenteerbenzin bis etwa 75° C,
                              2. Benzol und Homologe von 78° bis etwa 150°.
                              3. Leichtöl von 150° bis 200°,
                              4. Mittelöl von 200° bis 250°,
                              5. Schweröl von 250° bis 350°,
                              6. Rückstände (Pech).
                              
                           Die einzelnen Gruppen lassen sich naturgemäß nicht scharf trennen und enthalten stets
                              									noch Bestandteile der vorhergehenden und der folgenden Gruppe.
                           Für die Holzimprägnierung können nur solche Oele verwendet werden, die bei
                              									gewöhnlicher oder etwas erhöhter Temperatur nicht verdunsten. Daher können nur die
                              									Oele von Gruppe 4 ab und höchstens noch ein Teil von Gruppe 3 verwendet werden.
                           In den Gruppen 2, 3 und 4 finden sich die Pyridinbasen, sowie die Säuren
                              									(Karbolsäure) und die Hauptmenge des Naphthalin, welches zum großen Teil beim
                              									Abkühlen von 2, 3 und 4 ausgeschieden wird. Beim Abkühlen von 5 scheidet sich ein
                              									Teil des Anthracens aus. Die Karbolsäuren können durch Behandlung mit Natronlauge
                              									ausgefällt werden. Nachdem die erwähnten Stoffe ausgeschieden sind, werden die
                              									rückständigen Oele gemischt, wodurch das eigentliche Imprägnieröl erhalten wird, das
                              									zum allergrößten Teile aus neutralen Kohlenwasserstoffen und nur zu 6 v. H. aus
                              									karbolartigen Stoffen besteht.
                           Die Karbolsäure spielt nämlich keine bedeutsame Rolle in der Konservierung des
                              									Holzes. Sie ist im Wasser löslich und auswaschbar, verdunstet und verharzt leicht.
                              									Die Konservierung des Holzes ist vielmehr den schwer verdunstbaren, feste
                              									Kohlenwasserstoffe enthaltenden Oelen zuzuschreiben, welche die Poren des Holzes
                              									ausfüllen und undurchlässig machen. Das zum Imprägnieren verwendete Oel soll so
                              									zusammengesetzt sein, daß bei der Destillation von 150° bis 235° C höchstens 25 v.
                              									H. übergehen. Der Gehalt an saueren Bestandteilen, die in Natronlauge vom spez.
                              									Gewicht 1,15 sich lösen, muß mindestens 6 v. H. betragen. Bei 15° C soll das Oel ein spez. Gewicht
                              									von 1,04 bis 1,15 besitzen; bei 40° C muß es eine vollkommen klare Flüssigkeit
                              									bilden. Beim Vermischen mit gleichen Raumteilen von kristallisierbarem Benzol muß es
                              									klar bleiben, ohne mehr als Spuren ungelöster Körper auszuscheiden. Auf
                              									Filtrierpapier darf das Oel keine Rückstände hinterlassen. Der Aufsichtsbeamte
                              									hat das zu verwendende Oel vorher genau zu untersuchen und im Zweifelsfalle der
                              									Chemischen Versuchsanstalt in Berlin einzusenden. Von den Proben wird je ½ l ein
                              									halbes Jahr lang aufbewahrt.