| Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. | 
| Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 416 | 
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                        POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Neuer Rumpler-Eindecker. Anläßlich des zweiten
                              									Zuverlässigkeitsfluges am Oberrhein und des Fluges Berlin-Wien hat ein ganz neuer
                              									von Oberingenieur Hellmuth Hirth gesteuerter Flugzeugtyp,
                              									der Rumpler-Eindecker, welcher die beste Gesamtleistung
                              									erzielte und daher auch als siegendes Flugzeug aus dem Wettbewerb hervorging, seine
                              									Ueberlegenheit über alle anderen Flugzeuge bezüglich Geschwindigkeit und
                              									Zuverlässigkeit einwandfrei erwiesen. Das Flugzeug (Fig.
                                 										1), das bereits bei diesem seinem ersten Fluge eine so maßgebende Probe
                              									seiner Flugtüchtigkeit bewiesen hat, ist auf modernster
                              									flugtechnisch-wissenschaftlicher Grundlage von Ingenieur E. Rumpler, dem Direktor der gleichnamigen Firma, nach seinen bei früheren
                              									flugtechnischen Arbeiten gesammelten-praktischen Erfahrungen in mehr als
                              									siebenmonatlicher Arbeit konstruiert und erbaut worden. Das neue Flugzeug, welches
                              									zur Unterscheidung von der alten Type der Rumpler-Taube
                              									von der Firma unter der Bezeichnung Rumpler-Eindecker
                              									herausgebracht wird, soll in Folgendem beschrieben werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 415
                              Fig. 1.
                              
                           Der Rumpf des Flugzeuges ist entgegen den meisten üblichen Konstruktionen, die aus
                              									einem Gitterträger rechteckigen und dreieckigen Querschnitts bestehen, aus Ringen
                              									zusammengesetzt. Die Ringe, die nach einem besonderen geschützten Verfahren
                              									hergestellt sind, besitzen eine ganz hervorragende Festigkeit. Durch gesetzmäßige
                              									Abstufung der Durchmesser und entsprechende Wahl der Entfernungen der einzelnen
                              									Ringe, die durch Längshölzer und entsprechende Verspannung unverrückbar festgelegt
                              									sind, wird ein spindelförmiger Körper gebildet, der vollkommen mit Aeroplanstoff
                              									bekleidet ist und in seinem Innern reichlich Platz für drei Personen bietet.
                              									Die spindelförmige Form des Rumpfes, in dessen Achse die Motorwelle liegt, stellt
                              									mit geringer Abweichung einen Rotationskörper dar, der auf geringsten Luftwiderstand
                              									berechnet ist.
                           An den Rumpf setzen sich mit allseitig in großen Bogen abgerundeten Hohlkehlen die
                              									Tragflächen an, welche speziell nach den neuesten praktischen Erfahrungen ausgeführt
                              									sind, die durch Studien an den erfolgreichsten französischen Eindeckern gesammelt
                              									wurden.
                           Bezüglich Formenschönheit lehnen sich die Tragflächen des Rumpler-Eindeckers an diejenigen der Rumpler-Taube an. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrer Konstruktion
                              									grundsätzlich von ihnen. Während bei der Rumpler-Taube
                              									nur die Flügelspitzen in der von Etrich angegebenen Weise
                              									auf- und abwärts bewegt werden, werden bei dem neuen Rumpler-Eindecker die ganzen Flügel verwunden, und zwar in der Weise, daß
                              									der ganze hintere Flügelquerträger um eine in der Längsrichtung des Flugzeuges
                              									liegende Achse schwingt. Die unter den Tragdecken der Rumpler-Taube befindlichen Tragbrücken sind weggelassen. Die Festigkeit
                              									der Flügel ist vielmehr durch die entsprechend hohe und starke Konstruktion der
                              									Spanten selbst erzielt. Die Verspannung der Flügel gegenüber dem Fahrgestell und dem
                              									über dem Flugzeug befindlichen Tragturm des Flugzeuges ist an jeder Seite durch nur
                              									vier Drahtseile zuverlässig erzielt und ist auch in dieser Beziehung in
                              									hervorragender Weise für die Herabminderung des Luftwiderstandes Sorge getragen
                              									worden.
                           Das Fahrgestell besteht aus vier kräftigen Streben, die sich oben gegen die
                              									Tragflächen und seitwärts gegen den Körper stützen. Sie sind unten durch autogen
                              									geschweißte Bügel verbunden. Das Fahrgestell besitzt eine durchgehende Achse, die
                              									aus einem geraden Stahlrohr besteht, das an beiden Enden freitragend kräftige
                              									Pneumatikräder besitzt. Achse und Fahrgestellstreben sind durch Gummiringfederung
                              									miteinander verbunden und stellen in Hinsicht auf geringen Luftwiderstand das
                              									denkbar einfachste dar.
                           Bezüglich der Steuerung haben sich im allgemeinen feste Formen eingebürgert die auch
                              									bei dem Rumpier-Eindecker beibehalten wurden. Die Betätigung des Höhensteuers, das
                              									sich schwalbenschwanzförmig hinten an den spindelförmigen Rumpf angliedert und mit
                              									dem Körper selbst durch Charniere verbunden ist, geschieht durch einen Schwinghebel.
                              									Die Querstabilität wird wie üblich durch Verdrehen eines Handrades, das am
                              									Schwinghebel angebracht ist, bewirkt. Die Flügel werden beim Rumpler-Eindecker in sich in der Weise verspannt, daß der vordere Träger
                              									der Tragflächen fest, der rückwärtige jedoch beweglich ist. Die Seitensteuerung
                              									erfolgt durch Pedale und entspricht einem Treten mit dem rechten Fuße eine
                              									Rechtskurve, einem Treten mit dem linken Fuße eine Linkskurve, was als
                              									unwillkürliche Bewegung zur Erzielung der gewünschten Kurve bezeichnet werden kann.
                              									Genau so wie bei der Rumpler-Taube stellt der Rumpler-Eindecker bezüglich seiner Steuerung an seinen
                              									Führer in physischer Hinsicht sehr geringe Ansprüche, so daß er in der Lage ist, der
                              									schwierigsten Windverhältnissen Herr zu werden, und die Strapazen eines Fluges mit
                              									Leichtigkeit zu ertragen. Dies wurde auch durch den Zuverlässigkeitsflug am
                              									Oberrhein und durch den Flug Berlin–Wien offenkundig bewiesen. Durch die Einfachheit
                              									des Fahrgestelles sowie durch die äußerst einfache Verspannung der Tragdecken ist
                              									die Montage des Flugzeuges außerordentlich erleichtert.
                           Nach den großen Erfolgen, den dieses jüngste Erzeugnis der Rumplerwerke bereits erzielt hat, tritt es bei den kommenden Wettbewerben
                              									als aussichtsreicher Konkurrent in die Reihe der beteiligten Flugzeuge, und kann man
                              									mit Recht auf die weiteren Ergebnisse seiner Flüge gespannt sein.