| Titel: | DAS EINZIEHEN VON FERNSPRECHKABELN UND DIE DABEI BENUTZTEN WINDEN. | 
| Autor: | Kasten | 
| Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 425 | 
| Download: | XML | 
                     
                        DAS EINZIEHEN VON FERNSPRECHKABELN UND DIE DABEI
                           								BENUTZTEN WINDEN.
                        Vom Postbauinspektor Kasten in
                           									Berlin.
                        (Schluß von S. 406 d. Bd.)
                        KASTEN: Das Einziehen von Fernsprechkabeln und die dabei benutzten
                           								Winden.
                        
                     
                        
                           Den gleichen Grundgedanken der Teilung der Winde in eine den eigentlichen
                              									Seilzug ausübende Spillwinde und eine das Seil straffhaltende und aufwickelnde
                              									Seilwinde, wie sie zuerst bei der Winde von Weiler zur
                              									Ausführung gekommen ist, zeigt auch die im Jahre 1906 von den Siemens-Schuckertwerken gelieferte Winde mit elektrischem Antrieb, nur
                              									sind bei ihr, da sie in erster Linie für den Transport mittels Zugtiere bestimmt
                              									ist und es auf geringes Gewicht der Einheit nicht so sehr ankommt, beide Winden
                              									in einem Gestell vereinigt.
                           Daß der elektrische Antrieb. sich infolge seiner unübertroffenen Regulierfähigkeit
                              									für den Antrieb von Kabelwinden besonders eignet, liegt auf der Hand; die
                              									Schwierigkeit liegt jedoch in der Beschaffenheit der elektrischen Energie. Man
                              									dachte zuerst daran, den Strom der Oberleitung der elektrischen Straßenbahn zu
                              									entnehmen, mußte jedoch diesen Plan wieder aufgeben, da es nicht gelang, einen auf der
                              									Oberleitung zu befestigenden Kontakt so herzustellen, daß eine Störung des
                              									Straßenbahnverkehrs vollkommen ausgeschlossen erschien. Ueberdies mußte man mit
                              									einer Benutzung der Winde auch in Straßen ohne elektrische Straßenbahn rechnen. Da
                              									ein unmittelbarer Antrieb der Winde wegen der geringen Regulierfähigkeit und des
                              									ungleichmäßigen Ganges der damals auf dem Markt befindlichen Benzinmotoren nicht
                              									ratsam erschien, so wurde der Strom einer besonderen fahrbaren Kraftstation
                              									entnommen.
                           Die Winde setzt sich demnach aus der fahrbaren Kraftstation und der ebenfalls fahrbar
                              									eingerichteten Kabelwinde zusammen.
                           Die in ihren Einzelheiten keine Besonderheiten bietende Kraftanlage besteht aus einem
                              									Benzinmotor, der nach Art der Bootsmotore für Dauerbetrieb eingerichtet ist, mit
                              									einer Leistung von 6 PS, und einer mit ihm unmittelbar gekuppelten Dynamo von 25
                              									Amp. bei 220 Volt. Die gesamte Einrichtung, zu der noch die erforderlichen 1
                              									Nebenteile, wie der Kühler, das Benzingefäß usw. gehören, sind ebenso wie die Winde
                              									auf ein abgefedertes, mit hohen Rädern versehenes Wagengestell gesetzt, das mit
                              									Pferden bespannt wird und sich daher auch für den Transport über längere Strecken
                              									eignet. Die Deichseln sind auswechselbar, damit die Fahrzeuge im Notfall auch von
                              									Arbeitern fortbewegt werden können.
                           Der Antriebsmotor der Kabelwinde leistet bei einem Wirkungsgrad von rd. 80 v. H. rd.
                              									3 PS bei 220 Volt und 1200 Umdr. i. d. Min., die sich in 13 Stufen bis auf 120
                              									ermäßigen lassen.
                           Die vordere Spilltrommel ist mit dem Antriebsmotor durch ein Schneckengetriebe
                              									verbunden, zwischen Motor und Schneckentrieb ist eine Kupplung eingeschaltet, deren
                              									Umfang als Bremsscheibe ausgebildet ist. Die weitere Uebersetzung erfolgt durch drei
                              									Stirnräderpaare, mit deren Hilfe sich bei gleichbleibender Umdrehungszahl des Motors
                              									Seilgeschwindigkeiten von 2, 4 und 6 m/Min, bei einer entsprechenden Seilspannung
                              									von 2000, 1000 und 500 kg erzielen lassen. Durch Aenderung der Umdrehungszahl des
                              									Motors lassen sich auch die Seilgeschwindigkeiten in weiten Grenzen abstufen, so daß
                              									Geschwindigkeiten in den Grenzen von 0,2 bis zu 8 m zur Verfügung stehen. Während
                              									die Spilltrommel mit dem Motor starr verbunden ist, ist in den Antrieb der
                              									Wickeltrommel, die das sich vom Spill abwickelnde Seil aufzunehmen hat, eine
                              									nachgiebige Reibungskupplung eingeschaltet. Diese ist erforderlich, weil der
                              									Durchmesser, um den sich das Seil aufwickelt, mit der Zahl der aufgewickelten Lagen
                              									zu nimmt.
                           Vor dem Spill ist ein Dynamometer eingeschaltet, das eine genaue Einstellung des
                              									größten Seilzuges ermöglicht. Sobald dieser überschritten wird, wird der Strom
                              									ausgeschaltet und eine Bremse betätigt, so daß das Schwungmoment des Getriebes dem
                              									Kabel nicht gefährlich werden kann.
                           Mit dieser Winde sind im allgemeinen gute Erfahrungen gemacht worden, ein besonders
                              									in engen Straßen
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 425
                              Fig. 9. Kabelwinde mit Benzinmotor von Weiler. Windwerk.
                              
                           
                           fühlbarer Mangel war jedoch die Teilung in zwei
                              									Fahrzeuge, wie dies vorauszusehen war.
                           Nachdem dann die Entwicklung des Benzinmotors soweit fortgeschritten war, daß man
                              									ohne Bedenken den elektrischen Teil fortlassen und den Benzinmotor an Stelle des
                              									Elektromotors zum unmittelbaren Antrieb der Winde benutzen konnte, wurde die in Fig. 9 dargestellte Winde mit Antrieb durch einen
                              									Blockmotor der Firma Breuer & Co. in Höchst a. M. bei
                              									der Firma Eduard Weiler, Maschinenfabrik, in Berlin in
                              									Auftrag gegeben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 426
                              Fig. 10. Dynamometer zur Kabelwinde von Weiler.
                              
                           Der Motor ist in Anlehnung an den Aufbau der Kraftfahrzeuge über der Vorderachse
                              									angeordnet. Um ein ganz langsames und stoßfreies Anziehen zu erreichen, ist zwischen
                              									dem Windwerk und dem Motor ein Reibradgetriebe eingeschaltet, das ein allmähliches
                              									Vergrößern und Verringern der Seilgeschwindigkeit gestattet. Damit wird erreicht,
                              									daß das Seil und das Kabel während des Einziehens nicht zur Ruhe kommt. Beim Bewegen
                              									schwerer Lasten und Ueberwinden großer Widerstände ist hierauf besonderer Wert zu
                              									legen, weil beim Ueberwinden des Ruhezustandes erhebliche Kräfte aufzuwenden sind,
                              									die die Festigkeit des Kabels gefährden. Es kann also entsprechend der Zunahme des
                              									Widerstandes die Einziehgeschwindigkeit ohne Anhalten verringert werden, während die
                              									elektrisch angetriebene Winde zum Umschalten der Uebersetzung, soweit sie nicht
                              									durch Regelung der Umlaufzahl des Motors zu erzielen ist, stillgesetzt werden
                              									muß.
                           Das Getriebe hat sich in nunmehr vierjähriger Betriebszeit gut bewährt. Das
                              									Windwerk besteht ebenso wie das der elektrisch betriebenen Winde aus einer
                              									Spillwinde und einer Trommelwinde. Der Antrieb des Spills S ist wegen der großen Zahndrücke auf zwei Stirnräder verteilt. Während
                              									das Spill wegen der tiefen Lage des Zugseils möglichst tief angeordnet ist, liegt
                              									die Wickeltrommel T im oberen Teil hinter dem Bocksitz.
                              									Ihr Antrieb erfolgt durch eine Gelenkkette unter Einschaltung einer
                              									Reibungskupplung, deren Notwendigkeit im früheren begründet ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 426
                              Fig. 11. Aeußere Ansicht der Weilerschen Kraftwinde während der Arbeit.
                              
                           Das Dynamometer, dessen Konstruktion der Fig. 10 zu
                              									entnehmen ist, wirkt auf die Drosselklappe des Motors. Es besteht im wesentlichen
                              									aus einer in Schlitzen verschiebbar gelagerten Rolle a,
                              									die durch ein Gestänge mit einem Hebelsystem verbunden ist.
                           Der obere, mit d in der Fig.
                                 										10 bezeichnete Hebel, auf dem das Laufgewicht p verschiebbar angeordnet ist, dient zum Einstellen kleinerer Zugkräfte,
                              									die größeren Zugkräfte bis zu 3000 kg werden durch Verschieben eines Laufgewichts
                              									auf dem unteren Hebel f eingestellt.
                           Die Wirkungsweise des Dynamometers ist folgende: Durch den Seilzug k wird die Rolle a nach
                              									unten bewegt; sie zieht den Hebel b, der in c gelagert ist, nach unten und bewegt den Wagebalken
                              										d nach oben, der mittels Zugstange l einen zweiten Wagebalken f um den Punkt g dreht, so daß der mit ihm
                              									starr verbundene Hebel nach rechts ausschlägt und mittels der Zugstange i durch ein Winkelhebelsystem auf die Drosselklappe des
                              									Benzinmotors einwirkt. Zur Vermeidung von Schwankungen ist die Dämpfung e vorgesehen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 427
                              Fig. 12. Kraftkabelwinde von Siemens & Halske.
                              
                           Die Leistungen und Hauptabmessungen der in Fig. 11 in
                              									der äußeren Ansicht dargestellten Winde sind folgende:
                           1. Die Einziehgeschwindigkeit beträgt bei einem Seilzug
                           
                              
                                 von
                                 3000
                                 kg
                                 2
                                 m
                                 
                              
                                 „
                                 1500
                                 „
                                 4
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 1000
                                 „
                                 6
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                   800
                                 „
                                 8
                                 „
                                 
                              
                           2. Die Hauptabmessungen sind:
                           
                              
                                 a)
                                 Größte
                                 Länge
                                 3,2
                                 m
                                 
                              
                                 b)
                                 „
                                 Breite
                                 1,0
                                 „
                                 
                              
                                 c)
                                 „
                                 Höhe
                                 1,65
                                 „
                                 
                              
                           3. Das Gewicht beträgt 2300 kg.
                           4. Der Benzinmotor leistet bei 1200 Umdrehungen in der
                              									Minute 9 PS bei einer Bohrung von 75 mm und einem Hub von 85 mm. Mit Rücksicht auf
                              									den geforderten ruhigen Gang ist ein vierzylindriger Motor gewählt.
                           Die mit dem direkten Benzinantrieb des Windwerks gemachten Erfahrungen waren so
                              									günstige, daß ein Umbau der früher beschriebenen elektrisch betriebenen Winde
                              									vorteilhaft und aussichtsreich erschien.
                           Fig. 12 zeigt die frühere elektrische Winde in ihrer
                              									äußeren Ansicht nach dem Umbau. Die Konstruktion ist nur insofern geändert, als an
                              									Stelle des Elektromotors ein vierzylindriger Protos-Motor
                              									der Siemens-Schuckertwerke eingebaut worden ist, der bei
                              									einer Bohrung von 78 mm, einem Hub von 110 mm und 1000 Umdrehungen rd. 12 PS
                              									leistet. Für den Antrieb reicht eine Leistung von etwa 3 bis 4 PS vollständig aus,
                              									die hohe Leistung des Motors ist nur durch die vier Zylinder bedingt, da kleinere
                              									vierzylindrige Motoren nicht hergestellt werden und ein Vierzylindermotor für den
                              									vorliegenden Verwendungszweck den Vorzug eines sehr gleichmäßigen Drehmoments und
                              									guter Regulierfähigkeit hat.
                           Ein langsames, stoßfreies Einschalten des Windwerks sowie die Umsteuerung wird durch
                              									ein mit einer Reibungskupplung vereinigtes Wendegetriebe erzielt. Mit den
                              									beschriebenen Winden wird die Entwicklung der Kabelwinden nicht abgeschlossen sein;
                              									man wird vielmehr versuchen müssen, der Anforderung des gedrungenen Zusammenbaues
                              									bei Winden mit Kraftantrieb dadurch noch mehr nachzukommen, daß durch geeignete
                              									Ausbildung des Windwerks das Spill entbehrlich gemacht wird. Die Schwierigkeit der
                              									Aufgabe liegt darin, daß ein gleichmäßiges Aufwickeln von mehreren Lagen des
                              									Zugseils übereinander mit den sonst üblichen selbsttätigen Vorrichtungen nicht zu
                              									erreichen ist, daß aber auf ein Betätigen der Seilführung mit der Hand mit Rücksicht
                              									auf den schnellen Fortgang der Einzieh-Arbeit verzichtet werden muß.