| Titel: | ÜBER DAS ERDÖL. | 
| Autor: | F. Romberg | 
| Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 565 | 
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                        ÜBER DAS ERDÖL.
                        Im Zusammenhang mit seiner maschinentechnischen
                           								Verwendung.
                        Von F. Romberg,
                           									Charlottenburg.
                        (Fortsetzung von S. 551 d. Bd.)
                        ROMBERG: Ueber das Erdöl.
                        
                     
                        
                           Etwas später als in Amerika begann die industrielle Entwicklung der
                              									Oelverarbeitung im russischen Kaukasus. Schon in den fünfziger Jahren des vorigen
                              									Jahrhunderts hatte Moldenhauer, ein Assistent Liebigs, den dieser dem russischen Baron Thornau auf seinen Wunsch zur Verfügung stellte, in Baku
                              									eine Fabrik eingerichtet, um aus Abfällen asphaltähnlicher Natur Leuchtöle zu
                              									gewinnen. Weil die Ausbeute zu gering und das Produkt als Leuchtmaterial unbrauchbar
                              									war, schlug das Unternehmen fehl und sollte bereits endgültig aufgegeben werden, als
                              									der Chemiker Eichler, der an Moldenhauers Stelle getreten war, auf Grund seiner Laboratoriumsversuche
                              									die Verarbeitung von Rohnaphtha empfahl. Diesmal war der Erfolg vollständig und über
                              									alle Erwartungen günstig: eine bedeutend größere Ausbeute und ein helles, direkt
                              									marktfähiges Destillat wurden erzielt. So entstand im Jahre 1859 die Bakusche Naphtha-Gesellschaft.
                              									Jedoch befriedigte das erwähnte Produkt nur solange, bis im Jahre 1863 eine
                              									überlegene Konkurrenz erschien, in Gestalt des ersten amerikanischen Oeles, das nach
                              									Rußland gelangte und vollkommen licht und klar war, sowie gut brannte. Dies zwang
                              										Eichler und andere, ihr Erzeugnis durch Reinigung
                              									mittels Schwefelsäure und Soda wesentlich zu verbessern, was nach einigen
                              									Schwierigkeiten, die weniger in der Anwendung als in der Beschaffenheit dieser
                              									Chemikalien begründet waren, auch vollkommen gelang. Langsam wuchs der Erfolg und
                              									allmählich, mit der Wolgagegend beginnend, verdrängte die russische Ware die
                              									amerikanische vom russischen Markt. Noch lag aber die Entwicklung in den Fesseln des
                              									staatlichen Pachtsystems, welches seit 1821, wie gesagt, bestanden hatte. Als dieses
                              									im Jahre 1873 verschwand, war der Zeitpunkt für einen gewaltigen Aufschwung
                              									gekommen. Allerorts wurde mit Erfolg gebohrt, und es entstanden zahlreiche Fabriken
                              									zur Verarbeitung des gewonnenen Oeles, zum Teil in primitivster Form: in Baku
                              									wurden sogar Wohnhäuser in Fabriken umgewandelt. Als sehr hinderlich erwies sich im
                              									Laufe der Zeit noch die Steuer, welche nach Aufhebung des Pachtsystems für das
                              									erzeugte Kerosin vom Staate erhoben wurde. Sie war für die Entwicklung rationeller
                              									Verarbeitung sehr hemmend, weil sie, obwohl schon im Anfang nicht unbeträchtlich,
                              									allmählich gesteigert wurde und namentlich durch die unsinnige Methode der
                              									Verrechnung oft arg belästigend wirkte. Infolgedessen nahm die Ausbreitung der
                              									Industrie im Vergleich zu der amerikanischen keinen sehr raschen Fortgang. Aber
                              									trotz dieser ungünstigen Verhältnisse stieg die Kerosinproduktion während 1870–77
                              									von 6200 t auf 74000 t, während der Import amerikanischen Oeles von 1865–1875
                              									jährlich bis zu 40000 t betrug. Schon im Jahre 1872 begann Ragosin außer Leuchtöl auch Schmieröl nach besonderer Methode zu erzeugen
                              									und damit den Grund zu legen zur eigentlichen Schmierölindustrie, als deren Schöpfer
                              									er zu betrachten ist. Zu wirklicher Bedeutung reifte diese Industrie aber erst mit
                              									dem Beginn der achtziger Jahre heran.
                           War die russische Oelindustrie infolge staatlicher Mißwirtschaft, zielloser
                              									Ueberproduktion, sowie mangels Organisation der Erzeugung und des Absatzes anfangs
                              									der siebziger Jahre, dem amerikanischen Vorbilde entsprechend, einem Zustand
                              									völliger Zerrüttung und Versumpfung nahe, so erwuchs auch ihr zu jener Zeit ein
                              									Retter in der Not. Dies waren die Gebrüder Robert und Ludwig Nobel, ebenfalls Männer einfacher Herkunft und
                              									ohne erhebliche Mittel, aber begabt mit klarem Blick, reichem Organisationstalent,
                              									großer Tatkraft und Umsicht. Dank dieser Eigenschaften bahnten sie der kommerziellen
                              									Verwertung des Kerosins neue Wege, fanden und verwirklichten neue Prinzipien für die
                              									Oelverarbeitung, die heute noch maßgebend sind, und organisierten den Transport,
                              									insbesondere durch den Bau von Rohrleitungen, Tankschiffen und Eisenbahntankwagen, ganz ebenso, wie
                              									es in Amerika Rockefeller tat. Als 1877 Nobels Bemühungen auch die Fabrikationssteuer erlag,
                              									machten Gewinnung und Verarbeitung des Oels rasche Fortschritte. Im Jahre 1879 wurde
                              									die Naphtha-Produktionsgesellschaft Gebrüder Nobel
                              									begründet. Ihr Kapital betrug 3 Millionen Rubel, 1902 bereits 15 Millionen.
                              									Entsprechend gab es 1880 schon 195 Raffinerien in Rußland. Von 1885 ab nahm auch das
                              									Pariser Haus Rothschild an der Entwicklung lebhaften
                              									Anteil, indem dieses den Bau der Bahn Baku–Batum ins Werk setzte und an diesen
                              									Plätzen ebenfalls große Gewinnungs- und Verarbeitungsanlagen erbaute. Um den
                              									deutschen Markt zu gewinnen, gründete Nobel 1888/89 die Deutsch-Russische Naphtha-Importgesellschaft mit dem Sitz in Berlin,
                              									später zu ähnlichem Zwecke auch Gesellschaften in Oesterreich und England.
                           Nach vorstehenden kurzen Daten, welche die Geschichte der Oelindustrie in den beiden
                              									Hauptbezirken betreffen, kommen wir zum Kern dieses Abschnitts, der
                              									Erdölverarbeitung selbst. Vom chemischen Standpunkt betrachtet, müßte das Ziel
                              									dieser Verarbeitung sein: die systematische Zerlegung in einfache, klar umgrenzte,
                              									chemische Körper und der systematische Aufbau derselben nach den in der organischen
                              									Chemie und Großindustrie bekannten Verfahren. Nach beiden Richtungen wurde in der
                              									verwandten Steinkohlenteerindustrie, wie gesagt, Bedeutendes geleistet, in der
                              									Oelindustrie hingegen zwar im Laboratorium neuerdings gearbeitet, aber hier sowohl
                              									als namentlich auch im praktischen Betriebe noch wenig erreicht. Für die Zerlegung
                              									sind verschiedene Wege denkbar, die aber zum großen Teil noch nicht ernstlich
                              									beschritten worden sind, z.B. Verdunstung, Diffusion, chemische Reaktionen,
                              									fraktionierte Fällung, alles Methoden, die keine Wärmezufuhr erfordern, während mit
                              									Verwendung von Wärme sich die sogen. fraktionierte Destillation ergibt. Letztere
                              									Methode ist heute die herrschende in der Fabrikpraxis. Ihr Wesen besteht darin, daß
                              									die Zerlegung erfolgt durch allmähliche Wärmezufuhr, durch Destillation, und daß
                              									diese Destillation nach bestimmten Temperaturstufen getrennt wird, woraus die
                              									Benennung als fraktionierte Destillation sich ohne weiteres ergibt. Hierbei ist also
                              									das in den Destillaten erzielte Ergebnis keine Reindarstellung von
                              									Kohlenwasserstoffen, wie bei der Teerdestillation, sondern die Gewinnung komplexer
                              									Gemische in Gestalt von technisch brauchbaren Körpern, deren Eigenschaften sie zur
                              									Verwendung für Licht-, Heiz-, motorische und Schmierzwecke befähigen.
                           Was nun die Durchführung der Fabrikation betrifft, so wechselt dieselbe, je nachdem
                              									sie in der Nähe oder fern vom Gewinnungsort erfolgt. In den einzelnen Ländern ist
                              									der Fabrikationsgang ziemlich verschieden, namentlich auch deshalb, weil derselbe
                              									abhängt von der veränderlichen chemischen Zusammensetzung des Rohöls, der Art des
                              									Endprodukts, die je nach der Marktlage sich ändert, den Fabrikationseinrichtungen,
                              									welche nicht immer für die direkte Erzeugung marktfähiger Produkte geeignet sind,
                              									von den Transport-, Arbeiter-, Lohn- und Absatzverhältnissen, von den Steuer-
                              									und Zollvorschriften, welche, wie schon bei den historischen Angaben erwähnt,
                              									industriell stark hemmend wirken können und von manchen anderen Dingen. Ohne Zweifel
                              									liegen in diesen Momenten erhebliche Schwierigkeiten, die der Entwicklung der
                              									Oelindustrie nicht förderlich waren. Wenn gleichwohl die letztere so erhebliche
                              									Fortschritte machte, so ist dies begründet in den stark treibenden Agentien, in der
                              									Vermehrung des Lichtbedürfnisses und dem hieraus entspringenden Wettbewerb mit dem
                              									Gas- und elektrischen Licht, sowie dem neuerdings überwiegenden Einfluß der
                              									Maschinentechnik, die immer höhere Ansprüche an die Schmierölfabrikation und an die
                              									Krafterzeugung in Motoren stellt.
                           Die heutige allgemeine Verarbeitung, die, wie gesagt, nach ihrem wesentlichen
                              									Bestandteil als fraktionierte Destillation zu bezeichnen ist, beruht auf zwei
                              									Eigenschaften, deren notwendig schon hier Erwähnung zu tun ist, während die
                              									eigentliche Besprechung dieser und anderer Eigenschaften in das Kapitel über die
                              									Verwendung der Erdöle gehört und dementsprechend weiter unten eingehender
                              									durchzuführen ist. Jene Eigenschaften sind: die Siedetemperatur und das spez.
                              									Gewicht. Beide stehen in einem gewissen, allerdings nicht etwa konstanten Verhältnis
                              									zueinander. Die das Erdöl bildenden Kohlenwasserstoffe haben verschiedene
                              									Temperaturen des Siedens, d.h. des Uebergangs vom flüssigen in den dampfförmigen
                              									Zustand, womit also die Möglichkeit der Zerlegung durch Wärmezufuhr, der
                              									fraktionierten Destillation, sich ergibt. Sie haben gleichzeitig aber auch
                              									verschiedene spezifische Gewichte, wachsend mit der Höhe der Siedetemperatur. Beide
                              									Eigenschaften laufen also in etwa einander parallel; Temperatur und spezifisches
                              									Gewicht steigen und fallen gemeinsam. Demnach kann die Zerlegung erfolgen unter
                              									stetiger Kontrolle entweder der Siedetemperatur oder des spezifischen Gewichts der
                              									einzelnen Destillationsstufen oder Fraktionen. Sie erfolgt praktisch fast immer nach
                              									dem Gewicht, was eigentlich einen Mangel bedeutet, da diese Kontrolle erst am
                              									fertigen Produkt, diejenige der Temperatur aber am noch dampfförmigen Destillat,
                              									dessen Zusammensetzung also noch zu beeinflussen ist, ausgeführt werden kann.
                              									Hiernach ist die Grundlage für die heutige Verarbeitung durch zwei Momente gegeben:
                              									die Zerlegung nach Temperatur und Gewicht ermöglicht erstens einen einfachen,
                              									eventl. kontinuierlichen Fabrikationsgang, und sie ergibt zweitens Produkte, welche
                              									für die gegenwärtigen verschiedenen Verwendungen brauchbare Eigenschaften haben.
                           Die Eigenart der Verdampfung bewirkt es, daß in jeder Destillationsstufe neben
                              									leichteren auch schwerer verdampfende Kohlenwasserstoffe mit übergerissen werden. Es
                              									entsteht also selbst bei wiederholter Durchführung des Vorgangs immer noch ein
                              									verschieden siedendes Gemisch von Kohlenwasserstoffen. Sonach gibt es für das Sieden
                              									der einzelnen Fraktionen keine Temperaturpunkte, sondern nur Intervalle oder, wie
                              									man richtiger sagen kann, Siedegrenzen. Den gleichen Siedegrenzen von Destillaten,
                              									die aus Oelen verschiedener Herkunft und Zusammensetzung
                           
                           Schema A. Rohöl.
                           A) Vorbereitende Arbeiten (Entwässerung, Vorwärmung usw.). B)
                              									Fraktionierte Destillation auf Halbfabrikate. C) Weiterverarbeitung auf
                              									Fertigprodukte (Fraktionierte Rektifikation, Redestillation, Raffination,
                              									Krakdestillation usw.)
                           
                              Fraktionierte Destillation
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 567
                              1, Benzindestillat (Rohbenzin);
                                 										Rektifikation (= wiederholte Destillation); Raffination (Reinigung auf
                                 										Fertigprodukte); Leichtbenzine; Schwerbenzine; Rigolen; Motorbenzine;
                                 										(Petroleumäther); Lackbenzine; Gasolin; Rückstand; Benzine; (für Motore usw.);
                                 										Leuchtöldestillat; Raffination (Reinigung); Leuchtöl; (Kerosin Salonöl
                                 										Kaiseröl); Mittelöldestillat; Raffination; Redestillation; Paraffinöle;
                                 										Solaröle; Raffination; Paraffin; Filtrate; Pyronaphtha; Gasöle; (Vaselinöl);
                                 										Leuchtöl; Schmieröle; Krak (Zersetz.-)Destillation; Spezialschmieröle; Blauöle
                                 										Grünöle; Rohölrückstände; Gase (zur Heizung und Krafterzeugung verwendbar);
                                 										Solaröldestillat; Spindelöldestillat; Maschinenöldestillat; Zylinderöldestillat;
                                 										Paraffinhaltiges Destillat; Rückstand; Redestillation; Raffination;
                                 										Krakdestillation; Spindelöl; Zylinderöl; Dunkle Zylinderöle; Paraffinöle;
                                 										Solaröle; Paraffinwachs; Gasöle; Schmierfette; Goudron, Pech Asphalt;
                                 										Maschinenöl (leichtes und schweres); Koks
                              
                           gewonnen worden sind, entspricht nicht notwendig das
                              									gleiche spez. Gewicht, so daß letzteres keinen absoluten Maßstab für die
                              									Siedetemperatur ergibt, was ich vorher schon durch die Bemerkung andeutete, daß das
                              									Verhältnis zwischen Temperatur und Gewicht nicht unbedingt konstant sei.
                           Auf die zahlreichen verschiedenen Verarbeitungsmethoden, deren Anwendung je nach der
                              									Zusammensetzung und der Art der zu bildenden Produkte fast überall wechselt, bis ins
                              									einzelne einzugehen, ist hier natürlich nicht möglich. Vielmehr kann nur versucht
                              									werden, einen Ueberblick über den allgemeinen Fabrikationsgang zu geben, der allen
                              									Verfahren im ganzen gemeinsam ist. Dieser Gang zerfällt in:
                           vorbereitende Arbeiten vor der Destillation,
                           fraktionierte Destillation des Rohöls in Halbfabrikate,
                           Weiterverarbeitung der Halbfabrikate auf Fertigprodukte.
                           Wie diese Arbeiten systematisch verbunden werden und welche Ergebnisse sie zeitigen,
                              									ist in nebenstehendem Schema A übersichtlich zusammengestellt.
                           Vorbereitende Arbeiten werden namentlich erforderlich durch den Gehalt des aus der
                              									Erde kommenden Oels an Bohrschlamm, Sand, Salzwasser, Emulsionen dieser Teile und
                              									sogen. Röhrenwachs, das zum größten Teile aus festen Kohlenwasserstoffen (Paraffin
                              									usw.) besteht. Diese Beimengungen müssen entfernt werden. Andernfalls verlegen sie
                              									die Pumpen und Rohre, durch welche das Oel weiter befördert wird, oder sie sammeln
                              									sich in den Destillationsapparaten und zerstören allmählich die Kesselbleche
                              									derselben durch Ueberhitzen und Ausglühen. Wasser im Erdöl bewirkt unnötigen
                              									Brennstoffverbrauch, gefährliche Siedeverzüge, lebhaftes Schäumen, Uebersteigen des
                              									Kesselinhalts beim Destillieren usw. Demgemäß wird dasselbe als größter Feind des
                              									Petroleumfabrikanten betrachtet. Abgesehen von diesen Nachteilen hat ein Verbleiben
                              									jener Körper (Wasser, Sand usw.) im Oel auch eine unzulässige Verschlechterung der
                              									Fabrikate zur Folge. Die Beseitigung der Beimengungen erfolgt im wesentlichen durch
                              									Absitzenlassen in Lagerbehältern, als welche teils offene und gedeckte Erdreservoire
                              										(Fig.
                                 									9, 10), namentlich aber Eisenbehälter (Fig. 11, 12), in
                              									Betracht kommen. Die Entwässerung ist im kalten Zustande durch Absitzenlassen allein
                              									oft schlecht erreichbar und überhaupt ziemlich schwierig, da gewisse Rohöle mit
                              									großer Kohäsion das Wasser ungewöhnlich stark festhalten. Eher schon führt eine
                              									Vorwärmung oder Verdünnung zum Ziele; außerdem sind zahlreiche andere Verfahren
                              									vorgeschlagen und im Gebrauch, welche die Schwierigkeit dieses Vorganges zur Genüge
                              									illustrieren. Aus den Reservoiren wird das gereinigte Oel durch Pumpen und
                              									Rohrleitungen direkt in die Apparate benachbarter Fabriken gedrückt oder, falls
                              									letztere von dem Produktionsort weiter entfernt und durch Rohrleitungen mit diesen
                              									nicht in Verbindung stehen, unter Benutzung von Zisternenwagen oder Tankschiffen an
                              									die Verarbeitungsstätten befördert.
                           Die mit dem entsprechend vorbereiteten Oel vorzunehmende Destillation bezweckt, wie
                              									gesagt, die Zerlegung in mehrere Fraktionen mit verschiedenen Siedegrenzen. Nach dem
                              									Gehalt des Oels an Benzin, Leuchtöl, Paraffin, Schmieröl usw. wechseln die
                              									Destillationsverfahren erheblich. Im großen und ganzen jedoch ist die aus obigem
                              									Schema ersichtliche erste Zerlegung in Rohbenzin, Leuchtöle, Mittelöle und
                              									Rückstände üblich. Diese Halbfabrikate werden dann entweder am gleichen Ort oder in
                              									besonderen anderswo liegenden Raffinerien zu Fertigprodukten verarbeitet. Auch die
                              									Durchführung der Destillation an sich ist je nach Ort und Zusammensetzung und
                              									anderen Umständen verschieden. Man kann unterscheiden: erstens nach der Art der
                              									Wärmezufuhr Destillation in Kesseln mit freiem Feuer, eine solche mit direkter
                              									Einführung von gesättigtem oder überhitztem Dampf und eine Kombination aus beiden;
                              									zweitens nach dem Druck im Destillationskessel Destillation mit gewöhnlichem oder
                              									(heute noch selten und für Rohöle nicht üblich) erhöhtem Druck oder mit Vakuum;
                              									drittens nach der Zeitfolge der Vorgänge periodische Destillation (in Chargen) oder
                              									eine kontinuierliche (ununterbrochene); viertens nach dem chemischen Vorgang eine
                              									konservierende Destillation, bei welcher die Kohlenwasserstoffe in ihrer
                              									Zusammensetzung unverändert bleiben und eine destruktive oder Krakdestillation mit
                              									chemischer Spaltung und Zerlegung der Kohlenwasserstoffe, so daß aus schweren
                              									leichte Kohlenwasserstoffe erhalten werden können.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 568
                              Fig. 9 und 10. Erdreservoire.
                              
                           Der Gang der Rohöldestillation ist nun im wesentlichen folgender, wenn wir z.B. einen
                              									diskontinuierlichen Betrieb, d.h. einen solchen mit Chargen annehmen: Aus einem
                              									besonderen Füllturm oder direkt aus dem Rohölreservoir gelangt das Oel in den
                              									Destillierkessel, nachdem es heute meist noch zuvor einen Vorwärmer passiert hat,
                              									der sich aus Gründen der Brennstoffersparnis und der Schonung des Hauptkessels usw.
                              									als zweckdienlich ergibt. Im Füllturm und Vorwärmer können Wasser und Schlamm,
                              									die noch im Oel enthalten, sich absetzen und wieder abgezogen werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 568
                              Fig. 11 und 12. Eisenreservoir.
                              
                           Destillierkessel, auch Destillierblasen genannt (Fig.
                                 										13), sind nach Art moderner stationärer Zylinderdampfkessel gebaut, mit
                              									oder ohne Flammrohre, mit Dom und entweder nur Außenfeuerung oder mit gleichzeitig
                              									vorhandenen Einrichtungen zur Einführung gesättigten oder überhitzten Dampfes in das
                              									Innere des Kessels. Letztere Einrichtungen bewirken wieder eine Brennstoffersparnis,
                              									sowie einen wesentlichen Gewinn an Zeit für die Durchführung der Destillation.
                              									Selbstverständlich ist die Blase mit den erforderlichen Armaturen ausgestattet, als
                              									welche in der Hauptsache in Betracht kommen: Füll-, Meß-, Dampf-, Schwimmer-, Probe-
                              									und Sicherheitseinrichtungen. Ist die Destillation des die Blase zu etwa ¾ bis ⅘
                              									füllenden Rohöls im Gange, so werden der Reihe nach die angeführten Fraktionen
                              									abgezogen. Maßgebend für die Unterbrechung der einen und den Beginn der anderen
                              									Destillation ist, wie gesagt, das spez. Gewicht, welches dauernd geprüft wird, oder
                              									auch die Anzeige von Thermometern, die die Temperatur der Destillatdämpfe messen.
                              									Vom Dom der Blase werden die gasförmigen Destillate zu den Kühlern geführt. Zwischen
                              									beiden wird oft noch eine Dephlegmation oder Separation eingeschaltet, womit
                              									Einrichtungen bezeichnet werden, welche bezwecken, von den leichteren Destillaten
                              									die unvermeidlich mit übergehenden Teile der schwereren zu trennen und diese in den Kessel
                              									zurückgelangen zu lassen. Zum Teil bewirkt die Separation auch schon der Dom, wenn
                              									er groß genug bemessen ist, ähnlich der Art, wie der Dom des Dampfkessels das
                              									mitgerissene Wasser zum großen Teil separiert. In den Kühlern erfolgt die
                              									Verflüssigung der Destillate unter Anwendung von Luft oder Wasser als Kühlmittel.
                              									Entsprechend sind diese Einrichtungen als Luftkühler, Schlangenkühler, Röhrenkühler
                              									oder endlich auch als Einspritzkondensatoren gebaut und jedesmal zu einem System,
                              									dem „Kühlstock“, vereinigt. Aus diesen Kühlstöcken gelangen die Kondensate in
                              									die „Empfangsstation“ oder die „Hahnenkammer“, wo zunächst das noch
                              									vorhandene Wasser abgelassen wird und die frei auslaufenden Destillate in die
                              									einzelnen Reservoire, die Vorlagen, übertreten. Durch eine Pumpstation werden die
                              									Destillate ihrer weiteren Verarbeitung, der chemischen Reinigung oder auch erneuter
                              									Destillation, zugeführt. Die bei der Kühlung unkondensierbaren permanenten Gase
                              									müssen vor der Empfangsstation sorgfältig entfernt werden; sie werden abgezogen,
                              									gesammelt, aufbewahrt und zum Heizen verwendet.
                           Im Gegensatz zur beschriebenen diskontinuierlichen wird die kontinuierliche
                              									Destillation so durchgeführt, daß in mehreren (fünf und mehr) Kesseln, die
                              									miteinander verbunden sind, entsprechend zahlreiche Fraktionen gleichzeitig
                              									nebeneinander gewonnen werden. Die Vorteile dieser Methode liegen in der bedeutend
                              									gesteigerten Wärmeausnutzung, der Schonung der Kessel infolge geringerer
                              									Temperaturschwankungen, der erhöhten Leistungsfähigkeit und Zeitersparnis, indem ein
                              									wochenlanger Betrieb ohne Unterbrechungen möglich ist, in der Ersparnis an
                              									Bedienungspersonal, der erhöhten Betriebssicherheit usw. Unrationell ist dieses
                              									Destillationsverfahren für kleine Rohölmengen und verschiedenartige Rohölsorten, die
                              									unmittelbar hintereinander verarbeitet werden sollen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 569
                              Fig. 13. Destillierkessel.
                              
                           Anschließend an die Erzeugung der Halbprodukte durch Destillation des Rohöls erfolgt
                              									die weitere Verarbeitung der ersteren. Zunächst erfährt das Rohbenzin eine
                              										„Redestillation“ der „Rektifikation“ in Leichtbenzin (spez.
                              									Gewicht 0,640–0,725) und Schwerbenzin (0,725 bis 0,760). Das Leuchtöldestillat wird
                              									ebenfalls in zwei oder drei Unterfraktionen zerlegt (spez. Gewicht 0,760 bis 0,790,
                              									0,790–0,845, 0,845–0,875). Sämtliche Unterfraktionen werden dann weiterbehandelt.
                              									Der Benzingehalt der Rohöle ist, nebenbei bemerkt, je nach der Herkunft derselben
                              									sehr veränderlich; er schwankt zwischen 2 v. H. bei deutschem Oel bis über 40 v. H.
                              									bei amerikanischen und besonders russischen Oelen.
                           Die Redestillation des Rohbenzins geschieht in Einrichtungen ähnlicher Bauart,
                              									wie sie in der Teer- und Spiritusindustrie üblich sind; sie werden daher auch
                              									übereinstimmend mit diesen als Kolonnenapparate bezeichnet. Es sind zylindrische, zu
                              									mehreren miteinander verbundene Kessel mit Heizschlangen, in welchen gesättigter
                              									oder überhitzter Wasserdampf die Heizung bewirkt. Außer der Kolonne umfaßt die
                              									gesamte Rektifikatiosanlage wiederum den Dephlegmator, den Kühler, die
                              									Verteilungseinrichtungen und die Vorlagen. Nach der Rektifikation werden die
                              									erhaltenen Benzinsorten für gewisse Verwendungen noch einer Raffination, einer
                              									chemischen oder mechanischen Reinigung unterworfen, worauf weiter unten noch
                              									einzugehen ist. Bleibt das Benzin unraffiniert, so spricht man von rektifiziertem
                              									Benzin; von raffiniertem Benzin jedoch, wenn außer der Rektifikation noch eine
                              									Raffination erfolgt ist. Diese Bezeichnungen in Verbindung mit den Siedeintervallen
                              									oder spezifischen Gewichten sind die zweckmäßigsten; dagegen die zahlreichen
                              									Phantasienamen (Autobenzin, Motorenbenzin usw.), die im Handel gebräuchlich, nur
                              									irreführend. Die wichtigsten Benzinsorten mit ihren spezifischen Gewichten sind in
                              									dem obigen Schema zusammengestellt.
                           Die weitere Behandlung des dritten Rohöldestillats, der Mittelöle, auch Zwischenöle
                              									oder Nachlauf genannt, ist von ihrer Zusammensetzung abhängig. Sind sie
                              									paraffinfrei, so können sie oft direkt als Gasöl oder raffiniert als Solaröl z.B.
                              									für Motoren, zur Oelgaserzeugung usw. Verwendung finden. Bei größerem Paraffingehalt
                              									werden sie zweckmäßig zunächst entparaffiniert und darauf redestilliert. Hierbei
                              									erhält man als Produkte Sekundaleuchtöl, Solaröl, Gasöl, Blauöl und ganz leichte
                              									Maschinenöle, Neutralöle.
                           Die weitere Behandlung des aus den Mittelölen verbleibenden Rückstandes auf Schmieröl
                              									geschieht, sofern eine ausreichende Viscosität diese Verarbeitung rechtfertigt,
                              									durch Konzentration oder Reduktion. Zu dem Zwecke wird der Rückstand durch Zusatzöle
                              									verdünnt und darauf im Kessel vorwiegend mit direktem Dampf allmählich wieder
                              									eingeengt, wobei Flammpunkt, Stockpunkt (Erstarrungspunkt) und Viscosität in kurzen
                              									Zeiträumen sorgfältig beobachtet werden. Das zurückbleibende Produkt wird durch
                              									Filtration oder chemische Reinigung auf dunkle Maschinenöle, dunkle Vaseline,
                              									Valvoline, Zylinderöle usw. verarbeitet.
                           Was endlich die Rohöldestillationsrückstände betrifft, so ist auch für deren
                              									weitere Behandlung der Paraffingehalt maßgebend. Ist ein solcher nicht vorhanden, so
                              									folgt bisweilen eine bloße Filtration über Koks bezw. eine heiße Filtration durch
                              									Filterpressen, worauf sie für nebensächliche Schmierzwecke als Vulkanöle,
                              									Wagenachsenöle usw. und auch zur Oelgasbereitung verwendbar sind; oder aber sie
                              									werden durch Destillation auf Schmieröle verarbeitet. Paraffinhaltige Rückstände
                              									werden entweder wie vorher bloß filtriert oder destilliert oder direkt
                              									entparaffiniert. Der Destillation auf Schmieröl hat unter allen Umständen eine
                              									Entwässerung und Vorwärmung vorauszugehen. Hierauf erfolgt dieselbe in rationellster
                              									Form durch Anwendung von überhitztem Wasserdampf, von vermindertem Druck oder Vakuum
                              									und durch Kühlung mittels kombinierter Luft und Wasserkühlung. Das Arbeiten mit
                              									Vakuum bietet hier den besonderen Vorteil, daß die Destillationstemperatur
                              									vermindert und der Vorgang selbst beschleunigt wird, was auf die Qualität des
                              									Schmieröls sehr günstig einwirkt.
                           Die bei der Schmieröldestillation erhaltenen Produkte werden ziemlich einheitlich als
                              									Vorlauf oder Solaröldestillat, Neutralöl-, Gasöl-, ferner Spindel- und Maschinenöl-
                              									oder auch Zylinderöl-Destillat bezeichnet. Die paraffinfreien Destillate werden nach
                              									Entwässerung auf Endprodukte raffiniert; die paraffinhaltigen erst nach Verdünnung
                              									entwässert, entparaffiniert und auf Schmieröl-Fertigprodukte
                              									weiterbehandelt.
                           Für die Destillation der Schmieröle und anderer kommt, wie erwähnt, noch ein Vorgang
                              									in Betracht, der als Krakdestillation bezeichnet wird. Derselbe besteht in einer so
                              									stark gesteigerten Erhitzung der Kohlenwasserstoffe des Erdöls, daß die Moleküle
                              									derselben gespalten oder zerlegt werden. Infolge davon bilden sich hierbei ganz
                              									andere Destillate als bei den geringen Erwärmungen der normalen konservierenden
                              									Destillation. Praktisch erreicht man mit diesem Prozesse z.B.: Die Gewinnung von
                              									Leuchtöl aus paraffinfreien Rückständen, also eine Erhöhung der Petroleumausbeute,
                              									oder die Bildung von Leuchtöl und gut kristallisierendem Paraffin aus
                              									paraffinhaltigen Rückständen oder die Herstellung von Paraffin und Schmieröl, unter
                              									Verzicht auf die Gewinnung von Leuchtöl. Auch lassen sich eventl. Mittelöle, die
                              									nicht direkt gereinigt oder verwendet werden können, zu Leuchtölen geringerer Sorte
                              									verkraken usw. Die Rückstände der Schmieröldestillation ergeben, je nachdem dieser
                              									Vorgang kürzer oder länger durchgeführt wurde, Goudron, Weichasphalt oder
                              									Hartasphalt, dieser je nach Konzentration mehr oder weniger verkokst.
                           
                              (Fortsetzung folgt.)