| Titel: | ÜBER DAS ERDÖL. | 
| Autor: | F. Romberg | 
| Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 599 | 
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                        ÜBER DAS ERDÖL.
                        Im Zusammenhang mit seiner maschinentechnischen
                           								Verwendung.
                        Von F. Romberg,
                           									Charlottenburg.
                        (Fortsetzung von S. 586 d. Bd.)
                        ROMBERG: Ueber das Erdöl.
                        
                     
                        
                           Für den Großtransport des Oels über Land ist eine Methode von größter Bedeutung
                              									geworden. Die Beförderung mittels Rohrleitungen, die der Art der Wasserverteilung
                              									bei Wasserwerken gleicht, aber gegenüber dieser mit Rücksicht auf den Ferntransport
                              									bald zu einem weit umfangreicheren System durchgebildet worden ist. Sie ist ohne
                              									Zweifel die einfachste und rationellste Transportart in Oelrevieren, zur Vermittlung
                              									des Anschlusses an die großen Straßen des Welttransports, also vor allem an die
                              									Schiffahrtswege. Das Ursprungsland dieser Methode in der heutigen Form, wo sie
                              									zugleich auch die größte Entwicklung erfuhr, sind die Vereinigten Staaten von
                              									Amerika; daneben kommt hauptsächlich nur noch der Kaukasus dafür in Betracht, alle
                              									übrigen Länder mit Oelproduktion in weit geringerem Maße. Desungeachtet übertrifft
                              									heute die Länge der Rohrleitungen für den Oeltransport bei weitem den Umfang der
                              									Erde.
                           In Amerika trat diese Beförderung Mitte der 60 er Jahre allmählich an die Stelle der
                              									weit primitiveren mit Fässern, die auf Fuhrwerken zum Alleghanyfluß und Oil-Creek
                              									gefahren und dort unmittelbar in große Holzboote entleert wurden, welche dann
                              									talwärts zu den unten gelegenen Raffinerien schwammen und darauf wieder, nachdem sie
                              									entleert worden, durch Pferde oder Dampfschlepper zu Berg geschafft wurden. Zunächst
                              									waren die Entfernungen, die mit Leitungen erschlossen wurden, nur kurz; für längere
                              									Strecken reichten Material und Muffenverbindungen der Rohre nicht aus. Allein der
                              									Umstand, daß die amerikanische Röhrenindustrie bald und schneller als anderswo
                              									lernte, schmiedeeiserne Rohre mit hochwertigen Verbindungen für Drucke von 70 bis
                              									100 at herzustellen, gab der Entwicklung einen kräftigen Anstoß und einen Vorsprung
                              									vor anderen Ländern. Nun erst entstanden Fernleitungen, die eigentlichen „pipe
                                 										lines“, die heute aus dem Herzen Amerikas bis an den Atlantischen Ozean
                              									führen und in denen das Oel Wege von bis zu 2000 km und mehr zurücklegt. Es bildeten
                              									sich zahlreiche eigene Gesellschaften zum Betriebe solcher Leitungsnetze, nachdem
                              									die Oekonomie dieser Transportart gegenüber jeder anderen schnell erkannt war. Die
                              									Ausdehnung der Leitungen wuchs binnen kurzem beträchtlich, und diese Entwicklung
                              									wurde zum grundlegenden Faktor für den gewaltigen Aufschwung der gesamten
                              									amerikanischen Oelindustrie. Daß Rockefeller über die
                              									pipe lines rasch die Herrschaft zu erlangen strebte, ist also nur natürlich und
                              									bildet vielleicht die wichtigste Phase in dem gigantischen Kampf, den die Standard Oil um ihre Monopolstellung geführt hat.
                              									Wahrhaft großzügig brachte die amerikanische Regierung die pipe lines mit dem Handel
                              									in direkte Beziehung, indem sie die Gesellschaften ermächtigt hat, den Empfang von
                              									Oel dem Brunnenbesitzer durch Gutscheine, sogen. „Certificates“, zu
                              									bestätigen und damit die Ware zu bezahlen. Diese Scheine werden wie jedes andere
                              									Wertpapier an der Börse gehandelt; die Certificates der größeren Gesellschaften
                              									haben im Verkehr den Charakter von Staatsscheinen.
                           Nach dem amerikanischen Vorbilde gingen in Rußland die Gebrüder
                                 										Nobel bahnbrechend mit dem Bau solcher Rohrleitungen vor.
                           Was nun die Anlage der Leitungen betrifft, so zerfallen diese in zwei Teile, die
                              									Sammelleitungen (gathering pipe lines) und die Hauptleitung (trunk pipe lines).
                              									Erstere überziehen in Amerika jedes bedeutendere Oelfeld wie ein Netz. Sie sammeln
                              									das Oel und führen es zu einer möglichst an der tiefsten Stelle des Feldes gelegenen
                              									Zentralstation. Hier sind größere Reservoire zu Lagern und große Pumpanlagen zum
                              									Weiterbefördern in die Hauptleitung aufgestellt. Diesen Zentralen fließt das Oel aus
                              									den Sammelnetzen durch natürliche Gefälle oder wieder unter dem Druck kleinerer
                              									Pumpen zu. Für die Sammelleitungen dienen Rohre von etwa 2 bis 4'' ∅, für die Hauptleitungen im Mittel solche von 6 und
                              										8'', bis maximal 12''.
                              									Die Rohre bestehen aus Stahl oder Schmiedeeisen und sind durch Gewindemuffen oder
                              									Flanschen miteinander verbunden.
                           Im Jahre 1904 beförderte die Standard Oil mittels sieben
                              									pipe lines aus dem Appalachischen Feld (Pennsylvanien usw.) an die Küste etwa 81000
                              									Barrels täglich. Die Kosten dieses Transports sind ziemlich mäßig: Die
                              									Gesellschaften berechnen für Spesen usw. etwa 3 v. H. der gelieferten Oelmengen. Die
                              									Selbstkosten der Beförderung mit Abschreibung und Verzinsung können im Durchschnitt
                              									zu etwa 0,13 Cent f. d. Tonne und engl. Meile angenommen werden, während der
                              									Bahntransport in Amerika etwa 0,5 Cent f. d. Tonne und Meile ergibt.
                           Zu der dominierenden Stellung des Erdöls und seiner Produkte auf dem Weltmarkt hat
                              									mehr noch als die im Vorstehenden beschriebene Ausgestaltung des Landtransports die
                              									Entwicklung rationeller Einrichtungen für den Wasser-, insbesondere Seetransport
                              									beigetragen. Diese erst haben, ganz buchstäblich genommen, das Oel über die Erde
                              									verbreitet. Ihre jeweilige Beschaffenheit hat den erheblichsten Einfluß auf die Lage
                              									des Oelmarktes, auf die Preisbildung, was gerade im Augenblick wieder uns so
                              									greifbar vor Augen geführt wird. Es soll hierüber noch im letzten Kapitel die Rede
                              									sein. Die großen Transportsysteme zu Wasser und zu Lande stehen in Beziehung auf
                              									ihre Entwicklung natürlich im engsten Zusammenhang miteinander; eins war nur durch
                              									das andere möglich und wertvoll. Daher auch haben Rockefeller und Gebrüder Nobel sogleich auf
                              									beide gemeinsam ihr Augenmerk gerichtet. Bahnbrechend waren auf dem Gebiet des
                              									Wassertransports namentlich die letzteren, und zwar, man kann sagen, fast aus einer
                              									Zwangslage heraus, nämlich infolge des ungünstigen Umstandes, daß in Baku das
                              									Faßholz weit und kostspielig herangeholt werden muß. So ließ also Ludwig Nobel im Jahre 1877 nach eigenen Plänen den ersten
                              									Tankdampfer, den „Zoroaster“, in Gothenburg bauen, nachdem vorher schon in
                              									Rußland und auf dem Atlantic hölzerne Segelschiffe mit Oel entweder direkt oder
                              									unter Zuhilfenahme von eigenen Tanks, die sich der Schiffsform anpaßten, verfrachtet
                              									worden waren. Der „Zoroaster“ hatte ebenfalls eine Anzahl eiserner, der
                              									Schiffsform angepaßter Tanks, die zu einem System verbunden waren; seine
                              									Ladefähigkeit betrug 240 t. Die Kessel wurden mit Oelrückständen geheizt. Zwischen
                              									Oeltanks und Maschinenraum befand sich ein schmaler stets mit Wasser gefüllter
                              									Zwischenraum um jede Feuersgefahr infolge Leckage der Tanks zu beseitigen. Das
                              									Schiff lief 10 kn und brachte seinem Erbauer einen über alles Erwarten günstigen
                              									Erfolg, der ihn veranlaßte, in den folgenden Jahren eine Reihe weiterer und größerer
                              									Tankdampfer bauen zu lassen. So entstand rasch eine ganze Flotte solcher Tankdampfer
                              									auf dem Kaspischen Meere, die heute mehr als 100 zählen und ihre Ladung bis an die
                              									Wolgamündung bringen, wo sie in Barken übergepumpt und in diesen die Wolga
                              									hinaufbefördert wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 600
                              Fig. 20 und 21. Tankdampfer „Bakuin“.
                              
                           Für die offenen Meere wurden die ersten Petroleum-Tankdampfer erst 1885 gebaut. Für
                              									den atlantischen Verkehr z.B. der Dampfer „Glück auf“ bei Armstrong, Mitchell & Co. in Newcastle auf Rechnung
                              									von W. A. Riedemann, Geestemünde. Diesem Dampfer, der
                              									1886 in Geestemünde seine erste Ladung löschte, folgten bald eine ganze Reihe nach.
                              									Auch wurden mehrere gewöhnliche eiserne Frachtdampfer durch Einbau von Tanks in die
                              									Laderaume oder von Längs- und Querschotten in Zisternendampfer umgewandelt. Erst
                              									allmählich entwickelte sich die heutige typische Bauart der Tankdampfer. Wesentlich
                              									zweckmäßiger und sicherer wurde schon der „Bakuin“
                              										(Fig.
                                 										20 u. 21) im Jahre 1886 bei W. Gray & Co. Ltd. in West-Hartlepool gebaut:
                              									Kessel- und Maschinenanlagen mit Kohlenbunkern im Hinterschiff, im Mittel- und
                              									Vorschiff die durchgehende Tankanlage, die nach vorn und hinten durch ein
                              									Doppelschott (Kofferdam) abgeschlossen war und außerdem ein Doppelschott in der
                              									Mitte enthielt, um in zwei getrennten Tanksystemen gleichzeitig Schmieröl und
                              									Petroleum von Batum nach Hamburg bringen zu können. Das Schiff hatte, wie
                              									ersichtlich, einen durchlaufenden Doppelboden zur Aufnahme von Wasserballast für die
                              									leere Ausreise. Die Tanks gingen bis zum unteren Deck durch die ganze Schiffsbreite,
                              									im Zwischendeck waren sie zusammengezogen und endigten im Oberdeck, wo sie durch
                              									Deckel verschlossen waren, über welchen die hölzernen Lukendeckel lagen. Die oberen
                              									Teile der Tanks dienten als Expansionsbehälter. Es wurden die unteren und oberen
                              									oder nur die unteren Tanks gefüllt, je nachdem leichtes oder schweres Oel geladen
                              									wurde. Die Mündungen der Saugrohre lagen in Vertiefungen im Boden, sie dienten
                              									gleichzeitig zum Füllen der Tanks, was allerdings außerdem noch durch Füllstutzen im
                              									Zwischendeck von oben bewirkt werden konnte. Auf dem Oberdeck war der Pumpenraum
                              									untergebracht und mit zwei Worthington-Pumpen
                              									ausgerüstet, die ihren Dampf vom Hilfskessel oder auch von Land erhielten. Jede
                              									dieser Pumpen konnte aus allen Tanks saugen und nach beiden Seiten des Fahrzeugs
                              									drücken. Die Rohrsysteme beider Pumpen waren durch Blindflanschen vollkommen
                              									trennbar, damit keine Vermischung verschiedener Oele in den Leitungen stattfinden
                              									konnte.
                           Inzwischen sind zahlreiche neuere Zisternendampfer entstanden, ausgerüstet mit allen
                              									modernen Arbeits- und Sicherheitseinrichtungen. Die ausführliche Darstellung dieser
                              									technischen Errungenschaften ist ein umfangreiches Kapitel, auf das hier nicht näher
                              									eingegangen werden kann.
                           Es sei hier noch bemerkt, daß der größte heutige Petroleumdampfer „Narragansett“, der im Jahre 1903 bei Scott & Co. Ltd. in Greenock für die Anglo-American Co. gebaut worden ist, eine Ladefähigkeit
                              									für Petroleum von etwa 11000 t besitzt. Der Antrieb der Dampfer erfolgte bisher in
                              									der Regel durch Dampfanlagen, deren Kessel meistens mit Kohle, seltener mit Oel
                              									gefeuert wurden. Auf der Wolga aber hat man schon vor Jahren ein paar kleinere
                              									Tankschiffe mit Diesel-Motoren ausgerüstet. Aber erst in
                              									jüngster Zeit wurden etwa 20 größere Tankschiffe verschiedenen Werften in Auftrag
                              									gegeben, von denen einige Groß-Diesel-Motoren erhalten.
                              									Dieser bemerkenswerte Versuch dürfte binnen kurzem hochinteressante Ergebnisse
                              									zeitigen, welche Beachtung verdienen, nicht allein hinsichtlich der Eignung dieser
                              									Maschinenart für Oelschiffe im besonderen, sondern vielleicht in höherem Maße noch
                              									in bezug auf die allgemeine Brauchbarkeit der Groß-Diesel-Maschinen verschiedenen Systems für die Schiffahrt überhaupt.
                           
                        
                           V. Verwendung und Eigenschaften des
                                 										Erdöls und seiner Produkte.
                           Auch die Verwendung des Erdöls hat eine ausführliche Geschichte. Jene war schon im
                              									Altertum recht vielseitig, wie vorher bereits kurz erörtert, und verdient diese
                              									Bezeichnung auch heute noch, allerdings mit dem Unterschied, daß die technischen
                              									Anwendungen, insonderheit, der Produkte, jetzt weitaus überwiegen und eine Rolle
                              									spielen, die sich lediglich aus der gewaltigen, neuzeitigen Entwicklung der gesamten
                              									Technik erklärt. Daher sind es auch diese technischen Anwendungen, welche allein für
                              									uns in Betracht kommen, wozu aber noch die Beschränkung tritt, die von vornherein in
                              									unserer Absicht lag, nämlich einen Bericht über das Erdöl zu geben in Beziehung zu
                              									seinen wichtigsten maschinentechnischen Verwendungen.
                           Was das Erdöl selbst betrifft, so ist seine unmittelbare Benutzung als Heiz- und
                              									Leuchtmaterial, sowie zur Entstaubung und Befestigung von Straßen im allgemeinen von
                              									untergeordneter Bedeutung, für gewöhnlich zu kostspielig, wenn nämlich der Gehalt an
                              									wertvollen, leichtsiedenden Bestandteilen nur einigermaßen ausreichend ist, und
                              									daher selbst für Gegenden, wo Oel im Ueberfluß vorhanden und der Preis gering, kaum
                              									in ausgiebigem Gebrauch.
                           Bemerkenswert aber sind einige wichtige Eigenschaften des natürlichen Erdöls, deren
                              									Mehrzahl auch für die Produkte zur Geltung kommen. Das Erdöl ist ölig, dünn- bis
                              									dickflüssig, meistens braun bis schwarz, seltener wasserhell oder gelb, und je nach
                              									der Farbe verschieden durchsichtig. Es schwankt seine Dichte oder sein spez, Gewicht
                              									zwischen etwa 0,73 und 0,97; erstere ist im allgemeinen um so geringer, je heller
                              									die Farbe. Es sei hier hinzugefügt, daß es praktisch üblich ist, die Dichte entweder
                              									direkt als Gewicht oder in Graden des Aräometers von Baumé (B°) anzugeben. Die Umrechnung geschieht nach der Formel
                              										B^{\circ}=\frac{140}{D}-130, worin D die Gewichtszahl der Dichte bezeichnet. Da sich das Volumen mit der
                              									Temperatur nicht unwesentlich ändert, so schwankt dementsprechend beim selben Oel
                              									auch die Dichte mit der Temperatur, woraus folgt, daß beide Angaben stets zusammen
                              									gemacht werden müssen. Die Normaltemperatur für Dichteangaben ist 15°C, mit der
                              									Temperatur wächst oder fällt die Dichte um etwa 0,0008 pro 1°C.
                           Eine beachtenswerte Eigenschaft des Rohöls und seiner Produkte ist wie gesagt die
                              									Ausdehnung durch die Wärme. Sie ist wesentlich für die Berechnung der zulässigen
                              									Füllung von Tanks, Tankschiffen und Tankwagen, was schon durch den obigen Hinweis
                              									auf die Expansionstanks angedeutet worden ist. Der Ausdehnungskoeffizient wächst
                              									umgekehrt mit der Dichte des Oels und erreicht im Mittel etwa den vorstehenden
                              									Betrag von 0,0008. Daß sich das Erdöl zum Teil durch Verdunsten verflüchtigt, dabei
                              									allmählich dichter und strengflüssiger wird, und daß es daher in undurchlässigen,
                              									festverschlossenen Gefäßen aufzubewahren ist, ergibt sich aus dem Gehalt an
                              									leichtsiedenden Bestandteilen von selbst. Ebenso aber folgt daraus, wie wichtig es
                              									für die Sicherheit ist, daß beim Transport auf Schiffen z.B. die dem eigentlichen
                              									Oelraum benachbarten Räume dauernd gründlich durchlüftet werden, um die Ansammlung
                              									explosibler Gemenge infolge unvermeidlicher geringer Undichtheiten absolut zu
                              									verhindern.
                           Mehr als für das Erdöl selbst kommen für die Produkte die Eigenschaften des Siedens
                              									und Entflammens, also Siedetemperatur und Flammpunkt in Betracht. Es wurde schon
                              									gesagt, daß selbst bei den Destillaten das Sieden oder Verdampfen in einem größeren
                              									Temperaturgebiet, innerhalb der „Siedegrenzen“, erfolgt, weil die einzelnen
                              									Kohlenwasserstoffe verschiedenen Siedepunkt haben. Um so mehr ist dies natürlich für
                              									das rohe Erdöl der Fall. Je nach seiner Herkunft wechselt der Siedebeginn von 70 bis
                              									80° bei pennsylvanischem Oel, 90 bis 100° bei galizischem und russischem und 130 bis
                              									1 70° bei deutschem Oel. Je dichter das Oel, je weniger leichtflüchtige Teile es
                              									enthält, desto höher natürlich der Siedebeginn.
                           
                           Als Flammpunkt ferner gilt jene Temperatur, bei welcher das Oel an der Luft
                              									entzündbare Dämpfe bildet, ohne aber schon in der Masse selbst zu brennen. Er ist im
                              									allgemeinen für Oele von Bedeutung, weil von seiner Höhe der Grad der Sicherheit
                              									gegenüber Feuersund Explosionsgefahr abhängt, für Schmieröle im besonderen, sofern
                              									dadurch die Verwendbarkeit in Zylindern mit hohen Temperaturen teilweise bedingt
                              									wird. Je nach der Art der Bestimmung im offenen Tiegel verschiedener Größe oder im
                              									geschlossenen Apparat von Pensky-Martens variiert die
                              									Höhe des Flammpunktes unter Umständen um 20 bis 30°. Daher haben Angaben über den
                              									Flammpunkt stets die Art der Bestimmung zu enthalten, z.B. 90° C P-M, womit der
                              									Hinweis auf die Bestimmung nach Pensky-Martens gegeben
                              									ist. Rohöle und Destillate zeigen oft Flammpunkte mehr oder weniger weit unter 0°C,
                              									was dann also besagt, daß daraus an der Luft bei jeder über 0° gelegenen Temperatur
                              									entzündbare Dämpfe entstehen.
                           Für die Krafterzeugung wichtig ist noch der untere Heizwert des Erdöls und seiner
                              									Produkte. Er schwankt nur in relativ engen Grenzen, von 9500 bis 11000 WE; im Mittel
                              									beträgt er rund 10000 WE für 1 kg.
                           Den zur Erzeugung von Schmierölen geeigneten Erdölen ist noch die Eigenschaft der
                              									Viskosität oder Zähflüssigkeit eigentümlich. Da diese jedoch nur im Zusammenhang mit
                              									anderen Eigenschaften für das Schmieröl von Wert ist, so soll erst bei der
                              									Besprechung dieses Produkts und seiner Verwertung von jener Eigenschaft
                              									ausführlicher Notiz genommen werden.
                           Sowohl für das Erdöl hinsichtlich Transport und Lagerung, als auch für seine schweren
                              									Destillate, namentlich bezüglich deren Verwendung, ist weiter der Erstarrungs- oder
                              									Stockpunkt wichtig. Er bezeichnet die Temperatur, bei welcher diese Oele vom
                              									flüssigen in den festen Zustand übergehen. Wie erwähnt, wird diese Eigenschaft des
                              									Erstarrens hauptsächlich durch den Paraffingehalt verursacht. Sie kann nicht
                              									unwesentliche Unbequemlichkeiten und Weiterungen schaffen dadurch, daß sie das Oel
                              									am leichten Fließen hindert, was für den Transport durch Rohrleitungen im
                              									allgemeinen sowohl, als auch besonders durch die engen Oelleitungen, Düsen und
                              									Zerstäuber von Motoren von Bedeutung ist und hier eventl. besondere Maßnahmen, wie
                              									Vorwärmen usw., erfordert.
                           Für die Verwendung wesentlich ist auch der Gehalt des Erdöls an Sauerstoff, welcher
                              									von Natur vorhanden ist oder nachträglich aufgenommen wird und anscheinend die
                              									Bildung der Erdölsäuren hervorruft, die im Schmiermaterial und auch im
                              									Motortreibmittel durch die Eigenschaft, Metalle zu lösen, sehr nachteilig wirken
                              									können.
                           Nicht minder ist, wie schon gesagt, der Schwefelgehalt beachtenswert. Er beträgt bei
                              									einzelnen Oelen bis zu 2 v. H. und mehr, ist schlecht zu entfernen und verleiht dem
                              									Rohöl und den daraus gewonnenen Destillaten einen unangenehmen Geruch. Er kann zur
                              									Bildung von schwefliger und Schwefelsäure führen, welche wieder die Metalle
                              									angreifen und besonders in den Auspuffleitungen von Motoren Zerstörungen anrichten
                              									können. Hiernach spielt die Feststellung des Säuregehalts bei den Analysen von
                              									Schmier- und Motorenölen eine wesentliche Rolle, wobei noch zu bemerken ist, daß
                              									Oele mit 0,01 v. H. Säuregehalt handelsüblich noch als säurefrei gelten.
                           Wer häufig mit Erdölen und seinen Produkten zu tun hat, wird auch die physiologischen
                              									Eigenschaften derselben beachten müssen. Ihre Dämpfe z.B. bewirken Eingenommenheit
                              									des Kopfes, Reizung der Atmungsschleimhäute, sowie Schlafsucht und Appetitlosigkeit,
                              									also leichte Vergiftungserscheinungen. Sodann wirken Erdöle und ihre schweren
                              									Destillate bei längerer Berührung vergiftend auf die Haut. Sie rufen einen
                              									unangenehmen Ausschlag hervor, der schlecht zu beseitigen ist. Dieser Umstand wurde
                              									schon von Arbeitern, die in einer Motorenfabrik diese Erfahrung mit Gasöl gemacht
                              									hatten, als Grundlage für einen Antrag auf Lohnerhöhung benutzt.
                           Was nun die maschinentechnischen Anwendungen der Erdöldestillate betrifft, so sei
                              									diejenige für Motoren als die gegenwärtig bedeutsamste zunächst betrachtet. Es kann
                              									hier nicht in Frage kommen, diese Anwendung bis ins Einzelne zu beleuchten, weil
                              									hiermit in letzter Linie der gesamte Bau der Maschinen zusammenhängt und
                              									dementsprechend eine ausführliche Darstellung dieses Einflusses sehr umfangreich
                              									wird. Vielmehr muß ich mich auf die Behandlung einiger grundsätzlich wichtiger
                              									Punkte beschränken. Allgemein ist zunächst zu bemerken, daß der Zusammenhang der
                              									Verbrennungskraftmaschine mit der Brennstofffrage nicht nur ein wirtschaftlicher ist, der sich wie bei jeder anderen
                              									Kraftmaschine durch die Kosten für die Beschaffung, Verwendung und Ausnutzung des
                              									Kraftmittels ergibt, sondern wesentlich auch ein maschinen-
                                 										und betriebstechnischer, hervorgehend aus der besonderen Einwirkung, welche
                              									der Brennstoff auf die Gestaltung und den Betrieb von Verbrennungsmaschinen und ihre
                              									Einzelheiten ausübt. Im Vergleich hiermit ist der Dampfbetrieb weit einfacher. Für
                              									die Dampferzeugung sind zahlreiche minderwertige Abfallstoffe, wie Stroh, Sägespäne,
                              									Oelrückstände usw. ebensogut brauchbar wie die verschiedensten Kohlensorten, Torf
                              									oder Holz. Hieraus folgt eine weitgehende wirtschaftliche Unabhängigkeit und eine
                              									unübertreffliche Freiheit in der örtlichen Anwendung der Dampfmaschine, welche der
                              									Verbrennungsmaschine in gleichem Maße fehlt. Auch maschinen- und betriebstechnisch
                              									ist der Einfluß des Brennstoffs bei Dampfanlagen verschwindend. Mit dem Brennstoff
                              									ändert sich in baulicher Beziehung nur unwesentlich der Kessel, dagegen alles
                              									übrige, insbesondere die Maschine, überhaupt nicht. Ganz ähnlich verhält es sich mit
                              									dem Betrieb der Dampfanlagen im Zusammenhang mit dem Brennstoff.
                           In Beziehung auf die Gasmaschine, speziell die Oelmaschine, ergibt sich
                              									wirtschaftlich naturgemäß eine wesentliche Beschränkung, wenigstens für viele Orte,
                              									die für die Aufstellung solcher Maschinenanlagen in Betracht kommen. Die Entfernung
                              									von den Plätzen der Oelgewinnung und -Verarbeitung, die Ausbildung der Maschinen
                              									usw. haben hierauf allerdings einen dauernd veränderlichen Einfluß. Viel größer aber
                              									ist der Unterschied gegenüber Dampfanlagen, was Bau und Betrieb von Verbrennungsmaschinen
                              									betrifft. Legen wir diesbezüglich die Oelmaschine unserer Betrachtung zugrunde, so
                              									erscheint als das Maßgebende der Vergasungsvorgang, der mit jedem Oel notwendig
                              									durchgeführt werden muß, um seine Verbrennung in den Zylindern zu ermöglichen.
                              									Dieser Vorgang ist im wesentlichen entscheidend für den Bau der Maschine, für die
                              									Wärmeökonomie und die Betriebssicherheit. Auch auf die Betriebsführung hat er einen
                              									nicht zu verkennenden Einfluß. Die geringsten Anforderungen in jeder Richtung
                              									stellen die leichten Oele, die Leicht- und Schwerbenzine, für welche im Handel die
                              									verschiedensten Bezeichnungen üblich sind: Gasolin (0,66 bis 0,69), C-Nafta (0,69
                              									bis 0,70), B-Nafta (0,71 bis 0,73), A-Nafta (0,73 bis 0,75); ferner Motorenbenzin I
                              									und II, Automobilbenzin, sowie zahlreiche Phantasienamen, z.B. Veloxin, Heraklin
                              									usw. Die relativ einfache Vergasung und Verbrennung dieser Oele ergibt sich aus
                              									ihren niederen Siedegrenzen und Flammpunkten. Erstere beginnen vielfach schon bei 40
                              									bis 50° und enden bei höchstens 100 bis 150°; letztere liegen meistens mehr oder
                              									weniger weit unter 0° (– 20 bis – 40°C). Hierfür geeignete Motoren wurden schon
                              									frühzeitig, fast gleichzeitig mit dem Beginn des Motorbaues überhaupt, entwickelt.
                              									Sie haben seit Anfang dieses Jahrhunderts ihre vollkommenste Gestaltung für
                              									verschiedenste Zwecke gefunden, namentlich beim Bau von Automobilen, leichten
                              									Motorbooten, Flugfahrzeugen usw. Die Betriebssicherheit dieser Maschinen an sich hat
                              									heute einen hohen Grad erreicht. Gefahren für die Sicherheit entstehen vorwiegend
                              									aus Nebenteilen, aus Schwierigkeiten bei der Lagerung dieser feuergefährlichen
                              									Betriebsmittel usw. Ueber die Lagerung der Brennstoffe auf Wasserfahrzeugen soll
                              									weiter unten noch das wesentliche gesagt werden. Ein erhebliches Hindernis für die
                              									Verwendung der Leichtöle in wirtschaftlichen Betrieben ist ihr hoher Preis, der sich
                              									aus dem geringen Gehalt des Erdöls an solchen Bestandteilen und aus der
                              									umständlichen Erzeugung ergibt. Daher zieht sich wie ein roter Faden durch die
                              									Entwicklung wirtschaftlicher Oelmaschinen das dauernd wachsende Streben nach
                              									Anpassung dieser Motoren an die Verwendung immer schwererer und darum billigerer
                              									Oele. Nach dieser Richtlinie vollzieht sich die Entwicklung zu einem wesentlichen
                              									Teile auch heute noch. Auf diesem Wege allein war auch die Ausbildung der
                              									Großölmaschine möglich, die gerade jetzt für ortsfeste und Schiffszwecke vor sich
                              									geht. Für die Verwendung von Leichtölmotoren kommen von jeher nur Betriebe in Frage,
                              									bei welchen die Brennstoffkosten gegenüber den sonstigen Ausgaben nebensächlich sind
                              									oder wegen geringer Betriebsdauer und Leistung keine Rolle spielen.
                           Der Bau von Petroleummaschinen, die gegenüber den Leichtölmotoren vermehrte
                              									Wirtschaftlichkeit und für manche Zwecke auch eine notwendige Erhöhung der
                              									Sicherheit ergeben, wurde schon in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts
                              									begonnen. Solange hierbei die Vergasung allein auf dem normalen Wege (Vergaser), wie
                              									bei den Leichtölmaschinen, versucht wurde, war an einen durchschlagenden Erfolg
                              									nicht zu denken. Bis auf den heutigen Tag sind solche Maschinen unvollkommen, mit
                              									schlechter Gemischbildung und unvollständiger, rauchender Verbrennung, behaftet,
                              									meist auch nicht einmal selbständig, d.h. nicht ohne Benzinanlaß, Vorwärmung usw.
                              									betriebsfähig. Liegen doch die Siedegrenzen der Leuchtöle, welche für diesen
                              									Motorbetrieb in Betracht kommen, zwischen 100 bis 300°, während ihre Dichte 0,753
                              									bis 0,864 beträgt. Außerdem liegt der Entflammungspunkt dieser Oele, da sie
                              									gleichzeitig Leuchtzwecken dienen, gemäß Reichsgesetz über 21°
                              									(Reichstestpetroleum), beträgt meistens aber wesentlich mehr (26 bis 68° C). Den
                              									einzig brauchbaren Weg für die rationelle Vergasung und Verbrennung von Leuchtölen
                              									und allen schwereren Destillaten hat die Einführung des Hochdruckverfahrens
                              									gewiesen, wie es in Diesel-, Brons- und ähnlichen Motoren zur Anwendung gelangt. Hierbei liegt die
                              									Ursache des Erfolgs in der hohen Verdichtung, die eine Temperatur von 600 und mehr
                              									Grad erzeugt, ausreichend für die vollkommene Vergasung und Verbrennung selbst der
                              									schwersten Erdölrückstände. Damit ist wie gesagt auch der Weg zur Großölmaschine
                              									frei und inzwischen längst erfolgreich beschritten worden. Für Diesel-Maschinen werden bei uns heute, soweit die benutzten Brennstoffe
                              									dem Erdöl entstammen, vorwiegend Mittelöle verwendet, da ihre Dichten in die durch
                              									das Zollgesetz festgelegten Grenzen von 0,83 bis 0,88 fallen, für welche der
                              									ermäßigte Zollsatz von 3 M + 20 v. H. Tarazuschlag = 3,60 M für 100 Kilo beansprucht
                              									werden kann. Im Anschluß an die Bezeichnung im Zolltarif ist für diese Oele die
                              									Benennung „Gasöl“ üblich, herrührend von der früher überwiegenden Verwendung
                              									zur Erzeugung von Oelgas. Das Sieden beginnt bei dem Gasöl frühestens mit 170 bis
                              									180°C und endet bei 300 bis 380°; der Entflammungspunkt schwankt zwischen etwa 70
                              									bis 80°C. Wie erwähnt, sind auch die Rückstände (russisch: Masut, rumänisch: Pakura,
                              									englisch und amerikanisch: liquid fuel) in Diesel-Motoren
                              									verwendbar; doch hindert diese Verwendung in Deutschland bisher noch der Zolltarif,
                              									worauf ich bei der Besprechung der Preise zurückkommen will. Da die Rückstände in
                              									weit größeren Mengen verfügbar sind als die Mittelöle, so haben sie für den
                              									Motorbetrieb vom wirtschaftlichen Standpunkt eine große Bedeutung. In der
                              									Seeschiffahrt steht ihrer Verwendung auch heute schon nichts im Wege, weil sie dort
                              									vom Zoll unabhängig ist. In diesen Betrieben werden sie daher jedenfalls demnächst
                              									erscheinen, sobald eine Anzahl großer Schiffsölmaschinen in Fahrt gekommen ist.
                              									Vorteilhaft sind die Rückstände auch in bezug auf die Sicherheit, denn ihr
                              									Flammpunkt bewegt sich zwischen 100 bis 130°C, ihre Dichte zwischen 0,90 bis 0,95,
                              									während sie zwischen etwa 300 bis 350° sieden. Dieser Umstand erleichtert natürlich
                              									bedeutend die sichere Lagerung, namentlich an Bord von Schiffen, die hier um so
                              									schwieriger wird, je leichter das Oel ist. Darum ist Benzin auf Schiffen am
                              									schwierigsten unterzubringen, am besten in separaten, geschweißten Tanks aus
                              									verzinktem Eisenblech, die überall bequem zugänglich sind und die oben erwähnten Sicherheitsvorrichtungen besitzen. Ferner ist peinlichste Sorgfalt in bezug
                              									auf alle Verbindungsstellen, Hähne usw. in der Oelleitung und auf den Vergaser zu
                              									verwenden, damit Undichtheiten usw. sofort bemerkt und beseitigt werden.
                              									Geschlossene Räume, wo Benzin lagert, sind dauernd stark zu ventilieren; denn es
                              									sind nur Benzinluftgemische über etwa 1: 50 (1 Gewichtsteil Oel auf 50 Gewichtsteile
                              									Luft) brennbar und explosibel. Bei ausbrechendem Brand muß vor allem auf schnelle
                              									Beseitigung der Hauptölmassen Bedacht genommen werden. Beginnt also ein Behälter zu
                              									brennen, so muß man den Inhalt sogleich unschädlich entfernen können. Für offene
                              									Brände ist Wasser kein gutes Löschmittel; ist der Brand nicht zu umfangreich, so
                              									leistet unter Umständen Sand gute Dienste, weil er das Oel aufsaugt. Gasöl und
                              									namentlich Rückstände (Residuen) sind weit weniger gefährlich und nicht sehr
                              									schwierig zu lagern. Bei Großschiffen bietet sich die Möglichkeit, das Oel
                              									wenigstens teilweise im Doppelboden unterzubringen oder in besonderen Oelbunkern
                              									bezw. eigenen Tanks, die an passenden Stellen längs- und querschiffs und
                              									bisweilen in Räumen untergebracht werden können, welche sonst keinem nützlichen
                              									Zwecke zuzuführen sind. Zu beachten ist aber, daß Oelbehälter, welche direkt durch
                              									Teile der Außenhaut eingeschlossen sind, der Gefahr des Leckwerdens infolge
                              									Grundberührungen, Kollisionen usw. unterliegen. Unvermeidlich bleibt es natürlich,
                              									dafür zu sorgen, daß die Oelräume an Bord dicht halten, auch gegen Wassereintritt,
                              									damit das Oel dadurch nicht verunreinigt werde; auch müssen, wie gesagt,
                              									geschlossene Räume in der Umgebung der Behälter stets und dauernd gut entlüftet
                              									werden.
                           Bei Beobachtung aller solcher Maßnahmen ist der sichere Betrieb von Großölmaschinen
                              									an Bord lediglich eine maschinentechnische Frage, d.h. nur von der sicheren Wirkung
                              									der Maschine selbst und ihres Zubehörs abhängig und dementsprechend zu
                              									beurteilen.
                           
                              (Schluß folgt.)