| Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. | 
| Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 604 | 
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                        POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Ueber den Diesel-Motorenbau auf der Germaniawerft
                              									sprach auf der diesjährigen Sommerversammlung der Schiffbautechnischen Gesellschaft
                              									Maschinenbaudirektor Regenbogen-Kiel.
                           Nach einem kurzen geschichtlichen Ueberblick über die experimentellen und
                              									konstruktiven Arbeiten der Germaniawerft auf diesem neuen Gebiet kam der Vortragende
                              									auf den gegenwärtigen Stand des Diesel-Motorenbaues bei
                              									seiner Firma zu sprechen. Die ersten Versuche in Kiel wurden mit einer in Essen
                              									gebauten doppeltwirkenden Viertaktmaschine angenommen. Dieselbe besaß auch auf der
                              									unteren Kolbenseite zentrale Einspritzung, was durch Verwendung zweier Kolbenstangen
                              									ermöglicht wurde. In der Folge wurde diese Maschine in einen Zweitaktmotor umgebaut
                              									und auch damit Versuche angestellt. Insbesondere wurden Proben mit schräggestellter
                              									Brennstoffnadel und mit Wassereinspritzung in den Auspuffringkanal vorgenommen. Auch
                              									der Frage der Verwendung des Diesel-Motors in
                              									Unterseebooten für Unterwasserfahrt wurde die nötige Beachtung geschenkt. Es wurden
                              									Versuche angestellt, die bezweckten, den Betrieb ohne Frischluft durchzuhalten. Die
                              									Auspuffgase wurden zu diesem Zwecke mit Sauerstoff gemischt und dann als arbeitendes
                              									Medium verwandt. Der nächste Schritt zur Entwicklung neuer Diesel-Typen war der Bau eines raschlaufenden 50 PSe-Zweitaktmotors mit Stufenkolben. Die Anordnung des
                              									Stufenkolbens unter dem Arbeitszylinder ergab jedoch verschiedene Unzuträglichkeiten
                              									und einen geringen Nutzeffekt. Auch Bearbeitung und Montage gestalteten sich
                              									ziemlich schwierig, weshalb die Konstruktion nicht weiter verwendet wurde.
                           Der Bau von stationären Motoren begann im Jahre 1906. Vom Jahre 1908 ab, wo der
                              									Beschäftigungsgrad unserer Werften ein sehr schlechter war, wurde der Bau von
                              									stationären Diesel-Motoren in größerem Umfange betrieben,
                              									wobei sich für die Werft die Möglichkeit ergab, sich einen guten Arbeiterstand
                              									für den Diesel-Motorenbau heranzubilden und auf dem neuen
                              									Gebiet Erfahrungen zu sammeln. Die Werkstätten mußten bald vergrößert werden. Neben
                              									den stationären Modellen wurden auch eine ganze Reihe von Schiffsmotorentypen
                              									geschaffen. Dabei wurden die Erfahrungen des Schiffsdampfmaschinenbaues in
                              									ausgiebiger Weise zu Rate gezogen und die Getriebeteile der größeren Schiffs-Diesel-Maschinen sind durchweg denen von
                              									Schiffsdampfmaschinen nachgebildet. Bei der Schaffung größerer Einheitsleistungen
                              									spielte die Frage der Kolbenkühlung eine sehr wichtige Rolle. Bei langsamlaufenden
                              									Viertaktmotoren machte sich die Kühlung des Kolbens von etwa 500 mm ∅ ab
                              									erforderlich, bei raschlaufenden Viertaktmotoren insbesondere bei Zweitaktmotoren
                              									noch viel früher. Man hat es, um größeren Schwierigkeiten bei der Zuführung des
                              									Kühlmittels aus dem Wege zu gehen, mit der Oelkühlung versucht. Dieselbe besitzt den
                              									großen Vorteil, daß eventl. Undichtigkeiten nicht schaden, da das zur Kühlung
                              									verwendete Oel sich ruhig mit dem in der Kurbelbilge befindlichen mischen kann.
                              									Würde man als Kühlflüssigkeit Wasser, insbesondere Seewasser, nehmen, so würde eine
                              									eventl. Undichtigkeit zu großen Unzuträglichkeiten führen. Bei Maschinengrößen, die
                              									eben eine Kühlung des Kolbens erforderlich machen, genügt nun zur Erzielung der
                              									nötigen Betriebssicherheit schon das Abführen einer verhältnismäßig geringen
                              									Wärmemenge und es kann als Kühlflüssigkeit ohne weiteres Oel verwendet werden,
                              									obwohl letzteres nur eine spez. Wärme von 0,4 besitzt. Anders ist es bei Maschinen
                              									mit großem Durchmesser, namentlich wenn dieselben im Zweitakt arbeiten. Hier genügt
                              									nach Ansicht des Herrn Regenbogen das Schmieröl als
                              									Kühlflüssigkeit nicht mehr und man muß Wasserkühlung anwenden.Anmerkung der Redaktion: Der Vortragende hat
                                    											hierbei anscheinend außer Bedacht gelassen, daß das Schmieröl einen weit höheren
                                    											Siedepunkt als das Wasser hat und sich daher ohne Schaden für die
                                    											Betriebssicherheit der Maschine auf eine weit höhere Temperatur erwärmen
                                    											läßt, falls dies nötig sein sollte. Tatsächlich hat sich ja auch die
                                    											Oelkühlung bei den neuen doppeltwirkenden Maschinen der M. A. N. sehr gut
                                    											bewährt.
                           
                           Die Germaniawerft hat sich daher zur Einführung von
                              									Wasserkühlung entschlossen. Es war dazu aber nötig, besondere
                              									Sicherheitsvorkehrungen zu schaffen, die ein Ausfließen des Schmieröls in den
                              									Kurbelkasten verhinderten. Der Arbeitskolben der Maschine erhielt deshalb an seinem
                              									unteren Ende eine Art hohlen Stufenkolben, dessen Innenraum mit dem Kühlwasserraum
                              									des Kolbens in Verbindung steht. Auf diesem stufenförmigen Fortsatz sind zwei
                              									Posaunenrohre aufgesetzt, die in zwei besonders abgeteilte Räume des Zylindermantels
                              									hineinragen. Die Stopfbuchsen, die die Abdichtung dieser Posaunenrohre gegen den
                              									Zylindermantel besorgen, liegen hierbei außerhalb des Kastengestells, so daß eventl.
                              									Undichtigkeiten kein Verschmutzen des Schmieröls im Kastengestell zur Folge haben.
                              									Die Kühlwasserzuführung erfolgt nun nach dem Zylindermantel in einen der beiden
                              									besonders abgeteilten Räume; durch das Posaunenrohr gelangt das Kühlmittel durch
                              									einen Steigkanal in den Kühlraum des Arbeitskolbens und durch ein Fallrohr wieder
                              									nach unten in den stufenförmigen Fortsatz und in das zweite Posaunenrohr. Aus
                              									letzterem fließt es dann in den zweiten besonders abgeteilten Raum des
                              									Zylindermantels und verläßt diesen durch eine Kühlwasserabflußleitung. Die
                              									Vorrichtung erfüllt allem Anschein nach ihren Zweck in sehr vollkommener Weise.
                           Auch der Frage der Teerölverwertung, welche ja für deutsche Verhältnisse ein
                              									besonders großes Interesse besitzt, hat die Germaniawerft
                              									beizeiten ihr Augenmerk zugewendet, und hat auch eine große Anzahl von Patenten auf
                              									diesem Gebiet angemeldet. Für Schiffsmotoren ist zwar die Teerölfrage von geringerer
                              									Wichtigkeit, doch kann es im Kriegsfalle sehr wertvoll sein, wenn wir auf unsere
                              									einheimische Teerölproduktion zurückgreifen können, um unseren Schiffen die nötigen
                              									Betriebsstoffe zu sichern. Das Verfahren der Germaniawerft beim Teerölbetrieb besteht darin, daß der durch Einleitung
                              									der Zündung erforderliche Zündtropfen unmittelbar an den Sitz der Nadel
                              									herangedrückt wird durch vorübergehende Druckminderung in dem Raum vor dem
                              									Nadelsitz. Der Brennstoff (das Teeröl) wird durch eine gewöhnliche Brennstoffpumpe
                              									über dem Zerstäuber eingeführt. Der Zündtropfen wird in einem Ringraum gelagert. Der
                              									letztere steht durch einen Kanal, der durch ein besonderes Steuerorgan verschlossen
                              									werden kann, mit der Atmosphäre oder einem Raum von niedrigerem Druck als die
                              									Einblaseluft ihn besitzt, in Verbindung. Einige Zeit vor Eröffnung der Nadel, d.h.
                              									vor Beginn der Einspritzung, wird nun der Druck in dem Ringraum, der den Zündtropfen
                              									aufgenommen hat, vermindert. Infolge des Ueberdruckes über dem Zerstäuber wird
                              									dadurch ein geringer Teil des Brennstoffes durch den Zerstäuber nach dem
                              									ringförmigen Brennstofflagerraum für den Zündtropfen gerissen.
                           Dort erwärmt sich dieser zuerst vorgeschleuderte Brennstoff sehr stark, gelangt
                              									beim Oeffnen der Nadel zuerst in den Zylinder und leitet die Zündung ein. Der übrige
                              									Brennstoff folgt, mit Einblaseluft gemischt, nach, und findet in der Flamme des
                              									Zündtropfens eine genügend hohe Temperatur für seine eigene Verbrennung vor. Auf
                              									diese Weise wird es möglich, bis zu den kleinsten Belastungen des Motors herab ohne
                              									Zuhilfenahme eines leichter entzündlichen Brennstoffes den Betrieb aufrecht zu
                              									erhalten. Nur zum Anfahren wird ein leichter entzündliches Gasöl oder Paraffinöl
                              									verwendet, bis der Motor genügend warm geworden ist.
                           Außer den stationären langsamlaufenden Motoren schwerer Bauart (250 bis 300 kg f. d.
                              									PS) wurde auch ein mittelschwerer raschlaufender Typ durchgebildet mit einem Gewicht
                              									von 120 bis 160 kg f. d. PS. Die Maschine ist mit Preßschmierung in einem
                              									geschlossenen Gestell ausgestattet. Für stationäre Zwecke werden diese Maschinen in
                              									Gußeisen, für Schiffszwecke (Schiffshilfsmaschinen) in Stahlguß oder Bronze gebaut,
                              									wodurch das Gewicht des Motors auf 30 bis 40 kg f. d. PSe sinkt. Nach diesem System wurde ein 450 pferdiger Sechszylindermotor mit
                              									400 minutl. Umdrehungen gebaut, der zum Antrieb von Dynamomaschinen für
                              									Kriegsschiffe dient. Nach einem ähnlichen Typ wurde der erste direkt umsteuerbare
                              										Schiffs-Diesel-Motor der Germaniawerft gebaut, welcher durch Verschieben der Nockenwelle
                              									umgesteuert wird.
                           Für Bootszwecke waren die bisher angeführten Typen immer noch zu schwer, weshalb eine
                              									besondere Type hierfür entworfen werden mußte. Man legte zu diesem Zwecke die
                              									Arbeitszylinder blockweise zu je zweien zusammen und sparte dabei je ein
                              									Kurbelwellenlager und dementsprechend auch an Baulänge. Als Baumaterial wurden fast
                              									ausschließlich Stahl und Bronze gewählt. Maschinen dieses Typs von mehr als 100 PS
                              									werden auch als direkt umsteuerbare Sechszylindermaschinen ausgeführt. Für die
                              									kleineren Leistungen wird die Umsteuerung durch ein Wendegetriebe oder eine
                              									Segelschraube ersetzt. Auch für Schraubenschiffsantriebe wurden diese raschlaufenden
                              									umsteuerbaren Bootsmotoren schon verwendet. Die Reduktion der Tourenzahl wurde dabei
                              									durch ein breites Pfeilräderpaar und großes Uebersetzungsverhältnis (1: 8) erzielt.
                              									Auch für stationäre Landanlagen hat die Werft schon ähnliche Aggregate geliefert.
                              									Neben den oben erwähnten Viertaktmotoren hat die Germaniawerft auch eine ganze Reihe von Zweitaktmotorentypen entwickelt.
                              									Für die Deutsch-amerikanische Petroleumgesellschaft baut
                              									die Germaniawerft zurzeit drei große Tankschiffe, die sie
                              									mit Zweitakt-Diesel-Motoren von je 1200 PSe-Leistung und 140 minutl. Umdrehungen ausstattet.
                              									Diese Maschine besitzt Ständerbauart, wie sie bei Dampfmaschinen gebräuchlich ist
                              									und ist mit einer Kreuzkopfführung versehen, obwohl die Arbeitszylinder nur
                              									einfachwirkend sind. Die Wasserkühlung der Arbeitskolben wird nicht in der oben
                              									beschriebenen Art bewirkt, sondern mittels Gelenkrohren, die das Wasser dem
                              									Kreuzkopf zuführen. Von diesen gelangt es durch ein Rohr in der hohlen Kolbenstange
                              										nach dem
                              									Kolben, um auf der Außenseite dieses Rohres durch die hohle Kolbenstange wieder
                              									abzufließen. Die Zylinderbuchse ist ausziehbar, um eine bequeme Reinigung zu
                              									ermöglichen. Infolge dieser Anordnung ist es erforderlich geworden, die
                              									Auspuffleitung mittels Stopfbuchsen durch den Außenmantel des Zylinders
                              									hindurchzuführen. Zylinderkopf und Zylinderbuchse sind aus einem Stück gegossen. Der
                              									Ausbau des Kolbens kann nach unten oder nach oben erfolgen. Das erstere wird
                              									ermöglicht durch Teilung der Kolbenstange. Die Spülpumpe der Maschine wird mittels
                              									Balancier vom Kreuzkopf aus angetrieben. Die Umsteuerung erfolgt durch
                              									Längsverschiebung der obenliegenden Steuerwelle. Die Umstellvorrichtung, die das
                              									Umstellen vom Brennstoffbetrieb zum Anlaßbetrieb und umgekehrt besorgt, ist für die
                              									einzelnen Zylindergruppen geteilt ausgeführt, um einzelne Zylinder noch im
                              									Anlaßbetrieb arbeiten lassen zu können, während die anderen ihre ersten Zündungen
                              									machen. Dadurch wird eine gewisse Abstufung der Geschwindigkeit beim Manövrieren
                              									erreicht. Da die Umstellvorrichtung und die Umsteuervorrichtung bei dieser Maschine
                              									getrennt ausgeführt sind, mußte Vorsorge getroffen werden, daß die einzelnen Manöver
                              									nicht in verkehrter Reihenfolge ausgeführt werden können. Zu dem Zweck wurde eine
                              									zwangläufige Verblockung vorgenommen. Wenn drei Zylinder nach dem Umsteuern mit
                              									Brennstoffbetrieb arbeiten, können die anderen drei Zylinder entweder auf Dock oder
                              									ebenfalls auf Betrieb gestellt werden; was dann volle Fahrt ergibt. Dieser
                              									einfachwirkende langsamlaufende Zweitaktmotor wird von der Germaniawerft bis etwa 3000 PS-Leistung gebaut. Für größere Leistungen
                              									sind doppeltwirkende Motoren vorgesehen.
                           Auch eine langsamlaufende Zweitakttype für Schlepp- und schwere Verkehrsboote wird
                              									von der Germaniawerft gebaut. Dieselbe besitzt
                              									Säulenbauart und ist eine sogen. ventillose Zweitaktmaschine, d.h. eine Maschine,
                              									bei der nicht nur der Auspuff, sondern auch die Spülluft durch Schlitze gesteuert
                              									werden. Die Tourenzahl dieser Motoren darf nicht zu hoch genommen werden, weil die
                              									Spülung im Gegenstrom erfolgt. Eine Maschine von 120 bis 140 PSe-Leistung hat bei 320 Umdrehungen vollkommen
                              									zufriedenstellend gearbeitet. Die Maschine ist verhältnismäßig schwer (100 bis 120
                              									kg f. d. PSe).
                           Für Kriegsfahrzeuge mußten besondere raschlaufende Maschinentypen von geringem
                              									Gewicht entwickelt werden. Die Werft baut für solche Fahrzeuge mittelschwere Motoren
                              									von 30 bis 40 kg f. d. PS, bei denen nur hochwertige Materialien Verwendung finden.
                              									Die sechszylindrigen Motoren sind vollständig gekapselt ausgeführt und besitzen
                              									direkte Umsteuerung. Die beiden Kompressorzylinder liegen in der Mitte zwischen zwei
                              									Dreizylindergruppen und die beiden Spülpumpen an je einem Ende der Maschine. Zwei
                              									Stück 600 pferdige Motoren dieses Typs, die fast ganz in Stahlguß und Bronze
                              									ausgeführt sind und 300 Umdr. i. d. Min. machen, wiegen mit allem Zubehör zur
                              									Maschinenanlage (ohne Wellenleitung) etwa 35 kg f. d. PS.
                           Nach ähnlichem Typ, aber wesentlich leichter gebaut, sind die
                              									Zweitakt-Unterseebootsmotoren der Germaniawerft.
                              									Dieselben sind aus sehr hochwertigen Materialien konstruiert und besitzen eine sehr
                              									hohe Tourenzahl. Sie sind mit der oben beschriebenen Kolbenkühlung ausgestattet, die
                              									sich viel besser bewährte wie die ursprünglich verwendete Oelkühlung, bei der sich
                              									stets nach 8 bis 14 Tagen Oelansätze bildeten. Jeder Zylinder besitzt drei
                              									Spülventile, welche von einem einzigen Hebel aus durch Vermittlung einer Platte
                              									bedient werden. Von diesen Motoren sind schon eine große Anzahl für die inländische
                              									und für ausländische Marinen gebaut worden.
                           Zu Anfang des Jahres 1911 wurde mit dem Bau einer doppeltwirkenden Maschine von
                              									großer Leistung begonnen. Die Versuchsmaschine, die zur Ermittlung einer geeigneten
                              									Zylinderkonstruktion mit günstigem Verbrennungsraum und zweckentsprechender
                              									Steuerung dienen sollte, wurde zunächst als Einzylindermotor gebaut. Dieser Motor
                              									ergab im Dauerbetrieb gute Resultate,
                           Es wurden weiterhin Versuche angestellt, die den Ersatz der Spülpumpen durch
                              									Strahlapparate zum Zwecke hatten. Ein weiterer Versuch diente der Untersuchung des
                              									Spülvorgangs im Zweitaktmotorenzylinder. Auf einen starkwandigen Glaszylinder wurde
                              									der Zylinderkopf und die Spülventile eines Zweitaktmotors aufgesetzt. Die
                              									Verlängerung des Glaszylinders wurde als Kolbenführung verwendet und enthielt die
                              									vom Kolben gesteuerten Auspuff schlitze. Die Bewegungsumkehr des Kolbens wurde beim
                              									Senken erzielt durch Gewichtsbelastung, beim Heben durch die unter dem Kolben
                              									einströmende Druckluft. Durch einen Mehrwegehahn wurde die zeitlich genau
                              									regulierbare Zu- und Abführung der Druckluft unter dem Kolben vermittelt. Die
                              									Steuerung arbeitete wie beim normalen Zweitaktmotor. Der Druck der Spülluft wurde
                              									durch fortlaufendes Nachfüllen in den Spülluftbehälter während der Versuche konstant
                              									erhalten. Der Kolben wurde bei den Versuchen etwas über den Auspuffschlitzen
                              									festgestellt und der Raum über ihm mit reiner Luft von 0,5 at Ueberdruck gefüllt.
                              									Sodann wurde in den Spülluftbehälter dichter Rauch eingesaugt, der auf dem Wege zum
                              									Arbeitszylinder möglichst gleichmäßig in der Luft verteilt wurde. Durch Ausrücken
                              									der Klinke des Steuerhähnes wurde der Kolben gesenkt, die Luft über ihm entspannt
                              									und ausgepufft, Beim Anheben der Spülventile trat dann die geschwärzte Luft in den
                              									Zylinder ein und besorgte die Spülung. Der Vorgang wurde durch einen Kinematographen
                              									festgehalten. Die Resultate waren mangelhaft. Der umgekehrte Weg war besser gangbar:
                              									Der Raum über dem Kolben wurde mit geschwärzter Luft gefüllt und die Spülluft war
                              									rein. Da der ganze Spülprozeß nur 1/15 bis 1/20 Sekunde dauerte, so konnten die Strömungslinien
                              									nicht milder wünschenswerten Präzision festgestellt werden. Der Versuch wurde
                              									deshelb verlangsamt.
                           Der eben beschriebene Versuch ist zwar ganz lehrreich, dürfte aber nach unserer
                              									Meinung immerhin kein richtiges Bild des Spülvorgangs liefern, da die dem Verbuch
                              									zugrunde liegenden Verhältnisse den in der Maschine auftretenden Verhältnissen auch
                              									nicht annähernd entsprechen. Die Luft stagnierte vor dem Eintritt in den Zylinder und mußte erst
                              									beschleunigt werden. Ferner fehlten die beim wirklichen Verbrennungsprozeß
                              									auftretenden hohen Temperaturen und damit auch die Strömungen und Wirbelbildungen,
                              									die durch den Temperaturausgleich mit den Wandungen hervorgerufen werden. Die
                              									Bewegung beim Kolbensenken war anscheinend eine gleichförmig beschleunigte, während
                              									man es in Wirklichkeit mit einer verzögerten Bewegung zu tun hat, wie sich aus den
                              									Kurbeldiagrammen ableiten läßt.
                           Im ganzen genommen zeigt die Ausführung von Direktor Regenbogen, daß der Germaniawerft ein eminentes
                              									Verdienst um die Entwicklung des Motorenbaues in Deutschland zukommt.
                           ––––––––––
                           Die praktische Ausbildung der Ingenieure. Die
                              									Aufnahmebestimmungen unserer Technischen Hochschulen schreiben vor, daß die
                              									Studierenden des Maschinenbaues und der Elektrotechnik vor Ablegung der
                              									Diplomprüfung ein Jahr lang praktisch in einer Fabrik tätig gewesen sein müssen.
                              									Diese praktische Vorbildung bezweckt, dem angehenden Ingenieur einen Einblick in die
                              									Organisation und den Betrieb eines industriellen Werkes zu gewähren, ihm die für
                              									seinen Beruf notwendigen praktischen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln und
                              									ihm eine gewisse Kenntnis der Lebensanschauungen und der ganzen Lebensart der
                              									Arbeiterschaft zuzuführen.
                           Die Frage, ob das praktische Jahr ganz vor Beginn des Studiums liegen soll, oder ob
                              									es teilweise in die Ferien verlegt werden darf, ist bislang nicht übereinstimmend
                              									entschieden.
                           Der Deutsche Ausschuß für Technisches Schulwesen berief im Mai 1912 zur Beratung über
                              									die Gestaltung der praktischen Vorbildung einen Ausschuß, an dessen Verhandlungen
                              									hervorragende Vertreter der Industrie, sowie Vertreter von staatlichen
                              									Behörden, Technischen Hochschulen und Technischen Mittelschulen teilnahmen. Nach
                              									eingehenden Beratungen einigte sich die Versammlung auf den Beschluß, daß es sich
                              									nach wie vor empfehle, von den künftigen Maschineningenieuren, soweit sie die
                              									Diplomprüfung ablegen wollen, eine einjährige praktische Ausbildung zu fordern, von
                              									der zum mindesten ein halbes Jahr vor Beginn der Studien abgeleistet werden
                              									müsse.
                           Für die Schüler höherer Maschinenbauschulen hat der Deutsche Ausschuß in seinen
                              									Beschlüssen vom 21. November 1910 eine mindestens zweijährige praktische Vorbildung
                              									als erforderlich bezeichnet, die ganz vor Beginn der Studien zurückzulegen ist.
                           Obwohl nun die deutsche Industrie anerkennt, daß sie im eigensten Interesse bestrebt
                              									sein muß, die Ausbildung ihrer künftigen leitenden und mittleren Beamten nach
                              									Kräften zu fördern, so ist es doch oft dem jungen Mann, der Maschineningenieur
                              									werden will, nicht leicht, ein Werk zu finden, das ihn in geeigneter Weise praktisch
                              									ausbildet. Der Deutsche Ausschuß hat beschlossen, hier versuchsweise vermittelnd
                              									einzutreten, er wird eine Vermittlungsstelle errichten, die den angehenden
                              									Praktikanten den Eintritt in geeignete Fabriken ermöglichen soll. Wenn seitens der
                              									Industrie genügende Unterstützung gewährt wird, dann kann die geplante
                              									Vermittlungsstelle zweifellos großen Nutzen schaffen und auch auf die bessere
                              									Ausgestaltung und Ausnutzung der praktischen Ausbildungszeit erwünschten Einfluß
                              									gewinnen. Diesem Zwecke sollen insbesondere auch die vom Deutschen Ausschuß
                              									herausgegebenen Merkblätter dienen, welche die Vermittlungsstelle den Praktikanten
                              									übermitteln wird.