| Titel: | PRÜFUNG VON MARMOR AUF POLITURHALTIGKEIT. | 
| Autor: | E. Preuss | 
| Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 634 | 
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                        PRÜFUNG VON MARMOR AUF
                           								POLITURHALTIGKEIT.
                        Von Privatdozent Dr.-Ing. E. Preuss,
                           									Darmstadt.
                        Mitteilung aus der Materialprüfungsanstalt
                           								Darmstadt.
                        PREUSS: Prüfung von Marmor auf Politurhaltigkeit.
                        
                     
                        
                           Das Polieren von Naturmarmor erfolgt durch längeres kräftiges Reiben der
                              									Oberfläche mit einem geeigneten Poliermittel, z.B. Zinnasche, unter Zuhilfenahme
                              									eines angefeuchteten Ballens. Das Poliermittel wirkt in der Weise, daß es geringe
                              									vorhandene Unebenheiten der Oberfläche abschleift, sowie auch vorhandene
                              									Vertiefungen ausfüllt und zusetzt, so daß eine möglichst ebene Oberfläche erzielt
                              									wird. Auf den eben abgeschliffenen, zuvor vorspringenden Stellen wird auch nach
                              									beendigtem Polieren stets noch eine dünne Schicht des Poliermittels zurückbleiben,
                              									die einen wesentlichen Anteil an der Güte der Politur hat. Man erhält in der
                              									angegebenen Weise eine Politur des Marmors, die zum größten Teile darauf beruht, daß
                              									auf der Oberfläche ein aus dem Poliermittel und Wasser bestehender, gut
                              									reflektierender Schleim aufgebracht wurde. Dieser Schleim ist naturgemäß gegen
                              									äußere Einflüsse nicht besonders widerstandsfähig, und man sucht ihn daher gegen
                              									derartige Einflüsse häufig durch einen geeigneten Ueberzug möglichst zu
                              									schützen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 634
                              Fig. 1.
                              
                           In neuerer Zeit wird Kunstmarmor in den Handel gebracht, der aus dem Grus von
                              									natürlichem Marmor unter Zusatz, geeigneter Farbbeigaben hergestellt wird. Außerdem
                              									wird noch das Politurmittel dem natürlichen Marmorgrus zugesetzt und innig mit ihm
                              									vermischt. Im Gegensatz zu dem natürlichen Marmor, bei dem die reflektierende
                              									Schicht im wesentlichen nur in einer dünnen, leicht entfernbaren Oberflächenschicht
                              									besteht, ist also bei dem Kunstmarmor das den Reflex und damit die Güte der Politur
                              									erzeugende Mittel durch und durch in der Marmormasse enthalten, so daß die Politur
                              									bei dem Nachreiben der Oberfläche nicht entfernt wird, sondern immer wieder von
                              									neuem hervortritt.
                           Die Materialprüfungsanstalt Darmstadt erhielt den Auftrag, derartigen Kunstmarmor auf
                              									Politurhaltigkeit zu prüfen. Gleichzeitig sollte zum Vergleich die Politurhaltigkeit
                              									von natürlichem Marmor festgestellt werden. Die einzelnen Proben sollten
                              									antragsgemäß an verschiedenen Orten in geschlossenen Räumen und im Freien gelagert
                              									werden, um den Einfluß der Lagerungsart auf die allmähliche Abnahme der Politur bei
                              									dem Kunstmarmor und dem natürlichen Marmor beobachten zu können. Es erschien
                              									wünschenswert, das Verhalten der Politur während dieser Versuche in dem
                              									auszustellenden Prüfungszeugnis nicht durch subjektive Urteile, wie „gut“,
                              										„mindergut“, „schlecht“ usw. zu kennzeichnen, sondern das
                              									Verhalten der Politur der verschiedenen Marmorsorten möglichst zahlenmäßig
                              									anzugeben.
                           In Ermangelung eines Prüfungsverfahrens für den vorliegenden Zweck wurde von dem
                              									Vorstand der Materialprüfungsanstalt, Herrn Geh. Baurat Prof. Berndt, folgendes Verfahren angegeben, das sich vorzüglich bewährt hat. Es
                              									beruht darauf, den jeweils auf dem Marmor vorhandenen Grad der Politur durch
                              									Feststellung der Reflexfähigkeit der Marmoroberfläche auf optischem Wege zu messen.
                              									Je besser die Politur des Marmors ist, um so mehr wird er unter sonst gleichen
                              									Umständen das auf seine Oberfläche fallende Licht einer Lichtquelle von
                              									gleichbleibender Lichtstärke reflektieren. Mißt man daher die Stärke des
                              									reflektierten Lichtes, so erhält man ohne weiteres den Maßstab für die
                              									Reflexfähigkeit, also für die Politur des Marmors.
                           Die Ausführung der Prüfung erfolgte mit Hilfe eines einfachen Bunsenschen Fettfleckphotometers in folgender Weise:
                           Auf einer wagerechten Platte wurde eine Lichtpuelle L1 (elektrische Glühlampe von unveränderlicher
                              									Lichtstärke) befestigt (s. Fig. 1). Im Abstande von
                              									350 mm wurde die Marmorprobeplatte A so aufgestellt,
                              									daß ihre polierte Fläche senkrecht zu der wagerechten Grundplatte stand. Die
                              									Stellung der Probeplatte A wurde so gewählt, daß der
                              									von der Lichtquelle L1
                              									einfallende Lichtstrahl mit dem nach erfolgtem Reflex von der Probeplatte
                              									ausfallenden Lichtstrahl einen Winkel von 90° bildete. Die polierte Oberfläche der
                              									Probeplatte A. war zum Teil durch einen Papierschirm
                              									abgedeckt, so daß für die Reflexion nur eine kreisförmige Fläche von 50 mm ∅ in der
                              									Mitte der Probeplatte benutzt wurde. Der von der Probeplatte A reflektierte (ausfallende) Lichtstrahl C fiel auf das im Abstande von
                              									350 mm von der Probeplatte entfernte Bunsensche
                              									Fettfleckphotometer B, das einen Fettfleck von 20 mm ∅
                              									besaß. Auf der entgegengesetzten Seite des Fettfleckphotometers wurde eine zweite
                              									Lichtquelle L2 von
                              									unveränderlicher Lichtstärke aufgestellt, und zwar in dem veränderlichen Abstand a. Der Abstand a wurde so
                              									gewählt, daß der Fettfleck auf dem Photometer zum scheinbaren Verschwinden gebracht
                              									wurde.
                           Da die Lichtintensität mit wachsender Entfernung von der Lichtquelle im umgekehrten
                              									Verhältnis des Quadrats der Entfernungen abnimmt, so ist das Quadrat der bei
                              									Eintritt des Verschwindens des Fettfleckes jeweils gemessenen Entfernungen a ein Maßstab für die durch die Probeplatte A reflektierte Lichtintensität.
                           In den nachstehenden Tabellen sind die vor Beginn des Versuchs, d.h. im Zustande der
                              									Einlieferung der Probeplatten in die Prüfungsanstalt beobachteten Werte von a angegeben, sowie die nach Beendigung des Versuchs,
                              									d.h. nach der Lagerung der Probeplatten von bestimmter Dauer an einem der unten
                              									näher angegebenen Lagerorte, gemessenen Werte von α.
                           Ferner enthalten die Tabellen die Quadrate der eben genannten Werte von α und das Verhältnis der Werte der Quadrate von α bei Beginn des Versuchs und zu Ende des Versuchs.
                              									Hieraus ergibt sich die nach Beendigung des Versuchs noch vorhandene Reflexfähigkeit
                              									im Vergleich zu der zu Beginn des Versuchs vorhandenen Reflexfähigkeit, und zwar ist
                              									in den nachstehenden Tabellen die nach Beendigung des Versuchs noch vorhandene
                              									Reflexfähigkeit in Prozenten der zu Beginn des Versuchs vorhandenen Reflexfähigkeit
                              									angegeben. Dieser Wert ist nach den vorstehenden Ausführungen ein Maßstab für die
                              									Politurhaltigkeit der betr. Probeplatten.
                           Wie bereits erwähnt, sollte antragsgemäß die Politurhaltigkeit der eingesandten
                              									Kunstmarmorplatten mit der Politurhaltigkeit der Naturmarmorplatten verglichen
                              									werden. Zu diesem Zweck wurden von selten der Materialprüfungsanstalt aus dem Handel
                              									verschiedene Naturmarmorplatten mit in bester Weise ausgeführter Politur bezogen.
                              									Zum Vergleich mit diesen Naturmarmorplatten wurden von den eingesandten
                              									Kunstmarmorplatten durch die Materialprüfungsanstalt diejenigen
                              									Kunstmarmorplatten ausgesucht, welche den Naturmarmorplatten hinsichtlich ihrer
                              									Färbung am nächsten kamen.
                           Die Naturmarmorplatten und die Kunstmarmorplatten wurden gleichmäßig an vier
                              									verschiedenen Lagerorten gelagert, und zwar
                           
                              1. in einem Zimmer von normaler Zimmerwärme;
                              2. auf einem Dache im Freien mit der polierten Fläche nach
                                 										Süden;
                              3. auf der Außenseite eines Zimmerfensters im Freien mit der
                                 										polierten Fläche nach Nordosten. Im Abstande von 25 m von dem Lagerort befand
                                 										sich ein Dampfkesselschornstein, und zwar lag die Oberkannte des Schornsteins 30
                                 										m über dem Lagerort der Platten;
                              4. in dem Abzüge eines chemischen Laboratoriums.
                              
                           An den angegebenen Orten wurden die Platten vom 26. Februar 1912 bis zum 21. März
                              									1912 gelagert, wozu jedoch zu bemerken ist, daß der Abzug des chemischen
                              									Laboratoriums (Lagerungsart 4) während der genannten Lagerzeit nur während der Dauer
                              									von vier Tagen stark benutzt wurde.
                           Tabelle 1.
                           Vergleich Kunstmarmor Nr. 21 gegen Naturmarmor „Gelb
                                 										Verona“, Italien.
                           
                              
                                 
                                    
                                    Beobachtungswerte
                                    
                                 
                                    Lagerungsart
                                    
                                 
                              
                                 1
                                 2
                                 3
                                 4
                                 
                              
                                 K*)
                                 N*)
                                 K
                                 N
                                 K
                                 N
                                 K
                                 N
                                 
                              
                                 Größe von a in m
                                 bei Beginn des Versuchesbei Ende des Versuches
                                 1,871,87
                                 1,771,77
                                 1,882,20
                                 1,782,60
                                 1,871,95
                                 1,832,00
                                 1,882,70
                                 1,783,10
                                 
                              
                                 Wert von a2
                                 bei Beginn des Versuchesbei Ende des Versuches
                                 3,483,48
                                 3,133,13
                                 3,514,83
                                 3,176,74
                                 3,493,78
                                 3,344,00
                                 3,517,26
                                 3,179,55
                                 
                              
                                 Verhältnis der Werte von a2 bei Beginn des Ver-    suches zu
                                    											den Werten von a2 bei Ende
                                    											des    Versuches
                                 1
                                 1
                                 0,73
                                 0,47
                                 0,92
                                 0,83
                                 0,48
                                 0,33
                                 
                              
                                 Nach Ende des Versuches noch vorhandene
                                    											Reflex-    fähigkeit in v. H. der zu Beginn des
                                    											Versuches    vorhandenen Reflexfähigkeit (= Maßstab für
                                    											die    Politurhaltigkeit)
                                 100
                                 100
                                 73
                                 47
                                 92
                                 83
                                 48
                                 33
                                 
                              
                           *) K = Kunstmarmor, N = Naturmarmor.
                           Tabelle 2.
                           Vergleich Kunstmarmor Nr. 33 gegen Naturmarmor
                              										„Untersberger“, Oesterreich.
                           
                              
                                 
                                    
                                    Beobachtungswerte
                                    
                                 
                                    Lagerungsart
                                    
                                 
                              
                                 1
                                 2
                                 3
                                 4
                                 
                              
                                 K
                                 N
                                 K
                                 N
                                 K
                                 N
                                 K
                                 N
                                 
                              
                                 Größe von a in m
                                 bei Beginn des Versuchesbei Ende des Versuches
                                 1,771,77
                                 1,741,74
                                 1,762,25
                                 1,752,50
                                 1,721,90
                                 1,752,00
                                 1,762,95
                                 1,733,25
                                 
                              
                                 Wert von a2
                                 bei Beginn des Versuchesbei Ende des Versuches
                                 3,143,14
                                 3,053,05
                                 3,105,05
                                 3,076,25
                                 2,963,61
                                 3,074,00
                                 3,108,70
                                 3,0010,60
                                 
                              
                                 Verhältnis der Werte von a2 bei Beginn des Ver-    suches zu
                                    											den Werten von a2 bei Ende
                                    											des    suches
                                 1
                                 1
                                 0,61
                                 0,49
                                 0,82
                                 0,77
                                 0,36
                                 0,28
                                 
                              
                                 Nach Ende des Versuches noch vorhandene
                                    											Reflex-    fähigkeit in v. H. der zu Beginn des
                                    											Versuches    vorhandenen Reflexfähigkeit (= Maßstab für
                                    											die    Politurhaltigkeit)
                                 100
                                 100
                                 61
                                 49
                                 82
                                 77
                                 36
                                 28
                                 
                              
                           
                           Die vorstehenden zwei Tabellen zeigen als Beispiele die vor Beginn des Versuchs
                              									und nach Beendigung des Versuchs beobachteten Werte von a und die daraus errechnete Reflexfähigkeit der Kunst- und
                              									Naturmarmorplatten. Man erkennt aus den Tabellen, daß in beiden Fällen die
                              									Kunstmarmorplatten bei den verschiedenen Lagerungsarten nach Beendigung des Versuchs
                              									ein besseres Erhalten der Politur aufwiesen als die Naturmarmorplatten.