| Titel: | ÜBER EINE WÜNSCHENSWERTE BERICHTIGUNG AM HARTUNG-REGULATOR. | 
| Autor: | Fr. Dubois | 
| Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 646 | 
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                        ÜBER EINE WÜNSCHENSWERTE BERICHTIGUNG AM
                           								HARTUNG-REGULATOR.
                        Von Fr. Dubois, Dipl.-Ing., Assistent für
                           								Maschinenbau an der eidgen. Techn. Hochschule in
                              										Zürich.
                        (Schluß von S. 633 d. Bd.)
                        DUBOIS: Ueber eine wünschenswerte Berichtigung am
                           								Hartung-Regulator.
                        
                     
                        
                           Indes handelt es sich hier um eine technische Aufgabe, und es ist hier vielmehr
                              									am Platze, wo die mathematischen Schwierigkeiten nicht zu überwinden sind, uns in
                              									anschaulicher Weise eine Einsicht in das Wesen der Dinge zu verschaffen, wenn auch
                              									auf Kosten der absoluten Genauigkeit.
                           Es ist wertvoll, daß wir hier durch ungefähre Abschätzung der Verhältnisse eine
                              									Vorstellung über die Variation der Funktion f2
                              									innerhalb des für uns in Betracht kommenden Bereiches
                              									gewinnen können.
                           Seien α0 und β0 diejenigen Werte des Winkels α und β, welche der Mittellage des Pendels
                              									entsprechen.
                           Den Zähler sin (γ + α – β)
                              									im Ausdruck von f2 kann
                              									ich identisch in folgender Weise schreiben:
                           sin (γ + α –
                                 										β) = sin [γ +α0 +(α – α0) – β0 – (β – β0)] = sin [{γ + α0 – β0} + {(α – α0) – (β – β0)}]
                           (im besonderen ist hier α0 = 0).
                           Ich bemerke nun, daß die zwei Winkel α und β stets im
                              									selben Sinne variieren: dem größten Werte von α, α = +
                              									15°, entspricht der maximale Wert von β, β = βmax; dem kleinsten Werte von α, α = – 15°, entspricht der minimale Wert von β, β = βmin.
                           Dem Mittelwert von α, α0
                              									= 0, entspricht die mittlere Lage der Hängestange, also auch der Mittelwert von β, β = β0. Setzen wir
                              									die extremen Werte von α und β in obige Formel ein, so
                              									ergibt sich:
                           1. α = αmax = + 15°:
                           sin (γ + α – β) = sin[{γ +α0 – β0)}+{(αmax – α0) – (βmax
                              									– β0)}]
                           2. α = αmin = – 15°:
                           sin(γ + α0 – β) = sin
                              										[{γ + α0 – β0} + {(αmin –α0) – (βmin – β0)}] = sin [{γ + α0 – β0} – {(α0
                              									– αmin) – (β0
                              									– βmin)}]
                           Die beiden extremen Werte von β, βmax und βmim werden
                              									sich ungefähr ungleich viel vom Mittel βm unterscheiden, also angenähert:
                           β0– βmin ≌ βmax
                              									– β0.
                           Die beiden Winkel (β0
                              									– βmin) und (βmax – β0), welche die beiden
                              									extremen Lagen der Hängestange mit ihrer mittleren Lage einschließen, sind ferner
                              									ungefähr von der
                              									gleichen Größenordnung wie die Winkel αmax = (– αmin) = 15°.
                           Dies ergibt das bloße konstruktive Gefühl, – denn, macht man β kleiner, also die
                              									Hängestangen länger, so wird der Regulator zu hoch; macht man sie hingegen kürzer,
                              									also β größer, so entstehen viel zu große Seitendrücke N, also starke Eigenreibung der Muffe.
                           Wenn es also so steht, so ersieht man aus Gleichung 10, daß sowohl für α = αmax wie für α = amin die
                              									Differenzen
                           {(αmax
                              									β0) – (βmax
                              									β0)}
                           und
                           {(α0
                              									– αmin) – (β0
                              									– βmin)}
                           immer sehr klein ausfallen werden, so daß der Ausdruck sin
                              										(γ + α – β) von der
                              									tiefsten bis zu der höchsten Regulatorlage sich von dem mittleren Wert sin (γ + α0
                              									– β0) nach oben oder
                              									nach unten kaum wesentlich entfernen wird, daher der Variation der Funktion f2
                                 										innerhalb des für uns in Betracht kommenden Bereiches in der Hauptsache durch
                                 										die Variation vom Ausdruck
                              									\frac{1}{\mbox{sin}\,(\gamma+\alpha+\beta)}
                              									bedingt sein wird.
                           Das weitere ergibt sich nun von selbst.
                           Für die tiefste Regulatorstellung ist α = αmax = + 15° und
                              										β = βmax, also ist
                              									die Summe (γ + α – β) ein
                              									Maximum und, da der Winkel (γ + α – β) zwischen 0° und 180° liegt, so ist sin (γ + α – β) ein Minimum; die Funktion f2, die wie der
                              									reziproke Wert \frac{1}{\mbox{sin}\,(\gamma+\alpha+\beta)}
                              									variiert, wird ein Maximum.
                           In der höchsten Regulatorstellung hingegen nimmt α sein negatives Minimum ein, α
                                 										= αmin = – 15°, hier hat auch β seinen
                              									kleinsten Wert β = βmin. Die Summe (γ + α –
                                 										β) besitzt ihren kleinsten Wert und (γ + α – β) lliegt dem Winkel
                              										\frac{\pi}{2} am nächsten; sin (γ + α – β) ist also ein Maximum, daher der
                              									reziproke Wert \frac{1}{\mbox{sin}\,(\gamma+\alpha+\beta)} und
                              									die Funktion f2 selber
                              									ein Minimum.
                           Ueber das Verhalten der Funktion f2 zwischen diesen zwei extremen Lagen wissen wir
                              									nichts Näheres. Eins aber steht fest, nämlich, daß die Funktion f2 in diesem Intervall
                              										stetig ist. Denn eine Unstetigkeit besitzt sie bloß
                              									für sin (γ + α – β) = 0,
                              										γ + α – β = 180°;
                              									diese Möglichkeit tritt ein, wenn die Hängestange mit dem unteren Arm O B des Winkelhebels gestreckt ist (siehe Fig. 15 und 16), so
                              									daß zwischen Muffe und Winkelhebel Kniehebelwirkung eintreten würde! Diese offenbar
                              									sehr schlechte Anordnung, die nur bei einer verfehlten Konstruktion zu finden wäre,
                              									suchen wir nach Tunlichkeit zu vermeiden, indem wir die Hängestange hinreichend lang
                              									machen.
                           Die unmittelbare Anschauung erlaubt nun also folgendes auszusagen:
                           
                              
                                 innerste (tiefste)
                                 Regulatorstellung
                                 f2
                                 =
                                 positives
                                 Maximum
                                 
                              
                                 äußerste (höchste)
                                 „
                                 f2
                                 =
                                 „
                                 Minimum.
                                 
                              
                           Zwischen diesen beiden Grenzwerten ist der Verlauf der Funktion f2 ein stetiger.
                           Das Resultat dieser Untersuchung lautet also: Die drei Funktionen f1f2, f3, deren Summe im
                              									Nenner des Ausdrucks \epsilon=\frac{K}{S} für den
                              									Unempfindlichkeitsgrad auftritt, besitzen folgende Eigenschaften:
                           
                              1. Absolute Konstanz der Funktion f1 ist erreichbar durch passende Wahl
                                 										des Winkels γ nach Formel 7.
                              2. Ist der Winkel γ so gewählt, so
                                 										ist die Funktion f2
                                 										mit der Regulatorstellung veränderlich, und zwar nimmt sie von der tiefsten bis
                                 										zur höchsten Muffenstellung von einem positiven Maximum zu einem positiven
                                 										Minimum stetig ab.
                              3. Die Funktion f2 = Q ist eine
                                 										Konstante.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 647
                              Fig. 16.
                              
                           Wie ist es nun möglich, die Unveränderlichkeit des Unempfindlichkeitsgrades und der
                              									Stellkraft zu erzielen?
                           Bei den Funktionen f1
                              									und f2 läßt sich nichts
                              									mehr ausrichten, da die Ausgleichung von f1 es eben ist, welche die Veränderlichkeit von f2 bedingt.
                           Das einzige uns zu Gebote stehende Mittel wird wohl oder übel darin bestehen müssen,
                              									daß wir das an sich konstante Q künstlich veränderlich
                              									machen, und zwar so, daß seine Veränderlichkeit derjenigen von f2 gerade
                              									entgegenwirkt.
                           Diese Forderung läßt sich in sehr befriedigender Weise durch Anwendung einer Federwage erfüllen.
                           Die Anwendung einer Federwage ist durchaus kein neuer Gedanke. Zur Einführung einer
                              									Federwage hat man beim Hartung-Regulator greifen müssen,
                              									als man noch nicht auf den Gedanken gekommen war, die Veränderlichkeit der
                              									Stellkraft durch Anwendung der „Corliß-Schränkung“
                              									auszugleichen. Heutzutage werden die modernen Federregulatoren (Hartung, Steinle & Hartung, Trenck) in der Regel fast immer mit einer Feder wage geliefert, da diese
                              									Regulatoren die gemeinsame Eigenschaft besitzen, daß ihre Unempfindlichkeit und
                              									Stellkraft in den oberen Lagen stark zunehmen.
                           Nebenbei gestattet die Federwage eine bequeme Tourenverstellung.
                           In meinem Falle, wo die Stellkraft in der Hauptsache durch die Corliß-Schränkung ausgeglichen ist, hat die Federwage nur noch die
                              									Aufgabe, der endlichen Länge der Hängestangen Rechnung zu
                              									tragen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 648
                              Fig. 17.
                              
                           Die Funktion f2 nimmt
                              									von der tiefsten bis zu der höchsten Regulatorstellung von einem Höchstwert bis zu
                              									einem Mindestwert ab. – Muß die Summe f2 + f3 konstant bleiben, so sind zwei Lösungen
                              									denkbar:
                           1. Dem Hülsengewicht Q ein Glied Q'
                              									additiv hinzuzufügen, welches von der tiefsten bis zu der
                              										höchsten Hülsenstellung fortwährend zunimmt, und zwar
                              									um gleich viel wie die Funktion f2 abnimmt, so daß die Summe f2 + f3 = f2 + Q + Q' konstant bleibt,
                           2. Von dem Hülsengewicht Q ein subtraktives Glied Q' abziehen, welches von der
                                 										tiefsten bis zu der höchsten Hülsenstellung fortwährend abnimmt, und zwar
                              									um gleich viel wie die Funktion f2, so daß in der Summe f2 + f3 = f2 + Q – Q' = (f2
                              									– Q') + Q die Differenz f2 – Q' konstant bleibt.
                           Dies kann man in sehr anschaulicher Weise graphisch darstellen, indem man sich die
                              									Funktion f2 von einer
                              									Abszissenachse nach oben aufträgt, das konstante Hülsengewicht von dieser
                              									Abszissenachse nach unten, und das Korrektionsglied + Q' oder – Q', je nachdem wir
                              									Lösung 1 oder Lösung 2 anwenden, von der Wagerechten im Abstand Q nach unten resp. nach oben, so daß stets die Summe
                              										f1
                              									+ f2 als konstante
                              									Strecke zwischen zwei schrägen Linien auf der Senkrechten mit dem Zirkel abgegriffen
                              									werden kann (Fig. 17).
                           Fall 1 entspricht der Anordnung, bei welcher die Federwage zwischen Muffe und
                              									Fixpunkt des Stellhebels des Regulators angebracht wird, so daß sich die Federwage
                              									von den unteren zu den oberen Lagen spannt und das Q'
                              									tatsächlich zunimmt (s. Fig. 18).
                           Fall 2 entspricht der Anordnung, bei welcher die Federwage über den Fixpunkt des
                              									Stellhebels hinaus angreift, so daß sie in entgegengesetztem Sinne zieht wie das
                              									Hülsengewicht, also Q' hier subtraktiv auftritt;
                              									hierbei entspannt sich die Federwage von den tieferen bis zu den oberen Lagen der
                              									Hülse, wie erforderlich (siehe Fig. 19).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 648
                              Fig. 18. Fall 1. Korrektionsglied Q' additiv.
                              
                           Es ist aber gleich hier beizufügen, daß dieser Ausgleich mittels der Federwage kein
                              									absolut strenger ist. Die Kurve, die die Funktion f2 in Abhängigkeit vom Muffenhub darstellt, ist keine
                              									Gerade, sondern eine gekrümmte Linie, welche ihre hohle Seite
                                 										nach oben kehrt. Die von der Federwage herrührende Kraft ist hingegen mit
                              									dem Muffenhub absolut genau proportional, so daß sich das Korrektionsglied Q' in Funktion der Hülsenstellung als Gerade
                              									darstellt.
                           Man wird also bei der Ermittlung der Federwage am besten so vorgehen, daß man die
                              									Kurve f2 durch eine
                              									Gerade ersetzt, die man so einzeichnet (in Fig. 17
                              									strichpunktiert), daß im Bereiche, wo wir die Kurve f2 brauchen, der Verlauf dieser Geraden
                              									demjenigen der Kurve f2
                              									befriedigend nahe kommt (die Abweichungen der Kurve f2 über und unter dieser Näherungsgeraden
                              									müssen ungefähr gleich viel ausmachen).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 649
                              Fig. 19. Fall 2. Korrektionsglied Q' subtraktiv.
                              
                           Zu empfehlen ist es bei dieser Ermittlung nicht allzulange mit dem buchstäblichen
                              									Ausdruck der Funktion f2
                           
                              
                              f_2=-T\,\frac{a}{b}\,\left(a-\frac{G}{T}\right)\,.\,\frac{1}{\mbox{cos}\,\gamma}\,.\,\frac{\mbox{sin}(\gamma+\alpha-\beta)}{\mbox{sin}(\gamma+\alpha+\beta)}
                              
                               =D\,.\,\frac{\mbox{sin}(\gamma+\alpha-\beta)}{\mbox{sin}(\gamma+\alpha+\beta)}
                           zu arbeiten, sondern baldmöglichst die Zahlenwerte
                              									einzusetzen. Für mehrere Hülsenstellungen bestimme man graphisch aus der Zeichnung die Winkel a und
                              									β. (Wie aus Fig. 16 ersichtlich, läßt sich die Summe
                              										(γ + α + β) besonders bequem direkt aus der
                              									Zeichnung abgreifen), und berechne sich den Bruch
                              										\frac{\mbox{sin}(\gamma+\alpha-\beta)}{\mbox{sin}(\gamma+\alpha+\beta)}.
                           Zum Schluß sei noch erwähnt, daß es für den Ausgleich gar nicht
                                 										auf den absoluten Wert des Korrektionsgliedes Q'
                                 										ankommt, sondern lediglich auf seine
                                 										Veränderlichkeit mit dem Hülsenhub, d.h. es ist vollkommen gleichgültig, wie groß die Vorspannung der Wage ist,
                              									maßgebend ist nur ihre Federkonstante. Die Vorspannung
                              									der Wage ist nur für die Tourenverstellung von Bedeutung.
                           
                        
                           Schlußfolgerungen.
                           1. Der in meinem ersten Aufsatz angegebene Rechnungsgang und die dort entwickelte
                              									Formel
                           
                              \mbox{tg}\,\gamma=-\frac{y_0}{a}
                              
                           bleiben nach wie vor vollends bestehen.
                           Falls eine größere Genauigkeit erwünscht scheint, so ist an obiger Formel folgende
                              									kleine Berichtigung anzubringen
                           \mbox{tg}\,\gamma=-\frac{y_0}{\left(a-\frac{G}{T}\right)}.
                           2. Genannte Formel gilt streng für unendlich lange Hängestangen. Der Einfluß der
                              									endlichen Länge der Hängestange kann durch Anwendung einer Federwage ausgeglichen
                              									werden.
                           3. Die Zahlen des an genannter Stelle angeführten Zahlenbeispiels gelten streng nur
                              									für unendlich lange Hängestangen. Die durch die endliche Länge der Hängestangen
                              									erheischte Berichtigung ist an Hand des vorliegenden Nachtrages leicht
                              									anzubringen.