| Titel: | DIE STORA KOPPARBERGS BERGSLAGS AKTIEBOLAG, DAS GRÖSSTE UND ÄLTESTE INDUSTRIE-UNTERNEHMEN IN SKANDINAVIEN. | 
| Autor: | F. Thieß | 
| Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 668 | 
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                        DIE STORA KOPPARBERGS BERGSLAGS AKTIEBOLAG, DAS
                           								GRÖSSTE UND ÄLTESTE INDUSTRIE-UNTERNEHMEN IN SKANDINAVIEN.
                        Von Diplomingenieur F. Thieß in
                           									Wilmersdorf.
                        THIESS: Die Stora Kopparbergs Bergslags Aktiebolag usw.
                        
                     
                        
                           Inhaltsübersicht.
                           Geschichtliches, Wirtschaftliche Unternehmungen der Gesellschaft.
                              									Ergebnisse der Unternehmungen. Allgemeines.
                           ––––––––––
                           In der schwedischen Provinz Dalekarlien liegt die Stadt Falun und in unmittelbarer
                              									Nähe dieser Stadt der Stora Kopparberget, das größte Kupfervorkommen Skandinaviens,
                              									das zur Zeit Gustav Adolfs die Schatzkammer des Landes genannt wurde. Besitzerin des
                              									Kupfervorkommens ist die Stora Kopparbergs Bergslags
                                 										Aktiebolag, die älteste Industriegesellschaft Skandinaviens und eine der
                              									ältesten gewerblichen Gründungen der Welt, deren Vorrechte aus dem dreizehnten
                              									Jahrhundert stammen. Die Gesellschaft ist im Besitz eines urschriftlichen
                              									Kaufbriefes aus dem Jahre 1288; die Gründung soll aber bereits früher, etwa im Jahre
                              									1225, stattgefunden haben. Die Stora Kopparbergs Bergslags
                                 										Aktiebolag besitzt die Kupfergrube bei Falun, das größte Eisenwerk
                              									Skandinaviens bei Domnarfvet, eine große Papierfabrik, Holzschleiferei und
                              									Sulfit-Zellstoffabrik bei Domnarfvet, eine der größten Sägemühlen der Welt und eine
                              									Sulfat-Zellstoff abrik bei Skutskär. Im Jahre 1907 erwarb sie sämtliche
                              									Anteilscheine der etwa Mitte des siebzehnten Jahrhunderts gegründeten Söderfors Bruks Aktiebolag und gelangte dadurch auch in
                              									den Besitz der Dannemora-Gruben bei Falun. Zahlreiche Wasserfälle im Dal-Elf, deren
                              									Nutzleistung man auf 150000 PS geschätzt hat, etwa 3500 Geviertkilometer Waldungen
                              									in der Umgebung der Flüsse und Seen Dalekarliens, mehr als 200 Eisengruben und
                              									zahlreiche Kupfergruben sind Eigentum der Stora Kopparbergs
                                 										Bergslags Aktiebolag. Die Besitzungen der Gesellschaft innerhalb der
                              									Provinz Dalekarlien sind allein auf mehr als 80 Millionen Mark bewertet worden.
                           Ursprünglich wurden von der Gesellschaft nur die Erze der Kupfergrube bei Falun
                              									abgebaut und verhüttet. Diese Grube ist das älteste Besitztum der Gesellschaft und
                              									befindet sich seit etwa 700 Jahren ununterbrochen im Betriebe. Innerhalb dieses
                              									Zeitraumes sollen aus jener Grube etwa 500000 t Kupfer, 15,5 t Silber und 1,2 t Gold
                              									im Wert von zusammen rd. 1,2 Milliarden Mark erzielt worden sein. Das Erz der Grube
                              									besteht aus Kupferkies, Schwefelkies und Quarz. Durch Verwitterung des
                              									Schwefelkieses erhält man einen Stoff, der bei Erhitzung in eine rote Mineralfarbe
                              									umgewandelt wird. Die Landbewohner pflegen mit dieser Farbe ihre Holzhäuser
                              									anzustreichen, die dadurch widerstandsfähiger werden. Der rote Anstrich der Häuser
                              									ist in Schweden allgemein gebräuchlich und hat dem Lande ein besonderes Gepräge
                              									verliehen. Die unterirdischen Gänge und Höhlen der Grube bei Falun besitzen zusammen
                              									eine Länge von etwa 30 km; die Tiefe der Grube beträgt rd. 360 m. Zurzeit werden
                              									neben 7000 t Kupfererz etwa 30000 t Schwefelkies jährlich abgebaut und in den
                              									Sulfit-Zellstoffabriken der Gesellschaft an Stelle des sizilianischen Schwefels
                              									verarbeitet. Erzeugnisse des Kupferwerkes Falun sind Wismut, Kupfervitriol.
                              									Eisenvitriol, Schwefelkies, schwefelsaure Thonerde, Schwefelsäure, roter Ocker, Gold
                              									und Silber in unbedeutenden Mengen.
                           Das erste Eisenwerk wurde im Jahre 1735 von der Gesellschaft bei Svartnäs errichtet.
                              									In der Folgezeit entstanden an 20 verschiedenen Plätzen nach und nach neue
                              									Eisenwerke. Diese lagen weit auseinander und verursachten dadurch für die
                              									Fabrikation und Verwaltung größere Unbequemlichkeiten. Im Jahre 1870 beschloß die
                              									Gesellschaft die Vereinigung der Eisenfabrikation an einem Ort und den Bau von neuen
                              									Werken bei Domnarfvet am Dal-Elf. Das erste Eisenwerk entstand dort 1875; für den
                              									Betrieb diente ein Wasserwerk, dessen Nutzleistung 6000 PS betrug. Die neue Anlage
                              									bei Domnarfvet ist das größte hüttentechnische Unternehmen Skandinaviens, das jetzt
                              									über mehr als 200 Eisenerzgruben verfügt und für die Verhüttung Holzkohlen als
                              									Brennstoff verwendet. Seit kurzem ist dort auch die elektrische Erzschmelzung
                              									erfolgreich eingeführt worden. Für den Betrieb der neuen Anlagen wurde im März 1910
                              									das Kraftwerk bei Bullerforsen am Dal-Elf erbaut und für sechs größere Stromerzeuger
                              									von je 4000 PS und zwei kleinere Erregerdynamos von je 450 PS entworfen. Von diesen
                              									sind bisher drei Stromerzeuger in Betrieb genommenSiehe auch Prometheus 1911, S.
                                    									195.. Die Anlage bei Domnarfvet hat acht große Oefen für
                              									Holzkohlenerzeugung, chemische Fabriken zur Gewinnung der Nebenerzeugnisse (Teer,
                              									essigsaurer Kalk, Methylalkohol usw.), fünf Hochöfen für Holzkohlenbetrieb, sechs
                              										Westmans Rostöfen, Cowpers
                              									Heizöfen usw. Als sonstige Anlagen sind anzuführen das Thomas-Stahlwerk, das Siemens-Martin-Stahlwerk
                              									mit vier Oefen von je 20 t, die Elektro-Stahlabteilung mit einem Ofen von 10 t, die
                              									großen Walzwerke, Stahlgießereien, Schmiedewerkstätten, Nägelfabriken usw. Die
                              									Gesellschaft hat vor einigen Jahren drei neue Werke, Korsa, Ag und Gysinge,
                              									errichtet. In den beiden erstgenannten wird besonders weiches schwedisches
                              									Holzkohlen-Schweißeisen, im Werk Gysinge Dannemora Elektrostahl hergestellt.
                              									Letzterer läßt sich leicht bearbeiten, schweißen und härten; er wird u.a. für
                              									feinere Werkzeuge und Maschinenteile verwendet und mit Einmengungen von Wolfram,
                              									Chrom und Nickel hergestellt.
                           In sämtlichen Eisenwerken werden jährlich hergestellt etwa
                           
                              
                                 
                                    
                                    
                                   75000
                                 bis 100000 t Roheisen,
                                 
                              
                                 
                                   60000
                                 t Bessemer Rohblöcke,
                                 
                              
                                 
                                   36000
                                 t Siemens-Martin-Rohblöcke,
                                 
                              
                                 
                                     4000
                                 t Holzkohlen-Eisenluppen,
                                 
                              
                                 
                                   75000
                                 t gewalzte und geschmiedete Eisen-und Stahlartikel sämtlicher
                                    											Sorten,
                                 
                              
                                 
                                     1000
                                 t Hufnägel, Bolzen und Muttern
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                                 
                              
                                 zusammen
                                 251000
                                 bis 276000 t.
                                 
                              
                           Für Feuerungszwecke werden jährlich etwa 450 000 Raummeter Holzkohlen verbraucht und
                              									von dieser Menge rund 150000 Raummeter Holzkohlen in den Oefen bei Domnarfvet und
                              									Skutskär hergestellt.
                           Die Holzbearbeitung im großen betreibt die Gesellschaft erst seit einigen
                              									Jahrzehnten. Im Winter werden die Fichten- und Kiefernstämme aus den Wäldern
                              									Dalekarliens auf Schneebahnen den Nebenflüssen des Dal-Elf zugeführt und auf dem
                              									Dal-Elf bis zum Bottnischen Meerbusen geflößt, wo die Gesellschaft bei Skutskär die
                              									große Holzbearbeitungsanlage errichtet hat. Die Länge des Floßweges beträgt mitunter
                              									2700 km. Für Flößereizwecke hat die Gesellschaft stellenweise Kanäle gegraben und
                              									sonstige Flußverbesserungen vorgenommen. Im Werk von Skutskär werden jährlich 35000
                              									bis 40000 Rot- und Weißholzstämme in verschiedenen Abmessungen zu Nutzholz
                              										verarbeitetGesägte
                                    											Dielenbretter, Bohlen, Dauben, Latten, Kistenbretter, gehobelte Fußboden-,
                                    											Wand- und Deckenbretter, Leisten usw.. Die Sulfat-Zellstoffabrik
                              									wurde 1894, die Sulfit-Zellstoffabrik 1900 bei Skutskär errichtet. Erstere liefert
                              									jährlich etwa 15000 t Sulfat-Zellstoff von äußerst feiner und leicht bleichbarer
                              									Beschaffenheit; in der letztgenannten Fabrik werden jährlich etwa 20000 t starke
                              									Sulfitmasse (Patent Mitscherlich) hergestellt. Für die
                              									Gewinnung von Nebenerzeugnissen aus den Zellstoffmassen (Methylalkohol, essigsaurer
                              									Kalk, Holzteer, Holzteeröl usw.) hat die Gesellschaft bei Skutskär verschiedene
                              									chemische Fabriken und im Jahre 1900 am Wasserfall des Dal-Elf bei Kvarnveden, etwa
                              									4 km oberhalb der Eisenwerke, eine große Fabrik zur Herstellung von Papier aus
                              									Holzmasse errichtet. Diese Anlage umfaßt eine mit den neuesten Maschinen und
                              									Apparaten ausgerüstete Sulfit-Zellstoffabrik, eine Holzschleiferei und Papierfabrik,
                              									deren Leistung etwa 135 t HolzstoffpapierFür
                                    											Zeitungsdruck, Tapeten- und Verpackungszwecke. innerhalb 24
                              									Stunden beträgt. Für den Betrieb der Anlage dient das Kraftwerk Kvarnsveden am
                              									Dal-Elf (17 600 PS Nutzleistung)Siehe auch
                                    											Prometheus 1911, S. 195.. Fast die gesamte Produktion der
                              									Holzbearbeitungsanstalten wird ausgeführt. Die Erze der Dannemora-Gruben werden in
                              									den Werken Söderfors, Elfkarlö und Harnäs verhüttet. Dieses Zweigunternehmen wird
                              									als Söderfors Bruks Aktiebolag weitergeführt, ist aber
                              									durch den Ankauf sämtlicher Anteilscheine ausschließliches Eigentum der Stora Kopparbergs Bergslags Aktiebolag, die für ihre
                              									Beamtenschaft und Arbeiter bei Domnarfvet zahlreiche Wohlfahrtseinrichtungen
                              									(Wohnhäuser für Arbeiter, Krankenhaus, öffentliche Badeanstalt, Büchereien usw.)
                              									geschaffen hat.