| Titel: | ZUM 75JÄHRIGEN JUBILÄUM DER SCHICHAUWERKE IN ELBING, DANZIG UND PILLAU. | 
| Autor: | J. Schwickart | 
| Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 705 | 
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                        ZUM 75JÄHRIGEN JUBILÄUM DER SCHICHAUWERKE IN
                           								ELBING, DANZIG UND PILLAU.
                        Von Ingenieur J. Schwickart,
                           									Coeln-Kalk.
                        SCHWICKART: Zum 75jährigen Jubiläum der Schichauwerke in Elbing.
                           								Danzig und Pillau.
                        
                     
                        
                           In diesem Jahre konnte die deutsche Industrie die 75. Wiederkehr des
                              									Gründungsjahres der Werke Hartmann, Borsig und Schichau festlich begehen. Die Zeit der Gründungen
                              									bedeutete die Morgenröte des deutschen Industriestaates. So zersplittert das Reich
                              									am Anfang des vorigen Jahrhunderts war, so zersplittert waren auch seine
                              									wirtschaftlichen Interessen durch die Binnenzölle. An eine gesunde Entwicklung der
                              									Industrie war unter diesen Verhältnissen nicht zu denken. Erst durch die Gründung
                              									des preußischen Zollvereins am 1. Januar 1834, wodurch fast alle Zollstellen
                              									innerhalb des Landes aufgehoben wurden, war die Bahn zur wirtschaftlichen Entfaltung
                              									freigegeben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 705
                              F. Schichau, der Begründer der Schichauwerke.
                              
                           Um aber nun das Handwerk zur Großindustrie erheben zu können, mußten zwei
                              									entscheidende Fragen gelöst werden: die Verdrängung des Auslandes als Konkurrenz im
                              									eigenen Lande und die Anknüpfung wirtschaftlicher Beziehungen mit den fremden
                              									Nationen. Es würde zu weit führen, diese Hauptforderungen im einzelnen
                              									darzulegen, zumal dies nicht in den Rahmen dieser Abhandlung gehört. Unwiderleglich
                              									ergab sich damals aber die Forderung, das Land in das Zeichen des Verkehrs zu
                              									stellen. Wenn wir so an die Worte unseres derzeitigen Kaisers erinnern: „Die Welt
                                 										am Ende des 19. Jahrhunderts steht im Zeichen des Verkehrs; er durchbricht die
                                 										Schranken, welche die Völker trennen und knüpft unter den Nationen neue
                                 										Beziehungen an“, beweisen uns diese, daß wir nur durch ihn (den Verkehr) auf
                              									der jetzigen Höhe unseres Wirtschaftslebens stehen und uns auf dem Weltmarkt
                              									behaupten können.
                           Es ist deshalb wohl am Platze, der Männer zu gedenken, die an der Entwicklung des
                              									Verkehrswesens, der Eisenbahnen und der Schifffahrt besonderen Anteil haben. Die
                              									jüngste Feier des 75jährigen Bestehens der Schichauwerke
                              									in Elbing, Danzig und Pillau bietet die Gelegenheit, ein Lebensbild des Vorkämpfers
                              									des deutschen Schiffbaues, Ferdinand Schichaus, zu
                              									entrollen. Ferdinand Schichau wurde am 30. Januar 1814 in
                              									Elbing als Sohn eines Gelbgießermeisters geboren. Der im bürgerlichen Wohlstand
                              									lebende, biedere Vater erkannte früh die in Ferdinand schlummernden Talente und war
                              									entschlossen, diese zu wecken. Nach Besuch einer Volksschule kam der Sohn zu einem
                              									Schlosser in die Lehre. Einen schönen Beweis seines Könnens lieferte der junge
                              									Schichau, als er nach Vollendung seiner Lehrzeit eine, wenn man so sagen darf,
                              									betriebsfähige Modell-Dampfmaschine vollkommen selbständig anfertigte. Dem Einwand,
                              									daß unsere Schlossergesellen derartige Arbeiten oft auch liefern, sei
                              									entgegengehalten, daß damals wenige Menschen eine Dampfmaschine überhaupt kannten,
                              									also neben der physischen vor allem die geistige Leistung zu berücksichtigen
                              									ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 706
                              2/4 gek. Schnellzug-Verbundlokomotive von Schichau.
                              
                           In richtiger Erwägung der Bedürfnisse kommender Zeiten hatte der Staatsrat und
                              									spätere Direktor der Abteilung des preußischen Finanzministeriums für Handel und
                              									Verkehr, Christian W. Beuth 1821 das König liehe
                              									Gewerbeinstitut in Berlin gegründet, aus dem die technischen Hochschulen im
                              									allgemeinen und die in Charlottenburg im besonderen hervorgegangen sind. An diesem
                              									Orte der praktischen Wissenschaften finden wir auch Ferdinand
                                 										Schichau als eifrigen Hörer. Nach Vollendung der Studien in Berlin begab er
                              									sich nach England, dessen Industrie damals schon in hoher Blüte stand, um noch
                              									weitere praktische Kenntnisse zu sammeln. 1837 kehrte er dann, obschon erst 23 Jahre
                              									alt, theoretisch und praktisch gründlich ausgebildet, in seine Vaterstadt zurück, um
                              									mit großem Mute und weitschauendem Blick sein Lebenswerk zu beginnen. Was er wollte,
                              									zeigt folgende Anzeige vom 4. Oktober 1837:
                           
                              „Maschinenbauanstalt.
                              
                           
                              Unterzeichneter fertigt Dampfmaschinen, sowohl Wattsche Maschinen als Kondensationsmaschinen mit
                                 										Expansion und Hochdruckmaschinen, eiserne Wasserräder jeder Art, Pferdegöpel,
                                 										hydraulische Pressen, Walzwerke, Apparate zum Abdampfen des Zuckers in
                                 										luftverdünnten Räumen usw. Auch übernimmt derselbe, ganze Anlagen als Oelmühlen,
                                 										Sägemühlen, Runkelrüben-Zuckerfabriken einzurichten.
                              
                           
                              Elbing, den 4. Oktober 1837.
                              
                           
                              F. Schichau, Altstädtische Wallstr. 10.“
                              
                           Dieses sehr reichhaltige Programm hat Schichau nicht nur
                              									durchgeführt, sondern bedeutend erweitert, wie nachfolgende Chronik seiner Werke bis
                              									zu seinem Tode zeigt.
                           1837 (4. Oktober) Gründung der Firma.
                           1840 Die erste Hochdruckmaschine wird erbaut.
                           1841 Der erste deutsche Bagger wird erbaut.
                           1847 Die erste Schiffsmaschine wird erbaut.
                           1852 Der erste in Preußen hergestellte eiserne
                              									Schraubenseedampfer „Borussia“ wird erbaut.
                           1860 Lieferung der ersten Lokomotive.
                           1874 Der erste größere Passagierdampfer wird erbaut.
                           1877 Die ersten Torpedoboote für die Kaiserl. russische Marine
                              									werden erbaut.
                           1878 Die deutsche Kriegsmarine bestellt die erste
                              									Verbund-Schiffsmaschine.
                           1880 Die erste in Deutschland erbaute Verbundlokomotive wird
                              									abgeliefert.
                           1881 Die erste Dreifach-Expansionsmaschine auf dem europäischen
                              									Kontinent wird hergestellt.
                           1882 Die erste Dreifach-Expansionsmaschine wird für Fabrik- und
                              									Dynamobetrieb abgeliefert.
                           1884 Beginn des Baues von Torpedobooten für die deutsche
                              									Kriegsmarine.
                           1888 Das mit 28,4 Knoten Geschwindigkeit seinerzeit schnellste Schiff der Welt,
                              									das russische Hochseetorpedoboot „Adler“ wird abgeliefert.
                           1896 (23. Januar) Tod des Begründers der Werke, Ferdinand Schichaus.
                           Es fällt auf, daß die Chronik den Bau von Schiffen jeder Art hervorhebt, einen
                              									Fabrikationszweig, der in dem Programm von Schichau nicht
                              									einbegriffen war. Da über die Aufträge der ersten Jahre keine Belege vorliegen, kann
                              									auf die angeschnittene Frage sofort eingegangen werden.
                           Im Jahre 1847 erhielt Schichau den ersten Auftrag auf eine
                              									Schiffsmaschine, dem im folgenden Jahre drei weitere für die Raddampfer „James
                                 										Watt“, „Kowno“ und „Elbing“ folgten. Als im Jahre 1851 die
                              									preußische Regierung Schichau den Bau von Maschinen und
                              									Kessel für die bei der Schiffswerft von Klawitter in
                              									Danzig in Arbeit befindliche Radkorvette „Danzig“ übertrug, rückte die Firma
                              									zum ersten Male in die Reihe der Lieferantinnen der Marine. Daß das Vertrauen der
                              									Regierung nicht getäuscht wurde, beweisen die sich immer mehr häufenden Aufträge. So
                              									lieferte Schichau die Maschinen für die Kanonenboote
                              										„Jäger“ und „Krokodil“ 1859 und „Basilisk“ und
                              										„Blitz“ 1862.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 707
                              4/4 gek. Güterzuglokomotive mit 200 qm Heizfläche von Schichau.
                              
                           Von England ausgehend, begann der Eisenschiffbau. 1787 erschien dort das erste Schiff
                              									aus Eisen, dessen Länge 70 Fuß, und dessen Breite 6 Fuß 8 Zoll betrug. Erst 1851
                              									fand der Eisenschiffbau in Deutschland durch Fürchtenicht
                              									und Brock Eingang. Schichaus
                              									weitschauender Blick erkannte die Bedeutung dieses neuen Materials, indem er 1850 am
                              									Elbingfluß in Elbing eine Schiffswerft für den Eisenschiffbau errichtete.
                           Bereits 1852 wurde ihm von der Elbinger Dampfschiffahrt-Gesellschaft ein Auftrag auf
                              									den Schraubendampfer „Borussia“ erteilt. Hervorzuheben ist, daß dieser
                              									Dampfer, der eine Länge von 39,5 m, eine Breite von 6,7 m und eine Maschine von 200
                              										PSi hatte, der erste in Preußen gebaute
                              									Schraubendampfer war. Noch heute vermittelt der zweite aus der Schiffswerft
                              									hervorgegangene Dampfer „Julius Born“, ein Hinterradschiff mit seiner ersten
                              									Maschine den Verkehr zwischen Elbing und Danzig. Der dritte vom Stapel gelaufene
                              									Dampfer „Expreß“ verkehrte von 1857 an als dänischer Postdampfer zwischen
                              									Wismar, Bornholm und Kopenhagen.
                           Es erübrigt sich, die weiteren Schiffsbauten aufzuzählen, um die glückliche
                              									Entwicklung der Werft zu zeigen, wenn hervorgehoben wird, daß bereits 20 Jahre
                              									später Schichau sein Werk vergrößern mußte, um den
                              									wachsenden Ansprüchen gerecht zu werden. Zu diesem Zwecke wurde 1873 die Mitzlaffsche Werft in Elbing angekauft und für den
                              									Eisenschiffbau mit fünf Hellingen eingerichtet.
                           Leider ist der zur Verfügung stehende Raum nicht ausreichend, um auf jede Einzelheit
                              									der Entwicklung einzugehen. Dagegen liefert die Erbauung von Kriegsschiffen jeder
                              									Art einen wertvollen Beitrag zur Geschichte der Kriegsmarine, und wir wollen hierbei
                              									länger verweilen.
                           Auf dem Gebiete des Kriegsschiffbaues hat sich Schichau
                              									besonders um den Bau von Torpedobooten verdient gemacht. Es sei daran erinnert, daß
                              										Whitehead in England um 1860 das Torpedogeschoß
                              									entwarf, zu dem eine Lafette – denn etwas anderes ist ein Torpedoboot eigentlich
                              									nicht – konstruiert werden mußte. An diese Boote werden besondere Anforderungen
                              									gestellt. Sie müssen klein, schlecht treffbar, dabei sehr schnell und seetüchtig
                              									sein, so daß auf eine äußerst geschickte Raumausnutzung, und bei den hohen
                              									Leistungen bis zu 2500 PSi und auszustehenden
                              									schweren Wettern, hohe Festigkeit Wert zu legen ist.
                           Nachdem die russische Regierung eingehende Versuche mit den Torpedos angestellt
                              									hatte, übergab sie 1877 Schichau den Bau eines
                              									Versuchsbootes, dem sich bald weitere zehn Stück anschlössen. Beide Schiffstypen hatten
                              									Verbundmaschinen mit geteilten Niederdruckzylindern. Lokomotivkessel mit
                              									Unterwindgebläse erzeugten den erforderlichen Dampf. Die Hauptdaten der Schiffe
                              									zeigt Tab. 1.
                           Tabelle 1.
                           Hauptdaten der ersten russischen Torpedoboote.
                           
                              
                                 
                                 Versuchsboot
                                 10 Boote
                                 
                              
                                 Maschinenleistung
                                 PSi
                                 180
                                 250
                                 
                              
                                 Länge
                                 m
                                   18
                                   20
                                 
                              
                                 Breite
                                 m
                                     3
                                        3,3
                                 
                              
                                 Deplacement
                                 t
                                   13
                                   19
                                 
                              
                                 Geschwindigkeit
                                 kn
                                   16
                                      17,5
                                 
                              
                           Um die Seetüchtigkeit der Boote zu beweisen, machte der jetzige Inhaber und damalige
                              									Ingenieur Ziese auf einem der zehn Torpedoboote die Fahrt
                              									von Elbing nach der Bestimmungsstation selbst mit; trotz stürmischen Wetters wurde
                              									diese glücklich angelaufen und dabei eine um 1,5 Knoten höhere als die
                              									vorgeschriebene Geschwindigkeit erreicht (17,5 statt 16 kn).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 708
                              Kreuzer „Nowik“.
                              
                           Man braucht kein Hehl daraus zu machen, daß die deutsche Regierung stets Neuerungen
                              									skeptisch gegenübertritt und eine abwartende Haltung einnimmt. Der Vorwurf der
                              									Rückständigkeit ist jedoch unberechtigt, da hierdurch die hohen Versuchsunkosten und
                              									bitteren Enttäuschungen erspart bleiben. Erst 1883 trat die deutsche
                              									Marineverwaltung nach Ernennung des Generals Caprivi zum
                              									Staatssekretär des Reichsmarineamtes dem Bau von Torpedobooten näher und erteilte
                              										Schichau den Auftrag auf sechs Stück. Als Bedingungen
                              									waren gestellt: Bei vollständiger Seetüchtigkeit in jedem Wetter der Nord- und
                              									Ostsee darf die Länge 37 m nicht überschreiten. Die Armierung soll aus vier Torpedos
                              									und zwei Schnellfeuerkanonen von 36 mm bestehen, die Geschwindigkeit 18 Knoten
                              									betragen. Da die Werft 1881 den Bau von Dreifach-Expansionsmaschinen, ein Verdienst
                              										Zieses, mit guten Erfolgen aufgenommen hatte,
                              									entschloß man sich, eine solche von 900 PSi
                              									einzubauen. Die Resultate waren vorzügliche. Ein jeder kennt die S-Boote unserer
                              									Marine, wenigstens aus den Tages- und Fachpressen; denn das S bedeutet nichts
                              									anderes als die Abkürzung von Schichau.
                           In dem Zeitraum 1883 bis 1912 hat Schichau für die deutsche Marine 102 Torpedoboote und 77
                              									Torpedobootszerstörer gebaut, die ersteren mit einer Wasserverdrängung bis zu 166 t
                              									und einer Geschwindigkeit bis zu 25 Knoten, die anderen mit einer Wasserverdrängung
                              									bis zu 730 t und einer Geschwindigkeit bis zu 32,5 Knoten. Daneben hat die
                              									Elbinger Firma auch für die österreichisch-ungarische, russische, italienische,
                              									schwedische, norwegische, dänische, türkische, chinesische, japanische,
                              									brasilianische und argentinische Marine Torpedoboote und Torpedobootszerstörer
                              									gebaut. Die 1910 für die argentinische Regierung gelieferten zwei Stück
                              									Torpedobootszerstörer wurden mit Turbinen ausgerüstet und erreichten eine
                              									Geschwindigkeit von 36,8 Knoten. Die Wasserverdrängung betrug 1160 t.
                           Ebenso hat sich die Werft nicht ohne Erfolg mit dem Bau der übrigen Kriegsfahrzeuge
                              									beschäftigt, wie Tab. 2 zeigt.
                           Ferner lief April 1912 S. M. Linienschiff „König Albert“ vom Stapel.
                           Weiter ist der geschützte Kreuzer „Nowik“ für die Kaiserlich russische Marine
                              									zu erwähnen, der 3000 t Wasserverdrängung hat. Eine 18000 PS-Maschinenanlage
                              									gestattet eine Geschwindigkeit von 26 kn.
                           Es würde zu weit führen, alle aus der Schichau-Werft
                              									hervorgegangenen Schiffe aufzuzählen. Nicht nur Kriegs-, sondern auch Handelsschiffe
                              									usw. tragen den Namen der Firma über alle Meere. Als Schiffsgattungen sind noch zu
                              									nennen: Bergungsdampfer und Eisbrecher, Flußschleppdampfer, Saugebagger System Frühling, Eisenbahnfährschiffe, Post-, Fracht- und
                              									Passagierdampfer, sowie Schnelldampfer.
                           Tabelle 2.
                           Kriegsfahrzeuge der deutschen Marine.
                           
                              
                                 Bau-jahr
                                 Gattung
                                 Name
                                 Wasser-verdrän-gungt
                                 Ge-schwin-digkeitkn
                                 Ma-schinen-kraftPSi
                                 
                              
                                 1878
                                 Kanonenboot
                                 Habicht
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 1878
                                 „
                                 Möve
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 „
                                 Iltis
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 „
                                 Jaguar
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 Flußkanonenboot
                                 Tsingtau
                                 
                                 13
                                   1300
                                 
                              
                                 
                                 „
                                 Vaterland
                                 
                                 13
                                   1300
                                 
                              
                                 1894
                                 Kreuzerkorvette
                                 Gefion
                                 
                                 20,5
                                 10000
                                 
                              
                                 
                                 Kreuzer
                                 Kolberg
                                 
                                 27,3
                                 25000
                                 
                              
                                 1900
                                 Linienschiff
                                 Kais. Barbarossa
                                 11150
                                 18
                                 13500
                                 
                              
                                 1901
                                 „
                                 Wettin
                                 11800
                                 18
                                 15000
                                 
                              
                                 1903
                                 „
                                 Elsaß
                                 13200
                                 19
                                 16500
                                 
                              
                                 1904
                                 „
                                 Lothringen
                                 13200
                                 19
                                 16500
                                 
                              
                                 1906
                                 „
                                 Schlesien
                                 13200
                                 20
                                 20000
                                 
                              
                                 1912
                                 „
                                 Oldenburg
                                 
                                 22,35
                                 28000
                                 
                              
                           Infolge des bedeutenden Aufschwunges des Schiffbaues und der immer zunehmenden
                              									Dimensionen sah sich die Firma gezwungen, 1889 ein Schwimmdock und eine Reparaturwerkstätte in
                              									Pillau und 1890 eine Schiffswerft in Danzig zu errichten. 1891 betrug das
                              									Gesamtareal etwa 560000 qm, welches bis heute auf 950000 qm angewachsen ist. Die
                              									Gesamtzahl der Arbeiter stellt sich heute auf 8000 gegen 8 bald nach der
                              									Geschäftseröffnung. Zurzeit ist die Firma mit der Fertigstellung folgender Schiffe
                              									beschäftigt: S. M. Linienschiff „König Albert“, S. M. Großer Kreuzer
                              										„Ersatz Kaiserin Augusta“ für die deutsche Marine sowie des
                              									Schnelldampfers „Kolumbus“ von 40000 t Wasserverdrängung für den
                              									Norddeutschen Lloyd in Bremen.
                           Den Bedürfnissen der Zukunft kommt die Stahlgießerei entgegen, wenn sie imstande ist,
                              									Gußstücke bis zu 60 t Gewicht herzustellen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 709
                              4/4 gek. Güterzuglokomotive mit Rauchröhrenüberhitzer von Schichau
                              
                           Von den übrigen Werkstätten sei zunächst die Kesselschmiede erwähnt; bereits 1840
                              									begann Schichau sich mit dem Bau von Kesseln zu
                              									beschäftigen. Er war der erste, der Nickelstahl für die Kesselbleche verwendete.
                              									Ebenso trat er dem Bau von Wasserrohrkesseln näher. Bis heute sind etwa 3000
                              									Schiffs- und andere Kessel abgeliefert worden.
                           Auch an der Entwicklung des Lokomotivbaues hat Schichau
                              									regen Anteil genommen. Die erste Lokomotive, eine 1–A–1 Maschine für die Königl.
                              									Ostbahn, wurde 1860 fertiggestellt. Sie hatte einen Zylinderdurchmesser von 380 mm,
                              									einen Hub von 510-mm und einen Triebraddurchmesser von 1675 mm. Im Jahre 1880 ging
                              									die erste auf deutschen Bahnen laufende Verbundmaschine aus diesen Werkstätten
                              									hervor. Sie war für die Hannoversche Staatsbahn bestimmt, Ihre Hauptabmessungen sind
                              									in Tab. 3 wiedergegeben.
                           Tabelle 3.
                           Hauptabmessungen der ersten Verbundlokomotive.
                           
                              
                                 Gattung
                                 1–A–0
                                 
                              
                                 Durchmesser des Hochdruckzylinders
                                    200 mm
                                 
                              
                                 Durchmesser des Niederdruckzylinders
                                    300   „
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                    400   „
                                 
                              
                                 Durchmesser des Trieb- und Laufrades
                                  1130   „
                                 
                              
                                 Gesamtradstand
                                  4000   „
                                 
                              
                                 Heizfläche
                                   22,8 qm
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                 0,515   „
                                 
                              
                                 Wasservorrat
                                     1,6 cbm
                                 
                              
                                 Kohlenvorrat
                                   0,95   „
                                 
                              
                           Bis heute wurden von Schichau über 2000 Lokomotiven, davon
                              									etwa 700 Verbundmaschinen geliefert.
                           Die gedrängte Chronik der Schichau-Werke hat gezeigt, was
                              									ein starker Wille, gepaart mit großen Fachkenntnissen und weitschauendem Blick
                              									vermag. Schichau hat bewiesen, daß es möglich ist, ein so vielgestaltiges Werk wie
                              									dieses unter einen großen Gedanken und einen Willen zu einen, als ein Muster des
                              									privaten Wirtschaftssystems. Er gehört mit zu den Männern, denen das Lob gebührt,
                              									Deutschland von der englischen Schiffsindustrie unabhängig gemacht und ihrem
                              									Vaterlande den hervorragenden Platz auf dem Weltmarkte erobert zu haben.
                           Am 23. Januar 1896 ereilte ihn im Alter von 82 Jahren der Tod. Die Arbeiter und
                              									Beamten ehrten ihren verstorbenen Chef in sinniger Weise, als sie ihm vor einigen
                              									Jahren ein Denkmal setzten. Denn ihnen war er stets ein Helfer und Berater, ein
                              									Beispiel treuester Pflichterfüllung.