| Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. | 
| Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 763 | 
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                        POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Versuchsergebnisse von Tunnel-Druckluftlokomotiven.
                              									In Bergwerken werden Druckluftlokomotiven schon seit langer Zeit verwendet, weil
                              									hier Dampflokomotiven wegen der Brand- und Schlagwettergefahr nicht zulässig sind.
                              									Neuerdings geht man auch dazu über, bei Tunnelbauten Druckluftlokomotiven zu
                              									verwenden. Hier kommen größere Leistungen in Betracht, und auch die Spurweite ist
                              									größer. Ferner werden vor Ort kleine Lokomotiven verwendet, die das frisch
                              									abgesprengte Gestein nur eine kurze Strecke bis zu dem schon fertig ausgebauten Teil
                              									des Tunnels befördern, während stärkere Lokomotiven das Gestein mittels entsprechend
                              									längerer Züge nach dem Tunnelausgang schaffen. Druckluftmotoren sind mit dem Mangel
                              									behaftet, daß sich in den Zylindern und den Kanälen Eis ansetzt sobald die Luft, der
                              									Forderung der Wirtschaftlichkeit entsprechend, soweit expandiert, daß ihre
                              									Temperatur unter Null Grad sinkt. Man hat die Luft deshalb, wo es statthaft war,
                              									auch bei Druckluftlokomotiven vor ihrem Eintritt in die Zylinder angewärmt. Der
                              									neueste Fortschritt im Bau solcher Lokomotiven besteht nun darin, sie mit
                              									Verbundwirkung arbeiten zu lassen und außerdem die Luft sowohl beim Eintritt in den
                              									Hochdruckzylinder als auch beim Uebergang zum Niederdruckzylinder künstlich zu
                              									erwärmen. Derartige Lokomotiven und die zugehörige Luftverdichtungsanlage sind von
                              										A. Borsig in Tegel bei Berlin für den Bau des Tunnels
                              									durch den Mont d'Or bei Vallorbe an der schweizerisch-französischen Grenze geliefert
                              									worden.
                           Die Luftverdichtungsanlage besteht aus drei Verdichtern mit liegenden Zylindern, die
                              									bei 125 Umdrehungen 13 cbm Luft von atmosph. Spannung auf 150 at verdichten. Die
                              									Verdichtung erfolgt in vier Stufen in zwei Zylindern, die in Tandembauart
                              									hintereinander liegen. Die Verdichter werden mittels Riemen durch einen
                              									Drehstrommotor von 250 PS angetrieben. Die Verdichteranlage befindet sich im Tal,
                              									und die verdichtete Luft wird etwa 1 km weit mittels einer Rohrleitung von 50
                              									mm Weite zum Tunneleingang geleitet, wo sie von einer Flaschenbatterie von 20 cbm
                              									Inhalt aufgenommen wird, neben der die erste Füllstelle vorgesehen ist. 2 km weiter
                              									im Tunnel ist für die kleinen vor Ort verkehrenden Lokomotiven kürzlich noch eine
                              									zweite Füllstelle eingerichtet. Es sind seitdem Frühjahr 1911 fünf 3/3 gekuppelte
                              									Lokomotiven von 11 t Dienstgewicht und zwei 4/4 gekuppelte Lokomotiven von 31 t
                              									Dienstgewicht geliefert. Die Spurweite beträgt 1000 mm und der höchste Betriebsdruck
                              									nach der Füllung 135 at. Die Länge des fertigen Tunnels wird 6,1 km sein und eine
                              									gleichbleibende Steigung in der Baurichtung von 13 v. H. haben. Die Leistung der
                              									kleinen Lokomotiven soll bergwärts 55 t brutto, die der großen 180 t brutto
                              									betragen. Die kleinen Lokomotiven haben eine größte Höhe von 1700 mm, eine größte
                              									Breite von 1580 mm, und über die Buffer gemessen beträgt ihre Länge 5600 mm. Die
                              									Zylinder, die Steuerung und das ganze Gestänge liegen hier innerhalb des
                              									Rahmens.
                           Die großen Lokomotiven, von denen eine durch die Figur veranschaulicht wird, haben
                              									eine größte Höhe von 2550 mm, größte Breite von 1050 mm und eine Länge über die
                              									Buffer von 8600 mm. Diese Maschinen müssen Krümmungen von 70 m Radius befahren, und
                              									die zweite und vierte Achse haben deshalb eine seitliche Verschiebbarkeit von 10 und
                              									20 mm erhalten. Die Maschinen sind in der Bauart dadurch von den kleineren
                              									verschieden, daß bei ihnen die Zylinder und das ganze Gestänge der besseren
                              									Zugänglichkeit wegen außen liegen. Es ist Heusinger-Steuerung mit Kolbenschiebern gewählt, der Hochdruckzylinder liegt
                              									rechts, der Niederdruckzylinder links.
                           Die Druckluft wird nach dem Passieren eines Druckminderventils vor ihrem Eintritt in
                              									den Hochdruckzylinder und später beim Uebertritt in den Niederdruckzylinder durch
                              									Röhrensysteme erwärmt. Die Beheizung der Röhrensysteme erfolgt durch eine
                              									besondere, innerhalb des Rahmens angeordnete Feuerung, deren Abgase durch einen
                              									kleinen, in der Figur nicht erkennbaren Schornstein entweichen.
                           Die Versuche mit je einer großen und kleinen Lokomotive fanden am 14. Juli d. J.
                              									statt. Die zur Verfügung stehende Tunnelstrecke war 2000 m lang und enthielt
                              									zwischen 200 und 500 m vom Tunneleingang eine Krümmung von 120 m Radius. Das Gleise
                              									war in gutem Zustande. Die Lokomotive befand sich tunneleinwärts, mußte den Zug also
                              									die Steigung hinaufziehen. An einer im Tunnel liegenden Ventilationsleitung von 1 m
                              									∅ waren in Abständen von je 100 m die Entfernungen vom Tunneleingang groß
                              									angeschrieben, und die Zahlen hell beleuchtet. Die Temperatur im Tunnel war morgens
                              									am Eingang 17°, hinten 18°, mittags entsprechend 18° und 19°. Die Lokomotiven waren
                              									schon rund ein Jahr im Betrieb, vor Beginn der Versuche keiner Reinigung oder
                              									Reparatur unterzogen worden, nur das Niederschlagwasser wurde aus den Luftbehältern
                              									entfernt. Der Luftinhalt der kleinen Lokomotiven betrug 2250 l, der großen 10200
                              									l.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 327, S. 763
                              
                           Zwischen der Lokomotive und dem Zug wurde ein Dynamometer eingeschaltet, dessen Skala
                              									bis 5000 kg reichte. Es wurden im ganzen fünf Pendelfahrten gemacht, und zwar zuerst
                              									drei mit der kleinen und darauf zwei mit der großen Lokomotive. Für die kleine
                              									Lokomotive bestand der Zug aus kleinen rechteckigen Plattformkastenwagen und für die
                              									große Lokomotive aus rechteckigen Plattform wagen. Die kleinen Wagen wogen 2,2 t und
                              									die großen 2,8 t, der Wageninhalt war entsprechend 3,1 und 4,4 cbm. Das
                              									Bruttogewicht der beladenen Wagen war 8,4 bzw. 11,6 t und das Nettogewicht 6,2 bzw.
                              									8,8 t. Bei jeder Fahrt wurden eine Anzahl Personen mit einem Gesamtgewicht von 750
                              									kg mitgenommen. Die erste Fahrt begann bergwärts. Die Zahl der Wagen war bei der
                              									ersten Pendelfahrt neun, bei der zweiten und dritten je sieben Wagen.
                           Die Fahrzeiten der drei ersten Pendelfahrten waren:
                           
                              
                                 a) bergwärts:
                                 10½,
                                 14
                                 und
                                 11½
                                 Minuten,
                                 
                              
                                 b) talwärts:
                                 10,
                                 11
                                 und
                                   9
                                 Minuten.
                                 
                              
                           Die zurückgelegten Strecken betrugen:
                           a) 1000, 1470 und 1590 m,
                           b) 1000, 1470 und 1590 m.
                           
                           Die Geschwindigkeit betrug:
                           
                              
                                 i. d. Sek.
                                 a) 1,59, 1,75 und 2,30 m,b) 1,67, 2,38 und 2,94 m.
                                 
                              
                                 i. d. Std.
                                 a) 5,72, 6,30 und 8,28 km,b) 6,01, 8,57 und 10,58 km.
                                 
                              
                           Der Anfangsdruck in den Behältern war:
                           a) 84, 92 und 81 at,
                           b) 29, 30 und 16 at.
                           Der Enddruck war:
                           a) 29, 30 und 16 at,
                           b) 27, 27 und 13 at.
                           Der durchschnittliche Druck in der Arbeitsflasche war bei der ersten Pendelfahrt 15
                              									at und bei der zweiten und dritten 14 at.
                           Die Temperatur der in die Zylinder einströmenden Luft wurde bei Beginn der ersten
                              									Bergfahrt und am Ende der ersten Talfahrt nicht gemessen.
                           Sie betrug bei Beginn der übrigen Fahrten am Hochdruckzylinder:
                           a)   – , 110° und 136°,
                           b) 80°,   96° und 125°.
                           Am Niederdruckzylinder war die Eintrittstemperatur:
                           a)   – , 60° und 73°,
                           b) 45°, 54° und 78°.
                           Am Ende der Fahrt war die Temperatur am Hochdruckzylinder:
                           a) 80°,   96° und 125°,
                           b)   – , 145° und 174°.
                           Am Niederdruckzylinder:
                           a) 45°, 54° und 78°,
                           b)   – , 62° und 88°.
                           Der Brennstoffverbrauch betrug während dieser drei Pendelfahrten 4 kg Koks und 1 kg
                              									Holz.
                           Die mittleren Zugkräfte bei den drei Bergfahrten, am Dynamometer gemessen, waren:
                              									1340 bzw. 1100 bzw. 1100 kg, und der Luftverbrauch für 1 PS/Std. am Zughaken
                              									entsprechend 24,317 bzw. 23,899 bzw. 23,170 cbm.
                           In Anbetracht der vorstehenden ausführlichen, auf die kleine Lokomotive bezüglichen
                              									Daten werden hinsichtlich der großen Lokomotive einige hauptsächliche Angaben
                              									genügen. Sie machte nur zwei Pendelfahrten mit 15 Kippwagen und 1 Kastenwagen bzw.
                              									10 Kippwagen und 1 Kastenwagen. Die Bergfahrten dauerten 20½ bzw. 15 Minuten; die
                              									durchfahrenen Strecken waren 1870 bzw. 1875 m lang. Die Geschwindigkeit i. d. Sek. betrug
                              									1,52 bzw. 2,18 m. Der Druck in der Arbeitsluftflasche betrug 15,5 bzw. 15 at.
                           Die Lufttemperaturen waren bei Beginn der Bergfahrt am Hoch- und Niederdruckzylinder
                              									80°, bei der zweiten Bergfahrt entsprechend 102 und 91° C. Am Ende der Bergfahrten
                              									waren die Lufttemperaturen 64 bzw. 74° am Hochdruckzylinder und 58 bzw. 87° am
                              									Niederdruckzylinder. Die mittleren Zugkräfte am Dynamometer waren 2910 bzw. 1950 kg.
                              									Der Luftverbrauch für 1 PS/Std. am Zughaken betrug 22,611 und 22,732 cbm, der
                              									Brennstoffverbrauch für beide Pendelfahrten und das Anheizen der Lokomotive 8 kg
                              									Koks und 1 kg Holz.
                           Gegenüber den besten bei Druckluftlokomotiven anderer Bauart erzielten
                              									Luftverbrauchszahlen (vgl. Litz, Glückauf 1912, Nr. 12,
                              									13, 17, 18) wurde bei den untersuchten beiden Maschinen infolge gleichzeitiger
                              									Anwendung des Verbundprinzipes und der zweifachen Lufterwärmung eine Luftersparnis
                              									bis zu 35 v. H. erreicht.
                           Km.
                           ––––––––––
                           Die Anfechtbarkeit deutscher Patente. Nach § 10 des
                              									deutschen Patentgesetzes wird ein Patent vernichtet, wenn eine der folgenden
                              									Voraussetzungen zutrifft: 1. daß der Gegenstand des Patentes nach den §§ 1 und 2 des
                              									Patentgesetzes nicht patentfähig war, d.h. daß a) er keine Erfindung war; b) er
                              									nicht neu war (Mangel der Neuheit liegt vor im Fall einer Veröffentlichung in
                              									Druckschriften aus den letzten 100 Jahren oder einer offenkundigen Benutzung in
                              									Deutschland, derart, daß danach die Benutzung durch andere Sachverständige möglich
                              									erscheint); c) er nicht gewerblich verwertbar ist; d) seine Verwertung den Gesetzen
                              									oder guten Sitten zuwiderlaufen würde; e) er eine Erfindung von Nahrungs-, Genuß-
                              									und Arzneimitteln betrifft, sowie von Stoffen, welche auf chemischem Wege
                              									hergestellt werden, soweit die Erfindungen nicht ein bestimmtes Verfahren zur
                              									Herstellung der Gegenstände betreffen; 2. daß die Erfindung Gegenstand des deutschen
                              									Patents eines früheren Anmelders ist; 3. daß der wesentliche Inhalt der Anmeldung
                              									den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines
                              									andern oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung
                              									entnommen war.
                           Trifft eine der Voraussetzungen (1 bis 3) nur teilweise zu, so erfolgt die Erklärung
                              									der Nichtigkeit durch entsprechende Beschränkung des Patents.
                           Ueber die Einleitung des Verfahrens wegen Erklärung der Nichtigkeit bestimmt der § 28
                              									des Patentgesetzes, daß erstens im Falle des § 10 Nr. 1 (siehe oben Voraussetzung 1)
                              									nach Ablauf von fünf Jahren, von dem Tage der
                              									Bekanntmachung der Erteilung im Reichsanzeiger an gerechnet, der Antrag auf
                              									Nichtigkeit unstatthaft ist; zweitens im Fall des § 10
                              									Nr. 3 (siehe oben Voraussetzung 3) nur der Verletzte zu dem Antrag berechtigt
                              									ist.
                           Während also in den Fällen der Vorpatentierung und widerrechtlichen Entnahme (siehe
                              									oben Voraussetzungen 2 und 3) die Nichtigkeitsklage während der ganzen Patentdauer
                              									und auch nach Ablauf derselben erhoben werden kann, ist die Nichtigkeitsklage
                              									wegen der in der Voraussetzung 1 angegebenen Klagegründe nach Ablauf von fünf Jahren, von dem Tage der Bekanntmachung der
                              									Erteilung im Reichsanzeiger an gerechnet, nicht mehr
                                 										zulässig.
                           Die Festsetzung der fünfjährigen Präklusivfrist erfolgte insbesondere deshalb, weil
                              									der Nichtigkeitsrichter bei seiner Prüfung auf die Zeit der Anmeldung zurückgehen,
                              									d.h. den Stand der Technik zur Zeit der Anmeldung prüfen muß. Die Schwierigkeit
                              									dieser Aufgabe wächst mit der Länge des Zeitraumes, der seit der Anmeldung des
                              									Patentes verflossen ist. Es ist zuzugeben, daß es für den Nichtigkeitsrichter schwer
                              									ist, nach Verlauf einer längeren Reihe von Jahren noch einwandfrei festzustellen, ob
                              									dem Gegenstand eines beispielsweise wegen mangelnden Erfindungscharakters
                              									angefochtenen Patentes zur Zeit der Anmeldung in der Tat Erfindungscharakter
                              									anhaftete, da sich in unserem Zeitalter der Erfindungen der Stand der Technik
                              									schnell verändert.
                           Für den Patentinhaber bedeutet die Einführung der fünfjährigen Präklusivfrist einen
                              									Vorteil, da er nach Ablauf dieser Frist durch Nichtigkeitsklagen nicht mehr
                              									belästigt werden, die Früchte seiner geistigen Tätigkeit also in Ruhe genießen kann.
                              									Für die Allgemeinheit aber bedeutet sie eine Härte. In den Patentgesetzen des
                              									Auslandes hat – mit Ausnahme von Holland – eine solche Fristsetzung Aufnahme nicht
                              									gefunden.
                           Die gesetzlich festgelegte fünfjährige Präklusivfrist führt nun zu Besonderheiten,
                              									die im folgenden kurz wiedergegeben sind.
                           Stellt es sich beispielsweise nach Ablauf der fünfjährigen
                                 										Präklusivfrist heraus, daß der Gegenstand eines Patentes in einer
                              									Druckschrift aus den letzten 100 Jahren veröffentlicht oder in Deutschland
                              									offenkundig vorbenutzt, also zur Zeit der Anmeldung des Patents nicht mehr neu und
                              									patentfähig war, so ist trotz dieser Tatsachen das Patent im Nichtigkeitswege nicht
                              									mehr anzufechten. Der Patentinhaber hat das Recht, Dritten zu verbieten, den vor
                              									Einreichung seines Patentes offenkundig bekannten Gegenstand gewerbsmäßig
                              									herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen. Hieraus ergibt
                              									sich folgender Fall: Ein Patentinhaber offenbart während der ersten fünf Jahre sein
                              									Patent, dessen Schwäche ihm möglicherweise bekannt ist, nicht der Allgemeinheit,
                              									duldet stillschweigend sogar Verletzungen. Plötzlich nach Ablauf der fünfjährigen
                              									Präklusivfrist erweckt er sein Patent aus dem Dornröschenschlaf, um es der
                              									überraschten Industrie zu präsentieren. Man könnte einwenden, daß ein Verschweigen
                              									eines Patentes nicht möglich ist, da seine Erteilung ja im Reichsanzeiger
                              									veröffentlicht wird. Es ist hier aber zu berücksichtigen, daß es einerseits fast
                              									unmöglich ist, alle Patente zu beachten, anderseits sind viele Patente in ein so
                              									bescheidenes Gewand gehüllt, daß man ihnen selbst bei eingehenderer Prüfung
                              									erheblichere Bedeutung nicht beimißt. Nach Ablauf der fünfjährigen Präklusivfrist
                              									legt aber der Patentinhaber – seiner Stärke bewußt – dem Patent erhebliche Tragweite
                              									bei und versucht, die Industrie sich tributpflichtig zu machen. Mit Recht hat man
                              									solchen Patenten die Bezeichnung „Wegelagererpatente“ gegeben.
                           Wie kann man nun nach Ablauf der fünfjährigen Präklusivfrist die Wirkungen solcher
                              									Patente abschwächen?
                           Eine Nichtigkeitsklage ist nicht mehr möglich, wohl aber noch die
                              									Feststellungsklage.
                           Eine Feststellungsklage bietet jedoch im allgemeinen nur dann Aussicht auf Erfolg,
                              									wenn der Wortlaut des Anspruchs des anzufechtenden Patents in Verbindung mit der
                              									Patentbeschreibung gegenüber den nachträglich gefundenen Veröffentlichungen nicht
                              									eindeutig ist, sondern Zweifel über die Tragweite des Patentschutzes zuläßt.
                           Ist der Patentanspruch in Verbindung mit der Patentbeschreibung gegenüber den
                              									Veröffentlichungen durchaus eindeutig, so gilt das Patent in dem Umfange seines
                              									Wortlautes. Die Veröffentlichungen können in diesem Fall zu einer einschränkenden
                              									Auslegung des Anspruches nicht führen.
                           Liegen Zweifel über die Tragweite des Patentschutzes gegenüber den
                              									Vorveröffentlichungen vor, die sich aber aus der Beschreibung und dem Anspruch des
                              									angefochtenen Patentes begründen lassen müssen, so kann der Patentinhaber gezwungen
                              									werden, seinem Patent, dem er sonst große Tragweite zuschrieb, eine so enge
                              									Auslegung zu geben, daß das, was der Allgemeinheit zur Zeit der Anmeldung des
                              									Patentes bereits gehörte, nicht beeinträchtigt wird.
                           Während für die Behandlung von Nichtigkeitsklagen in erster Instanz das Patentamt, in
                              									zweiter und letzter Instanz das Reichsgericht zuständig ist, sind zur Behandlung von
                              									Feststellungsklagen die ordentlichen Gerichte (in letzter Instanz das Reichsgericht)
                              									berufen. Der schleppende Gang der Verhandlungen vor den ordentlichen Gerichten ist
                              									bekannt. Ein großer Teil dieser umständlichen Feststellungsklagen würde nicht
                              									erforderlich sein, wenn nicht für die Einleitung von Nichtigkeitsklagen –
                              									insbesondere wegen mangelnden Erfindungscharakters und mangelnder Neuheit – eine
                              									zeitliche Grenze gesetzt wäre.
                           Diese Ausführungen gelten jedoch nur für den Fall, daß der Gegenstand eines Patentes
                              									zur Zeit seiner Anmeldung in Druckschriften aus den letzten 100 Jahren
                              									veröffentlicht oder im Inland offenkundig vorbenutzt ist.
                           Anders liegen dagegen die Verhältnisse, wenn die einem Patent zugrunde liegende
                              									Erfindung bereits Gegenstand eines deutschen Patentes eines früheren Anmelder ist
                              									oder ihr wesentlicher Teil den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften
                              									oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesen angewendeten Verfahren ohne
                              									dessen Einwilligung entnommen ist. In diesen Fällen kann – wie bereits oben
                              									ausgeführt – während der ganzen Dauer des Patentes oder auch nach dessen Ablauf auf
                              									Nichtigkeit geklagt werden.
                           Es genügt hierbei aber nicht, daß die einem Patent zugrunde liegende Erfindung in der
                              									älteren deutschen Patentschrift bereits enthalten ist, sondern sie muß den
                              									Gegenstand des älteren Patentes bilden, d, h. in dem nach Inhalt und Tragweite
                              									erläuterten Patentanspruch des älteren Patentes wiedergegeben sein.
                           Das ältere Patent muß ein deutsches Reichspatent sein. Es braucht aber zur Zeit der
                              									einzuleitenden Nichtigkeitsklage nicht mehr zu Recht zu bestehen.
                           Klagen dieser Art sind aber nur selten, da bei dem anerkannt gründlichen und scharfen
                              									deutschen Vorprüfungssystem eine Doppelpatentierung fast ausgeschlossen ist.
                           P. C. R.
                           ––––––––––
                           Als die erste eigentliche Turbinenpumpe kann man die von
                              									Professor Osborne-Reynolds ansehen, deren Bauart der
                              									nachfolgenden Betrachtung über die Anfänge und Entwicklung der
                                 										Turbinenpumpe zugrunde gelegt ist.
                           Die älteste unter Benutzung der Zentrifugalwirkung arbeitende Pumpe ist die von Hessian im Anfang des Mittelalters entworfene. Sie
                              									bestand aus einem trommeiförmigem Gehäuse, in dem vier aufeinander senkrecht
                              									stehende Flügel rotierten unter ständiger Berührung mit der Gehäuseinnenwand. Die
                              									Zuführung fand achsial, die Abführung tangential statt. Eine Verbesserung dieser
                              									Maschine schlug Denis Papin vor, indem er das Gehäuse
                              									spiralförmig ausbildete. Im Jahre 1851 meldete der Amerikaner John Gwynnes ein Patent an auf eine Pumpe, welche zum ersten Male die
                              									Hintereinanderschaltung mehrerer Laufräder zeigte, jedoch noch ohne Anwendung eines
                              									Leitapparates für die Umleitungen von einer Stufe zur nächsten. Dieses geschah erst
                              									1875 durch Osborne-Reynolds, der hierdurch die Umsetzung
                              									der kinetischen Energie in Druck unter möglichster Vermeidung von Wirbelverlusten
                              									erreichte und damit den Grund zur weiteren Entwicklung der Turbinenpumpen legte. Die
                              									erste derartige Maschine wurde 1887 von Mather &
                                 										Platt in Salford gebaut mit vier Druckstufen für 700 Liter i. d. Min. auf
                              									45 m Höhe bei 1500 Umdrehungen i. d. Min.; ihr Wirkungsgrad ergab sich zu 58,5 v. H.
                              									Außer dieser Firma nahmen auch Gebr. Sulzer in Winterthur
                              									1897 den Bau von Turbinenpumpen nach der Konstruktion Reynolds auf und lieferten 1900 die erste derartige mit Elektromotoren
                              									angetriebene große Anlage für die Gruben in Horcajo in Spanien.
                           Die von Reynolds ausgeführten Laufräder waren mit rein
                              									radialen Schaufeln seitlich offen ausgeführt, in der Absicht, die Reibungsverluste
                              									zu verringern. Das Gegenteil wurde jedoch erreicht, und zudem trat leicht ein
                              									Fressen an den Seiten ein, weshalb man zur geschlossenen Bauart überging. Die
                              									günstigsten Schaufelformen und Schaufelwinkel wurden durch Versuche ermittelt, wobei
                              									sich zeigte, daß bei gleicher Länge der Leitapparate ein Austrittswinkel von 25° bis
                              									30° (rückwärts gekrümmte Schaufeln) die besten Wirkungsgrade, und ein Winkel von 90°
                              									die größte Förderhöhe ergab. Der Leitapparat der Pumpe Reynolds war ursprünglich mit
                              									verstellbaren Leitschaufeln versehen, auf die man aber der geringen Vorteile wegen
                              									bald verzichtete. Man wählte feste Leit- und Rückkehrschaufeln, die dann später zu einem
                              									ununterbrochenen spiralförmigen Kanal zur Ueberführung des Fördermittels von einer
                              									Stufe zur anderen ausgebildet wurden.
                           Bei den geschlossenen Laufrädern tritt ein Achsialschub auf, den Sulzer durch die bekannte Anordnung von gegenläufigen
                              									Laufrädern aufhob. Da diese immerhin mit Schwierigkeiten in der Herstellung
                              									verbunden war und bei Förderung schmutzhaltigen Qrubenwassers durch Abnutzung der
                              									Dichtungsringe Nachteile mit sich brachte, suchten Mather
                                 										& Platt auf andere Weise einen Druckausgleich zu schaffen. Sie ordneten
                              									auf der Rückseite des letzten Laufrades eine Druckkammer an, die durch ein
                              									selbsttätig gesteuertes Ventil mit der Saugseite des ersten Rades verbunden war und
                              									bei einer Verschiebung der Welle in der einen Richtung eine Druckwirkung auf diese
                              									in der anderen Richtung erzeugte. Nach mehreren Uebergangskonstruktionen entstand
                              									hieraus eine von Mather & Platt endgültig
                              									beibehaltene Ausführung, bei der Entlastungskolben und Drosselventil zu einem
                              									ventilartigen Organ vereinigt sind mit senkrecht zur Welle angeordneten
                              									Dichtungsflächen. Die verschiedenen Druckstufen werden der einfacheren Herstellung
                              									halber als Einzelteile konstruiert und angefertigt, so daß für eine bestimmte
                              									Fördermenge je nach der verlangten Druckhöhe die erforderliche Stufenzahl einfach
                              									zusammengebaut zu werden braucht.
                           Für die verschiedenartigen Anwendungsgebiete der Turbinenpumpen sind mancherlei
                              									Sonderkonstruktionen geschaffen. Bei senkrechten Senkpumpen zum Entwässern von
                              									Schächten bzw. für Tiefbrunnenanlagen wird auch das Gewicht der rotierenden Teile
                              									von der Achsschubentlastung aufgenommen. Interessant ist der zuweilen ausgeführte
                              									Zusammenbau von Pumpe, Elektromotor und Wasserturbine für Kondensationsanlagen,
                              									wobei die Pumpe Kühlwasser aus der tiefliegenden Wasserstelle in einen
                              									Oberflächenkondensator fördert und das abfließende Kühlwasser einen Teil der
                              									aufgewandten Energie wieder an die Wasserturbine abgibt, so daß der Elektromotor nur
                              									den Unterschied der Arbeit zu leisten hat.
                           Bei Antrieb der Pumpe durch eine Dampfturbine werden beide häufig in einem Gehäuse
                              									zusammengebaut, wobei die Wasserpumpe zugleich als Kondensator der Turbine dienen
                              									kann.
                           Ihre Hauptanwendung finden große Turbinenpumpen für Wasserhaltungen in Bergwerken, wo
                              									Förderhöhen bis 600 m und Fördermengen bis 15000 l i. d. Min. vorkommen. [Zeitschr.
                              									für das gesamte Turbinenwesen 1912 Heft 25 bis 27.]
                           Dipl.-Ing. Ritter.
                           ––––––––––
                           Uebereinstimmung zwischen Wortzeichen, deren Aussprache sich
                                 										mit den Namen von Buchstaben deckt. EKA und EMMKAH stimmen überein. Bild
                              									und Klang dieser beiden Wörter wirken nicht so, daß sie als identisch mit EK und mit
                              									MK zu gelten hätten, oder daß die Erinnerung an diese beiden Buchstabenfolgen bei
                              									dem Durchschnitt der Käufer ausgelöst würde. Es gibt viele Wörter, die zwar gerade
                              									so geschrieben werden, wie wenn man Buchstaben aneinander reiht, die aber trotzdem
                              									einen davon ganz unabhängigen, bestimmten Sinn haben – wie z.B. die Wörter Emma,
                              									Ente, Erde, Beef. EKA und EMMKAH kommen sich aber klanglich so nahe, daß bei dem im
                              									Verkehr üblichen, flüchtigen Sprechen leicht versehentlich das eine Wort für das
                              									andere gehört werden kann. (Beschwerde-Abt. I vom 27. Okt. 1911.) [Aus der
                              										„Deutschen Juristen-Zeitung“, mitgeteilt v. Geh. Reg.-Rat Feldt.]
                           D.