| Titel: | Neuere Conveyor-Anlagen. | 
| Autor: | W. Lehrmann | 
| Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 33 | 
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                        Neuere Conveyor-Anlagen.
                        Von Ingenieur W. Lehrmann,
                           									Leipzig.
                        LEHRMANN: Neuere Conveyor-Anlagen.
                        
                     
                        
                           Inhaltsübersicht.
                           Der vorliegende Aufsatz befaßt sich ganz kurz mit der Entwicklung
                              									des Conveyor und beschreibt dann an Hand von Zeichnungen und photographischen
                              									Aufnahmen ausgeführte meist neue und durchschnittlich größere Conveyor-Anlagen.
                           Mit dem Namen „Conveyor“ bezeichnet man in Deutschland einen Förderer, welcher
                              									im wesentlichen aus einzelnen Bechern besteht, die in geeigneter Weise in einer
                              									Kette pendelnd aufgehängt sind, so daß die Lage der Becher, unabhängig von der
                              									Führung der Kette, stets eine wagerechte ist, abgesehen von Punkten, an denen
                              									zwangläufig eine andere Becherlage hervorgerufen wird, wie z.B. an den Kippstellen,
                              									an welchen Material abgeworfen werden soll. Der Ausdruck „Conveyor“ ist
                              									eigentlich nicht richtig gewählt, er würde auf deutsch lediglich „Förderer“
                              									bedeuten. Korrekter wäre es m. E., die fragliche Transporteinrichtung mit
                              										„Becherförderer“ zu bezeichnen. Das Wort Conveyor wird wahrscheinlich aus
                              									dem Englischen übernommen worden sein, wobei außer acht gelassen ist, daß die hier
                              									beschriebenen Förderer in der englischen Sprache mit „bucket conveyor“
                              									bezeichnet werden, welches übersetzt dem bereits vorhin erwähnten Wort
                              										„Becherförderer“ entspräche. Der Ausdruck Conveyor hat sich doch im Laufe
                              									der letzten Jahre derart eingebürgert, daß heute ein jeder, der mit Transportanlagen
                              									zu tun hat, genau weiß, was unter einem Conveyor zu verstehen ist.
                           Die ständig wachsende Anzahl der im Betrieb befindlichen Becherförderer ist
                              									hauptsächlich den verschiedenen Verbesserungen, die im Laufe der letzten Jahre an
                              									diesem Fördermittel erzielt wurden, zuzuschreiben. Als die ersten Anlagen in
                              									Deutschland erstellt wurden, stand man dem „Conveyor“ mit wenig Zutrauen
                              									gegenüber; es zeigten sich verschiedene Uebelstände, besonders beim Füllen fiel
                              									mehr oder weniger Material ab, oder die Becher waren ungleichmäßig beschickt.
                              									Amerikaner und Engländer legten anfangs die Becher unmittelbar hintereinander, um
                              									die Aufgabe des Materials zu erleichtern, verwendeten sogar zum Teil Becher mit
                              									Ueberlappung, die derart in der Kette angeordnet waren, daß in wagerechten Strängen
                              									die einzelnen „Lappen“, welche an den sich gegenseitig zugekehrten Seiten der
                              									Becher auf diese gesetzt waren, übereinandergriffen, und auf diese Weise
                              									Zwischenräume zwischen den einzelnen Bechern vermieden wurden. Doch auch diese
                              									Konstruktion brachte nicht den erhofften Erfolg und wird heute nur selten noch
                              									ausgeführt. Die Dodge-Company in Philadelphia
                              									konstruierte derzeit einen Conveyor, bei dem die einzelnen Becher mit engen
                              									Zwischenräumen hintereinander angeordnet wurden, und bei dem diese Zwischenräume
                              									gewissermaßen durch kleine, etwas tiefer liegende Becher ausgefüllt wurden. Die
                              									Anordnung geht aus Abb. 1 hervor. Die zum Transport
                              									bestimmten Becher sind pendelnd in der Kette aufgehängt, die kleinen Zwischenbecher
                              									dagegen mit der Kette fest verbunden. Beim Füllen vorbeifallendes Material wird von
                              									den kleinen Zwischenbechern aufgenommen und beim Uebergang in den Vertikalstrang in
                              									die Transportbecher geworfen (s. Abb. 1).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 33
                              Abb. 1.
                              
                           Außer den hier erwähnten Konstruktionen kamen derzeit noch verschiedene andere auf
                              									den Markt, auf die ich jedoch nicht weiter eingehen will, da dieselben heute kaum
                              									noch in Frage kommen.
                           Erwähnt sei bei dieser Gelegenheit noch der bekannte Huntsche Conveyor, bei dem eine Zwischenkette eingeschaltet wird, um beim
                              									Füllen die Zwischenräume der einzelnen Becher zu überdecken und das zufließende Material richtig in
                              									die Becher zu führen. Nach der Füllung erhalten die Becher ihre volle
                              									Bewegungsfreiheit wieder.
                           Bei einem modernen Becherförderer braucht man Maßnahmen, wie die vorher erwähnten,
                              									nicht mehr zu treffen, die Füllvorrichtungen sind derart verbessert, daß sie ein
                              									selbsttätiges und sicheres Aufgeben des Materials in die einzelnen Becher ohne
                              									störende Streuung ermöglichen, wobei die Entfernung der Becher voneinander ohne
                              									Einfluß auf das Füllen und auf die Betriebssicherheit der Anlage ist. Die
                              									Beschickung geht vollkommen selbsttätig von statten, gleichviel, um welches
                              									Fördergut und welche Leistung es sich handelt, vorausgesetzt natürlich, daß die
                              									Füllmaschine dem Charakter des jeweiligen Materials angepaßt wird.
                           
                              
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                              Abb. 2.Conveyoranlage im Gaswerk Grasbrook.
                              
                           Die Kette eines Becherförderers kann jede beliebige Richtung haben, auch in
                              									verschiedenen Vertikalebenen liegen, für welchen Fall sogen. Verdrehungsconveyor zur
                              									Verwendung kommen. Die Lage des Bechers bleibt bei allen Kettenrichtungen stets
                              									wagerecht, so daß das Material sicher mitgeführt wird.
                           An den Entladestellen werden Kippvorrichtungen eingebaut, welche die passierenden
                              									Becher selbsttätig kippen und dadurch zur Entleerung bringen. Diese
                              									Kippvorrichtungen können ein- und ausgerückt werden, so daß z.B. bei Anordnung
                              									mehrerer solcher Kippvorrichtungen in einem Conveyorstrang die Becher je nach Wunsch
                              									an der einen oder anderen Stelle entleert werden können. Dasselbe läßt sich mit
                              									einem fahrbaren Kipper erreichen, welcher z.B. ein sehr gleichmäßiges Beschicken
                              									langer Bunker ermöglicht. Die Bedienung der Kippvorrichtungen erfolgt vom Flur des
                              									betreffenden Gebäudes aus.
                           Füllvorrichtungen werden ebenfalls feststehend und fahrbar gebaut. Durch Anordnen
                              									mehrerer Füllmaschinen bei einem Becherförderer läßt sich ein Mischen verschiedener
                              									Materialien herbeiführen. Sollen z.B. zwei verschiedene Kohlensorten gemischt und
                              									den Kesseln bzw. den Vorbunkern zugeführt werden, so würde an der einen
                              									Aufgabestelle die erste Sorte, an der zweiten die zweite Sorte Kohle in den Förderer
                              									gegeben. Durch Einstellen der Füllmaschine läßt sich die Mischung sogar regulieren.
                              									Andererseits kann man gleichzeitig den Transport getrennt zu haltender Materialien,
                              									z.B. Kohle und Asche, bewerkstelligen, indem die zugehörigen Füll- und
                              									Kippvorrichtungen derart konstruiert werden, daß z.B. abwechselnd je ein Becher
                              									ausschließlich Kohle, der folgende wieder Asche usw. transportieren, wodurch ein
                              									Vermischen der beiden Materialien unmöglich gemacht wird. Die Kippstellen werden
                              									entsprechend angeordnet, um die beiden Sorten Fördergut stets nur in die zugehörigen
                              									Bunker abzugeben.
                           Die verschiedenen Vorteile eines modernen Becherförderers, besonders der geräuschlose
                              									und selbsttätige Betrieb, haben diesem Transportelement zu der ständig zunehmenden
                              									Einführung in allen Betrieben verholfen.
                           Hiermit soll nun keineswegs gesagt sein, daß der Becherförderer in seiner heutigen
                              									Ausführungsform das einzig gegebene Transportmittel ist und alle anderen bisher
                              									bekannten übertrifft. Ein starker Konkurrent des sogen. Conveyors ist z.B. der
                              									Gurtförderer, und man darf wohl behaupten, daß heute unter den Transport-Elementen
                              									die Conveyor und Gurtförderer mit den ersten Platz einnehmen. Zu entscheiden, wann
                              									Gurt- und wann Becherförderer oder sonstige Transportmittel am vorteilhaftesten zu
                              									verwenden sind, ist nicht ohne weiteres möglich, und es bedarf eines sorgfältigen
                              									Studiums der gegebenen Verhältnisse. Hierbei spielen die verlangte Leistung, die
                              									Beschaffenheit des Materials, ferner die örtlichen Verhältnisse und sonstigen
                              									Umstände eine wesentliche Rolle.
                           Es würde außerhalb des Rahmens des vorliegenden Aufsatzes liegen, die verschiedenen
                              									Transportelemente einander gegenüber zu stellen oder z.B. das Für und Wider der
                              									wichtigsten, also der Bänder- und Becherförderer für bestimmte, gegebene
                              									Verhältnisse zu besprechen. Die Abhandlung soll nachfolgend lediglich einige meist
                              									neuerdings ausgeführte Conveyoranlagen beschreiben, und zwar sind hierbei
                              									hauptsächlich von der Firma Adolf Bleichert & Co. in
                              									Leipzig ausgeführte Anlagen zugrunde gelegt, da genannte Firma m. W. die größten in
                              									Deutschland überhaupt erstellten Conveyors geliefert hat, so daß dieselben in bezug
                              									auf ihre große Leistung als auch auf große Förderhöhen und Förderlängen entschieden
                              									bemerkenswert sind.
                           Abb. 2 zeigt eine Anlage, welche vor einiger Zeit auf
                              									dem Gaswerk Grasbrook in Hamburg erstellt wurde und sich seit etwa einem Jahre ohne
                              									Störung im Betrieb befindet.
                           Es handelt sich hier um zwei unabhängig voneinander arbeitende Becherförderer, welche
                              									stündlich je etwa 150 t großstückige Steinkohle transportieren, und deren
                              									Förderhöhen etwa 33 m bzw. etwa 11 m betragen. Die Antriebsmotoren der Conveyors
                              									sind 39 PS bzw. 15,4 PS stark, der tatsächliche Kraftbedarf ist allerdings
                              									geringer.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 35
                              Abb. 3.Antrieb zum Conveyor.
                              
                           Bei der zu fördernden Kohle kommen häufig Stücke von 500 mm Kantenlänge und mehr vor;
                              									es machte sich aus diesem Grunde und wegen der großen Leistung eine Bechergröße von
                              									etwa 950 × 900 × 470 mm erforderlich; auch bei der Konstruktion der Füllmaschine war
                              									auf die aufzugebenden großen Stücke Rücksicht zu nehmen. Die üblichen für
                              									Becherförderer gebräuchlichen Füllvorrichtungen mit Klappoder Schieberverschlüssen
                              									waren hier nicht zu verwenden, deshalb hat die Firma Bleichert eigens für diese großstückige Kohle eine Füllvorrichtung
                              									konstruiert, welche im wesentlichen aus einer rotierenden Trommel in Verbindung mit
                              									einer Schüttelrinne besteht, wobei die Trommel zwangläufig mit der Becherkette
                              									verbunden ist.
                           Die Anordnung der beiden Becherförderer ist derart getroffen, daß mit ihrer
                              									Hilfe die in Waggons sowohl als auch die in Schiffen ankommende englische Kohle
                              									gefördert und dem auf der Zeichnung zu erkennenden Brecher zugeführt werden kann.
                              									Auch läßt sich die Kohle, welche nach Ankunft vorerst in die großen Silos des Werkes
                              									gegeben worden ist, mit Hilfe einer Elektrohängebahn zu jeder gewünschten Zeit von
                              									diesen abziehen, auf die Förderanlage geben und somit der Brech- und
                              									Sortiervorrichtung zuführen. Das zerkleinerte Material wird unter Sieb und Brecher
                              									gesammelt und dann durch eine Elektrohängebahn dem Ofenhaus zugeführt. Der Antrieb
                              									einer der beiden Becherbeförderer ist in Abb. 3
                              									dargestellt. Die Kettengreifräder haben sämtlich einen Durchmesser von etwa 1400 mm,
                              									die Wellen, auf der sich diese Greifräder befinden, einen solchen von je 230/180 mm.
                              									Die Kräfte werden von Stirnrädern und einem gekapselten Schneckentrieb übertragen,
                              									und dieser wird mit dem Motor gekuppelt. Um beim Ausschalten des Motors oder
                              									plötzlicher Stromunterbrechung ein Zurücklaufen der vollen Becherkette zu
                              									verhindern, ist in den Antrieb eine kräftige Sperrvorrichtung eingebaut, welche
                              									sofort in Tätigkeit tritt, sobald die Kette das Bestreben hat, rückwärts zu
                              									laufen.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)