| Titel: | Polytechnische Rundschau. | 
| Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 90 | 
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                        Polytechnische Rundschau.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Neue Vorschläge und Versuche zur Bekämpfung von
                                 										Grubenexplosionen. Gelegentlich einer Explosion auf der englischen
                              									Silkestone-Grube im Jahre 1886 machte man die auffällige Entdeckung, daß die
                              									Explosionsflamme vorzugsweise in mit Gesteinstaub erfüllten Strecken zum Stillstand
                              									gekommen war. In Erinnerung hieran stellte W. E. Garforth
                              									im Jahre 1908 auf der Versuchsstrecke zu Altofts Versuche über die
                              									explosionshemmende Wirkung des Gesteinstaubes an, deren Ergebnisse derart gut
                              									ausfielen, daß Garforth auf den ihm unterstellten Gruben
                              									insgesamt 12800 m Hauptförderstrecken mit weichem Tonschieferstaub bestreuen ließ.
                              									Neuerdings hat man in England fahrbare Staubstreumaschinen konstruiert, um ein
                              									rationelles und bequemes Ausstreuen des Staubes in die Strecken zu bewirken. Diese
                              									Wagen entsprechen den bekannten Wassersprengwagen.
                           Besonders zahlreiche und gelungene Versuche stellte dann im Auftrage der
                              									französischen Regierung J. Taffanel, der Leiter der
                              									Versuchsstrecke zu Liévin, an. Er stellte zunächst fest, daß der zunächst nur
                              									langsam fortschreitenden Flamme einer Kohlenstaubexplosion stets die infolge der
                              									kontinuierlichen Detonationen entstehenden heftigen Lufterschütterungen mit
                              									bedeutender Geschwindigkeit vorauseilen. Die dynamischen Wirkungen dieser
                              									Lufterschütterungen nutzte er nun dazu aus, um wenigstens an einer Stelle der
                              									Versuchsstrecke noch kurz vor Ankunft der eigentlichen Explosionsflamme Verhältnisse
                              									zu schaffen, die eine weitere Fortpflanzung der Explosion ausschlössen. Er fand, daß
                              									ein verhältnismäßig kurzes, mit Gesteinstaub reichlich beladenes Streckenstück
                              									ausreichte, um jede noch so heftige Kohlenstaubexplosion zum Stillstand zu bringen.
                              									Für den praktischen Grubenbetrieb empfiehlt er, auf eine Länge von 5 bis 20 m in der
                              									Strecke an den Stößen und in der Firste Bretter anzubringen und auf ihnen geeigneten
                              									Gesteinstaub aufzustapeln. Noch bessere Ergebnisse erzielte Taffanel mit auf den Brettern angebrachten Wasserbehältern, die von dem
                              									Explosionsstoß umgeworfen wurden. Nach den Versuchen ist es mehr als
                              									ausreichend, wenn im Moment der Explosion auf diese Weise nur so viel Wasser frei
                              									wird, daß auf das Quadratmeter des Strecken querschnittes
                              									120 l Wasser kommen. Taffanels Vorschläge haben nur den
                              									Nachteil, daß sie einerseits den Streckenquerschnitt verengen und andererseits einer
                              									sorgfältigen Wartung bedürfen.
                           Diese Nachteile zu beseitigen, war das Ziel deutscher Bestrebungen, die den bisher
                              									nur von Theoretikern beachteten Vorschlägen Taffanels
                              									auch bei den Praktikern die gebührende Aufmerksamkeit verschafften. Der zunächst
                              									gemachte Vorschlag, durch besondere auf den Druck bzw. Stoß reagierende
                              									Auslösekörper wie z.B. Windfahnen, verschiebbare Druckflächen und dergl. die
                              									Berieselungsleitung bzw. an ihr angebrachte Behälter zu öffnen, erscheint zwar auf
                              									dem ersten Blick sehr einfach, scheitert aber an der Art des Grubenbetriebes. Zwar
                              									hat man daraufhin Apparate konstruiert, bei denen schon ein heftiges Davorblasen mit
                              									dem Mund die Berieselung auslöst, doch dürften sie gerade wie so oft bei derartigen
                              									Apparaten im Augenblick der Explosion versagen, weil sie entweder eingerostet oder
                              									sonst infolge der Art des Grubenbetriebes Schaden gelitten haben.
                              									Erfolgversprechender ist ein Vorschlag, der dahin geht, die Behälter Taffanels in türartige Rahmen einzusetzen. Die Türen sind
                              									für gewöhnlich geöffnet, der Explosionsstoß soll sie jedoch quer zur
                              									Streckenrichtung drehen. Dabei kippen die an exzentrischen Achsen aufgehangenen
                              									Gefäße um bzw. werden bei heftigeren Explosionen zerstört und verspritzen im
                              									letzteren Falle das Wasser weit in die Strecken hinein, hier auf mehrere Meter die
                              									Wände benetzend, an denen sich dann die Explosionsflamme nach angestellten Versuchen
                              									stets genügend abkühlt.Derartige
                                    												„Explosionslöscher“ genannte Vorrichtungen sind bis jetzt
                                    											eingeführt auf den Gruben der Gelsenkirchener Bergwerks-A.-G., der Zeche
                                    											Maximilian, der Gewerkschaft Trier und der Zeche de Wendel. Doch
                              									ist auch dieses Verfahren sowohl für den Betrieb ziemlich unbequem als
                              									auf eine stetige Ueberwachung angewiesen. Die beste Verwirklichung des Taffanelschen Wasserdammes dürfte noch folgende
                              									Gestaltung sein. Die Strecke kann an einer Stelle um die Breite des die Behälter
                              									tragenden Rahmens verbreitert werden, und dort der Rahmen nicht mehr türartig,
                              									sondern fest angeordnet werden. Die Behälter, die also jetzt zwischen den Gleisen
                              									quer zur Streckenrichtung stehen, können entweder übereinander oder etagenförmig
                              									hintereinander aufgebaut werden. Ein etwas geöffnetes Zuleitungsrohr der
                              									Berieselungsanlage kann stets für Ersatz des verdunstenden Wassers sorgen. Bei
                              									dieser Anordnung braucht die Vorrichtung nicht schwenkbar zu sein, weil der auf die
                              									ganze Breite der Behälter auftreffende Explosionsstoß die aus leicht zerbrechlichem
                              									Stoff hergestellten Behälter zerstört. Anstatt mit Wasser können die Behälter auch
                              									mit einem beliebigen anderen Löschmittel in fester oder flüssiger Form gefüllt
                              									sein.
                           Mit einer anderen vielversprechenden Ausgestaltung der Wasserdämme macht man
                              									augenblicklich auf einigen Gruben im Bergrevier Hamm Versuche. Gewisse organische
                              									Stoffe wie Moos, Torf, Schwamm usw. besitzen bekanntlich die Eigenschaft, das
                              									Vielfache ihres Eigengewichts an Wasser aufzusaugen und festzuhalten. Moos z.B. kann
                              									20 mal so viel Wasser aufnehmen. Bei den Versuchen verwendet man zunächst Torf, der
                              									das 5 bis 6,5fache seines Eigengewichts an Wasser aufspeichert. Man bekleidet die
                              									Grubenwände entweder mit Torfplatten von 1 cm Dicke oder mittels Torfmull, der durch
                              									Drahtnetze festgehalten wird. Durch zeitweiliges Berieseln wird der so ausgekleidete
                              									Streckenteil stets feucht gehalten. Aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte eine
                              									Explosionsflamme in einer derartigen Zone zum Erlöschen kommen.
                           Andere Verfahren suchen dadurch nasse Zonen zu erzeugen, daß sie durch selbsttätige
                              									Berieselungsvorrichtungen die Wasserleitungen selbsttätig periodisch öffnen und
                              									schließen. Auf Grube Consolidation ist seit vorigem Jahre eine derartige Vorrichtung
                              									angeblich mit bestem Erfolge in Gebrauch. An dem Berieselungshahn ist ein
                              									doppelarmiger Hebel angebracht, dessen einer Arm ein in bestimmten Zeitabschnitten
                              									zu füllendes Gefäß und dessen anderer Arm ein Gegengewicht trägt. Sobald das Gefäß
                              									genügend gefüllt ist, legt es durch sein Uebergewicht den Hebel um, gleichzeitig
                              									gleitet ein Laufgewicht an dem Hebel herab und verstärkt das Uebergewicht. Durch
                              									einen Anschlag wird ein kleiner Abflußhahn des Gefäßes geöffnet und es fließt so
                              									lange Wasser aus, bis das Gegengewicht den Hebel wieder hebt, wobei gleichzeitig das
                              									Laufgewicht in seine Anfangslage zurückkehrt. Durch gegenseitige Einstellung des
                              									Zufluß- und Abflußhahnes für den Wasserbehälter kann man mittels dieser Art
                              									Wasseruhr genau die Zeit bzw. den Bruchteil des Tages regulieren, während dessen
                              									insgesamt der Hebel umgelegt und damit die Berieselung geöffnet ist.
                           Von anderer Seite ist in dem Ventil selbst ein innerer Mechanismus eingebaut, der
                              									nach Zufluß einer bestimmten Wassermenge durch eine feine Bohrung oder dergl. durch
                              									den Druck des Berieselungswassers abwechselnd die Leitung öffnet und schließt.
                           Alle diese Vorrichtungen haben den Zweck, eine etwa entstandene Explosion auf
                              									einen bestimmten Teil der Grube zu begrenzen. Nach dem jetzigen Stande dürfte es
                              									also möglich sein, mit den erwähnten Mitteln eine Explosion auf eine bestimmte
                              									Wetterabteilung, die laut Bergpolizeiverordnung höchstens mit 60 Mann belegt sein
                              									darf, zu beschränken. Immerhin können aber auch dann noch im ungünstigsten Falle
                              									eben diese 60 Mann verunglücken. Man muß daher vor allem bestrebt sein, in erster
                              									Linie den eigentlichen Zündungsursachen zu Leibe zu gehen. Nun kommen als
                              									Veranlasser von Kohlenstaubexplosionen nur eine vorhergehende Schlagwetterexplosion
                              									und die Sprengschüsse in Frage. Um die Schießarbeit ungefährlich zu machen, ist
                              									neben der Verwendung von Sicherheitssprengstoffen und der elektrischen Zündmethoden
                              									vorgeschrieben, daß vor Abtun eines jeden Schusses der Arbeitsort auf 20 m berieselt
                              									wird. Aber, um ein im anderen Zusammenhange gefallenes Wort zu wiederholen: in der
                              									Grube ist es dunkel. Oft wird die Berieselung gar nicht und sonst meist nur lässig
                              									ausgeführt. Hier bleibt nur das Mittel, die Schießarbeit so zu gestalten, daß sie
                              									nur dann ausgeführt werden kann, wenn der Vorschrift nachgekommen ist. Zu diesem
                              									Zweck ist vorgeschlagen worden, in die Schußleitung einen Elektromagneten
                              									einzuschalten, der beim Abtun des Schusses gleichzeitig das Ventil der Berieselung
                              									öffnet. Diese Vorrichtung kann aber gerade so gut umgangen werden, indem einfach wie
                              									bisher der Elektromagnet gar nicht eingeschaltet wird. Auch ist die alte Vorschrift,
                              									das Ventil mit der Hand zu öffnen, viel einfacher, zumal der Elektromagnet selbst
                              									zum Oeffnen gar nicht ausreicht, vielmehr meist ein besonderer Mechanismus
                              									angeordnet werden muß, der mittels einer Feder das Ventil öffnet, sobald der
                              									Elektromagnet die vorher gespannte und arretierte Feder frei gibt.
                           Das angestrebte Ziel läßt sich aber sehr einfach auf folgende Weise erreichen. Bei
                              									der elektrischen Zündmethode benutzt man als Zünder vor allem Glühzünder und
                              									Spaltglühzünder. Zum Abtun der Glühzünder genügen 0,5 bis 2 Volt, der
                              									Spannungsbedarf der Spaltglühzünder schwankt aber zwischen 6 bis 100 Volt. Mit einer
                              									Zündmaschine von nur 2 Volt, z.B. einer Batterie parallel geschalteter Elemente wird
                              									man zwar wohl einzelne Glühzünder, aber keine Spaltglühzünder, ferner keine größere
                              									Anzahl in Serie geschaltete Zünder irgend welcher Art entzünden können. Mit Hilfe
                              									eines kleinen Transformators kann man aber bei genügender Stromstärke die
                              									erforderliche Spannung erzielen. Andererseits kann man aber den Transformator derart
                              									mit Vorkehrungen zur Begrenzung von Grubenexplosionen verbinden, daß er nicht eher
                              									zugänglich bzw. in die Schußleitung einzuschalten ist, als die Vorkehrungen zum
                              									Begrenzen einer etwa entstehenden Explosion getroffen sind. Der einfachste Fall ist
                              									der, daß man den Transformator mit einem Ventil der Berieselungsleitung verbindet.
                              									Der Transformator ist gleichzeitig mit einem Kontakt in einem unzugänglichen Gehäuse
                              									eingeschlossen. Der Kontakt ist aber solange geöffnet, als das Ventil der
                              									Berieselungsleitung geschlossen ist. Gibt man dem Schießmeister also eine Maschine
                              									von großer Stromstärke, aber niedriger Spannung, liefert ihm aber nur Zünder von
                              									hoher Spannung, so muß er erst den Transformator einschalten. Zu diesem Zwecke muß
                              									er aber erst die Berieselung öffnen. Dabei wird der Kontakt entweder auf rein
                              									mechanischem Wege oder auf hydraulischem Wege geschlossen. In letzterem Falle strömt
                              									das Leitungswasser nach Oeffnen des Ventils durch ein kleines Ansatzrohr in einen
                              									kleinen Zylinder oder dgl. und stellt durch Bewegung des Kolbens den Kontakt her
                              									Durch Anordnung besonderer Gefäße, Brausenanlagen oder dgl., die beim Einschalten
                              									des Transformators in Tätigkeit treten, kann die Vorrichtung so wirksam gemacht
                              									werden, daß jede Explosion im Keime erstickt wird. Auch kann der Transformator mit
                              									türartigen Rahmen derart verbunden werden, daß der Transformator nicht eher
                              									einschaltbar ist, als die türartigen Rahmen den Schußort völlig absperren. In die
                              									Rahmen können, wie oben beschrieben, Wasserbehälter eingesetzt sein, sie können mit
                              									Torf, Moos usw. ausgekleidet sein, welch letztere durch ein gleichzeitig geöffnetes
                              									Ventil befeuchtet werden. Auch kann der Rahmen beiderseits mit leicht zerstörbaren
                              									Sackleinen oder dgl. ausgekleidet werden, zwischen denen Gesteinstaub, Eisenfeilicht
                              									eine bei der Erwärmung viel Wasser oder Gas freigebende Substanz oder dgl.
                              									festgehalten wird. Jedenfalls läßt sich auf diese Weise die Schießarbeit ganz
                              									ungefährlich machen.Derartige
                                    											Vorrichtungen würden natürlich auch bei jeder anderen Explosion als
                                    											selbsttätige Explosionslöscher wirken. Dabei kann jeder Bergmann sich
                                    											derartige Rahmen aus Holzlatten in der Grube selbst
                                    										zurechtzimmern. Nach Einführung des elektrischen Lichtes dürfte auch
                              									jede Schlagwetter- und damit jede Explosion vermeidbar sein.
                           Heinrich Schürmann.
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                           Die Unsinkbarkeit der Seeschiffe. Auf der 14. ordentlichen
                              									Hauptversammlung der Schiffbautechnischen Gesellschaft zu Berlin hielt der Professor
                              									an der Königl. Technischen Hochschule zu Berlin, Geh. Regierungsrat Flamm, einen Vortrag über die Unsinkbarkeit moderner
                              									Seeschiffe, der um so größeres Interesse hervorrief, als er einmal eine Frage
                              									berührte, die durch den Untergang des für unsinkbar gehaltenen größten
                              									Passagierdampfers der Welt, der „Titanic“, zu eingehenden Erörterungen
                              									Veranlassung gegeben hatte, zum zweiten aber, weil er in demselben die bestehenden
                              									Vorschriften über die Sicherheitsvorkehrungen der deutschen Passagierdampfer einer
                              									kritischen Untersuchung unterzog.
                           . Den ersten Teil des Vortrages bildete eine geschichtliche Darstellung der
                              									Schottenfrage von der ersten Einführung der wasserdichten Schotten an. Der
                              									Vortragende schilderte eingehend die Kämpfe in den Versammlungen der Institution of
                              									Naval Architects in England zur Erreichung einer einigermaßen sicheren
                              									Schottanordnung auf den Seeschiffen, die schließlich ein Eingreifen der britischen
                              									Admiralität zur Folge hatten, welche für alle Schiffe der „Admiralty List“
                              									forderte, daß die Schotte derart angeordnet sein müßten, daß das Schiff schwimmfähig
                              									bliebe, wenn ein beliebiger Raum voll Wasser liefe. Dieser Bedingung
                              									entsprachen im Jahre 1875 noch nicht 30 Schiffe, im Jahre 1683 nur rd. 300 der
                              									ganzen britischen Seehandelsflotte.
                           Im Jahre 1888 kam dann die Life saving appliances act der Merchant Shipping Act zur
                              									Annahme, welche bestimmte, daß Schiffe mit einer Schottanordnung, die den
                              									Vorschriften des Board of Trade genügte, nur die Hälfte des Hilfsbootsraumes zu
                              									haben brauchten. Die nächste Folge war die Einberufung einer Kommission durch das
                              									Board of Trade, welche Vorschläge bezüglich der zu erassenden Schottvorschriften
                              									machen sollte. Diese Kommission, unter dem Namen des „Bulkhead Committee“
                              									bekannt, legte im Jahre 1891 ihre Vorschläge, die alle Handelsschiffe, nicht etwa
                              									nur Passagierdampfer umfaßte, dem Board of Trade vor. Die Schiffe waren je nach
                              									Zweck und Fahrt in verschiedene Klassen geteilt, für welche bestimmte
                              									Mindestforderungen bezüglich der Schotteinteilung aufgestellt waren. Den
                              									Vorschriften waren Kurven beigegeben, aus denen man die jeweils größte zulässige
                              									Schottentfernung abgreifen konnte. Diese Vorschläge wurden jedoch nicht Gesetz, da
                              									sie vielfache Gegner fanden, von denen der britische Lloyd wohl der gewichtigste
                              									war.
                           Diese Schottkurven haben dann nach dem Untergang des Schnelldampfers „Elbe“
                              									als Muster für die Schottvorschriften der deutschen See-Berufsgenossenschaft für
                              									Passagierdampfer der außereuropäischen Fahrt gedient. In denselben sind für die
                              									verschiedenen Größenklassen und je nachdem, ob das Schiff als Schnelldampfer oder
                              									als Fracht- und Passagierdampfer angesehen werden soll, verschiedene Abzüge für in
                              									den Laderäumen angenommene Ladung gemacht, ebenso in den Maschinen und Kesselräumen
                              									für Maschinen und Kessel. Eine Kontrolle, ob ein Schiff nun tatsächlich bezüglich
                              									seiner Ladung jemals den bei der Schottkurve gemachten Voraussetzungen entspricht,
                              									findet nicht statt. Für sämtliche Passagierräume ist aber ein Abzug bis zu 33⅓ v. H.
                              									des Inhaltes, wie ihn die Schottkurven vorsehen, unsinnig.
                           Auf die Stabilität beim lecken Schiff ist gar keine Rücksicht genommen, obwohl es
                              									selbst für den Laien offensichtlich ist, daß die Stabilität des lecken Schiffes eine
                              									ganz andere sein wird, wenn die wasserverdrängenden Abzüge ganz unter Wasser liegen
                              									öder sich in irgend einer anderen Art über den lecken Raum verteilen. Um die
                              									Wichtigkeit dieses Einflusses nachzuweisen, hatte Geheimrat Flamm eine größere Zahl
                              									von Parallelepipeden und Prismen, die beide gewissermaßen als Grenzlagen die
                              									Schiffsform umschließen, systematisch auf ihre Stabilität beim Leck werden
                              									verschiedener Räume untersucht. Es waren Längen von 150 bis 300 m bei einer Breite
                              									von 1/10 der
                              									jeweiligen Schiffslänge gewählt. Die Länge der lecken Räume betrug bei jeder Größe
                              									20, 40 und 60 m, die Abzüge 0, 25, 50 und 75 v. H. Der Tiefgang war, und das ist der
                              									wichtigste Punkt bei der ganzen Untersuchung, entsprechend dem für deutsche Häfen
                              									zulässigen größten Tiefgang auf 10 m bei allen untersuchten Körpern angenommen.
                           
                           Bei den modernen Riesendampfern sind ja nur die Länge und Breite gewachsen,
                              									während der Tiefgang bei etwa 10 m konstant geblieben ist. Bei Schiffen unter 200 m
                              									macht nun das durch ein Leck von der oben beschriebenen Länge wegfallende
                              									Deplacement einen ziemlich beträchtlichen Teil des Gesamtdeplacements aus,
                              									infolgedessen steigt der Deplacementsschwerpunkt schneller nach oben als das
                              									Metazentrum infolge des ausfallenden Teiles der Wasseroberfläche sinkt, d.h. die
                              									Stabilität wächst noch. Bei etwa 200 m Schiffslänge aber wendet sich das Resultat,
                              									weil die Tiefertauchung des Schiffes und mit ihr die Höherwanderung des
                              									Deplacementsschwerpunktes nicht so schnell erfolgt, als das Metazentrum infolge der
                              									großen Breite des lecken Raumes fällt, d.h. also, die
                                 										Stabilität nimmt stark ab und zwar um so mehr, je größer die Breite im
                                 										Verhältnis zur Länge wird. Nun wird aber bei den modernen Schiffen
                              									tatsächlich die Breite immer größer gewählt, dieselben nähern sich also immer mehr
                              									den gefährlichen Stabilitätsverhältnissen. Hieraus folgerte der Vortragende die
                              									Notwendigkeit, die jeweiligen individuellen Konstruktions- und Ladungsverhältnisse
                              									bei der Schottanordnung zu berücksichtigen und den rechnerischen Nachweis der
                              									Stabilität des lecken Schiffes zu erbringen. Die Schottkurven in den zurzeit in
                              									Geltung befindlichen Vorschriften der Seeberufsgenossenschaft sind nun in
                              									verschiedener Hinsicht unbrauchbar. Die Schottkurven für Fracht- und
                              									Passagierdampfer sind für Schiffe mit einem Völligkeitsgrad von 0,70 berechnet, die
                              									Schnelldampfer für einen Völligkeitsgrad von 0,597. Die Berechnungen stammen aus dem
                              									Jahre 1896, wo derartige Verhältnisse noch vorkamen. Die heutigen Fracht- und
                              									Passagierdampfer sowie die Schnelldampfer haben jedoch eine viel größere Völligkeit.
                              									Verkehrt ist es ferner, wie das Dampfersubventionsgesetz von 1898, das heute noch
                              									gilt, vorschreibt, daß die Subventionsdampfer bezüglich ihrer Schottenanordnung den
                              									Schottkurven für Schnelldampfer entsprechen müssen; man berücksichtige nur, daß die
                              									Subventionsdampfer, welche einen Deplacementsvölligkeitsgrad von 0,74 bis 0,76
                              									haben, danach gleichlange lecke Räume im Vorschiff sollen vertragen können, wie die
                              									Schnelldampferkurven sie angeben, die für eine Völligkeit von nur 0,597, wie bereits
                              									erwähnt, berechnet sind.
                           Der Vortragende führte dann noch die genauere Stabilitätsberechnung dreier moderner
                              									Schiffe vor, des Lloyddampfers „George Washington“, des Cunarddampfers
                              										„Mauretania“ und des White Stardampfers „Titanic“.
                           Zusammenfassend verlangte er zum Schluß:
                           1. Abänderung der bestehenden Unsinkbarkeitsvorschriften dahin, daß für jedes
                              									seegehende größere Passagier- und Frachtschiff unter gewissen, dem Betrieb
                              									entsprechenden Annahmen individuelle Leck- und Stabilitätsrechnungen angestellt
                              									würden, auf Grund deren die Schotten anzuordnen seien; diese Rechnungen sollten von
                              									einer unabhängigen Behörde geprüft werden und erst, wenn gewisse Grenzwerte, über
                              									die man sich zu verständigen hätte, nicht überschritten würden, solle das
                              									Unsinkbarkeitsattest ausgestellt werden.
                           2. Die zurzeit bestehenden aus dem Jahre 1896 stammenden Schottkurven, welche
                              									schematisieren und die individuellen Eigenschaften eines modernen Schiffes nur in
                              									beschränktem Maße berücksichtigen, sollten zeitgemäß umgearbeitet und nur beim
                              									Projekt, nicht aber bei der wirklichen Ausführung zugrunde gelegt werden.
                           3. Die Vorschriften sollten auch soweit als möglich auf Frachtschiffe angewendet
                              									werden.
                           Die dem Vortrag folgende Diskussion war mit um so größerer Spannung erwartet worden,
                              									weil gerade bei dem vorliegenden Thema mehr als sonst das audiatur et altera pars
                              									erst die Sachlage klären mußte.
                           Als Vertreter der Seeberufsgenossenschaft trat zunächst der technische Direktor des
                              									Germanischen Lloyd, Prof. Pagel, auf. Er zerlegte die
                              									Forderungen, die Geheimrat Flamm gestellt hatte, in drei Teile. Zunächst sei die
                              									individuelle Behandlung der Schiffe gefordert worden. Bei Aufstellung der
                              									Schottkurven sei mit voller Absicht eine Reserve hineingelegt worden, welche auch
                              									heute noch für Schiffe abweichendster Form genüge.
                           Die zweite Forderung, daß man die Stabilität des lecken Schiffes untersuchen müsse,
                              									sei deshalb abzulehnen, weil sie einmal schwierig sei, zum anderen aber kein
                              									Bedürfnis hierfür vorläge. Es habe sich herausgestellt, daß auch für die nach der
                              									Schottkurve ungünstigsten Verhältnisse sich keine Unstabilität ergäbe. Gegen die
                              									dritte Forderung, auch die Frachtdampfer in die Schottvorschriften einzubeziehen,
                              									lägen Schwierigkeiten des Betriebes vor. Wollte man die mittleren und kleinen
                              									Frachtdampfer ebenso behandeln wie die großen, so würden dieselben
                              									unwirtschaftlich.
                           Demgegenüber wies Geheimrat Flamm nach, daß wenn tatsächlich, wie der Vertreter der
                              									See-Berufsgenossenschaft angegeben habe, die Schottkurven auch für die in der Form
                              									abweichendsten Schiffe noch paßten und die Völligkeitsgrade der heutigen Schiffe
                              									gegenüber den alten Schottkurven gar keine Rolle spielten, man doch überhaupt keine
                              									verschiedenen Kurven für Schnelldampfer und Fracht- und Passagierdampfer
                              									aufzustellen brauchte, sondern es hätte eine gemeinsame Gruppe von Kurven mit
                              									angeschlossener Tabelle in betreff der Abzüge für Schnelldampfer und
                              									Fracht-Passagierdampfer genügt. An einem Lichtbild aus den Schottvorschriften der
                              									See Berufsgenossenschaft, in welchem die Kurven für die Maschinen-Kessel und
                              									Endräume für die Fracht- und Passagierdampfer über 180 m Länge und für
                              									Schnelldampfer über 180 m Länge, für die beide 5 v. H. Abzug zu Grunde gelegt sind,
                              									dargestellt waren, zeigte er im übrigen den völlig verschiedenen Verlauf der beiden
                              									Kurven. Dabei differieren in denselben die Völligkeitsgrade der
                              									Fracht-Passagierdampfer und der Schnelldampfer nur um 10 v. H. Hierdurch war die
                              									Behauptung, daß die Kurven für Schiffe abweichendster Form genügten, ad absurdum
                              									geführt. Gegen die Ablehnung der Stabilitätsrechnung a limine seitens des Vertreters
                              									der See-Berufsgenossenschaft, nur weil die Behandlung schwierig sei, wandte sich
                              									Geheimrat Flamm mit dem Hinweis, daß man nicht warten
                              									dürfe, bis etwa wieder Schiffskatastrophen dazu zwingen würden und wies vor allem
                              									darauf hin, daß seitens der Werften die von ihm geforderten Stabilitätsrechnungen
                              									schon vielfach aus freien Stücken gemacht würden.
                           Hatten sich also die von Seiten des Germanischen Lloyd beziehungsweise der
                              									See-Berufsgenossenschaft gemachten Einwendungen sachlicher Art fast sämtlich als
                              									hinfällig erwiesen, so brachte der zweite Diskussionsredner. Direktor Walter des Norddeutschen Lloyd, zunächst nur seine
                              									Sympathie für die bestehenden Schottkurven zum Ausdruck, gab aber die Verkehrtheit,
                              									die in der Anwendung der Schnelldampferkurven auf Fracht- und Passagierdampfer
                              									liege, wie sie das Subventionsgesetz vorsehe, zu. Ferner wies er darauf hin, daß die
                              									Schiffe in der Tat bis zu ¾ m weniger tief beladen würden, als die Schottkurve es
                              									gestatte. Auch die Notwendigkeit der Stabilitätsuntersuchungen an und für sich
                              									bestätigte er durch den Hinweis, daß der Norddeutsche Lloyd seit 25 Jahren mit jedem
                              									neuen Schiffe vor der Indienststellung einen Krängungsversuch vornehmen lasse.
                           Als dritter Diskussionsredner trat Dr. ing. Foerster von
                              									der Hamburg-Amerika-Linie auf. Soweit seine Ausführungen sachlich blieben, seien sie
                              									hier wiedergegeben. Er zeigte in ausführlichen Lichtbildern, daß die Schiffe der
                              									Imperator-Klasse eine viel engere Schottstellung hätten, als die Schottkurve angebe,
                              									und daß die Stabilität eingehend untersucht sei. Die weiteren Ausführungen, daß die
                              									Schottkurven, welche Räume bis zu ⅓ der gesamten Schiffslänge ergäben, deswegen
                              									nicht ernst zu nehmen seien, weil nach den Schottvorschriften Kessel-Räume nicht
                              									länger als 28 m sein dürften, bestätigten im Grunde gerade die Behauptung von der
                              									Zwecklosigkeit der Schottkurve. Der nächste Redner brachte sachlich überhaupt keine
                              									neuen Gesichtspunkte. Das gleiche gilt von dem letzten Diskussionsredner, dessen
                              									Ausführungen, da sie auf das Persönliche übergriffen, hier nicht weiter
                              									wiedergegeben werden sollen.
                           Wenn es auch dem Geh. Reg.-Rat Flamm vollkommen gelungen
                              									ist, die gegen seine Forderungen erhobenen Einwände zurückzuweisen und ihn zum
                              									Schluß auch reicher Beifall lohnte, so ist es doch bezeichnend, daß in der ganzen
                              									Versammlung der Schiffbautechnischen Gesellschaft sich kein Redner fand, der für die
                              									gleichen Forderungen bezüglich der Sicherheit der Schiffe eingetreten wäre. Um so
                              									mehr wird man gespannt sein können, wie dieselben Kreise sich zu diesen Forderungen
                              									stellen werden, wenn sie von dem zurzeit in England
                              									tagenden Bulkhead Committee der internationalen Konferenz
                              									ganz oder teilweise zur Annahme vorgeschlagen werden sollten.
                           Die Verwertung des Dampfes in Abdampf- und Frischdampf-
                                 										Abdampfturbinen insbes. der Oerlikon-Zweidruckturbine. Der hohe thermische
                              									Wirkungsgrad im Hochdruckteil einer Kolbendampfmaschine einerseits und im
                              									Niederdruckteil einer Dampfturbine andererseits legt eine Kombination beider
                              									Maschinen zur Erzielung der besten Wärmeausnutzung nahe. Solche Kombinat tonen sind
                              									auch versucht worden, aber wegen des komplizierten Betriebs, der höheren
                              									Anschaffungskosten und Raumbeanspruchung ist es bei wenigen Ausführungen geblieben,
                              									abgesehen von den Fällen, wo Turbinen zur Verarbeitung des Abdampfes vorhandener
                              									Kolbendampfmaschinen an diese angeschlossen werden konnten. Werden solche
                              									Auspuffkolbenmaschinen mit Abdampfturbinen versehen, so verringert sich der
                              									Brennstoffverbrauch ungefähr auf die Hälfte. Bei ungleichmäßiger Dampflieferung wird
                              									ein Wärmespeicher zwischen Dampfmaschine und Turbine eingeschaltet. Setzt der
                              									Abdampf längere Zeit ganz aus, so muß die Turbine mit Frischdampf betrieben werden.
                              									Zur Erhöhung der Oekonomie wird der Abdampfturbine eine Hochdruckturbine
                              									vorgeschaltet; man spricht in diesem Falle von einer Frischdampf-Abdampfturbine oder
                              									auch Zweidruck- oder Gemischtdampfturbine. Bei Abdampfbetrieb ist die Oekonomie hier
                              									etwas geringer als bei der reinen Abdampfturbine, da das Hochdruckrad leer mitlaufen
                              									muß und die Niederdruckturbine eine geringere Dampfmenge erhält, als dem normalen
                              									Abdampfbetrieb entspricht; doch ist sie noch sehr viel höher als wenn die
                              									Niederdruckturbine mit gedrosseltem Frischdampf gespeist wird. Die
                              									Frischdampf-Abdampfturbine wird verbessert, wenn bei Frischdampfbetrieb die letzten
                              									Stufen ausgeschaltet werden können. Demgemäß ist versucht worden, die Abdampfturbine
                              									in zwei Gruppen zu zerlegen. Bei Frischdampfbetrieb sollte denn nur eine Gruppe,
                              									welche für die Frischdampfmenge berechnet ist, beaufschlagt werden. Die
                              									Herstellungskosten erhöhen sich aber durch die doppelte Ausführung der Turbinen; bei
                              									Frischdampfbetrieb muß ferner die zweite Abdampfgruppe leer mitlaufen. Bei sehr
                              									großen Leistungen und hoher Tourenzahl, wo man ohnehin die Turbine in zwei Gruppen
                              									zerlegt, wird man indessen diese Bauart mit Vorteil anwenden.
                           Nach neueren Ausführungen wird die Abdampfturbine mit der Hochdruckturbine in einem
                              									Gehäuse untergebracht und erhält nur einen einzigen Radsatz; die Leitkanäle sind
                              									aber in zwei Gruppen unterteilt. Diese Konstruktion kann nur bei Turbinen mit einer
                              									Druckstufe angewandt werden, ist also auf Maschinen von kleiner Leistung beschränkt.
                              									Bei mehreren Druckstufen würden seitliche Dampfströmungen durch die nicht
                              									beaufschlagten Schaufeln stattfinden. Die Maschinenfabrik Oerlikon unterteilt daher nur die Kanäle der ersten Niederdruckstufe, die
                              									übrigen Stufen werden auch bei Frischdampfbetrieb voll beaufschlagt. So arbeitet
                              									wenigstens die erste Niederdruckstufe mit dem ihr zukommenden Wärmegefälle.
                           Die Maschinenfabrik Oerlikon hat zwei solcher
                              									Zweidruckturbinen für das Kraftwerk der Central-Electric-Supply Co. in London geliefert, von denen jede den
                              									Abdampf einer 2000 PS Kolbenmaschine ohne zwischengeschalteten Wärmespeicher
                              									aufnimmt und bei 1500 Umdrehungen 1050 KW leistet.
                           Eine neuere Zweidruckturbine von 628 KW bei 3000 Umdrehungen ergab einen thermischen
                              									Wirkungsgrad von 74,4 v. H. bei Betrieb als Niederdruckturbine mit gedrosseltem
                              									Frischdampf. Da im Hochdruckteil 4 Räder leer mitliefen, deren Leerlaufverlust 3 v.
                              									H. beträgt, so
                              									ergibt sich der Wirkungsgrad des Niederdruckteiles zu 77,6 v. H. Ungefähr 3 v. H.
                              									der Vollast wurden für Lagerreibungs- und Ausstrahlungsverluste sowie für den
                              									Betrieb der Oelpumpe verbraucht. Im praktischen Betrieb arbeitet diese Turbine mit
                              									einem Rateauschen Wärmespeicher.
                           Es werden auch Zweidruckturbinen für ständigen oder zeitweisen Zusatz von Frischdampf
                              									in den Fällen, wo die Abdampfmenge für die erforderliche Leistung nicht ganz
                              									ausreicht, gebaut. Eine solche Turbine wurde von der Maschinenfabrik Oerlikon an ein Kohlenbergwerk geliefert, wo sie mit
                              									Hilfe eines Wärmespeichers, System Balke-Harlé, den
                              									Abdampf von zwei Fördermaschinen ausnutzt, dessen stündliche Menge aber nicht für
                              									die Turbinenleistung von 590 KW ausreicht. Bei gemischtem Betrieb wurde garantiert,
                              									daß die zusätzliche Frischdampfmenge bei Vollast und 3600 kg stündlicher
                              									Abdampfmenge 7,16 kg für die KW/Std. beträgt. In Wirklichkeit ergaben die Versuche
                              									bei einer Abdampfmenge von 3740 kg/Std. nur eine zusätzliche Frischdampfmenge von
                              									4,26 kg für die KW/Std. [J. Karrer. Zeitschr. f. d. ges. Turbinenwesen 1912 Heft
                              									33.]
                           Meuth.
                           ––––––––––
                           Elektrisch gesteuerte Fliehkraftbremse. Professor Kammerer-Charlottenburg berichtet in Z. d. V. d. I. 1912,
                              									Heft 48 über Versuche mit einer elektrisch gesteuerten Fliehkraftbremse der Firma E.
                              										Becker in Berlin. Bei der älteren Fliehkraftbremse
                              									legten sich mit der Welle umlaufende und vermöge der Fliehkraft nach außen sich
                              									bewegende Klotze gegen den inneren Umfang einer feststehenden Trommel und erzeugten
                              									hier ein Reibungsmoment, das dem von der Last herrührenden entgegen wirkte. Die Last
                              									konnte also eine bestimmte Senkgeschwindigkeit nicht überschreiten. Die Bremse besaß
                              									aber den Nachteil, daß kleinere Lasten langsamer als größere hinuntergingen, während
                              									doch das Umgekehrte erwünscht ist. Außerdem war die Reibungsleistung so gering, daß
                              									die Bremse nur für Handbetrieb verwendet wurde. Bei der neuen elektrisch gesteuerten
                              									Fliehkraftbremse sind nun diese Mängel behoben. Die mit der Welle umlaufenden
                              									Fliehkörper legen sich nicht gegen eine feste sondern gegen eine lose Reibtrommel.
                              									Das entstehende Reibungsmoment dient nicht unmittelbar zum Abbremsen der
                              									niedergehenden Last, sondern zum Anziehen einer Bandbremse, mit der man eine
                              									beliebig große Reibungsleistung erzielen kann. Die Fliehkörper sind plattenförmig
                              									und dienen als Anker eines Elektromagneten, der ebenfalls auf der Welle
                              									befestigt ist. Die Zugkraft dieses Magneten wirkt der Fliehkraft entgegen, sie kann
                              									vom Führerstande aus durch Vorschaltwiderstände verändert werden. Der Hebel der
                              									Bandbremse ist mit einem Gewicht belastet, das beim Lastheben von einem gewöhnlichen
                              									Bremsmagneten angehoben wird. Die ganze Vorrichtung besteht also aus dem elektrisch
                              									gesteuerten Fliehkraftregler und einer Band- oder Backenbremse mit Bremsmagneten.
                              									Der Strom wird dem Reglermagneten mittels Schleifringe zugeführt. Das Lüftspiel beim
                              									Lastsenken geht nun wie folgt vor sich. Indem der Bremsmagnet das Bremsgewicht
                              									anhebt, wird die Bandbremse gelüftet und die Last frei. Das rasch anwachsende Moment
                              									des Fliehkraftreglers sucht die Bremse entgegen dem Bremsmagneten wieder teilweise
                              									festzuziehen. Es stellt sich nun eine Gleichgewichtslage ein, bei der die Last mit
                              									gleichförmiger Geschwindigkeit niedergeht. Soll die Last zum Stillstand gebracht
                              									werden, so wird der Bremsmagnet ausgeschaltet, wodurch das Bremsgewicht gemeinsam
                              									mit dem Reglermoment die Bremse festzieht. Die Massen werden nun verzögert, wodurch
                              									die Einwirkung des Reglerdruckes auf den Bremshebel schnell vermindert wird, so daß
                              									schließlich nur noch die Wirkung des Bremsgewichtes übrig bleibt. Die Bremswirkung
                              									nimmt also mit der Verzögerung ab, was ein kräftiges aber doch stoßloses Bremsen zur
                              									Folge hat. Der Fliehkraftregler kann sowohl für Gleich- wie für Drehstrom gebaut
                              									werden. Mit einer solchen in eine 10 t Laufwinde von 3 m minutlicher
                              									Hubgeschwindigkeit eingebauten Bremse wurden von Prof. Kammerer Versuche angestellt. Die Geschwindigkeitskurven wurden durch
                              									elektrisch betätigte Schreibstifte auf Papierstreifen übertragen. Die Lasten wurden
                              									von 4 bis 10 t um je 2 t abgestuft und jede wurde mit den 6 möglichen
                              									Reglermagnetabstufungen gesenkt. Die Versuche ergaben gute Uebereinstimmung mit der
                              									Berechnung. Die Senkgeschwindigkeit jeder Laststufe konnte zwischen 0,01 bis 0,2
                              									m/Sek. geregelt werden. Die Senkkurven zeigen gleichförmige Beschleunigung, darauf
                              									gleichförmige Geschwindigkeit und endlich rasche Verzögerung mit sanftem Uebergang
                              									in die Ruhestellung; die Kurven ähneln stark den Ventileröffnungskurven von
                              									Dampfmaschinen. Der Aufsatz enthält Abbildungen und Zeichnungen sowie graphische
                              									Darstellungen der Beziehungen zwischen Last und Geschwindigkeit.
                           Drews.