| Titel: | Untersuchung einer zwangläufigen Dampfmaschinensteuerung auf Massendrücke. | 
| Autor: | Otto Kölsch | 
| Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 118 | 
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                        Untersuchung einer zwangläufigen
                           								Dampfmaschinensteuerung auf Massendrücke.
                        Von Dr.-Ing. Otto Kölsch in
                           									Nürnberg.
                        (Fortsetzung statt Schluß von S. 105 d.
                           								Bd.)
                        KOELSCH: Untersuchung einer zwangläufigen Dampfmaschinensteuerung
                           								auf Massendrücke.
                        
                     
                        
                           Zu diesem Zwecke sind bei allen Exzenterstellungen für die zwei Kolbenschieber
                              									sowie für sämtliche Steuerungsteile die Massenkräfte zu bestimmen und nach den
                              									Regeln der Statik als Aktionen nach den festen Punkten des Getriebes zu übertragen.
                              									Der Punkt III, welcher vom Regulator festgehalten ist,
                              									wird ebenfalls Kräfte aufzunehmen haben, die am Hebelarm 7 den Regulator zu
                              									verstellen suchen. Die Kenntnis dieser Kräfte bzw. des
                              									zeitlichen Verlaufes des Momentes dieser Kräfte während
                              									einer Exzenterumdrehung ist für die Größenbemessung des Regulators von höchster
                              									Wichtigkeit.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 119
                              Abb. 9.Zapfendrücke aller Gelenkpunkte, aufgetragen als Funktion der
                                 										Zeit.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 119
                              Abb. 10.Tangentialkräfte in den Gelenkpunkten A bis K, aufgetragen als
                                 										Funktion der Zeit.
                              
                           Die Gewichte der Steuerungsgetriebeteile des Hochdruckzylinders unserer Maschine von
                              									600 mm Zylinderdurchmesser, 1200 mm Hub und 1000 PS effektiver Leistung bei n = 125 Umdrehungen i. d. Min., finden sich in Tab. 2,
                              									und zwar derart zusammengefaßt, wie sie sich auf die einzelnen Gelenkpunkte bzw.
                              									Stangen verteilen. Bei den Stangen ist die wenig von der Wirklichkeit abweichende
                              									Annahme getroffen, daß sich ihre Massen gleichmäßig auf die ganzen Längen verteilen.
                              									Die Massen der Schieber können wir uns in den Punkten K,
                                 										H bzw. A vereinigt denken.
                           Es soll hier noch erwähnt werden, daß der Einfluß der Stopfbüchsreibung auf die
                              									Rückdruckkurve außer acht gelassen wurde, weil die Größe der Reibung von zu vielen
                              									äußeren Zufällen abhängt.
                           Wir wissen von Abb. 3a (S. 66) her, wie mit Hilfe der
                              									Beschleunigungen und der Gewichte der Getriebeteile die Massenkräfte zu bestimmen
                              									sind.
                           Es empfiehlt sich, für jede Stellung des Exzenters eine eigene Tabelle anzulegen, in
                              									welcher die von den einzelnen Getriebeteilen herrührenden Massenkräfte
                              									eingetragen
                           Tabelle 2. Gewichte.
                           
                              
                                 Einlaß-Schieberteile,
                                 in
                                 K
                                 angreifend
                                 22,4
                                 kg
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 H
                                 „
                                 44,1
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 A
                                 „
                                 50,0
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 D
                                 „
                                 25,0
                                 „
                                 
                              
                                 Stange
                                 10
                                 
                                 
                                 
                                 2,2
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 8,8'
                                 
                                 
                                 
                                 5,0
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 5,5'
                                 
                                 
                                 
                                 4,5
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 6
                                 
                                 
                                 
                                 5,0
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 2,2' mit Exzenterbügel
                                 
                                 10,0
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 3,3'
                                 
                                 
                                 
                                 9,0
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 4
                                 
                                 
                                 
                                 3,1
                                 „
                                 
                              
                           
                           Tabelle 3. Massenkräfte für eine Exzenterstellung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 120
                              Gelenk-Punkte; Rechte Hälfte des
                                 										Einlaßschiebers + Stange; Linke Hälfe des Einlaßschiebers; Exzenterbügel;
                                 										Auslaßschieber; ∑ der Kräfte in kg; Tangentialkräfte in kg; Die
                                 										Vertikalkomponenten der Kräfte sind positiv (+), wenn sie senkrecht nach oben
                                 										gerichtet sind; Die Horizontalkomponenten der Kräfte sind positiv (+), wenn sie
                                 										vom Zylinder nach der Steuerwelle hin gerichtet sind; Die Tangentialkräfte sind
                                 										positiv (+), wenn ihr Richtungssinn mit dem Pfeil der Geschwindigkeiten
                                 										übereinstimmt.
                              
                           und addiert werden können. Tab. 3 gibt ein solches Schema
                              									wieder, in welchem die Massenkräfte bei der Stellung 0
                              									des Exzenters eingetragen sind.
                           In der ersten wagerechten Reihe finden sich die einzelnen Getriebeteile, welche zu
                              									den Massendrücken beitragen. Die erste senkrechte Reihe enthält die beweglichen und
                              									festen Gelenkpunkte, welche den aus diesen Getriebeteilen herrührenden Massendrücken
                              									ausgesetzt sind. Die Drücke selbst sind unter „absolut“ ihrer wirklichen
                              									Größe nach angegeben. Die Richtung der Kraft läßt sich
                              									dadurch kennzeichnen, daß wir eine Vertikal- und eine Horizontalkomponente angeben
                              									und diese Komponenten mit den in Tab. 3 näher erläuterten Vorzeichen versehen.
                           Haben wir in dieser Weise sämtliche Massen behandelt, dann lassen sich für jede
                              									Horizontalreihe, z.B. für Punkt D, die Vertikal- und
                              									die Horizontalkomponenten addieren. Erstere ergeben für Punkt D – 20,077 kg, letztere – 15,696 kg; addieren wir beide
                              										geometrisch, so finden wir die bei Stellung 0 in Gelenkpunkt D
                              									(Exzenter) auftretende Gesamtkraft zu 26,08 kg. Erst von dieser Größe können wir die
                              									in Richtung der Geschwindigkeit fallende Tangentialkomponente – im vorliegenden Fall
                              									+ 1,15 kg – nehmen und sie zur Kontrolle für die richtige Kräfteermittlung
                              									verwenden.
                           Führt man für sämtliche 14 Stellungen des Exzentermittelpunktes diese
                              									Kräftebestimmung durch und addiert die in den einzelnen Gelenkpunkten auftretenden
                              									Aktionen, so gelangt man zu den in Abb. 9
                              									zusammengestellten Zapfendrücken. Die größte Zapfenpressung von 108 kg tritt im
                              									Punkte D auf, als Druck des Exzenterbügels auf das
                              									Exzenterherz. Im übrigen sind die Drücke trotz der verhältnismäßig großen bewegten
                              									Massen sehr klein, als Folge der kleinen Beschleunigungen. Ganz auffallend klein
                              									sind die Gleitbahndrücke in VIII, V und IX. Die beiden letzteren betragen im Maximum 0,6 kg,
                              									können also in dem in Abb. 9 gewählten Maßstab
                              									gar nicht mehr dargestellt werden. Es ist nach diesen Ergebnissen gar kein Bedürfnis
                              									vorhanden, die Geradführungen der Punkte M und A durch kreuzkopfähnliche Konstruktionsteile zu
                              									bewirken, wie dies Frikart bei seinen ausgeführten
                              									Maschinen tut (s. Abb. 1 S. 65).
                           Es ist hier noch kurz zu bemerken, daß den Flächen, welche die Kurven der Abb. 9 mit den Abszissenachsen einschließen, keine
                              									Bedeutung beizulegen ist.
                           Doch ist uns auch hier ein Kennzeichen für die Richtigkeit der Ergebnisse gegeben.
                              									Wir brauchen nur die in den bewegten Gelenkpunkten auftretenden Zapfendrücke in die
                              									zwei Komponenten – parallel und senkrecht zur Bahntangente bzw. Geschwindigkeit – zu
                              									zerlegen und die ersteren, die Tangentialkräfte, als Funktion der Zeit aufzutragen,
                              									wie es in Abb. 10 geschah. Dann müssen sich, ähnlich
                              									wie bei den Tangentialgeschwindigkeiten, die positiven und negativen Diagrammflächen
                              									zu Null ergänzen. Es gilt hier der Satz vom Antrieb:
                           ∫Pt ∙
                              										dt = m ∙ (v – v0).
                           Hierin bedeutet Pt die
                              										Tangentialkraft, m die
                              									im betr. Gelenkpunkt vereinigte Masse und v die
                              									Geschwindigkeit des Gelenkpunktes. Nach einer vollen Umdrehung sind wir wieder bei
                              									der ursprünglichen Geschwindigkeit angelangt, erhalten also v – v0 = 0 und somit
                           ∫Pt ∙
                              										dt = 0.
                           Die Abb. 10 bestätigt im vorliegenden Falle, daß die
                              									Zapfendrücke in den bewegten Gelenkpunkten richtig bestimmt sind. Hieraus können wir
                              									ohne weiteres den Schluß ziehen, daß mit großer Wahrscheinlichkeit die Drücke in den
                              									festen Punkten des Getriebes ebenfalls richtig sind. Im übrigen sprechen die
                              									Diagramme der Abb. 10 für sich. Zu erwähnen wäre nur
                              									noch, daß die Tangentialdrücke den Betrag von 67 kg (im Punkte F). nicht überschreiten.
                           
                           Die Kräfte, welche der Reihe nach bei den einzelnen Stellungen des Getriebes in
                              									dem vom Regulator festgehaltenen Punkte III auftreten,
                              									verlaufen nach den verschiedensten Richtungslinien. Wir zerlegen sie in Komponenten
                              										„senkrecht“ zur Stange 7 und in solche „in Richtung“ von Stange 7.
                              									Letztere Komponenten werden, ohne daß sie den Regler berühren, von dem festen Punkt
                              										IV des Rahmens aufgenommen. Die Kräfte
                              									senkrecht zur Stange 7 hingegen haben Drehmomente zur Folge, welche den Regler zu
                              									verstellen suchen. Sie können gefährlich werden, wenn sie in ihrer Veränderlichkeit
                              									mit der Eigenschwingungszahl des mit der Maschine gekuppelten Reglers
                              									übereinstimmen.
                           
                              
                                 (Schluß folgt.)