| Titel: | Der heutige Stand der Unipolarmaschine. | 
| Autor: | C. Trettin | 
| Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 148 | 
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                        Der heutige Stand der
                           								Unipolarmaschine.
                        Von C. Trettin,
                           								Berlin.
                        (Schluß von S. 132 d. Bd.)
                        TRETTIN: Der heutige Stand der Unipolarmaschine.
                        
                     
                        
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 148
                              Abb. 7.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 148
                              Abb. 8.
                              
                           Bei normalen Maschinen für Gleich- und Wechselstrom wird unter Rückwirkung in erster
                              									Linie der entmagnetisierende Einfluß des belasteten Ankers verstanden. Ein solcher
                              									tritt auch bei der Unipolarmaschine auf, doch ist diese Form der Rückwirkung nicht
                              									das eigentliche Hindernis. Wie Noeggerath schon in der
                              									ersten Veröffentlichung (Proceedings 1905) nachgewiesen hat, üben alle
                              									Bürstenverbindungen, die nicht genau radial verlaufen, einen magnetisierenden oder
                              									entmagnetisierenden Einfluß (Abb. 7 und 8) auf das Feld aus, was aus den Abbildungen ohne
                              									weiteres hervorgeht. Jede zur Peripherie parallele Komponente stellt ein Stück
                              									Amperewindung dar, die ebenso wie die Erregerspule auf den magnetischen Kreis wirkt.
                              									Ferner bilden die Stäbe der Ankerwicklung mit den Rückleitungen zusammen ein System
                              									von Amperewindungen, die einen zum Hauptfluß senkrechten „Querfluß“ durch den
                              									mittleren Polring treiben. Die in dem Ring entstehende Induktion in Richtung der
                              									Peripherie ist durchaus nicht zu vernachlässigen, bei gut ausgenutzten Maschinen
                              									bewegt sie sich in den Grenzen von 18000 bis 22000. Es ist klar, daß der Hauptfluß
                              									nicht unbeeinflußt davon bleibt, wenn das von ihm durchsetzte Eisen auf einem
                              									beträchtlichen Wege bis zur magnetischen Grenze quergesättigt ist. Der erforderliche
                              									Mehrbetrag an Erregung bei voller Belastung gegenüber Leerlauf ist aber, wie
                              									Messungen an Siemens-Schuckert-Maschinen gezeigt haben,
                              									kleiner als der durch geometrische Zusammensetzung der AW-Komponenten errechnete
                              									Wert. Diese graphische Methode läßt sich mithin zur Bestimmung der Vollast AW nicht
                              									anwenden. Um diese Querpolarisierung zu umgehen, kann man die Rückleitungen in Nuten
                              									dicht an der inneren Bohrung verlegen (und hat es auch getan, Abb. 5 und 6). Das hat aber einen
                              									anderen, schweren Nachteil zur Folge, nämlich ein ungleichmäßiges Luftfeld und
                              									Wirbelströme im Rotor. Bei der erwähnten in dieser Art gebauten Westinghouse-Maschine, die 16 Nuten mit je einem Leiter
                              									für 4000 Amp. besaß, waren die Feldverzerrung und die daraus entspringenden
                              									Wirbelstromverluste so groß, daß das Mittelstück des Rotors nachträglich laminiert
                              									werden mußte (Abb. 9). Das ist natürlich nur als
                              									Notbehelf anzusehen, denn der Hauptvorzug der Unipolarmaschine, der massive, gegen
                              									Durchbiegung geschützte Rotor, wird damit preisgegeben. Nach Lammes Bericht halfen
                              									weder die Nutenverschlüsse aus magnetischem Material noch die Vergrößerung des
                              									Luftraumes, was begreiflich erscheint, wenn wir uns nach Art der Abb. 10 die Kraftlinienverteilung annäherungsweise
                              									konstruieren.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 148
                              Abb. 9.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 148
                              Abb. 10.
                              
                           Es ist nun aber nicht die eben erläuterte „stationäre“ Rückwirkung, sondern
                              									ein viel ernsterer Gegner, der die eigentliche Grenze der Strombelastung und damit
                              									der Ausnutzung bildet, nämlich die Wirbelströme in den rotierenden Teilen. Wir
                              									wollen nur die in den Schleifringen selbst entstehenden betrachten, die den weitaus
                              									größten Anteil der Verluste betragen. Die durch sekundäre Kraftflüsse im Rotor
                              									erzeugten Wirbelströme, die man durch geschickte Verteilung der Bürsten und
                              									Nebenschlüsse sehr verkleinern kann, spielen neben den Ringverlusten keine
                              									wesentliche Rolle. In Abb. 11 ist der einfachste
                              									praktisch in Frage kommende Fall dargestellt: das betrachtete Ringpaar ist durch
                              									zwei diametral versetzte Stäbe verbunden und die stromabführenden Bürsten sind, zwei
                              									für den Ring, ebenfalls diametral angeordnet. Der theoretisch noch einfachere Fall
                              									nur eines Stabes und einer
                              									Bürste für den Ring ist praktisch nicht mehr erlaubt, weil bei den hohen Stromstärken, die
                              									notgedrungen aus einem Ring herausgeholt werden müssen (1000 bis 2000 Ampere),
                              									sowohl die konzentrierte Stromabnahme durch eine Bürste wie auch die Erzeugung in
                              									einem einzigen Stab mancherlei Unbequemlichkeiten bietet. Nach den Kirchhoffschen Gesetzen ergeben sich folgende
                              									Augenblickswerte:
                           i_1=\frac{J}{2}\,\frac{\pi-\alpha}{\pi} . . .
                              									(3)
                           i_2=\frac{J}{2}\,\frac{\alpha}{\pi} . . .
                              									(4)
                           J=\frac{E}{\rho\,(n+1/2+\frac{m/2\,(\pi-\alpha)\,\alpha)}{\pi^2}}
                              									. . . (5)
                           Dabei ist
                                    ρ = Widerstand eines
                              									Stabes,
                           mρ = w
                                 										= Widerstand eines aufgeschnittenen Ringes,
                            nρ = R
                                 									= Widerstand des äußeren Kreises
                           gesetzt worden.
                           Da n gewöhnlich die Größenordnung von 200 bis 400, m etwa von 1 bis 6 hat, so können wir ohne merklichen
                              									Fehler
                              										\frac{1}{2}+\frac{m}{2}\,\left(\frac{\pi-\alpha}{\pi^2}\right)\,\alpha
                              									gegenüber n vernachlässigen und J = konst. setzen. Der äußere Strom ändert sich also nicht, ebenso bleiben
                              									die Stabströme konstant, da wir die gleiche Anzahl Bürsten und Stäbe in
                              									symmetrischer Anordnung vorausgesetzt haben. Ist dies nicht der Fall, sind z.B. 6
                              									Stäbe und 16 Bürsten vorhanden, wie bei der Westinghouse-Maschine, so variiert auch der Strom jedes Stabes und erzeugt
                              									Wirbelströme im benachbarten Rotoreisen. Wir nehmen nun an, die durch die
                              									wechselnden Ringströme i1 und i2
                              									verursachten Verluste seien proportional dem Quadrate ihrer
                              									Aenderungsgeschwindigkeit, d.h. dem Ausdruck
                              										\left(\frac{d\,i}{d\,t}\right)^2. Diese scheinbar
                              									willkürliche Voraussetzung gründet sich auf die Ueberlegung, daß der in der
                              									Metallmasse des Ringes sich ändernde Strom Sekundärströme erzeugt, deren Verteilung
                              									und Rückwirkung außer Betracht bleiben kann, deren Spannung e aber sicher proportional \frac{d\,i}{d\,t} ist. Ihre
                              									Verluste, \frac{e^2}{w}, sind also proportional
                              										\left(\frac{d\,i}{d\,t}\right)^2.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 149
                              Abb. 11.
                              
                           Es ist nun nach Gleichung 3:
                              										3\,:\,\frac{d\,i_1}{d\,t}=-\frac{J}{2\,\pi}\,\frac{d\,\alpha}{d\,t},
                           ferner nach Gleichung 4:
                              										\frac{d\,i_2}{d\,t}=\frac{J}{2\,\pi}\,\frac{d\,\alpha}{d\,t}
                           und      \frac{d\,\alpha}{d\,t}=\omega=2\,\frac{\pi\,n}{60}.
                           Im Ringsegment 1 ist demnach der Verlust
                           V_1=k\,\left(\frac{d\,i_1}{d\,t}\right)^2\,r\,\alpha=k\,\left(\frac{J}{2\,\pi}\right)^2\,\omega^2\,r\,\alpha
                              									. . . (6)
                           und im Ringsegment 2 ist demnach der Verlust
                           V_2=k\,\left(\frac{d\,i_2}{d\,t}\right)^2\,r\,(\pi-\alpha)=k\,\left(\frac{J}{2\,\pi}\right)^2\,\omega^2\,r\,(\pi-\alpha),
                              									(7)
                           im ganzen Ring also
                           V=V_1+V_2=k\,\left(\frac{J}{2\,k}\right)^2\,\omega^2\,r\,\pi
                              									. . . (8)
                                   =\frac{k\,J^2\,n^2\,r\,\pi}{60^2} . . .
                              									(9)
                                   =\frac{k\,J^2\,v^2}{4\,r\,\pi} . . .
                              									(10)
                           Die Ringverluste wachsen also mit dem Quadrat des Stromes und bei gleichem
                              									Ringdurchmesser mit dem Quadrat der Drehzahl oder der Umfangsgeschwindigkeit, sie
                              									sind aber von der Zahl der Stäbe und Bürsten für den Ring unabhängig, denn a kommt in der Formel nicht mehr vor. In der Konstanten
                              										k steckt aber auch noch die Permeabilität μ, die bei Stahl etwa 300 bis 600 für die praktisch
                              									vorkommenden Fälle beträgt, wenn für Bronze und ähnliche Materialien μ = 1 gesetzt wird. Daraus ist ersichtlich, daß
                              									Stählringe nur sehr schwach belastet werden dürfen, wenn sie nicht ganz enorme
                              									Verluste verursachen sollen. Da aber, wie wir auf S. 131 bereits erläutert haben,
                              									die moderne Maschine mit 3000 Umdrehungen unbedingt eine hohe Ringausnutzung
                              									verlangt, so ist Stahl als Ringmaterial nicht zu brauchen. Es ist nach vorstehendem
                              									wohl zu verstehen, daß die schon mehrfach erwähnte Westinghouse-Maschine mit Stahlringen auf nur einer Seite 200 KW Verluste
                              									durch Stromverdrängung ergeben hat (acht Ringe, jeder mit 8000 Amp. belastet, n = 1200 Umdr./Min., va = 67,5 m/Sek.). Ich kann noch als weiteres
                              									Beispiel eine von den Siemens-Schuckertwerken gebaute
                              									Unipolarmaschine für 630 KW, 3000 Umdr./Min. anführen, die mit den zuerst probeweise
                              									aufgezogenen 2 × 12 Stahlringen für je 1500 Amp. 50 KW Zusatzverluste hatte. Daß
                              									diese wirklich auf Stromverdrängung (Skineffekt) beruhten, wurde dadurch
                              									nachgewiesen, daß die Ringe mit gleichem Strom von außen belastet wurden, indem die
                              									unerregte, mit voller Geschwindigkeit laufende Maschine nur als Schleifringkörper
                              									diente. Hierbei änderte sich die Stromstärke in den einzelnen Ringsegmenten nicht,
                              									daher verschwanden auch die Wirbelstromverluste und die dadurch hervorgerufene
                              									Erwärmung.
                           Die Notwendigkeit, den wegen seiner magnetischen Eigenschaften ungeeigneten Stahl
                              									durch ein unmagnetisches Material zu ersetzen, führt uns zu der wichtigen Frage der
                              									mechanischen Festigkeit. Die Anforderungen an Schleifringe, die mit
                              									Umfangsgeschwindigkeiten von 100 m/Sek und darüber laufen, sind außerordentlich
                              									streng. Sie müssen erstens eine große Zerreißfestigkeit besitzen, ferner sollen sie
                              									auch einen geringen Temperaturkoeffizienten haben, damit sie sich bei der
                              									unvermeidlichen Erwärmung auf ihrem Schrumpfsitz nicht lockern. Sie müssen
                              									schließlich einen dauernd funkenfreien Lauf der Bürsten gestatten, d.h.
                              									eine gute Politur auch bei Stromdichten von 12 bis 16 Amp./qcm an der
                              									Metallbürstenfläche bewahren und dabei, wenn möglich, die Uebergangsspannung unter
                              									0,5 Volt für die Bürste halten. Es darf ruhig ausgesprochen werden, daß zurzeit ein
                              									solches Material noch nicht gefunden ist, doch steht es wohl außer Frage, daß es die
                              									Gießereitechnik bei steigendem Bedürfnis liefern wird. Die Anforderungen an die
                              									Festigkeit dürften wohl am leichtesten erfüllt werden können; denn im Turbobau
                              									werden seit Jahren schon Bronzen verwandt, die in dieser Beziehung dem besten
                              									Nickelstahl ebenbürtig sind. Wesentlich schwieriger sind aber die gleichzeitig zu
                              									erfüllenden Bedingungen elektrischer Natur. Ein Erfolg ist nur von langdauernden,
                              									systematischen Proben, die recht kostspielig sind, zu erwarten. Die Vorarbeiten der
                              									Amerikaner sind in dieser Beziehung wertvoll, wenn auch für den heutigen
                              									Entwicklungszustand ungenügend; ich stelle sie daher, zumal sie die Grundlage des
                              									ganzen Unipolarbaus bilden, kurz zusammen:
                           a) Noeggerath: Stahlringe mit 100 m/Sek. und mehr, Bürsten
                              									aus Stahl- und Bronzeblättern. Das eine, gut leitende, weiche Material als
                              									Hauptträger der Stromführung, das zweite, schlecht leitende, harte als
                              									parallelgeschaltetes Reguliermittel zur Aufrechterhaltung der guten Schleiffläche.
                              									Vorteile: Große Stabspannungen, wenig Schleifringe. Nachteil: Wirbelstromverluste in
                              									den Ringen, schwache Stromleistungen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 150
                              Abb. 12.
                              
                           b) Lamme: Bronzeringe mit ≦ 70 m/Sek., Bürsten aus reinen
                              									Kupferblättern. Vorteil: Hohe Stromleistungen, geringer Bürstenverlust. Nachteil:
                              									Geringe Stabspannungen, schwache Maschinenausnutzung.
                           Beide Konstrukteure sind auf verschiedenen Wegen zu einem befriedigenden Ergebnis
                              									gelangt, der zu ihrer Zeit einen Erfolg bedeutete; denn die Unipolar-Generatoren
                              									erlaubten tatsächlich einen durchlaufenden, einwandfreien Betrieb mit Stromstärken,
                              									der mit anderen Mitteln der damaligen amerikanischen Praxis nicht zu erzielen war.
                              									Ich habe schon Seite 131 darauf hingewiesen, weshalb diese Resultate heute nicht mehr genügen. Außer der schnellen Entwicklung
                              									des kommutierenden Turbogenerators, die der Unipolarmaschine die Konkurrenz sehr
                              									sauer macht, ist es die jetzt dominierende Stellung der Dampfturbine mit 3000
                              									Umdrehungen, die ganz neue, hochwertige Materialien verlangt.
                           Aber auch nach Erfüllung dieser Bedingung, d.h. nach Schaffung eines
                              									Schleifringmaterials, welches sozusagen nur Vorteile und keine Nachteile besitzt,
                              									bleiben noch mancherlei Schwierigkeiten im Bau von Unipolarmaschinen bestehen.
                              									Es sind freilich keine unüberwindlichen, wie ich gleich vorweg bemerken möchte, zum
                              									größten Teil sind sie sogar bereits bewältigt, und an ihnen wird die weitere
                              									Entwicklung sicher nicht scheitern. Immerhin stellen sie den Ingenieur vor ganz neue
                              									Probleme. Als Beispiel wollen wir die Stabverbindung eines Schleifringes betrachten
                              										(Abb. 12).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 150
                              Abb. 13.
                              
                           Die Aufgabe, den Stab mit dem Ring in leitende Verbindung zu
                              									bringen, scheint recht einfach, man hat eben nur für die nötige Berührungsfläche zu
                              									sorgen. Nun zeigt sich zuerst, daß diese aus dem Grunde nicht leicht zu beschaffen
                              									ist, weil der Ring von bestimmter, nicht überschreitbarer Breite durch das Loch
                              									nicht zu sehr geschwächt werden darf. Das gibt die Grenze für den Stabstrom und
                              									zwingt unter Umständen zur Vermehrung der Stäbe. Ein zweites Moment ist die Dehnung
                              									des Stabes infolge Erwärmung. Diese Schwierigkeit hat Noeggerath in überraschend einfacher Weise dadurch umgangen, daß er die
                              									Stäbe ohne feste Verbindung, etwa durch Weichlot oder Verschraubung, also lose läßt,
                              									in der Erwägung, daß der ungeheure Druck der Fliehkraft, die bis zum 3000 fachen des
                              									Eigengewichtes beträgt, stets einen sicheren Kontakt gewährleistet. Die Praxis hat
                              									dies Verfahren vollkommen gerechtfertigt. Eine andere, etwas umständlichere Lösung
                              									hat Lamme gefunden; er unterteilt (Abb. 9, 13 u. 14) die mit den Ringen fest verschraubten Stäbe in
                              									der Mitte des Rotorkernes und verbindet sie durch federnde Zwischenstücke. Die Stäbe
                              									sollen nun aber gegen die anderen Ringe und gegen den Eisenkörper gut isoliert
                              									sein.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 150
                              Abb. 14.
                              
                           Das erfordert ein ganz besonders zuverlässiges Material, das
                              									unter allen Betriebsbedingungen, auch in feuchter Luft, einen hohen Isolationswert
                              									behält, außerdem aber auch dem Druck der Fliehkräfte, den Wärmeeinflüssen und dem
                              									zerstörenden Einfluß der Luftreibung bei der hohen Umfangsgeschwindigkeit gewachsen
                              									ist. Diese Aufgabe ist, wie man leicht sieht, nicht mehr einfach, es hat auch
                              									verhältnismäßig viel Mühe gekostet (wie z.B. Lamme
                              									anschaulich erzählt), ehe man in besonders raffiniert hergestellten Glimmerröhren
                              									das geeignete Material fand. Die Aufzählung solcher und ähnlicher Schwierigkeiten ließe
                              									sich ohne Mühe noch recht weit spinnenIch
                                    											verweise nochmals auf den Aufsatz von Lamme,
                                    											Proceedings, Juni 1912., doch fürchte ich den Leser mit
                              									derartigen Einzelheiten zu ermüden. Mir kam es nur darauf an, von den Aufgaben der
                              									praktischen Fabrikation ein Bild zu geben, da bisher über die Theorie der unipolaren
                              									Stromerzeugung reichlich viel geschrieben, die werkstättentechnische Seite aber
                              									meist ignoriert worden ist.
                           
                        
                           Ausblicke.
                           Was können wir nun von der Unipolarmaschine in Zukunft erwarten? Diese Frage
                              									erscheint berechtigt, nachdem wir im Vorangegangenen ihre Entstehungsgeschichte
                              									verfolgt und den augenblicklichen Stand der Entwicklung betrachtet haben. Eine
                              									bündige Antwort in bestimmten Zahlen läßt sich natürlich darauf nicht geben, denn
                              									bei Maschinensystemen, die in letzter Linie von der Entwicklung der Baustoffe
                              									abhängen, spielen so viel unberechenbare Momente mit, daß ein Prophezeien schlecht
                              									angebracht erscheint. Beispiele erfolgreicher Maschinen, die anfangs mit scheinbar
                              									unüberwindlichen Schwierigkeiten und hoffnungslosem Mißtrauen zu kämpfen hatten,
                              									sind, um nur die bekanntesten zu nennen, die Dampfturbine und der Diesel-Motor. Immerhin läßt sich mit einem gewissen Grad
                              									von Wahrscheinlichkeit folgende Tabelle der Zukunftsleistungen (die allerdings heute noch meist „Zukunftsmusik“
                              									sind) aufstellen:
                           
                              
                                 Umdr./Min.
                                 LeistungKW
                                 Spannungf. d. Stab
                                 GrößteStrom-stärke
                                 Maschinen-spannung
                                 Maschinen-stromstärke
                                 
                              
                                 3000
                                   750
                                   40
                                 18800
                                 120
                                   6250
                                 
                              
                                 2500
                                 1500
                                   50
                                 30000
                                 150
                                 10000
                                 
                              
                                 2000
                                 2000
                                   60
                                 33300
                                 180
                                 11100
                                 
                              
                                 1500
                                 3500
                                   75
                                 46500
                                 225
                                 13400
                                 
                              
                                 1000
                                 6000
                                 100
                                 54500
                                 330
                                 18200
                                 
                              
                           Es ist natürlich nicht ganz ausgeschlossen, daß sich die Unipolarmaschine auch
                              									bei höheren Spannungen, d.h. mit Hintereinanderschaltung vieler Ringe, bewähren
                              									wird. Wahrscheinlich ist es aber nicht, denn ihr Wirkungsgrad ist unter allen
                              									Umständen niedriger als der einer gleichstarken Kommutatormaschine, auch wenn diese
                              									in mehrere Einheiten zerlegt ist. Das liegt an den unvermeidlichen Bürsten
                              									Verlusten. Ich habe deshalb in der Tabelle nur die Spannungen und Stromstärken
                              									aufgeführt, die allein und ausschließlich von einer
                              									Unipolarmaschine erzeugt werden können, für die also eine andere
                              									Erzeugungsmöglichkeit (bei Dampfturbinenantrieb) überhaupt nicht besteht. In
                              									Betrieben, die derartige Stromstärken verlangen, wird man daher die Nachteile der
                              									Unipolarmaschine wohl in Kauf nehmen, nämlich 1. das große Gewicht, 2. den geringen
                              									Wirkungsgrad (etwa 82 bis 86 v. H.), 3. die erhöhte Bedienungspflicht für den
                              									Bürstenapparat. Letzteres gilt freilich nur für die zurzeit benutzten Metallbürsten,
                              									die möglicherweise später durch Graphit oder Kohle
                              									ersetzt werden können.
                           Einen großen Vorteil hat die Unipolarmaschine aber schon
                              									in ihrem heutigen Zustande vor allen anderen elektrischen Generatoren voraus, das
                              									ist ihre große Ueberlastungsfähigkeit. Man kann sie nicht nur ohne Gefahr für die
                              									Bürsten und Wicklung bei voller Spannung kurzschließen, sondern auch vorübergehend
                              									um 200 bis 300 v.H. überlasten. Dies ist nicht überraschend, denn wie wir auf S.
                              									130–131 gesehen haben, besteht sie lediglich aus massiven, in mechanischer Hinsicht
                              									solide befestigten Maschinenelementen, an denen die gefürchteten elektrodynamischen
                              									Wirkungen der Kurzschlußströme vergebens rütteln. Da außerdem die Schleifringe und
                              									Bürsten nicht auf normale Stromdichte, sondern auf Abnutzung im Dauerbetrieb, also
                              									relativ reichlich, dimensioniert werden müssen, so ist das Feuer selbst bei einer
                              									vielfachen Ueberlastung nicht bedeutend.