| Titel: | Luftschiffmotor der Motorbau-G.m.b.H., Friedrichshafen, System Maybach. | 
| Autor: | A. Vorreiter | 
| Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 162 | 
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                        Luftschiffmotor der Motorbau-G.m.b.H.,
                           								Friedrichshafen, System Maybach.
                        Von A. Vorreiter in
                           								Berlin.
                        VORREITER: Luftschiffmotor der Motorbau-G.m.b.H., Friedrichshafen,
                           								System Maybach.
                        
                     
                        
                           Der von der Motorenbau-Gesellschaft m. b. H.,
                              									Friedrichshafen, gebaute Maybach-Motor (Konstrukteur
                              									Ingenieur Karl Maybach, Friedrichshafen) wird bekanntlich
                              									seit längerer Zeit in allen Zeppelin- und Parseval-Schiffen verwandt und hat sich bei den
                              									zahlreichen Fahrten dieser Luftschiffe aufs Beste bewährt.
                           Für die Konstruktion dieses Luftschiffmotors, der 180 PS leistet, waren folgende
                              									Gesichtspunkte maßgebend:
                           
                              1. Hohe Betriebssicherheit.
                              2. Geringer Verbrauch von Betriebsmaterial (Benzin,
                                 										Oel).
                              3. Möglichst günstige spezifische Leistung.
                              4. Aeußerste Beschränkung der Wartung, durch selbsttätige
                                 										Einrichtungen.
                              5. Weitgehende Uebersichtlichkeit und Zugänglichkeit.
                              6. Schnelle Auswechselbarkeit einzelner Teile des
                                 										Motors.
                              
                           
                        
                           Beschreibung.
                           Der Motor fällt schon äußerlich durch die Einfachheit und Uebersichtlichkeit der
                              									Konstruktion auf. Rohrleitungen sind, soweit möglich, vermieden und so verlegt, daß
                              									sie bei der Demontierung der Zylinder nicht abgenommen zu werden brauchen. Die
                              									Hohlräume der Gehäusefüße sind in geschickter Weise zur Unterbringung des
                              									Zündapparatantriebes sowie der Benzin-, Oel- und Kühlwasserpumpe derart benutzt
                              									worden, daß gleichwohl diese Teile gut zugänglich und auswechselbar sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 161
                              Abb. 1.
                              
                           Neuartig ist auch die Anordnung der beiden Vergaser, die in Richtung der
                              									Motorlängsachse an den Köpfen der Zylinder 1 und 6 unmittelbar angeschraubt sind. Da das Saugrohr längs
                              									der Zylinder auf der einen Seite, das gekühlte Auspuffsammelrohr parallel zu
                              									ersterem auf der entgegengesetzten Seite der Zylinderköpfe angeordnet ist und beide
                              									Rohre nicht nur mit den letzteren, sondern auch mit den Vergasern verschraubt sind,
                              									so ist hierdurch gewissermaßen ein Rahmen geschaffen, der zur Versteifung der
                              									Zylinder untereinander dient.
                           Der Motor hat sechs einzelne Zylinder. Der Zylinderschaft ist aus Chromnickelstahl
                              									geschmiedet, der Kopf aus Gußeisen aufgeschraubt und abgedichtet. Die Zylinderköpfe
                              									sind so ausgebildet, daß das Kühlwasser ohne Zwischenleitung von dem einen in den
                              									nächstfolgenden überströmt. Zwischen den Stirnflächen der Zylinderköpfe sind deshalb
                              									leicht auswechselbare, über Aluminiumringe gestülpte Gummidichtungsringe eingesetzt,
                              									die mittels Metallbändern mit Spannschraube nach Bedarf noch gegen die Zylinderköpfe
                              									gepreßt werden können.
                           Jeder Zylinder ist unten durch einen Bund verstärkt, der in je eine ringförmige
                              									Vertiefung im Kurbelgehäuse paßt. Die weitere Befestigung der Zylinder erfolgt durch
                              									ausgebohrte Fassonstahlstücke, die auf den erwähnten bundartigen
                              									Zylinderverstärkungen aufliegen und deren Befestigungsbolzen zugleich auch als
                              									Befestigungsschrauben für den Deckel der Kurbelwellenlager benutzt sind. Es ist
                              									klar, daß durch diese Anordnung das Kurbelgehäuse zum Teil entlastet und an Gewicht
                              									gespart wird. Die Abnahme irgend eines Einzelzylinders kann erfolgen, ohne daß die
                              									übrigen Zylinder oder sonst ein Teil vorher demontiert werden muß. Es ist nur nötig,
                              									die Befestigung des betreffenden Zylinders mit dem Gehäuse, sowie dem Saug- und
                              									Auspuffrohr zu lösen, um den Zylinder herausheben zu können.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 328, S. 162
                              Abb. 2.
                              
                           In jedem Zylinderkopf sind in beiderseitigen Taschen je zwei Einlaß- und
                              									Auslaßventile untergebracht, die durch zwei an beiden Motorseiten befindliche
                              									Nockenwellen gesteuert werden. Die Ventile sind unter sich austauschbar. Durch die
                              									Anordnung von je zwei Einlaß- und Auslaßventilen wird eine große Zugänglichkeit
                              									erreicht. Des weiteren ermöglicht sie weitgehende Dauerleistungen ohne
                              									Kraftabfall.
                           Die Anhubstößel sind mit Stellschrauben zur Einstellung der Ventile versehen.
                              									Das Kurbelgehäuse ist aus Aluminiumguß ausgeführt und zweiteilig. An den oberen Teil
                              									sind die Gehäusefüße sowie die Lager für die Kurbelwelle und die Steuerwellen mit
                              									angegossen. Bekanntlich ist es bei dieser Anordnung möglich, das Gehäuseunterteil
                              									entsprechend schwächer auszuführen. Vor allem aber kann durch Beseitigung des
                              									unteren Gehäuseteiles das ganze Getriebe zugänglich und teilweise abmontierbar
                              									gemacht werden. Es konnten ferner auch infolge der angewandten Preßschmierung die
                              									Dimensionen des Unterteiles wesentlich kleiner gewählt werden.
                           Der Antrieb der Steuerwellen erfolgt an der der Schwungradlage entgegengesetzten
                              									Seite mittels Zahnräder. Sie dienen zugleich zur Uebertragung der Bewegung auf die
                              									Wasserpumpe und den Zündapparatantrieb. Die auf der Anlaßseite des Motors liegende
                              									Steuerwelle trägt an ihrem anderen Ende (beim Schwungrad) ein Zahnrad zum Antrieb
                              									der gemeinsamen kleinen Kurbelwelle für die Oel- und Benzinpumpe.
                           Die Vergaserkonstruktion ist ebenfalls neuartig. Hauptluft-, Nebenluftmenge und die
                              									aus der Düse strömende Benzinmenge werden stets im richtigen Verhältnis zueinander
                              									und zur Tourenzahl bzw. Belastung des Motors bei beiden Vergasern gleichzeitig
                              									zwangläufig reguliert. Hierbei herrscht bei jeder Lage der Vergaserschieber, also
                              									von der größten Eröffnung des Vergasers bis zum völligen Abschluß ein solcher
                              									Unterdruck an der Benzindüse, daß ein Herausfließen oder -tropfen von Benzin nicht
                              									vorkommen kann. Die Einstellung der Gemischregulierorgane beider Vergaser erfolgt
                              									durch einen einzigen Hebel, der in der Mitte einer kreisrunden Platte gelagert ist,
                              									die mit ihrem Untergestell auf dem Saugrohr montiert ist. Jeder Vergaser besitzt
                              									einen kleinen Benzinbehälter, dem das Benzin durch die schon erwähnte Benzinpumpe
                              									zugeführt wird. Durch eine Ueberlaufvorrichtung wird der Benzinspiegel auf
                              									konstanter Höhe gehalten. Das überlaufende Benzin fließt in ein tiefer liegendes
                              									Gefäß zurück, aus dem die Benzinpumpe saugt. Besondere Vorrichtungen ermöglichen es
                              									jedoch, daß der Hauptbrennstoffbehälter unabhängig von dem Benzinrücklaufgefäß in
                              									beliebiger Höhe, etwa im Laufgang des Luftschiffes, angebracht werden kann. Die
                              									Benzindüsen sind so ausgebildet und in die Benzinbehälter eingebaut, daß weder im
                              									Falle von Wirbelbildung in der Flüssigkeit noch durch Neigungen des Motors die
                              									Saughöhe in den Düsen sich ändert. Die eben besprochenen Einrichtungen machen die
                              									sonst übliche aber nicht immer zuverlässige Schwimmervorrichtung entbehrlich.
                           Von den Vergasern aus wird das Gemisch durch eine allen sechs Zylindern gemeinsame
                              									Saugleitung zugeführt. Durch eine besondere Einrichtung wird erreicht, daß jeder
                              									Zylinder gleich viel und gleichartiges Gemisch erhält.
                           Wie schon gesagt, besitzt der Motor Preßschmierung. Die hierzu erforderliche kleine
                              									Kolbenpumpe ist als Saug- und Druckpumpe ausgebildet. Der Oeldruck kann von 0 bis
                              									über 2 at gesteigert werden. Zur Regulierung desselben bzw. der dem Motor
                              									zugeführten Oelmenge ist ein einstellbares Ueberlaufventil angebracht, durch welches
                              									das überflüssige Schmieröl nach dem Oelbehälter zurücklaufen kann. Letzterer ist mit
                              									einer Kühlvorrichtung versehen, durch welche das im Unterteil des Kurbelgehäuses
                              									sich wieder sammelnde Schmieröl hindurchläuft, bevor es von der Pumpe in den Motor
                              									zurückbefördert wird. Eine selbsttätige Schmiersicherung besorgt das sofortige
                              									Abstellen des Motors bei Störungen der Oelzirkulation, hervorgerufen etwa durch
                              									Störungen der Oelpumpe, Bruch einer Leitung oder Oelmangel im Behälter.
                           Das Kühlwasser wird durch eine Turbinenpumpe in Umlauf gesetzt und durchfließt den
                              									gekühlten Auspufftopf und der Reihe nach die einzelnen Zylinder, um dann in den
                              									Kühlapparat zurückzugelangen.
                           Die Zündung erfolgt durch je zwei Hochspannungskerzen, die auf jedem Zylinderkopf an
                              									günstigster Stelle angebracht sind und von zwei Bosch-
                              									Hochspannungsapparaten unabhängig voneinander ihren Strom erhalten. Durch zwei
                              									auf der Schalttafel angebrachte Kontaktknöpfe kann während des Betriebes der eine
                              									oder der andere Apparat versuchsweise ausgeschaltet werden, so daß jederzeit die
                              									Betriebsfähigkeit jedes einzelnen Apparates festgestellt werden kann. Die Kabel nach
                              									den Zündkerzen sind in Rohren, welche an den Zylinderköpfen entlanglaufen, verlegt.
                              									Die Zündmomentverstellung erfolgt selbsttätig von einem in den Antrieb der
                              									Hochspannungsapparate eingeschalteten kräftigen Regler aus, der außerdem im Fall
                              									eines Wellenbruches oder dem plötzlichen Fortfall der Belastung die Zündung sofort
                              									dauernd abstellt, so daß die normale Umdrehungszahl nur um etwa 200 Umdrehungen für
                              									einen Augenblick emporschnellt. Diese selbsttätige Abstellung wirkt so gut, daß man,
                              									ohne für den Motor etwas befürchten zu müssen, während des Vollbetriebes die
                              									Kupplung plötzlich ausrücken kann.
                           Die Inbetriebsetzung des Motors erfolgt durch eine besondere Anlaßvorrichtung (D. R.
                              									P.). Sie besteht darin, daß mittels eines einzigen Handgriffes sowohl sämtliche
                              									Ventile angehoben werden, wie auch ein Rundschieber betätigt wird, der gleichzeitig
                              									die Auspufföffnung am Auspufftopf schließt und dafür eine Saugrohrleitung nach einer
                              									Vakuumhandpumpe öffnet. Durch einige kurze kräftige Hübe mit dieser Handpumpe wird
                              									gutes Gemisch aus den Vergasern in die Zylinder gesaugt. Nach gleichzeitigem
                              									Schließen der Ventile und Wiederöffnen der Auspufföffnung springt dann durch
                              									Betätigung eines Bosch-Anlaßmagnetes der Motor ohne
                              									Ankurbeln mit Sicherheit an.
                           Die normale Betriebsdrehzahl beträgt 1200 bis 1300. Der Motor läuft hierbei völlig
                              									erschütterungsfrei. Die Leistung beträgt bei 1100 Touren 165 PS, bei 1200 Touren 178
                              									PS, bei 1250 Touren 185 PS, bei 1300 Touren 190 PS und wird auch bei 24stündigem
                              									Dauerbetrieb eingehalten. Der Benzinverbrauch beträgt 225 g f. d. PS/Std., der
                              									Oelverbrauch 2,5 bis 3 kg i. d. Std. Das Gewicht des Motors beträgt mit dem
                              									wassergekühlten Auspuffsammelrohr, zwei Zündapparaten und dem kompletten
                              									Anlaßmechanismus betriebsfertig 415 kg. (In diesem Gewicht sind nicht mit
                              									einbegriffen das Schwungrad mit 30 kg und der Anlaßmagnet mit 2,3 kg.)
                           Die Konstruktion des Motors ist so durchgeführt, daß fast jeder einzelne Teil
                              									unabhängig von den anderen demontiert werden kann. Vom betriebsfertigen Motor können
                              									innerhalb 20 Minuten alle Zylinder abmontiert werden.